Fortentwicklung der Dreijahreslösung bei Fernwärmelieferungsverhältnissen im Falle eines vom Kunden langjährig nicht weiter verfolgten Widerspruchs gegen Preiserhöhungen
Leitsatz
Die im Bereich der Energielieferungsverhältnisse für den Fall einer durch die Unwirksamkeit einer formularmäßig vereinbarten Preisänderungsklausel entstandenen Regelungslücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung entwickelte Dreijahreslösung des Senats ist für Fernwärmelieferungsverhältnisse angesichts der diese kennzeichnenden Besonderheiten (insbesondere hohe Investitionen des Fernwärmeversorgers und regelmäßig sehr lange Mindestvertragslaufzeiten) dahingehend fortzuentwickeln, dass die Parteien des Fernwärmelieferungsvertrages, wenn sie erkannt hätten, dass die Wirksamkeit der vereinbarten Preisanpassungsklausel unsicher war, bei einer angemessenen, objektiv-generalisierenden Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben (auch) eine Regelung vereinbart hätten, wonach ein vom Fernwärmekunden bereits frühzeitig - innerhalb von drei Jahren nach Zugang der ersten Jahresabrechnung - erklärter, aber erfolglos gebliebener Widerspruch gegen eine Preiserhöhung seine Wirkung verliert, wenn der Kunde nicht spätestens bis zum Ablauf von weiteren drei Jahren ab der Erklärung des Widerspruchs in geeigneter Weise gegenüber dem Fernwärmeversorger deutlich macht, dass er auch jetzt noch an seiner frühzeitig geäußerten Beanstandung festhält (Fortentwicklung der , NJW 2014, 3639 Rn. 16 ff.; vom - VIII ZR 80/13, NJW 2014, 1877 Rn. 23; vom - VIII ZR 59/14, BGHZ 205, 43 Rn. 27, 37; vom - VIII ZR 287/20, BGHZ 233, 339 Rn. 42 ff.; vom - VIII ZR 309/21, juris Rn. 43; jeweils mwN).
Gesetze: § 133 BGB, § 134 BGB, § 157 BGB, § 242 BGB, § 812 Abs 1 S 1 BGB, § 4 Abs 1 AVBFernwärmeV, § 4 Abs 2 AVBFernwärmeV, § 24 Abs 4 AVBFernwärmeV vom
Instanzenzug: Az: 20 U 1022/20 Urteilvorgehend Az: 55 O 100/19
Tatbestand
1Die Beklagte ist ein Energieversorgungsunternehmen, das im Wohngebiet "Neues Schweizer Viertel" in Berlin Kunden mit Fernwärme beliefert. Sie bezieht die Fernwärme ihrerseits von der V. AG (ab 2018 umfirmiert in V. AG; nachfolgend: V. AG).
2Die Kläger sind Eigentümer eines mit einem Wohngebäude bebauten Grundstücks im vorgenannten Wohngebiet und wurden auf der Grundlage eines mit der Beklagten am geschlossenen (ersten) Wärmelieferungsvertrags mit zehnjähriger Laufzeit von dieser mit Fernwärme versorgt (nachfolgend auch: Erstvertrag). Die jährlichen Abrechnungen für die von den Klägern abgenommene Fernwärme erstellte die Beklagte unter Zugrundelegung der in § 8 des Wärmelieferungsvertrags enthaltenen Preisbestimmung ("Wärmepreis"), die in Absatz 1 als auf das Jahr 2000 bezogene Basistarife einen Bereitstellungspreis für das Gebäude in Höhe von 0,42 € pro m2 beheizte Fläche und Monat, einen Arbeitspreis für die gelieferte Wärme in Höhe von 0,059 € pro kWh sowie einen Messpreis von 120 € pro Wohnung beziehungsweise Reihenhaus und Jahr, jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer, vorsah. Nach § 8 Abs. 4 des Wärmelieferungsvertrags war der Preis für die gelieferte Wärme nach Maßgabe der folgenden Vorschriften veränderlich:
"Preisänderungsklausel
Die jeweils gültigen Bereitstellungs- und Messpreise berechnen sich nach folgender Formel:
P = P2000(0,4 I/I2000 + 0,6 L/L2000)
Die Anpassung des Bereitstellungs- und Messpreises erfolgt jährlich mit der Abrechnung des betreffenden Jahres rückwirkend für das gesamte abzurechnende Jahr. Maßgeblich für die Anpassung sind die Veränderungen der in der Preisänderungsklausel genannten Bezugsgrößen in dem Abrechnungszeitraum, und zwar die Jahresdurchschnittswerte.
Der jeweils gültige Arbeitspreis ergibt sich nach folgender Formel:
AP = AP2000 x E/E2000
Die Anpassung des Arbeitspreises erfolgt rückwirkend für das abzurechnende Jahr. Maßgeblich für die Anpassung sind die Veränderungen der Bezugsgrößen in dem Abrechnungszeitraum.
Bezugsjahr für alle Basisindizes ist 2000."
3Mit Schreiben vom erklärten die Kläger gegenüber der Beklagten unter Bezugnahme auf die ihnen zugegangene erste Jahresabrechnung, dass sie den Preisen und einer Erhöhung der monatlichen Vorauszahlungen widersprächen. In der Folgezeit zahlten die Kläger für die von ihnen abgenommene Fernwärme die ihnen von der Beklagten jährlich in Rechnung gestellten - nach Maßgabe der Preisänderungsklausel angepassten - Entgelte.
4Nach Ablauf der zehnjährigen Vertragslaufzeit schlossen die Parteien am 22. Mai / einen (zweiten) Wärmelieferungsvertrag mit erneut zehnjähriger Laufzeit (nachfolgend auch: Folgevertrag). Als Vertragsbeginn war der vereinbart. Nach der in § 8 Abs. 1 enthaltenen Preisbestimmung ("Wärmepreis") war bezogen auf die Basistarife des Jahres 2010 ein Bereitstellungspreis für das Gebäude in Höhe von 0,341 €/m2 beheizte Fläche und Monat, ein Arbeitspreis für die gelieferte Wärme in Höhe von 0,0803 €/kWh sowie ein Messpreis von 91,50 € pro Haus und Jahr, jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer, vorgesehen. Nach § 8 Abs. 3 des Folgevertrags war der Preis für die gelieferte Wärme nach Maßgabe der folgenden Vorschriften veränderlich:
"Preisänderungsklausel
Die jeweils gültigen Bereitstellungs- und Messpreise berechnen sich nach folgender Formel:
P = P2010 (0,4 I/I2010 + 0,6 L/L2010)
Die Anpassung des Bereitstellungs- und Messpreises erfolgt jährlich mit der Abrechnung des betreffenden Jahres rückwirkend für das gesamte abzurechnende Jahr. Maßgeblich für die Anpassung sind die Veränderungen der in der Preisänderungsklausel genannten Bezugsgrößen in dem Abrechnungszeitraum, und zwar die Jahresdurchschnittswerte.
Der jeweils gültige Arbeitspreis ergibt sich nach folgender Formel:
AP = AP2010 x E/E2010
Die Anpassung des Arbeitspreises erfolgt rückwirkend für das abzurechnende Jahr. Maßgeblich für die Anpassung sind die Veränderungen der Bezugsgrößen in dem Abrechnungszeitraum.
Bezugsjahr für alle Basisindizes ist 2010."
5Nachdem das Kammergericht in einem gegen die Beklagte gerichteten - und ebenfalls Preisänderungen bei Fernwärmelieferungen in dem besagten Wohngebiet betreffenden - Rechtsstreit mit Urteil vom (20 U 146/17, juris) entschieden hatte, dass die in ihren Allgemeinen Versorgungsbedingungen enthaltenen Preisänderungsklauseln unwirksam seien, rügten die Kläger mit Schreiben vom unter Hinweis auf das vorgenannte Urteil des Kammergerichts die Unwirksamkeit der Preisänderungsklauseln und forderten - ausgehend von den im Erstvertrag vereinbarten Ausgangspreisen - die Rückzahlung des in den Abrechnungsjahren 2015 bis 2017 aus ihrer Sicht überzahlten Wärmeentgelts.
6Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom ihren Endkunden und auch den Klägern folgende Änderung der Preisanpassungsformel des Arbeitspreises der Wärmelieferungsverträge im Tarifgebiet "Neues Schweizer Viertel" an, die sie am auch öffentlich bekannt machte und die am in Kraft treten sollte:
"APW = APW0 x (0,5 x B/B0 + 0,5 x Bl/Bl0)
Es bedeuten:
Die Berechnung des im Abrechnungszeitraum jeweils anzusetzenden Arbeitspreises erfolgt, wie auch bisher, nachschüssig und zzgl. Umsatzsteuer in jeweils geltender Höhe.
* Erläuternder Hinweis zur Veröffentlichung der Fundstelle B0 und B der vorstehenden Preisanpassungsformel: Das Statistische Bundesamt hat seine für den Verbraucherpreisindex (VPl) maßgebliche Klassifikation "Systematisches Verzeichnis der Einnahmen und Ausgaben der privaten Haushalte" (SEA) verändert und baut seine Homepage mit den einschlägigen Indexveröffentlichungen derzeit neu auf. Somit geben die o.a. Fundstellen den Stand per wieder. Sollten sich bei den Fundstellen künftig Veränderungen ergeben, berührt das den Wärmepreisindex als maßgeblichen Wärmemarktindex der Preisanpassungsformel selbst nicht. Über vom Statistischen Bundesamt aktualisierte Fundstellen werden wir unsere Kunden im Tarifgebiet informieren."
7Mit ihrer Klage haben die Kläger - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - von der Beklagten die Rückerstattung der ihrer Ansicht nach für die Jahre 2015 bis 2018 überzahlten Fernwärmeentgelte - ausgehend von den im Erst- beziehungsweise im Folgevertrag genannten Basisarbeits- und Basisbereitstellungspreisen - in Höhe von insgesamt 3.008,96 € nebst Zinsen sowie die Feststellung begehrt, dass die ursprünglich in § 8 Abs. 3 des Folgevertrags enthaltene Preisänderungsklausel ebenso wie die (angepasste) Preisänderungsklausel gemäß dem Schreiben der Beklagten vom unwirksam seien.
8Das Landgericht hat dem Zahlungsbegehren in Höhe von 2.918,26 € und den Feststellungsbegehren in dem vorbezeichneten Umfang stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen.
9Auf die Berufung der Beklagten hat das Kammergericht das erstinstanzliche Urteil - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - dahingehend abgeändert, dass es die Zahlungsklage vollständig abgewiesen und die Unwirksamkeit der in § 8 Abs. 3 des Folgevertrags enthaltenen (ursprünglichen) Preisänderungsklausel lediglich insoweit festgestellt hat, als sie den Arbeitspreis betrifft. Außerdem hat es festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt sei, die geänderte Preisanpassungsformel gemäß ihrem Schreiben vom durch einseitige Erklärung einzuführen.
