Bilanzielle Behandlung der Schlusszahlung und der festen Lizenzraten im Rahmen eines Filmfonds
Vertragsauslegung nach den Regeln des kalifornischen Rechts
Leitsatz
1. Unterliegt ein Vertrag gemäß den Vorschriften des Internationalen Privatrechts ausländischem Recht, ist die Auslegung des
Vertrags nach jenem ausländischen Recht vorzunehmen. Die bei der Vertragsauslegung anzuwendenden Auslegungsmethoden sind danach
dem ausländischen Recht zu entnehmen. § 133 BGB und § 157 BGB finden keine Anwendung. Den von den Vertragsparteien im Vertragstext
verwendeten Rechtsbegriffen ist die Bedeutung beizumessen, die ihnen nach der ausländischen Rechtsordnung zukommt. Das deutsche
Gericht hat das ausländische Recht so anzuwenden, wie es die Gerichte des ausländischen Staates auslegen und anwenden.
2. Die Auslegung von Verträgen nach allgemeinen kalifornischen Regeln hat in der Weise zu erfolgen, dass die Auslegung im
Wesentlichen in subjektiver Hinsicht vorzunehmen ist und sodann erst nach objektiven Kriterien. Darüber hinaus ist die sogenannte
„parol evidence rule” zu beachten. Das bedeutet zusammengefasst: Die Auslegung eines Vertrages ist grundsätzlich nur dann
zulässig, wenn dessen Wortlaut nicht klar und eindeutig ist. Sind die Bestimmungen eines Vertrages hingegen in Wortlaut und
Aussage eindeutig, ist der Vertrag nach seinem Wortlaut zu verstehen.
3. Ist der Wortlaut hingegen nicht eindeutig, ist der Vertrag auszulegen. Vorrangig ist dabei die subjektive Auslegung, wonach
auf den Parteiwillen abzustellen ist. Danach ist ein Vertrag entsprechend dem gemeinsamen Willen der Vertragsparteien, wie
er im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorherrschte, auszulegen, soweit dieser feststellbar und rechtmäßig ist (§ 1636 CIV).
Ist ein übereinstimmender Parteiwille nicht vorhanden bzw. nicht ermittelbar, ist die objektive Auslegung maßgeblich. Nach
der objektiven Auslegung ist der Vertrag nach objektiven Kriterien auszulegen. Dabei ist neben dem Wortlaut insbesondere auch
der Textzusammenhang zu beachten (§ 1639 CIV). Gemäß der „parol evidence rule” können bei schriftlichen Verträgen jedoch außerhalb
der Urkunde liegende Umstände nicht gegen das schriftlich Festgelegte vorgebracht werden.
4. Zusätzlich zu diesen allgemeinen Auslegungsregeln gelten in der kalifornischen Rechtsordnung Auslegungsmaximen. Diese führen
zwar nicht selbst zu einem Ergebnis, dienen jedoch der Bestätigung eines bereits gefundenen Ergebnisses und werden in der
kalifornischen Rechtsprechung und Lehre sehr häufig angewandt, unter anderem die Maxime der einheitlichen Vertragsauslegung,
die Maxime „von derselben Art” sowie die Maxime, wonach „das Aussprechen des einen zugleich den Ausschluss des anderen” bedeutet
(vgl. , EFG 2020 S. 1205; nachgehend ).
5. Die in einem – kalifornischem Recht unterliegenden – Vertrag betreffend die Vertriebs- und Vermarktungsrechte eines Films
für einen langjährigen Lizenzzeitraum neben unter anderem halbjährlichen festen Lizenzzahlungen sowie Optionsrechten des Lizenznehmers
(z. B. Option zum Ankauf der Filmrechte bei Ende des Lizenzzeitraums) vereinbarte Abschlusszahlung bei Ende des Lizenzzeitraums
ist nicht am Ende der Vertragslaufzeit (des Lizenzzeitraumes) in einer Summe ertragswirksam zu erfassen, sondern nicht linearisiert,
d. h. mit dem Barwert und damit abgezinst, auf die Vertragslaufzeit zu verteilen, wenn u. a.
der Lizenzgeber an den Bilanzstichtagen während des Lizenzzeitraums jeweils bereits hinreichend sichere Aussicht auf die zeitanteilige
Zahlung der vereinbarten Schlusszahlung hatte,
die von dem Lizenzgeber jeweils geschuldete Leistung als für den gesamten Lizenzzeitraum qualitativ gleichbleibende Dauerverpflichtung
selbst zeitraumbezogen ist, vergleichbar mit einem sogenannten Lizenzvertrag nach deutschem Recht,
wesentlicher Vertragszweck des Vertriebsvertrags nicht der Verkauf der Filmrechte, sondern lediglich die befristete Überlassung
der Filmrechte gegen ein jeweiliges, gleichfalls zeitraumbezogenes Entgelt mit der Folge einer gleichfalls zeitanteiligen
Gewinnrealisierung ist,
das mit dem Vertriebsvertrag für die Nutzungsüberlassung des Films vereinbarte Entgelt bei sachgerechter Auslegung der maßgeblichen
Vertragsregelungen nicht nur die laufenden festen und variablen Lizenzzahlungen umfasst, sondern auch die streitige Abschlusszahlung
(umfassende Ausführungen mit Rechtsprechungsnachweisen zur Bilanzierung bei schwebenden Geschäften, bei zeitraumbezogenen
Verträgen sowie bei Vereinbarung auflösender bzw. aufschiebender Bedingungen).
6. Die Erlösschöpfung aus einem Kinofilm erfolgt in aller Regel und im offensichtlichen Unterschied zu sonstigen Nutzungsüberlassungsverträgen
wie etwa dem Auto- oder Flugzeugleasing zumindest deutlich überwiegend innerhalb dieser zeitlich sehr beschränkten Verwertungskette.
Aus Sicht eines vernünftigen und nach dem Grundsatz des Vorsichtsprinzips bilanzierenden Kaufmanns ist es ausgeschlossen,
dass Lizenzgeber und Lizenznehmer bei Abschluss des Film-Vertriebsvertrags tatsächlich übereinstimmend von einem nach einem
Ablauf des Lizenzzeitraums nach 14 Jahren noch verbleibenden (und dem Lizenzgeber vom Lizenznehmer zu garantierenden) Restwerts
im Sinne eines künftigen Ertragspotenzials des Films in erheblicher Höhe ausgegangen sind (im Streitfall: keine Behandlung
der Abschlusszahlung als Erfüllung einer Restwertgarantie in Form garantierter Mindesterlöse aus der jeweiligen nachvertraglichen
Filmverwertung).
Fundstelle(n): PAAAJ-77850
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