Mitbestimmungsrecht bei Stufenzuordnung von Tarifbeschäftigten
Leitsatz
Das Mitbestimmungsrecht bei Stufenzuordnungen von Tarifbeschäftigten (§ 88 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG) ist dahin zu verstehen, dass es auf Fälle der Rechtsanwendung begrenzt ist und Fälle der Rechtsgestaltung (Ermessensentscheidungen der Dienststellenleitung) nicht umfasst.
Gesetze: § 88 Abs 1 Nr 4 PersVG HA 2014, § 80 Abs 3 S 2 PersVG HA 2014
Instanzenzug: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Az: 14 Bf 48/22.PVL Beschlussvorgehend Az: 24 FL 8/19 Beschluss
Gründe
I
1Die Beteiligten streiten um das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers im Zusammenhang mit der Stufenzuordnung einer Mitarbeiterin.
2Der Antragsteller ist der für das nichtwissenschaftliche Personal gebildete Personalrat des Universitätsklinikums H. Der Beteiligte ist dessen Vorstandsvorsitzender. Im Mai 2017 schrieb der Beteiligte die Stelle einer Sekretärin Senior bzw. eines Sekretärs Senior in der Entgeltgruppe 8 TV-KAH aus. Auf diese Stelle bewarben sich 47 Bewerberinnen und Bewerber, von denen 9 zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen wurden. Der Beteiligte beantragte die Zustimmung des Antragstellers zur Einstellung der ausgewählten Bewerberin zum als Sekretärin Senior und zu ihrer Eingruppierung in die Entgeltgruppe 8 Stufe 4 TV-KAH. Dem Antrag war ein Schreiben über die Anerkennung von Vorzeiten bei der Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 TV-KAH beigefügt. Die Bewerberin werde aufgrund mehrjähriger förderlicher Tätigkeit der Stufe 4 der Entgeltgruppe 8 zugeordnet, weil "die Position aufgrund der derzeitigen Arbeitsmarktposition ohne Anerkennung der förderlichen Zeiten nicht adäquat besetzt werden" könne.
3Der Antragsteller machte zur beabsichtigten Einstellung weiteren Informationsbedarf geltend und teilte mit, dass hinsichtlich der Stufenzuordnung kein Einverständnis bestehe, da das Merkmal "zur Deckung des Personalbedarfs" in § 16 Abs. 2 Satz 3 TV-KAH nur dann erfüllt sei, wenn der Arbeitgeber tatsächlich Schwierigkeiten bei der Gewinnung von Personal für die Besetzung einer bestimmten Stelle habe, was hier bei der Vielzahl von Bewerbungen offensichtlich nicht gegeben sei. Der Beteiligte sah die Zustimmung des Antragstellers zur Einstellung der Bewerberin daraufhin als erteilt an; zur Eingruppierung und zur Stufenzuordnung wollte er sich erneut melden, was in der Folge jedoch nicht geschah.
4Mit dem am eingeleiteten Beschlussverfahren hat der Antragsteller erstinstanzlich erfolgreich eine Verletzung seiner Mitbestimmungsrechte sowohl durch die ohne seine Zustimmung erfolgte Einstellung der Bewerberin zum als auch ihrer Zuordnung zur Stufe 4 der Entgeltgruppe 8 TV-KAH geltend gemacht. Hinsichtlich der Stufenzuordnung hat das Verwaltungsgericht ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers nach § 88 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG angenommen. Er habe seine Zustimmung nicht endgültig verweigert, sondern weitergehenden Informationsbedarf geltend gemacht. Das Informationsverlangen sei berechtigt gewesen, da der Beteiligte zwar Angaben zu der "förderlichen Berufserfahrung", nicht jedoch zum Tatbestandsmerkmal "zur Deckung des Personalbedarfs" gemacht habe.