10Mit der vom Berufungsgericht unbeschränkt zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage. Die Kläger hingegen erstreben mit ihrer Revision die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts.
Gründe
11Die Revisionen der Parteien haben jeweils teilweise Erfolg.
A.
12Das Berufungsgericht (, juris) hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
13Den Klägern stehe ein Anspruch auf Rückzahlung überhöhten Entgelts für die Wärmelieferung im Zeitraum vom bis zum nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht zu. Zwar sei die Preisanpassungsklausel in § 8 Abs. 4 des Erstvertrags hinsichtlich des Arbeitspreises mit dem Transparenzgebot des § 24 Abs. 4 Satz 2 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) nicht vereinbar und damit gemäß § 134 BGB nichtig, weil die Klausel die maßgeblichen Berechnungsfaktoren nicht vollständig und in allgemein verständlicher Form ausweise. Die Nichtigkeit der Preisanpassungsklausel hinsichtlich des Arbeitspreises wirke sich aber nicht gemäß § 139 BGB auf die Preisanpassungsklausel bezüglich des Bereitstellungspreises aus. Auch isoliert betrachtet sei die Anpassungsklausel im Hinblick auf den Bereitstellungspreis nicht unwirksam.
14Ebenso folge aus der Unwirksamkeit der vorgenannten Klausel nicht, dass die Beklagte lediglich berechtigt sei, den bei Abschluss des Wärmelieferungsvertrags vereinbarten Arbeitspreis in Rechnung zu stellen. Vielmehr sei im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nach §§ 157, 133 BGB auf das Preisniveau abzustellen, das vor der Jahresabrechnung gegolten habe, welche noch innerhalb von drei Jahren nach dem Zugang beanstandet worden sei. Gegen die Anwendung der ergänzenden Vertragsauslegung im Streitfall spreche auch nicht das Schreiben der Kläger vom , da sie im Anschluss hieran viele Jahre lang den Preiserhöhungen und Jahresabrechnungen nicht mehr widersprochen hätten. Um sich den vereinbarten Anfangspreis zu erhalten, hätten die Kläger nicht jahrelang schweigen dürfen.
15Da die Kläger den Preisen mit Schreiben vom widersprochen hätten, sei im Streitfall der Arbeitspreis des Jahres 2014 (0,0838 €/kWh netto) maßgeblich. Nach diesen Maßstäben liege eine Überzahlung der Kläger bezüglich des Zeitraums vom bis zum nicht vor, da die von der Beklagten abgerechneten Arbeitspreise nicht über dem Arbeitspreis des Jahres 2014 gelegen hätten.
16Den Klägern stehe auch für den Zeitraum vom 22. Mai bis zum kein Anspruch auf Rückzahlung überhöhten Entgelts für die Wärmelieferung zu. Zwar sei auch die in § 8 Abs. 3 des Folgevertrags enthaltene Preisanpassungsklausel hinsichtlich des Arbeitspreises aus den gleichen Gründen gemäß § 134 BGB nichtig wie die Preisänderungsklausel des Erstvertrags. Der diesbezüglichen Abrechnung läge aber bereits der in § 8 Abs. 1 des Folgevertrags zwischen den Parteien (als Anfangspreis) vereinbarte niedrige Arbeitspreis in Höhe von 0,0803 €/kWh zugrunde.
17Die Feststellungsklage betreffend die Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel in § 8 Abs. 3 des Folgevertrags sei gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Insbesondere sei das Feststellungsinteresse der Kläger durch die Ankündigung der Beklagten, ab dem die vertragliche Preisanpassungsformel zu ändern, nicht entfallen. Die Feststellungsklage sei, wie ausgeführt, jedoch nur im Hinblick auf die Intransparenz der Preisanpassungsklausel im Wärmelieferungsvertrag bezüglich des Arbeitspreises begründet.
18Die auf Feststellung der Unwirksamkeit der (geänderten) Preisanpassungsklausel gemäß dem Schreiben der Beklagten vom gerichteten Klage, sei ebenfalls gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Sie sei auch begründet, denn der Beklagten stehe nicht das Recht zu, dem Vertrag einseitig eine neue Preisanpassungsklausel zugrunde zu legen. Für die Änderung einer Preisanpassungsregelung bedürfe es aufeinander bezogener korrespondierender Willenserklärungen der Parteien gemäß §§ 145 ff. BGB. Weder hätten sich die Parteien hier auf die Einbeziehung einer (neuen) Preisanpassungsklausel betreffend den Arbeitspreis verständigt noch hätten sie der Beklagten anfänglich oder nachträglich ein einseitiges Bestimmungsrecht eingeräumt. Eine einseitige Vertragsänderung sei auch nicht auf der Grundlage von § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV zulässig.
B.
19Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.
20Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass von den in § 8 Abs. 4 des Erstvertrags und in § 8 Abs. 3 des Folgevertrags enthaltenen Preisänderungsklauseln allein die Preisänderungsklauseln zum Arbeitspreis unwirksam sind. Hiervon ausgehend hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei die auf den Bereitstellungspreis - und zum Teil auch auf den Messpreis - bezogenen Rückzahlungsansprüche abgewiesen (siehe hierzu nachfolgend unter I 1).
21Ohne revisionsrechtlich beachtlichen Rechtsfehler hat das Berufungsgericht auch entschieden, dass die (Zwischen-)Feststellungsklage betreffend die Wirksamkeit der von der Beklagten im Wärmelieferungsvertrag (Folgevertrag) verwendeten Preisänderungsklausel zwar zulässig, aber nur im Hinblick auf den Arbeitspreis begründet ist (siehe hierzu nachfolgend unter I 2).
22Dagegen kann die Verneinung der klägerseits geltend gemachten Rückzahlungsansprüche gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB im Hinblick auf die im Zeitraum vom bis zum geleisteten Arbeitspreise keinen Bestand haben, da auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen nicht beurteilt werden kann, ob die - vom Berufungsgericht als gegeben erachteten - Voraussetzungen für eine ergänzende Vertragsauslegung im Sinne der vom Senat entwickelten Dreijahreslösung vorliegen (siehe hierzu nachfolgend unter I 3).
23Schließlich hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft die Feststellung getroffen, die Beklagte sei nicht berechtigt, die zum geänderte Anpassungsklausel zum Arbeitspreis einseitig in den Wärmelieferungsvertrag der Parteien einzuführen (siehe unter II 2).
24I. Zur Revision der Kläger
25Die Revision der Kläger ist zum Teil begründet.
261. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dass von den in § 8 Abs. 4 des Erstvertrags und in § 8 Abs. 3 des Folgevertrags enthaltenen Preisänderungsklauseln allein die Preisänderungsklauseln zum Arbeitspreis unwirksam sind und deshalb den Klägern auf den Bereitstellungspreis und den Messpreis bezogene Rückzahlungsansprüche (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB) nicht zustehen.
27a) Der zwischen den Parteien geschlossene Wärmeversorgungsvertrag und damit auch die von den Klägern beanstandeten Preisänderungsklauseln unterfallen dem Anwendungsbereich der AVBFernwärmeV (vgl. hierzu im Einzelnen , ZIP 2022, 2279 Rn. 21, und VIII ZR 155/21, juris Rn. 29; vom - VIII ZR 232/21, juris Rn. 27; vom - VIII ZR 358/21, juris Rn. 29; jeweils mwN). Dementsprechend sind die von der Beklagten verwendeten Preisänderungsklauseln und die im streitgegenständlichen Zeitraum von 2015 bis 2018 auf ihrer Grundlage vorgenommenen Preisanpassungen an den Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV in der vom bis zum gültigen Fassung zu messen (vgl. , aaO; vom - VIII ZR 91/21, juris Rn. 30).
28aa) Nach der vorgenannten Vorschrift sind - wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils für eine identische Preisänderungsklausel in den Allgemeinen Versorgungsbedingungen der Beklagten bereits entschieden hat - sowohl die in § 8 Abs. 4 des Erstvertrags als auch die in § 8 Abs. 3 des Folgevertrags vorgesehenen Preisänderungsklauseln zum Arbeitspreis jeweils nach § 134 BGB unwirksam, auch wenn sich dies nicht - wie es das Berufungsgericht angenommen hat - aus einem Verstoß gegen das Transparenzgebot (§ 24 Abs. 4 Satz 2 AVBFernwärmeV), sondern vielmehr aus der inhaltlichen Unangemessenheit der Klauseln (§ 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV) ergibt (siehe dazu im Einzelnen , BGHZ 233, 339 Rn. 20 ff., 27 ff.; vom - VIII ZR 358/21, juris Rn. 25; jeweils mwN).
29bb) Dies hat jedoch - wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat - nicht zugleich die Unwirksamkeit auch der den Bereitstellungspreis betreffenden Anpassungsklauseln zur Folge (zum Ganzen ausführlich , NJW 2022, 1944 Rn. 44 ff.; vom - VIII ZR 287/20, BGHZ 233, 339 Rn. 34 ff.; vom - VIII ZR 358/21, juris Rn. 45 ff.). Mit den von der Revision hiergegen vorgebrachten Gesichtspunkten hat sich der Senat in den vorgenannten Urteilen bereits eingehend befasst, diese aber nicht für durchgreifend erachtet (vgl. , aaO; vom - VIII ZR 287/20, aaO Rn. 35 ff.; vom - VIII ZR 358/21, aaO Rn. 47 ff. mwN; vom - VIII ZR 309/21, juris Rn. 75). Hieran hält er auch nach nochmaliger Prüfung fest, wobei zur Vermeidung von Wiederholungen umfassend auf die dortigen Ausführungen Bezug genommen wird.
30cc) Die Preisänderungsklauseln zum Bereitstellungspreis sind entgegen der Ansicht der Revision auch nicht für sich genommen gemäß § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV in Verbindung mit § 134 BGB unwirksam, sondern stehen mit diesen Vorgaben in Einklang, wie der Senat für diese Klauseln in den Allgemeinen Versorgungsbedingungen der Beklagten bereits mehrfach entschieden hat (vgl. , NJW 2022, 1944 Rn. 28 ff.; vom - VIII ZR 287/20, BGHZ 233, 339 Rn. 32 f.; vom - VIII ZR 28/21, ZIP 2022, 2279 Rn. 28, und VIII ZR 155/21, juris Rn. 58 ff.). Auch hieran hält der Senat nach nochmaliger Prüfung fest und nimmt auch insofern zur Vermeidung von Wiederholungen auf die dortigen Ausführungen Bezug. In diesem Zusammenhang hat sich der Senat auch mit den von der Revision im vorliegenden Verfahren angesprochenen Gesichtspunkten bereits eingehend befasst, diese aber nicht für durchgreifend erachtet (siehe zuletzt Senatsurteil vom - VIII ZR 309/21, aaO Rn. 76).
