BGH Beschluss v. - V ZR 244/17

Instanzenzug: Az: V ZR 244/17 Beschlussvorgehend Az: V ZR 244/17 Urteilvorgehend Brandenburgisches Az: 5 U 25/16 Urteilvorgehend LG Frankfurt (Oder) Az: 12 O 100/12

Gründe

I.

1Der Senat hat dem Beklagten zu 1 und Revisionskläger mit Beschluss vom Prozesskostenhilfe für das Revisionsverfahren bewilligt und ihm einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt beigeordnet. Mit Urteil vom (V ZR 244/17, BGHZ 221, 229) hat der Senat das mit der Revision angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Dieses hat die Revision gegen sein anschließend ergangenes Urteil nicht zugelassen. Die gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom zurückgewiesen (V ZR 279/20).

2Mit Schriftsatz vom hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 1 angeregt, die Bewilligung der Prozesskostenhilfe zu überprüfen und ggf. aufzuheben, weil sich dessen wirtschaftliche Verhältnisse geändert hätten. Die Rechtspflegerin des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beklagten zu 1 und weiterer Sachaufklärung mit Beschluss vom den Beschluss über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Revisionsinstanz aufgehoben. Der hiergegen von dem Beklagten zu 1 eingelegten Erinnerung hat sie nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

31. Die Erinnerung ist nach § 11 Abs. 1 RPflG statthaft, da Beschlüsse, mit denen der Bundesgerichtshof die für ein Verfahren in dritter Instanz beantragte Prozesskostenhilfe ablehnt oder - wie hier - die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufhebt, unanfechtbar sind (vgl. , juris Rn. 4). Die Erinnerung ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere wurde sie - zulässigerweise durch den Beklagten zu 1 persönlich (§ 11 Abs. 2 Satz 7 RPflG i.V.m. § 569 Abs. 3 Nr. 2, § 78 Abs. 3 ZPO) - innerhalb der Frist von zwei Wochen eingelegt.

42. Die Erinnerung ist begründet. Die Rechtspflegerin des Bundesgerichtshofs war für die auf §§ 120a, 124 Nr. 4 ZPO gestützte Aufhebungsentscheidung nicht zuständig.

5a) Nach § 127 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist für Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Daraus folgt zugleich, dass die Zuständigkeit des Rechtsmittelgerichts mit dem Abschluss des Rechtsmittelverfahrens endet. Von da an ist für sämtliche die Prozesskostenhilfe betreffenden Entscheidungen wiederum das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig; das gilt auch für die Aufhebung der in höherer Instanz erfolgten Bewilligung von Prozesskostenhilfe (vgl. OLG Celle, RPfleger 1996, 278 [= BeckRS 1996, 13027]; OLG Karlsruhe, RPfleger 2000, 447 [= BeckRS 2000, 11217]; Zöller/Schultzky, ZPO, 35. Aufl., § 127 Rn. 3; Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, 45. Aufl., § 127 Rn. 1; Musielak/Voit/Fischer, ZPO, 21. Aufl., § 127 Rn. 2; Anders/Gehle/Dunkhase, ZPO, 82. Aufl., § 127 Rn. 10; sowie schon RGZ 12, 416; vgl. auch , NJW 1983, 944).

6Von dem Wiedereingang der Akten nach Beendigung der höheren Instanz an überwacht das Prozessgericht des ersten Rechtszuges im Rahmen der einheitlichen Dauer der Zahlungsverpflichtung den Eingang der Ratenzahlungen. Das erstinstanzliche Gericht trifft bei Zahlungsrückstand, gleichgültig von welcher Instanz die Ratenzahlung angeordnet worden war, die Erstentscheidung über die Aufhebung der Bewilligung nach § 124 Nr. 4 ZPO, und zwar auch hinsichtlich der Bewilligung für den zweiten Rechtszug. Dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges obliegt die Prüfung von Anhaltspunkten für eine Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse und die damit verbundene Verschärfung der Bewilligungsbedingungen während der auf die Beendigung des prozesskostenhilferechtlich als einheitlich gewerteten Verfahrens folgenden vier Jahre. Kommt die Partei der Aufforderung zur Erklärung nicht nach, hebt das erstinstanzliche Prozessgericht die Bewilligung auf, gleichgültig in welcher Instanz sie gewährt worden war (vgl. zum Ganzen OLG Celle, RPfleger 1996, 278 [= BeckRS 1996, 13027]). Hiervon ist auch der Gesetzgeber ausgegangen, als er mit § 120 Abs. 4 ZPO aF (heute ausführlicher geregelt in § 120a ZPO nF) die Möglichkeit eingeführt hat, den Bewilligungsbescheid bei einer nachträglichen wesentlichen Verbesserung der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers zu ändern (vgl. BT-Drucks. 10/3054 S. 18 bei Ziff. 2 am Ende).

7b) Somit war mit dem rechtskräftigen Abschluss des Revisionsverfahrens V ZR 244/17 am zunächst das Oberlandesgericht, an das die Sache zurückverwiesen wurde, für alle weiteren Entscheidungen über die bewilligte Prozesskostenhilfe zuständig. Spätestens seit rechtskräftiger Beendigung des gesamten Rechtsstreits durch den die Nichtzulassungsbeschwerde in dem Verfahren V ZR 279/20 zurückweisenden Beschluss des Senats vom ist nur noch das Landgericht als Gericht des ersten Rechtszugs für diese Entscheidungen zuständig.

83. Da der angefochtene Beschluss bereits wegen fehlender Zuständigkeit der Rechtspflegerin beim Bundesgerichtshof aufzuheben ist, kann dahinstehen, ob die materiellen Voraussetzungen für die Aufhebung der Prozesskostenhilfe vorlagen.

III.

9Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei (§ 11 Abs. 4 RPflG).

Brückner                       Haberkamp                       Hamdorf

                    Malik                              Schmidt

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:160824BVZR244.17.0

Fundstelle(n):
RAAAJ-78120