31b) Dementsprechend ist das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler zu der Beurteilung gelangt, dass die Beklagte unter Zugrundelegung der hiernach wirksamen Preisanpassungsklausel zum Bereitstellungspreis in § 8 Abs. 4 des Erstvertrags die insoweit für den streitgegenständlichen Zeitraum des Fernwärmebezugs der Kläger in dem Zeitraum vom bis zum geschuldeten Entgelte zutreffend bemessen hat und den Klägern daher insoweit ein Rückzahlungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht zusteht.
32c) Im Ergebnis rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht - entgegen der Auffassung der Revision - auch Ansprüche der Kläger auf Rückzahlung von aus ihrer Sicht überzahlten Bereitstellungs- und Messpreisen für den Zeitraum vom 22. Mai bis zum in Höhe von 107,99 € verneint.
33Denn da - wie bereits ausgeführt (siehe oben unter B I 1 a bb, cc) - die Preisanpassungsklausel in § 8 Abs. 3 des Folgevertrags lediglich im Hinblick auf den Arbeitspreis unwirksam ist, nicht aber auch in Bezug auf die Preisanpassungsklausel zum Bereitstellungs- und Messpreis, steht den Klägern ein Anspruch auf Rückzahlung aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB insoweit nicht zu. Die Beklagte hat die auf der Grundlage der insofern wirksamen Preisanpassungsklausel errechneten Bereitstellungs- und Messpreise ihrer Abrechnung vom zugrunde gelegt und die von den Klägern geschuldeten Entgelte zutreffend bemessen.
342. Die Revision der Kläger bleibt ebenfalls ohne Erfolg, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht die Feststellung der Unwirksamkeit der Preisänderungsklausel im Folgevertrag auf den Arbeitspreis beschränkt hat.
35Die diesbezügliche Feststellungsklage ist zwar - wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils für eine vergleichbare Feststellungsklage betreffend eine identische Preisänderungsklausel in den Allgemeinen Versorgungsbedingungen der Beklagten bereits entschieden hat - jedenfalls als Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO zulässig (Senatsurteil vom - VIII ZR 309/21, juris Rn. 34 ff.).
36Die Revision ist jedoch auch insoweit nicht begründet. Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt (siehe hierzu oben unter B I 1 a bb, cc), hat das Berufungsgericht die Feststellung der Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel aus dem Folgevertrag zu Recht auf den Arbeitspreis beschränkt.
373. Hingegen kann auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden, ob und in welcher Höhe Ansprüche der Kläger auf Rückzahlung von Wärmeentgelt gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB für den Zeitraum vom bis zum wegen der im Hinblick auf den Arbeitspreis unwirksamen Preisänderungsklausel im Erstvertrag vom bestehen.
38Das Berufungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Senats die infolge der Unwirksamkeit einer formularmäßig vereinbarten Preisänderungsklausel nach § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV in Verbindung mit § 134 BGB entstandene planwidrige Regelungslücke bei Fernwärmelieferungsverträgen im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 157, 133 BGB) grundsätzlich dahingehend zu schließen ist, dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht mehr geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat (Dreijahreslösung; siehe hierzu etwa , NJW 2014, 3639 Rn. 16; vom - VIII ZR 175/19, BGHZ 232, 312 Rn. 26; vom - VIII ZR 287/20, BGHZ 233, 339 Rn. 42 ff.; vom - VIII ZR 309/21, juris Rn. 43).
39Indem das Berufungsgericht in Anwendung dieser Grundsätze (allein) auf den (zweiten) Widerspruch der Kläger vom abgestellt und deshalb seiner Prüfung einer etwaigen Überzahlung im vorgenannten Zeitraum den Arbeitspreis des Jahres 2014 zugrunde gelegt hat, hat es jedoch dem bereits zuvor mit Schreiben vom - und damit kurz nach Abschluss des Erstvertrags - erklärten (ersten) Widerspruch der Kläger ohne hinreichende tatsächliche Feststellungen eine diesem für die Bemessung des von den Klägern geschuldeten Entgelts zukommende rechtliche Bedeutung abgesprochen.
40a) Die vom Senat entwickelte Dreijahreslösung trägt dem Umstand Rechnung, dass durch die Unwirksamkeit einer Preisanpassungsklausel eine planwidrige Lücke im vertraglichen Regelungsplan der Parteien entstanden ist, die - ohne ihre Schließung durch eine im Sinne der Senatsrechtsprechung zu ergänzende Regelung - zu einer nicht mehr hinnehmbaren Störung des Vertragsgefüges führen würde (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 350/13, NJW 2014, 3639 Rn. 18 mwN).
41aa) Die Parteien waren sich bei Vertragsschluss einig, dass der vereinbarte (Anfangs-)Preis nur zu Beginn des Versorgungsverhältnisses gelten und bei späteren Änderungen ein anderer Preis geschuldet sein sollte. Die Aufnahme eines Preisänderungsrechts zeigt den Willen der Parteien, dass der Kunde - und nicht das Versorgungsunternehmen - Preisänderungen tragen soll, die etwa auf Veränderungen der Brennstoffbezugskosten oder der Lohn- und Materialkosten zurückgehen. Aus der Aufnahme einer Preisänderungsklausel bei Vertragsschluss wird deutlich, dass sich die Parteien von dem lebensnahen Bewusstsein haben leiten lassen, dass Preisänderungen im Laufe des auf unbestimmte Zeit angelegten Bezugsverhältnisses zu erwarten sind und deshalb der Gefahr einer zukünftigen Äquivalenzstörung in angemessener Weise zu begegnen ist (vgl. , BGHZ 192, 372 Rn. 20; vom - VIII ZR 80/12, NJW 2013, 991 Rn. 22; vom - VIII ZR 350/13, aaO Rn. 17; vom - VIII ZR 79/15, BGHZ 209, 337 Rn. 19; siehe auch bereits , BGHZ 90, 69, 74, und VIII ZR 106/83, juris Rn. 27).
42bb) Die infolge der Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel entstandene Regelungslücke führt nach der Senatsrechtsprechung bei einem langjährigen Energieversorgungsverhältnis zu einer nicht mehr hinnehmbaren Störung des Vertragsgefüges, wenn der betroffene Kunde den Preiserhöhungen und den darauf basierenden Jahresabrechnungen über einen längeren Zeitraum nicht widersprochen hat und nunmehr auch für länger zurückliegende Zeitabschnitte die Unwirksamkeit der Preiserhöhungen geltend macht (vgl. , aaO Rn. 23, und VIII ZR 93/11, ZNER 2012, 265 Rn. 28; vom - VIII ZR 80/13, NJW 2014, 1877 Rn. 20; vom - VIII ZR 350/13, aaO Rn. 18; vom - VIII ZR 287/20, BGHZ 233, 339 Rn. 42).
43(1) Die unzumutbare Störung des Vertragsgefüges liegt darin begründet, dass das Versorgungsunternehmen im Hinblick auf die Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel während der gesamten Laufzeit des Versorgungsvertrags stets nur den (vertraglich vereinbarten) Anfangspreis verlangen könnte, obwohl bei langfristigen Vertragsverhältnissen, insbesondere solchen, die auf Austausch von Leistungen gerichtet sind, ein anerkennenswertes Bedürfnis besteht, das bei Vertragsschluss bestehende Verhältnis von Leistung und Gegenleistung über die gesamte Vertragsdauer im Gleichgewicht zu halten (Senatsurteil vom - VIII ZR 59/14, BGHZ 205, 43 Rn. 28 mwN). Der Wegfall des - für den Vertragsbestand essentiellen und die Vertragsstruktur prägenden - Preisanpassungsrechts hat ein auch nach objektiven Maßstäben schlechterdings untragbares Ungleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung zur Folge (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 287/20, BGHZ 233, 339 Rn. 52 mwN).
44(2) Entscheidendes Kriterium für das Eingreifen einer ergänzenden Vertragsauslegung in diesen Fällen ist, ob der Versorger einer nicht mehr hinnehmbaren Störung des Vertragsgefüges entgegenwirken kann (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 59/14, BGHZ 205, 43 Rn. 33 aE).
45Dementsprechend hat der Senat die Fälle, bei denen der Versorger es selbst in der Hand hat, einer nach Widerspruch oder Vorbehaltszahlung des Kunden (nur) zukünftig drohenden unbefriedigenden Erlössituation, etwa durch Ausübung eines ihm vertraglich eingeräumten kurz- oder jedenfalls mittelfristigen Kündigungsrechts, in zumutbarer Weise zu begegnen (vgl. , BGHZ 192, 372 Rn. 22; vom - VIII ZR 80/12, NJW 2013, 991 Rn. 35, und VIII ZR 52/12, EnWZ 2013, 225 Rn. 33; vom - VIII ZR 59/14, aaO Rn. 30, 34; siehe auch BVerfG, NJW 2011, 1339 Rn. 40 ff.), von denjenigen Fällen unterschieden, in denen der Kunde bei langjährigen Vertragsverhältnissen über längere Zeit hinweg den Preiserhöhungen nicht widersprochen hat. Bei Letzteren ist eine gravierende Störung des Äquivalenzverhältnisses (bereits) dadurch eingetreten, dass der Kunde in der Vergangenheit die Preiserhöhungen unbeanstandet gelassen und damit dem Versorger in dieser Zeit keine Veranlassung gegeben hat, den Vertrag (frühzeitig) zu kündigen (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 59/14, aaO Rn. 32, 34).
46An der demnach erforderlichen Voraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung, dass der Kunde den Preiserhöhungen über einen längeren Zeitraum nicht widersprochen hat, fehlt es nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich, wenn der erstmalige Widerspruch des Kunden innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach der ersten Jahresabrechnung im Vertragsverhältnis erfolgt (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 80/13, NJW 2014, 1877 Rn. 23). Ein Festhalten am Vertrag zu den ursprünglich vereinbarten Bedingungen bis zum Ablauf der vereinbarten Kündigungsfrist ist dem Energieversorger in solchen Fällen in der Regel zumutbar (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 80/13, aaO Rn. 21, 23).
47cc) Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung wäre im Streitfall - anders als das Berufungsgericht angenommen hat - für die Anwendung der Dreijahreslösung - anknüpfend an den (zweiten) Widerspruch der Kläger vom - grundsätzlich kein Raum, weil die Kläger nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts bereits mit Schreiben vom - mithin schon wenige Monate nach dem am erfolgten Abschluss des Erstvertrags - den Preisen und einer Erhöhung der monatlichen Vorauszahlungen widersprochen haben. Demzufolge könnten die Kläger, obwohl sie sich lediglich zu Beginn des Vertragsverhältnisses gegen die von der Beklagten verlangten Preise gewandt und bis zur Vertragsbeendigung fortlaufend das von dieser auf der Grundlage der vereinbarten Preisänderungsklausel erhöhte Entgelt gezahlt haben, nunmehr grundsätzlich rückwirkend für die gesamte zehnjährige Vertragslaufzeit des Erstvertrags - und damit auch für den mit der Klage geltend gemachten Zeitraum vom bis zum - Rückzahlung des über dem vereinbarten Anfangspreis liegenden Entgelts verlangen.
48b) Dies trägt indes in den Fällen eines frühzeitig erhobenen und in der Folgezeit langjährig nicht weiterverfolgten Widerspruchs den Besonderheiten des regelmäßig - wie hier - auf eine sehr lange Vertragslaufzeit ohne vorzeitige Kündigungsmöglichkeit angelegten Fernwärmelieferungsvertrags - und damit auch den objektiven Interessen der Vertragsparteien - nicht hinreichend Rechnung. In solchen Fällen führt die durch den Wegfall der unwirksamen Preisänderungsklausel im vertraglichen Regelungsplan der Parteien entstandene Lücke zu einem Ergebnis, das den beiderseitigen Interessen der Vertragsparteien nicht mehr gerecht wird, sondern das Vertragsgefüge einseitig zugunsten des Kunden verschiebt (siehe dazu nachfolgend unter aa). Diese Regelungslücke ist in Fortentwicklung der Dreijahreslösung im Wege ergänzender Vertragsauslegung dahingehend zu schließen, dass der frühzeitige Widerspruch des Kunden unbeachtlich wird, wenn er ihn nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren weiterverfolgt (siehe dazu nachfolgend unter bb).
49aa) Das Festhalten des Versorgungsunternehmens am vertraglich vereinbarten Anfangspreis für die gesamte Vertragslaufzeit (allein) aufgrund eines innerhalb von drei Jahren nach Zugang der ersten Jahresabrechnung (und damit frühzeitig) erklärten, dann aber langjährig nicht weiterverfolgten Widerspruchs des Kunden würde angesichts der besonderen Umstände der Fernwärmeversorgung zu einer nicht mehr hinnehmbaren Störung des Vertragsgefüges führen.
50(1) Im Bereich der Fernwärme sind eine über die gesamte Vertragsdauer bestehende Verlässlichkeit der Preiskalkulation und eine stabile Preisentwicklung für beide Vertragsparteien von zentraler Bedeutung.
51(a) Wesensmerkmal der Fernwärmeversorgung ist der Zwang zu hohen Investitionen, die der Versorger vornehmen muss, um seiner Lieferpflicht nachzukommen (vgl. BR-Drucks. 90/80, S. 32; , BGHZ 100, 1, 10 mwN; vom - VIII ZR 262/09, NJW-RR 2012, 249 Rn. 15). Im Vergleich zu anderen Sparten der Versorgungswirtschaft fallen diese dabei besonders hoch aus (Hempel/Franke/Fricke, Recht der Energie- und Wasserversorgung, Stand: , Einl AVBFernwärmeV Rn. 21). Diese Investitionen kann das Fernwärmeversorgungsunternehmen zu auf dem Wärmemarkt wettbewerbsfähigen Preisen nur dann amortisieren, wenn es die Kosten auf der Grundlage einer Vertragsbindung über einen möglichst langen Zeitraum verteilen kann. Die Preiskalkulation des Versorgers ist deshalb in besonderem Maß auf Verlässlichkeit angewiesen (vgl. Theobald/Kühling/Topp, Energierecht, Stand: Januar 2024, Fernwärmerecht Rn. 161; Hempel/Franke/Fricke, Recht der Energie- und Wasserversorgung, Stand: , § 32 AVBFernwärmeV Rn. 2 f.; Thomale, RdE 2019, 365; Klemm, CuR 2006, 156; siehe auch , aaO; vom - VIII ZR 262/09, aaO Rn. 15 ff.; BR-Drucks. 90/80, S. 59).
52(b) Diese Verlässlichkeit der Preiskalkulation liegt im Interesse beider Vertragsparteien (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 175/19, BGHZ 232, 312 Rn. 55). Fehlt dem Fernwärmeversorger die notwendige langfristige und verlässliche Kalkulationsgrundlage bei Beginn des Vertragsverhältnisses und die Gewissheit, Kostensteigerungen im Laufe eines lange laufenden Energielieferungsvertrags an den Kunden weitergeben zu können, könnte er demgegenüber geneigt sein, mögliche künftige Kostenerhöhungen vorsorglich schon bei Vertragsabschluss durch Risikozuschläge aufzufangen (siehe hierzu auch Senatsurteil vom - VIII ZR 175/19, BGHZ 232, 312 Rn. 43).
53(c) Die Parteien des Fernwärmeverhältnisses sind in besonderer Weise miteinander verbunden.
54Dem Fernwärmelieferanten steht wegen der nur begrenzten Transportfähigkeit der Fernwärme regelmäßig kein beliebiger Markt offen. Er ist vielmehr auf Kunden in der Nähe seines Heizwerks angewiesen (vgl. bereits , aaO; vom - VIII ZR 210/73, BGHZ 64, 288, 291 ff.).
55Auf der anderen Seite ist für den Fernwärmekunden ein Wechsel zu einem anderen Anbieter regelmäßig nicht und allenfalls nur unter erschwerten Bedingungen möglich (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 175/19, BGHZ 232, 312 Rn. 55; BR-Drucks. 310/21, S. 16; siehe auch Bundeskartellamt, Sektoruntersuchung Fernwärme, Abschlussbericht August 2012, Rn. 190, 223 ff.). Auch eine Grundversorgungspflicht sieht das Fernwärmerecht - anders als das Strom- und Gaslieferungsrecht - nicht vor (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 175/19, aaO; Hempel/Franke/Fricke, Recht der Energie- und Wasserversorgung, Stand: , § 1 AVBFernwärmeV Rn. 30). Für den Kunden verbleibt daher als Alternative zu einem Fernwärmelieferungsvertrag mit dem betreffenden Versorger lediglich die Möglichkeit, auf eine andere Energieart auszuweichen, sofern deren tatsächliche Voraussetzungen (etwa das Vorhandensein von Gasleitungen, Schornsteinen etc.) geschaffen sind (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 175/19, aaO; siehe auch Bundeskartellamt, aaO Rn. 191). Auch diese Möglichkeit bleibt ihm jedoch dann verwehrt, wenn - ausnahmsweise - durch einen Anschluss- und Benutzungszwang (vgl. etwa § 26 Abs. 1 Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz - EWG Bln) der Bezug von Fernwärme in einem bestimmten Gebiet vorgeschrieben ist (vgl. hierzu Bundeskartellamt, aaO Rn. 104 ff., 191). Daher liegt es auch im Interesse des Kunden, dass der Fernwärmelieferant auskömmliche und verlässliche Einkünfte erwirtschaftet, durch die er die - möglichst sichere und preisgünstige (vgl. hierzu , NJW 2014, 3639 Rn. 22; vom - VIII ZR 158/11, BGHZ 207, 209 Rn. 78 f.; jeweils mwN) - Belieferung mit Wärme sicherstellen kann.
56(2) Um diesen besonderen technischen und wirtschaftlichen Bedürfnissen der Fernwärmeversorgung Rechnung zu tragen (vgl. BR-Drucks. 90/80, S. 33), hat der Verordnungsgeber der AVBFernwärmeV bei Fernwärmelieferungsverträgen - anders als bei anderen Energiearten - eine relativ lange Mindestvertragslaufzeit von zehn Jahren ermöglicht, die sich ohne rechtzeitige Kündigung stillschweigend - gemäß § 32 Abs. 1 Satz 2 AVBFernwärmeV um weitere fünf Jahre - verlängert. Darüber hinaus hat er bestimmt, dass sich die erforderliche Entwicklung der Höhe der Entgelte im Laufe dieser vergleichsweise langen Vertragslaufzeit ausschließlich auf der Grundlage von Preisänderungsklauseln nach § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV vollziehen soll und nicht etwa über ein einseitiges Bestimmungsrecht des Versorgers nach § 315 BGB (vgl. hierzu ausführlich Senatsurteil vom - VIII ZR 175/19, aaO Rn. 31, 38 ff.). Hierdurch wollte der Verordnungsgeber gerade die Verlässlichkeit der Preiskalkulation des Fernwärmelieferanten vor dem Hintergrund der Kapitalintensität der Fernwärmeversorgung sicherstellen (siehe hierzu auch BR-Drucks. 90/80, S. 56, 59). Dementsprechend sind die Vorgaben des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV darauf angelegt, eine kosten- und marktorientierte Preisbemessung unter Verhinderung unangemessener Preisgestaltungsspielräume der Versorgungsunternehmen zu sichern und über das so zu wahrende Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung während der gesamten Dauer des Versorgungsvertrages die Interessen von Versorgungsunternehmen und Wärmekunden angemessen auszugleichen (vgl. , BGHZ 201, 363 Rn. 35; vom - VIII ZR 175/19, aaO Rn. 56).
57(3) Vor diesem Hintergrund sind im Bereich des Fernwärmerechts die Möglichkeiten des Versorgungsunternehmens, auf die Erhebung eines frühzeitigen Widerspruchs des Kunden zur Vermeidung einer unzumutbaren Störung des auf eine lange Zeit angelegten und vom Kunden nun bereits innerhalb kurzer Zeit nach Vertragsschluss in Frage gestellten Vertragsgefüges reagieren zu können, erheblich stärker als in anderen Bereichen des Energielieferungsrechts eingeschränkt.
58(a) Dem Fernwärmeversorgungsunternehmen ist es bei einem bereits zu Beginn des Vertragsverhältnisses erklärten Widerspruch - anders als bei Strom- und Gaslieferungsverträgen - im Regelfall nicht möglich, das Vertragsverhältnis zeitnah nach dem Widerspruch zu beenden und so dem Risiko zu begegnen, Preissteigerungen während der restlichen Mindestlaufzeit selbst tragen zu müssen, selbst wenn dies seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und damit den Fortbestand der Fernwärmeversorgung in Frage stellte (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 175/19, BGHZ 232, 312 Rn. 54). Wie dem Senat aus zahlreichen anderen Verfahren betreffend Fernwärmelieferungsverträge bekannt ist, wird von der in der AVBFernwärmeV vorgesehenen Möglichkeit, eine anfängliche Vertragslaufzeit von zehn Jahren zu vereinbaren, in der Vertragspraxis regelmäßig - und so auch im Streitfall - Gebrauch gemacht (vgl. hierzu auch Hempel/Franke/Fricke, Recht der Energie- und Wasserversorgung, Stand: , Einl AVBFernwärmeV Rn. 21).
59(b) Wegen der dargestellten Besonderheiten des Fernwärmerechts kann der Versorger bei einem frühzeitig ausgebrachten und anschließend langjährig nicht weiterverfolgten Widerspruch des Kunden auch nicht ohne weiteres auf die Möglichkeit verwiesen werden, die beanstandete Preisanpassungsklausel zu ändern oder jeweils gegen den einzelnen widersprechenden Kunden gerichtlich vorzugehen.
60(aa) Nach der (jüngeren) Rechtsprechung des Senats ist ein Fernwärmeversorgungsunternehmen zwar gemäß § 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV berechtigt und - soweit das Kundeninteresse dies erfordert - sogar verpflichtet, eine von ihm gegenüber Endkunden verwendete - von Vertragsbeginn an unwirksame oder ab einem bestimmten Zeitpunkt danach unwirksam gewordene - Preisänderungsklausel auch während des laufenden Versorgungsverhältnisses mit Wirkung für die Zukunft einseitig anzupassen, wenn und soweit dadurch sichergestellt wird, dass die Klausel den Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV entspricht (grundlegend Senatsurteil vom - VIII ZR 175/19, BGHZ 232, 312 Rn. 30, 46 ff.; siehe auch , NJW 2022, 1944 Rn. 64 ff.; vom - VIII ZR 28/21, ZIP 2022, 2279 Rn. 32 f., und VIII ZR 155/21, juris Rn. 42 f.; vom - VIII ZR 249/22,BGHZ 238, 239 Rn. 22 f., und VIII ZR 263/22, RdE 2024, 39 Rn. 23 f.).
61(bb) Mit dieser Möglichkeit der einseitigen Änderung einer Preisanpassungsklausel vermag ein Fernwärmeversorger jedoch nicht in gleicher Weise wie mit einer - bei Fernwärmelieferungsverträgen, anders als regelmäßig bei Strom- und Gaslieferungsverträgen, grundsätzlich nicht vorgesehenen, sondern nur in besonderen Ausnahmefällen (siehe etwa § 33 Abs. 1, 4 AVBFernwärmeV) möglichen - Kündigung des einzelnen Energielieferungsvertrags innerhalb einer überschaubaren Frist der nach dem Widerspruch des Kunden künftig drohenden objektiv unbefriedigenden Erlössituation in zumutbarer Weise zu begegnen.
62Eine solche Änderung kann nur im Wege der öffentlichen Bekanntmachung vollzogen werden (§ 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV) und betrifft aufgrund des Charakters der Fernwärmeversorgung als Massengeschäft (vgl. hierzu , aaO Rn. 72; vom - VIII ZR 249/22, aaO Rn. 52) notwendigerweise nicht allein das Vertragsverhältnis zu dem einzelnen widersprechenden Kunden. Vielmehr hat sie weitreichende Folgen auch für andere Fernwärmeversorgungsverträge, insbesondere auch für solche, bei denen die betreffenden Kunden den Preisen nicht widersprochen haben und sich möglicherweise sogar gegen eine Änderung der Preisanpassungsklausel wenden werden.
63Überdies kann es für den Fernwärmeversorger, da der Kunde seinen Widerspruch nach der Dreijahreslösung nicht zu begründen braucht (vgl. , NJW 2014, 1877 Rn. 22; vom - VIII ZR 200/18, NJW-RR 2021, 626 Rn. 30 f.; vom - VIII ZR 287/20, BGHZ 233, 339 Rn. 63; jeweils mwN), mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein, den Grund für den Widerspruch zu ermitteln, einen vermeintlichen Fehler in der Preisgestaltung zu identifizieren und die Preisanpassungsklausel diesbezüglich (rechtssicher) - den komplexen Anforderungen der Vorschrift des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV entsprechend (vgl. hierzu ausführlich Senatsurteil vom - VIII ZR 249/22, BGHZ 238, 239 Rn. 28 ff. mwN) - zu korrigieren.
64(cc) Auch die Möglichkeit des Fernwärmeversorgers, gegen den jeweiligen, frühzeitig widersprechenden, die verlangten Entgelte aber zunächst weiterbezahlenden Kunden gerichtlich im Wege der Klage auf Feststellung der Wirksamkeit der Preisanpassungsklausel vorzugehen (§ 256 Abs. 1 ZPO) und so eine Klärung herbeizuführen, stellt für sich genommen unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Fernwärmeversorgung als Massengeschäft aus Sicht des Versorgers keine interessengerechte Maßnahme dar. Es läge auch nicht im Interesse des Kunden, wenn er damit rechnen müsste, im Falle eines erstmaligen Widerspruchs trotz Weiterleistung des geforderten Entgelts von seinem Energieversorger ohne Weiteres verklagt zu werden; dies könnte den Kunden von der Erhebung eines - berechtigten - Widerspruchs abhalten.
65bb) Ausgehend davon hätten die Parteien eines Fernwärmelieferungsvertrages, wenn sie erkannt hätten, dass die Wirksamkeit der vereinbarten Preisanpassungsklausel unsicher war, bei einer angemessenen, objektiv-generalisierenden Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben eine Regelung vereinbart, wonach der Kunde einen von ihm innerhalb von drei Jahren nach der ersten Jahresabrechnung erklärten (frühzeitigen) Widerspruch gegen die vom Versorger erhöhten Preise - wenn der Fernwärmeversorger weiterhin die als überhöht gerügten Preise beansprucht - spätestens bis zum Ablauf von weiteren drei Jahren ab der Erklärung des Widerspruchs bekräftigen muss, indem er gegenüber dem Fernwärmeversorger - etwa durch einen erneuten Widerspruch oder durch die (erneute) Ankündigung weiterer Zahlung nur unter Vorbehalt - deutlich macht, dass er auch jetzt noch an seiner frühzeitig geäußerten Beanstandung festhält. Denn redliche Parteien wären übereingekommen, dass im Fernwärmeverhältnis ein vom Kunden erklärter (frühzeitiger) Widerspruch, der nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren zu einer Änderung der Preisgestaltung führt und aus dem auch der Kunde innerhalb dieses Zeitraums keine Rechte gegenüber dem Versorger herleitet, seine Wirkung verliert.
66(1) Die hier gebotene ergänzende Vertragsauslegung hat sich nicht nur an dem hypothetischen Parteiwillen, sondern auch an dem objektiven Maßstab von Treu und Glauben zu orientieren und muss zu einer die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigenden Regelung führen. Es geht darum zu ermitteln, was die Parteien bei einer angemessenen, objektiv-generalisierenden Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben redlicherweise vereinbart hätten, wenn sie bedacht hätten, dass die Wirksamkeit der angewendeten Preisänderungsklausel jedenfalls unsicher war (vgl. , BGHZ 207, 209 Rn. 70; vom - VIII ZR 113/11, BGHZ 192, 372 Rn. 24; vom - VIII ZR 297/88, NJW 1990, 115 unter III 1 c; vom - VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69, 75).
67(2) Ein in diesem Sinne angemessener Interessenausgleich ist dadurch zu erzielen, dass der Kunde sich nicht mehr auf die Wirkungen eines von ihm innerhalb von drei Jahren nach der ersten Jahresabrechnung erklärten (frühzeitigen) Widerspruchs berufen kann, wenn er anschließend langjährig die weitere Geltendmachung der beanstandeten Preise durch das Fernwärmeversorgungsunternehmen hingenommen und nicht in geeigneter Weise deutlich gemacht hat, dass er an seinem Widerspruch festhält.
68(a) Bei der Beurteilung, welche Regelung für die Lückenfüllung als angemessen anzusehen ist, ist zu beachten, dass die AVBFernwärmeV ebenso wie das Energiewirtschaftsrecht (§ 1 Abs. 1 EnWG; vgl. hierzu Senatsurteil vom - VIII ZR 113/11, BGHZ 192, 372 Rn. 27 mwN) den Zweck einer möglichst sicheren und preisgünstigen Versorgung des Verbrauchers verfolgt (, NJW 2014, 3639 Rn. 22; vom - VIII ZR 158/11, BGHZ 207, 209 Rn. 78 f.; jeweils mwN). Allerdings ist das Ziel der Kostenreduzierung nicht nur auf die möglichst preisgünstige Energieversorgung der Endkunden ausgerichtet. Zu berücksichtigen sind zugleich die insbesondere durch die Kostenstruktur geprägte individuelle Leistungsfähigkeit der Versorgungsunternehmen sowie die Notwendigkeit, die Investitionskraft und die Investitionsbereitschaft zu erhalten und angemessene Erträge zu erwirtschaften. Insofern wurde im Recht der Energielieferung stets vorausgesetzt, dass die Möglichkeit des Versorgers besteht, Änderungen der Bezugspreise weiterzugeben, ohne den mit dem Kunden bestehenden Versorgungsvertrag kündigen zu müssen. Dass das Energieversorgungsunternehmen die Möglichkeit hat, Kostensteigerungen weiterzugeben, dient daneben auch dem Zweck der Versorgungssicherheit. Denn diese betrifft nicht nur die technische Sicherheit der Energieversorgung und die Sicherstellung einer für die Versorgung der Abnehmer stets ausreichenden Energiemenge. Sie hat vielmehr insoweit auch einen ökonomischen Aspekt, als die nötigen Finanzmittel für die Unterhaltung von Reservekapazitäten sowie für Wartungsarbeiten, Reparaturen, Erneuerungs- und Ersatzinvestitionen bereitstehen müssen. Das wiederum setzt voraus, dass diese Mittel durch auskömmliche Versorgungsentgelte erwirtschaftet werden können (, aaO Rn. 27 ff. mwN; vom - VIII ZR 158/11, aaO).
69(b) Aus diesem Erfordernis einer stabilen und verlässlichen Preiskalkulation, die das bei Vertragsbeginn vereinbarte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung im Interesse beider Parteien über die gesamte Vertragslaufzeit hinweg sicherstellt, sowie aus der im Regelfall langfristigen und engen Bindung der Parteien eines Fernwärmelieferungsvertrags zueinander (siehe oben B I 3 b aa (1) und (2)) ergibt sich ein (gesteigertes) Gebot der Parteien zur Rücksichtnahme auf die Rechte und Interessen des jeweils anderen Vertragspartners. Dies gilt insbesondere in Fallkonstellationen, in denen dieses Gleichgewicht durch den Kunden - wie im Streitfall - bereits innerhalb kurzer Zeit nach dem Abschluss des auf lange Dauer ausgerichteten Fernwärmeversorgungsvertrags in Frage gestellt wird. Diesem Rücksichtnahmegebot widerspräche es, dürfte der Kunde eines Fernwärmelieferungsvertrages im Nachhinein die Rückzahlung von Entgelt für bereits gelieferte und von ihm verbrauchte Wärme verlangen und sich hierbei hinsichtlich der Höhe des Rückzahlungsanspruchs auf einen Widerspruch berufen, den er vor langer Zeit zu Beginn des Vertragsverhältnisses erklärt und anschließend über viele Jahre hinweg nicht mehr weiterverfolgt hat.
70Deshalb hätten die Parteien eines Fernwärmelieferungsvertrags - wenn sie bei Vertragsabschluss bedacht hätten, dass zwischen ihnen Uneinigkeit über die Wirksamkeit der vereinbarten Preisänderungsklausel entstehen könnte - bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner eine Regelung vereinbart, wonach eine zu Beginn des Vertragsverhältnisses vorgebrachte Beanstandung des Kunden gegen die von dem Versorger verlangten Preise, durch welche die zentralen vertraglichen Grundlagen eines solchen Dauerschuldverhältnisses in Frage gestellt werden, nach einer gewissen Zeit durch eine Erklärung gegenüber dem Versorger bekräftigt werden muss, wenn der Kunde sich zu einem späteren Zeitpunkt auf diese Beanstandung berufen möchte.
71Erst auf diese Weise wird dem Fernwärmeversorger das ihm drohende Risiko in einer den Besonderheiten des Fernwärmeversorgungsverhältnisses Rechnung tragenden Deutlichkeit vor Augen geführt, dass er mit erheblichen, bei weiterem Zeitablauf steigenden Rückforderungsansprüchen rechnen muss und den Kunden nicht mehr kostendeckend mit Wärme zu versorgen haben wird und ihm Anlass gegeben, entsprechende Maßnahmen zur Abwendung dieses Risikos zu ergreifen. Denn gerade durch die längere Untätigkeit sowohl des Versorgers, der einem Widerspruch nicht nachkommt, als auch des Kunden, der trotz seiner Beanstandung jahrelang die verlangten Preise zahlt, ohne dem Versorger in geeigneter Weise erkennbar zu machen, dass er an seiner Beanstandung festhält, vergrößert sich angesichts der Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel bei steigenden Energiepreisen zunehmend das Ungleichgewicht zwischen der Leistung des Fernwärmeversorgers und der Gegenleistung des Kunden. Dieses Ungleichgewicht wäre unbillig und würde dem Kunden, der sich erst nach längerer Zeit wieder auf einen Widerspruch beruft, einen unverhofften und ungerechtfertigten Gewinn verschaffen. Dies entspräche auch nicht dem objektiv zu ermittelnden hypothetischen Parteiwillen (vgl. auch , BGHZ 192, 372 Rn. 26; vom - VIII ZR 59/14, BGHZ 205, 43 Rn. 35 f.; vom - VIII ZR 158/11, BGHZ 207, 209 Rn. 79).
72Deshalb muss ein Fernwärmeversorger nach Treu und Glauben nicht damit rechnen, dass ein Kunde, nachdem dieser im Anschluss an seinen (frühzeitig erhobenen) Widerspruch über viele Jahre hinweg ohne weitere Beanstandung die von dem Versorger verlangten Preise bezahlt hat, nunmehr noch Rückforderungsansprüche auf der Grundlage eines alten - regelmäßig nicht mehr die Kosten der Wärmeversorgung dieses Kunden deckenden - Preises geltend macht. Vielmehr vermittelt der untätig bleibende Kunde nach Ablauf einer gewissen Zeit dem Fernwärmeversorger - bei objektiver Betrachtung für den Kunden auch erkennbar - den Eindruck, an dem vor längerer Zeit erhobenen (frühzeitigen) Widerspruch nicht mehr festzuhalten. In einer solchen Konstellation darf der Versorger darauf vertrauen, dass der Kunde die Wirksamkeit der Preisanpassungsklausel nicht mehr in Frage stellt.
73(c) Diese ergänzende Auslegung des Fernwärmelieferungsvertrags entspricht auch dem besonderen Bedürfnis bei Energielieferungsverträgen, dass gegenseitige Ansprüche zeitnah geltend gemacht werden und Preiserhöhungen nicht unvertretbar lange mit Unsicherheiten behaftet sein sollen (vgl. , NJW 2014, 3639 Rn. 24; vom - VIII ZR 113/11, aaO Rn. 31). Dem würde es widersprechen, könnte sich ein Fernwärmekunde auf eine bald nach Vertragsbeginn erklärte, dann aber über viele Jahre hinweg nicht weiterverfolgte Beanstandung der Preisgestaltung des Versorgers berufen.
74Dementsprechend hat auch der Verordnungsgeber im Fernwärmerecht Vorschriften vorgesehen, die den Parteien Planungssicherheit dahingehend gewähren sollen, nach längerer Zeit nicht mit Einwendungen und Ansprüchen konfrontiert zu werden (§§ 21, 30 AVBFernwärmeV). Die Bestimmung des § 21 AVBFernwärmeV bezweckt, dass sich Kunden bei Abrechnungsfehlern zu ihren Gunsten größeren Nachforderungen des Versorgers, die weit in die Vergangenheit zurückreichen, nicht ausgesetzt sehen (vgl. BR-Drucks. 90/80, S. 54). Auf der anderen Seite soll aber auch bei Fehlern zu ihren Lasten eine Anspruchsbeschränkung stattfinden. Letztlich müssen es nach dem Willen des Verordnungsgebers beide Seiten in Kauf nehmen, dass ihnen im Einzelfall unter Umständen weitergehende Ansprüche auf Rückerstattung bezahlten, aber nicht geschuldeten Entgelts beziehungsweise auf Nachzahlung geschuldeten, aber noch nicht geleisteten Entgelts abgeschnitten werden (BR-Drucks. 90/80, S. 54).
75Um die Abwicklung des Versorgungsverhältnisses nicht auf lange Zeit mit Rechtsunsicherheiten zu belasten, hat der Verordnungsgeber überdies in § 30 AVBFernwärmeV das Recht des Kunden zum Zahlungsaufschub und zur Zahlungsverweigerung auf einen Zeitraum von zwei Jahren nach Zugang der fehlerhaften Abrechnung beschränkt. Hierbei hat er sich von der Erwägung leiten lassen, im Interesse einer möglichst kostengünstigen Fernwärmeversorgung müsse sichergestellt werden, dass die grundsätzlich zur Vorleistung verpflichteten Unternehmen nicht unvertretbare Verzögerungen bei der Realisierung ihrer Preisforderungen in Fällen hinnehmen müssen, in denen Kunden unberechtigte Einwände erheben (BR-Drucks. 90/80, S. 58).
76Diese auf eine zeitnahe Geltendmachung von gegenseitigen Ansprüchen und die Schaffung von Rechtsfrieden zielenden Erwägungen des Verordnungsgebers lassen sich auch auf den - hier in Rede stehenden - Fall übertragen, dass ein bereits (frühzeitig) erhobener Widerspruch nicht weiterverfolgt und daraus resultierende Ansprüche nicht zeitnah geltend gemacht werden. Wird ein solchermaßen jahrelang nicht weiterverfolgter Widerspruch des Kunden unbeachtlich, werden Rechtssicherheit und Planbarkeit wiederhergestellt.
77(3) Nach den vorstehend dargestellten Erwägungen ist es im Rahmen der vorzunehmenden ergänzenden Vertragsauslegung sachgerecht, die Frist, innerhalb derer ein frühzeitiger Widerspruch des Kunden ohne Bekräftigung unbeachtlich wird (siehe hierzu nachfolgend unter (a)), sowie die Anforderungen an eine solche Bekräftigung (siehe unter (b)) an den Grundsätzen zur erstmaligen Erhebung eines Widerspruchs im Sinne der Dreijahreslösung zu orientieren.
78(a) Hiernach ist als maßgeblicher Zeitraum, nach dessen Ablauf ein einmal erhobener (frühzeitiger) Widerspruch unbeachtlich wird, von einer Frist von drei Jahren ab Einlegung des Widerspruchs auszugehen. Es ist sachgerecht, insoweit denselben Zeitraum heranzuziehen, der auch für die ergänzende Vertragsauslegung im Sinne der Dreijahreslösung maßgeblich ist.
79(aa) Der Bemessung der Frist von drei Jahren im Rahmen der vom Senat in ständiger Rechtsprechung angewandten Dreijahreslösung liegt die Erwägung zugrunde, dass ein Interessenausgleich, der die Geltendmachung von Rechten von der Reaktion einer Partei innerhalb gewisser Fristen abhängig macht, im Energierecht auch sonst verschiedentlich vorgesehen ist, so dass es naheliegt, sich an diesen Vorbildern auch für die im Wege ergänzender Vertragsauslegung vorzunehmende Lückenschließung zu orientieren (Senatsurteil vom - VIII ZR 113/11, BGHZ 192, 372 Rn. 32). Der Senat hat sich hierbei namentlich an den Vorschriften der §§ 21, 30 AVBGasV aF (diese entsprechen heute § 17 Abs. 1 Satz 2, § 18 GasGVV) und §§ 21, 30 AVBFernwärmeV ausgerichtet (vgl. , BGHZ 192, 372 Rn. 32 ff.; vom - VIII ZR 350/13, NJW 2014, 3639 Rn. 25 f.; vom - VIII ZR 241/15, WM 2017, 974 Rn. 28 f.; vom - VIII ZR 287/20, BGHZ 233, 339 Rn. 59), die Fristen von drei beziehungsweise zwei Jahren für die Geltendmachung von Einwänden vorsehen. Zugunsten des Kunden ist der Senat dabei von der längeren Frist von drei Jahren ausgegangen. Diese hat sich bei der Anwendung der Dreijahreslösung bewährt.
80(bb) Diese Erwägungen sind auch auf die hier gegebene Fallgestaltung zu übertragen, in der die Parteien einem einmal erhobenen Widerspruch des Kunden über einen längeren Zeitraum hinweg keine Beachtung mehr schenken. Ebenso wie der Kunde sich nicht auf die Unwirksamkeit einer Preiserhöhung berufen kann, wenn er ihr nicht innerhalb von drei Jahren widerspricht, bleibt es ihm verwehrt, sich nach Ablauf von drei Jahren auf einen (frühzeitig) erhobenen Widerspruch zu berufen, wenn er in diesem Zeitraum nicht gegenüber dem Fernwärmeversorger zum Ausdruck gebracht hat, dass er an seinem Widerspruch auch weiterhin festhält. In beiden Fällen kann der Versorger angesichts des sich aus dem Fernwärmelieferungsvertrag ergebenden (gesteigerten) Gebots gegenseitiger Rücksichtnahme davon ausgehen, dass ein Kunde, der über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg keinerlei Einwendungen gegen von ihm bezahlte Abrechnungen erhebt, auch in Zukunft Rückzahlungsansprüche unter Berufung auf derart lange zurückliegende Vorgänge nicht mehr geltend machen wird.
81(b) Auch hinsichtlich der an eine Bekräftigung des frühzeitig erhobenen Widerspruchs zu stellenden Anforderungen ist eine Orientierung an den Grundsätzen zum Widerspruch im Sinne der Dreijahreslösung sachgerecht (vgl. hierzu , NJW-RR 2012, 690 Rn. 31; vom - VIII ZR 80/13, NJW 2014, 1877 Rn. 22; vom - VIII ZR 200/18, NJW-RR 2021, 626 Rn. 30 f.; jeweils mwN). Erforderlich, aber auch ausreichend ist es hiernach, dass der Kunde gegenüber dem Fernwärmeversorger zum Ausdruck bringt, an seinem in einem frühen Vertragsstadium erhobenen Widerspruch auch im Weiteren festhalten zu wollen und mit dem vom Fernwärmeversorger verlangten (aufgrund der vereinbarten Preisänderungsklausel gegenüber dem Anfangspreis erhöhten) Entgelt nach wie vor nicht einverstanden zu sein. Eine Begründung ist mithin nicht erforderlich (vgl. für den Widerspruch Senatsurteil vom - VIII ZR 200/18, aaO mwN), ebenso wenig eine Bezugnahme auf den früheren Widerspruch. Eine Bekräftigung kann demnach etwa dadurch erfolgen, dass der Kunde erneut widerspricht oder ankündigt, Zahlungen nur unter Vorbehalt zu leisten.
82(4) Mit dem Erfordernis einer Bekräftigung des frühzeitig erfolgten Widerspruchs innerhalb von drei Jahren wird dem Kunden auch nicht etwa eine zu weitgehende Obliegenheit auferlegt.
83(a) Der Verordnungsgeber hat beiden Parteien eines Fernwärmeversorgungsvertrags mit den Vorschriften der §§ 21, 30 AVBFernwärmeV aufgegeben, die jährlichen Abrechnungen auf etwaige Fehler zu prüfen und bei Einwänden diese zeitnah gegenüber ihrem Vertragspartner geltend zu machen. Wenn der Versorger in einer solchen Abrechnung die von dem Kunden beanstandete Preisanpassungsklausel erneut anwendet, kann diesem auch zugemutet werden, einen bereits zuvor erhobenen Widerspruch zeitnah und mit dem geschilderten geringen Aufwand gegenüber dem Fernwärmeversorger zu bekräftigen.
84(b) Hinzu kommt, dass der Kunde bei einer Versorgung ausschließlich in Höhe des Anfangspreises über die gesamte Mindestvertragslaufzeit hinweg - steigende Energiepreise vorausgesetzt - durch die Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel einen unverhofften finanziellen Vorteil erhielte. Er konnte bei Vertragsschluss nicht darauf vertrauen, dass er über die gesamte langjährige Vertragslaufzeit mit Wärme zu dem anfänglich vereinbarten Preis als Festpreis versorgt wird. Vielmehr rechnet der redliche Kunde damit, dass Kostenänderungen bei der Beschaffung der Wärme entsprechend der vereinbarten Preisanpassungsklausel an ihn weitergereicht werden, was im Falle einer den Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV genügenden Klausel auch der Fall gewesen wäre. Auch vor diesem Hintergrund ist es dem Kunden angesichts des (gesteigerten) Gebots gegenseitiger Rücksichtnahme im Fernwärmelieferungsvertrag zumutbar, gegenüber seinem Vertragspartner das Festhalten an frühzeitig erhobenen Einwänden zum Ausdruck zu bringen, wenn er sich den damit einhergehenden finanziellen Vorteil über die gesamte Vertragslaufzeit erhalten möchte.
85(c) Zudem wird dem Kunden, der seinen frühzeitigen Widerspruch nicht nach den hier dargestellten Grundsätzen bekräftigt hat, der Einwand der Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel und sein darauf beruhender Anspruch auf Rückzahlung überzahlten Entgelts nicht versagt. Vielmehr wird in diesem Fall als Grundlage für die Berechnung des Rückzahlungsanspruchs ein (aktuellerer) Preis herangezogen, der dem Umstand gerecht wird, dass die Parteien das Vertragsverhältnis auf der Grundlage der vom Versorger in Rechnung gestellten Preise über eine geraume Zeit hinweg durchgeführt haben und sich die Kosten für die Versorgung des Kunden mit Wärme in dieser Zeit regelmäßig nicht unerheblich verändert haben. Mithin wird ein Preis herangezogen, der das Äquivalenzverhältnis besser abbildet.
86cc) Die Dreijahreslösung des Senats ist auch mit dieser Fortentwicklung für den Fall des frühzeitigen Widerspruchs bei Fernwärmelieferungsverträgen unionsrechtskonform und insbesondere mit den Vorgaben des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. EG Nr. L 95, S. 29; im Folgenden: Klausel-Richtlinie) vereinbar.
87(1) Die Dreijahreslösung ist sowohl in ihrer ursprünglichen Ausprägung als auch in ihrer hier vorgenommenen Übertragung auf den Sonderfall eines frühen und dann nicht weiterverfolgten Widerspruchs das Ergebnis einer ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 157, 133 BGB) für den Fall einer unwirksamen - für die Ausgewogenheit der Rechte und Pflichten der Parteien und damit für den Fortbestand des Vertrags allerdings unverzichtbaren - Preisanpassungsmöglichkeit in Energielieferungsverträgen. Diese ergänzende Vertragsauslegung steht, wie der Senat bereits entschieden hat, im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. hierzu EuGH, C-260/18, WM 2019, 1963 Rn. 48 - Dziubak; C-269/19, NJW 2021, 611 Rn. 61 - Banca B; C-6/22, WM 2023, 970 Rn. 55 ff.; jeweils mwN) zu einer ausnahmsweise auch im Lichte von Art. 6 Abs. 1 der Klausel-Richtlinie zulässigen Lückenfüllung bei Wegfall einer missbräuchlichen Klausel (vgl. hierzu ausführlich , BGHZ 233, 339 Rn. 45 ff.; vom - VIII ZR 309/21, juris Rn. 44 ff.; siehe auch , BGHZ 231, 215 Rn. 50 ff.). Auch durch die dargestellte (weitere) ergänzende Vertragsauslegung wird eine durch die Nichtigkeit der Preisanpassungsklausel entstandene Lücke im Vertragsverhältnis der Parteien geschlossen, die aufgrund von zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen des Energiepreises zu einem untragbaren Ungleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung geführt hat, weil die Vertragsparteien trotz der Unwirksamkeit einer Preisanpassungsklausel über einen längeren Zeitraum hinweg das Vertragsverhältnis unverändert und ohne (weitere) Beanstandungen fortgesetzt haben.
88Die Fortentwicklung der Dreijahreslösung des Senats ist insbesondere auch hinsichtlich des Erfordernisses einer Bekräftigung des Widerspruchs durch den Fernwärmekunden mit den Vorgaben des Art. 6 Abs. 1 der Klausel-Richtlinie vereinbar. Denn an diese Bekräftigung durch den Verbraucher werden - wie ausgeführt (siehe oben unter B I 3 b bb (3) (b)) - keine hohen Anforderungen gestellt. Insbesondere ist nicht etwa die Einleitung förmlicher Verfahren - wie beispielsweise die Erhebung einer Klage - notwendig, damit der Kunde sich zu einem späteren Zeitpunkt auf den Widerspruch berufen kann. Dem Verbraucher wird durch das Erfordernis der Bekräftigung eines frühzeitig erhobenen Widerspruchs auch nicht etwa der Einwand der Unwirksamkeit der von ihm beanstandeten Klausel und sein darauf beruhender möglicher Anspruch auf Rückzahlung überzahlten Entgelts versagt. Vielmehr wird im Falle eines vom Kunden nicht bekräftigten Widerspruchs auf der Grundlage einer objektiv-generalisierenden Abwägung der Parteiinteressen die durch die (zeitlich unbeschränkte) Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel entstandene Vertragslücke im Wege ergänzender Vertragsauslegung in Anlehnung an die seit vielen Jahren gefestigte Dreijahreslösung geschlossen (vgl. bereits Senatsurteil vom - VIII ZR 287/20, aaO Rn. 56) und als Grundlage für die Berechnung des Rückzahlungsanspruchs ein Preis herangezogen, durch welchen das tatsächliche Gleichgewicht der gegenseitigen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien wiederhergestellt wird (siehe bereits oben B I 3 a).
89Durch die - großzügig bemessene - Frist von drei Jahren ab dem frühzeitig erhobenen Widerspruch besteht auch eine ausreichende Möglichkeit des Kunden, seine Rechte gegenüber dem Fernwärmeversorgungsunternehmen als Verwender geltend zu machen (zu diesem Kriterium EuGH, C-485/19, WM 2021, 973 Rn. 59 - Profi Credit Slovakia). Die Ausübung der dem Verbraucher durch die Klausel-Richtlinie verliehenen Rechte wird ihm damit nicht etwa praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert und der Effektivitätsgrundsatz ist gewahrt (vgl. EuGH, C-224/19 und C-259/19, WM 2020, 1477 Rn. 87 ff. mwN - Caixabank).
90Mithin unterscheidet sich die Ausgangslage nicht von derjenigen in den übrigen, vom Senat bereits entschiedenen Fällen der Dreijahreslösung. Durch diese ergänzende Vertragsauslegung wird in Einklang mit der - vom Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) stets ausdrücklich hervorgehobenen (vgl. hierzu etwa EuGH, C-260/18, aaO Rn. 39 - Dziubak; C-125/18, RIW 2021, 141 Rn. 62 - Gómez del Moral Guasch; C-19/20, WM 2021, 1035 Rn. 83 - Bank BPH) - Zielsetzung des Art. 6 Abs. 1 der Klausel-Richtlinie die nach dem Vertrag bestehende formale Ausgewogenheit der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien unter Berücksichtigung ihrer beider Interessen durch eine materielle Ausgewogenheit ersetzt und so deren Gleichheit [im Sinne des ursprünglichen vertraglich intendierten Gleichgewichts] wiederhergestellt (vgl. im Einzelnen , aaO Rn. 49; vom - VIII ZR 309/21, juris Rn. 45; jeweils mwN; siehe auch , BGHZ 231, 215 Rn. 53).
91(2) Demzufolge ist der Senat - entgegen der von der Revision bereits im Hinblick auf die Dreijahreslösung in ihrer bisherigen Ausgestaltung vertretenen Auffassung - auch nicht gehalten, den Rechtsstreit nach Art. 267 Abs. 1 bis 3 AEUV dem Gerichtshof zur Auslegung der Art. 6 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1 der Klausel-Richtlinie vorzulegen, da die Auslegung dieser Richtlinienbestimmungen, soweit für die Beurteilung des vorliegenden Falles von Bedeutung, durch die dargestellte (umfangreiche) Rechtsprechung des Gerichtshofs im Sinne eines acte éclairé geklärt und vorliegend lediglich auf den Einzelfall anzuwenden ist (so zur Dreijahreslösung in ihrer bisherigen Ausgestaltung bereits , aaO Rn. 60; vom - VIII ZR 309/21, aaO Rn. 46; vgl. auch EuGH, C-561/19, NJW 2021, 3303 Rn. 33, 36 ff. - Consorzio Italian Management; BVerfGE 149, 222 Rn. 143; jeweils mwN).
92c) Aus alledem folgt für den Streitfall, dass für den geltend gemachten Anspruch der Kläger auf Rückzahlung überzahlten Entgelts hinsichtlich der Arbeitspreise für den Zeitraum vom bis nur dann der vom Berufungsgericht auf der Grundlage der Dreijahreslösung herangezogene Arbeitspreis des Jahres 2014 maßgeblich ist, wenn die Kläger - wovon das Berufungsgericht ohne nähere Begründung ausgegangen ist - ihren Widerspruch vom nicht zeitnah - mithin im Sinne der vorstehenden Ausführungen innerhalb von drei Jahren - bekräftigt haben und dieser deshalb unbeachtlich geworden ist. Nur dann wäre (erst) die mit Schreiben der Kläger vom erfolgte Beanstandung der Preisgestaltung als Widerspruch im Sinne der Dreijahreslösung anzusehen (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 287/20, BGHZ 233, 339 Rn. 64 f. [für den Fall einer Nachtragsvereinbarung nach Einlegen eines Widerspruchs]).
93Auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts kann indes nicht abschließend beurteilt werden, ob die Kläger ihren mit dem Schreiben vom erfolgten frühzeitigen Widerspruch auch innerhalb von drei Jahren gegenüber der Beklagten im Sinne der soeben dargestellten Grundsätze bekräftigt haben. Im Rahmen seiner insoweit gebotenen weiteren Aufklärung wird das Berufungsgericht bei der tatrichterlichen Würdigung auch in den Blick zu nehmen haben, ob und gegebenenfalls welche Bedeutung im Falle einer möglichen Bekräftigung dem Umstand beizumessen ist, dass die Kläger mit der Beklagten schließlich im Jahr 2018 einen - gleichfalls eine Preisanpassungsklausel enthaltenden - Folgevertrag mit einer Laufzeit von wiederum zehn Jahren geschlossen haben.
94d) Dementsprechend kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben, soweit die Berufung der Beklagten hinsichtlich des Zahlungsantrags Erfolg hatte und die Klage auf Rückzahlung für den Zeitraum vom bis einschließlich geleisteten Wärmeentgelts im Hinblick auf die Arbeitspreise in Höhe eines Betrages von insgesamt 1.437,69 € abgewiesen worden ist. Insoweit ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung nach Maßgabe der folgenden Berechnung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
95Das Landgericht hat - ausgehend von dem für die Kläger günstigsten Fall - auf der Grundlage des Basisarbeitspreises des Jahres 2000 für das Jahr 2015 einen geschuldeten Arbeitspreis in Höhe von 928,59 € brutto errechnet. Von der Beklagten abgerechnet und von den Klägern bezahlt wurden 1.315,77 € brutto. Den Klägern steht daher allenfalls noch ein Anspruch auf Rückzahlung überhöhten Wärmeentgelts für diesen Abrechnungszeitraum in Höhe von 387,18 € zu.
96Ausgehend von den gleichen Grundsätzen ergibt sich für das Jahr 2016 unter Berücksichtigung des von dem Landgericht angenommenen Arbeitspreises in Höhe von 981,68 € brutto und eines von den Klägern bezahlten Betrags in Höhe von 1.385,99 € allenfalls noch ein Anspruch auf Rückzahlung in Höhe von 404,31 €.
97Für das Jahr 2017 ist in dem für die Kläger günstigsten Fall von einem Anspruch auf Rückzahlung in Höhe von 418,04 € auszugehen, da das Landgericht einen geschuldeten Arbeitspreis in Höhe von 1.027,66 € brutto errechnet und die Kläger für diesen Zeitraum 1.445,70 € bezahlt haben.
98Im Zeitraum vom 1. Januar bis zum ergibt sich schließlich nach den gleichen Grundsätzen allenfalls ein Anspruch auf Rückzahlung in Höhe von 228,16 €, da das Landgericht einen geschuldeten Arbeitspreis in Höhe von 547,22 € brutto errechnet hat und die Kläger für diesen Zeitraum 775,38 € bezahlt haben.
99II. Zur Revision der Beklagten
100Die Revision der Beklagten ist zum Teil begründet.
1011. Allerdings bleibt sie - wie bereits ausgeführt (siehe oben unter B I 2) - ohne Erfolg, soweit sie rügt, das Berufungsgericht habe zu Unrecht die Zulässigkeit der (Zwischen-)Feststellungsklage betreffend die Feststellung der Unwirksamkeit der in § 8 Abs. 3 des Folgevertrags enthaltenen Preisänderungsklausel zum Arbeitspreis bejaht. Gegen die Begründetheit der (Zwischen-)Feststellungsklage, nämlich die im Ergebnis zutreffend (siehe oben B I 2) erfolgte Feststellung des Berufungsgerichts, die Preisanpassungsklausel zum Arbeitspreis sei unwirksam, wendet sich die Revision zu Recht nicht.
1022. Mit Erfolg rügt sie jedoch, dass die vom Berufungsgericht getroffene weitere Feststellung (§ 256 Abs. 1 ZPO), die Beklagte sei nicht berechtigt, die Preisänderungsklausel gemäß ihrem Schreiben vom einseitig in den Folgevertrag einzuführen, rechtsfehlerhaft ist.
103a) Gegen die Zulässigkeit (auch) dieses Feststellungsbegehrens der Kläger bestehen allerdings - anders als die Revision meint - keine Bedenken. Zutreffend hat das Berufungsgericht vielmehr ein rechtliches Interesse der Kläger an der entsprechenden Feststellung (§ 256 Abs. 1 ZPO) bejaht. Entgegen der Auffassung der Revision können sie auf eine Leistungsklage - namentlich auf Rückzahlung ab Mai 2019 gezahlter Abschläge - schon deshalb nicht verwiesen werden, weil das Rechtsschutzziel der hier gegebenen negativen Feststellungsklage mit einer Leistungsklage nicht erreicht werden kann (siehe hierzu bereits , ZIP 2022, 2279 Rn. 30 mwN; vom - VIII ZR 232/21, juris Rn. 25; vom - VIII ZR 91/21, juris Rn. 28; vom - VIII ZR 133/21, juris Rn. 39; vom - VIII ZR 309/21, juris Rn. 52).
104b) Rechtsfehlerhaft ist jedoch die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagten stehe ein Recht zur Anpassung der entsprechend ihrem Schreiben vom geänderten Klausel nicht zu. Vielmehr hat die Beklagte - wie der Senat ebenfalls nach Erlass des Berufungsurteils bereits entschieden hat - nach § 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV die in ihrem Schreiben vom enthaltene, von ihr ab dem verwendete Preisanpassungsklausel wirksam in den Folgevertrag eingeführt (vgl. hierzu ausführlich , BGHZ 238, 239 Rn. 24 ff., und VIII ZR 263/22, CuR 2023, 99 Rn. 25 ff.; vom - VIII ZR 122/23, CuR 2024, 87 Rn. 18 ff.; zur grundsätzlichen Berechtigung eines Fernwärmeversorgungsunternehmens, eine unwirksame Preisanpassungsklausel auch während des laufenden Versorgungsverhältnisses mit Wirkung für die Zukunft einseitig anzupassen siehe oben unter B I 3 b aa (3) (b) (aa)).
C.
105Nach alledem kann das Berufungsurteil in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang keinen Bestand haben; es ist daher insoweit auf die Revisionen der Parteien aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).
1061. Hinsichtlich der Frage, ob den Klägern Rückzahlungsansprüche für die ihnen betreffend den Zeitraum vom bis zum in Rechnung gestellten Arbeitspreise in Höhe von insgesamt 1.437,69 € zustehen, ist die Sache nicht zur Endentscheidung reif und deshalb insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit die Parteien ihren Vortrag ergänzen können und das Berufungsgericht die danach gegebenenfalls erforderlichen Feststellungen treffen kann. An der Entscheidungsreife im Sinne von § 563 Abs. 3 ZPO fehlt es hier auch deshalb, weil die Kläger in den Tatsacheninstanzen bislang keine Gelegenheit hatten, zu einem etwaigen Festhalten am Widerspruch vom , für das sie die Darlegungs- und Beweislast trifft, im Sinne der oben dargestellten, neu entwickelten Grundsätze (siehe oben unter B I 3 b bb (3)) vorzutragen.
107Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass die Kläger an ihrem Widerspruch vom festgehalten haben, weist der Senat für das weitere Verfahren vorsorglich darauf hin, dass das Berufungsgericht auch zur Höhe des vertraglich vereinbarten Anfangspreises Feststellungen zu treffen haben wird. Die Auffassung der Kläger, wonach es sich bei dem in § 8 Abs. 1 des im Jahr 2008 geschlossenen Erstvertrags genannte und auf das Jahr 2000 bezogene Basisarbeitspreis in Höhe von 0,059 €/kWh um den für das Vertragsverhältnis maßgeblichen Anfangspreis handele, begegnet Bedenken. Aus dem Wortlaut und der Systematik von § 8 des Erstvertrags geht hervor, dass der in § 8 Abs. 1 genannte Basisarbeitspreis lediglich als Rechengröße dienen sollte, um den von den Klägern tatsächlich geschuldeten Arbeitspreis nach Maßgabe des § 8 Abs. 4 zu berechnen. Den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich nicht entnehmen, dass die Parteien davon ausgegangen sind, bei dem auf das Jahr 2000 bezogenen Basisarbeitspreis handele es sich um ein jedenfalls in der Größenordnung angemessenes Entgelt für die von den Klägern im Jahr 2008 bezogene Wärme. Bestandteil des Vertrages war vielmehr ausweislich § 11 Abs. 7 des Erstvertrags auch eine "Anlage D", die mit "Preise und Indices" bezeichnet ist. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass die Parteien den Willen hatten, etwaige dort aufgeführte (aktuelle) Beträge dem Vertrag als Anfangspreise zugrunde zu legen.
1082. Im Übrigen entscheidet der Senat in der Sache selbst, da es insoweit weiterer Feststellungen nicht bedarf und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt auf die Berufung der Beklagten zur Abänderung des Urteils des Landgerichts dahingehend, dass die auf die Feststellung der Unwirksamkeit der in dem Schreiben der Beklagten vom enthaltenen Preisanpassungsklausel gerichtete Klage abzuweisen ist.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:250924UVIIIZR165.21.0
Fundstelle(n):
ZIP 2024 S. 5 Nr. 41
UAAAJ-78252