5Auf die Beschwerde des Beteiligten hat das Oberverwaltungsgericht den Beschluss des Verwaltungsgerichts hinsichtlich des Bestehens eines Mitbestimmungsrechts bei der Stufenzuordnung abgeändert und den Antrag des Antragstellers insoweit abgelehnt. Im Übrigen hat es die Beschwerde zurückgewiesen. Gemäß § 88 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG unterliege die Stufenzuordnung der Mitbestimmung nur insoweit, als sie aus den tarifvertraglichen Vorschriften als Akt strikter Rechtsanwendung folge, ohne dass insoweit ein Ermessen der Dienststelle eröffnet sei. Die nach § 16 Abs. 2 Satz 3 TV-KAH im Ermessen der Dienststelle stehende Stufenzuordnung der ausgewählten Bewerberin sei demzufolge nicht mitzubestimmen. Ein Mitbestimmungsrecht könne auch nicht allein in Bezug auf die tatbestandlichen Voraussetzungen der Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 3 TV-KAH angenommen und hinsichtlich der Ermessensausübung verneint werden, weil es hierfür an einer gesetzlichen Grundlage fehle.
6Hiergegen richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragstellers, mit der er geltend macht, dass die Mitbestimmung des Personalrats nach § 88 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG auch im Ermessen der Dienststellenleitung stehende Stufenzuordnungen erfasse. Der Gesetzgeber habe mit der 2014 erfolgten Einfügung der Stufenzuordnung einen neuen Mitbestimmungstatbestand in das Gesetz aufgenommen, der sich nicht mehr allein auf die Richtigkeitskontrolle beschränke. Hilfsweise bestehe die Möglichkeit, die Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 3 TV-KAH insgesamt der Mitbestimmung zu unterwerfen, zulässige Zustimmungsverweigerungsgründe jedoch nur in Bezug auf die nicht im Ermessen stehende Feststellung des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen der Stufenzuordnung anzuerkennen.
7Der Beteiligte verteidigt den angefochtenen Beschluss.
II
8Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Der angefochtene Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 99 Abs. 2 HmbPersVG i. V. m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG), nämlich des § 88 Abs. 1 Nr. 4 des Hamburgischen Personalvertretungsgesetzes (HmbPersVG) vom (HmbGVBl. S. 299), das vor dem hier maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt durch Art. 5 des Gesetzes vom (HmbGVBl. S. 570) geändert worden ist. Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist daher zurückzuweisen (§ 99 Abs. 2 HmbPersVG i. V. m. § 92 Abs. 2 Satz 1, § 72 Abs. 5 ArbGG i. V. m. § 561 ZPO). Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Beschwerde des Beteiligten gegen den stattgebenden Beschluss des Verwaltungsgerichts insoweit begründet und der Antrag des Antragstellers abzulehnen ist, als dieser festgestellt wissen möchte, dass der Beteiligte sein Mitbestimmungsrecht nach § 88 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG dadurch verletzt hat, dass er die ausgewählte Bewerberin ohne seine Zustimmung zum im Ermessenswege gemäß § 16 Abs. 2 Satz 3 des Tarifvertrags für den Krankenhaus-Arbeitgeberverband Hamburg (TV-KAH) der Stufe 4 der Entgeltgruppe 8 TV-KAH zugeordnet hat.
9§ 88 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG gewährt dem Personalrat ein Mitbestimmungsrecht bei Eingruppierungen und Stufenzuordnungen von Tarifbeschäftigten. Der Begriff der Stufenzuordnung im Sinne dieses Mitbestimmungstatbestandes erfasst dabei in Umsetzung der vom hamburgischen Gesetzgeber vorgefundenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Mitbestimmung bei Stufenzuordnungen (grundsätzlich) nur Stufenzuordnungen, die in strikter Rechtsanwendung der Tarifautomatik unterfallen. Hierzu gehört die in Rede stehende Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 3 TV-KAH nicht, wonach der Arbeitgeber - unabhängig von den vorhergehenden zwingenden Regelungen in Satz 1 (betreffend die Fälle einer fehlenden einschlägigen Berufserfahrung) und Satz 2 (betreffend die Fälle einer einschlägigen Berufserfahrung von mindestens einem Jahr oder drei Jahren) - bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen kann, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist. Denn diese Stufenzuordnung steht vielmehr - wovon auch die Beteiligten in Übereinstimmung mit der Vorinstanz ausgehen - im Ermessen des Arbeitgebers (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom - 6 P 11.07 - BVerwGE 131, 383 Rn. 32, vom - 6 P 15.08 - Buchholz 251.0 § 76 BaWüPersVG Nr. 8 Rn. 37, 39, vom - 6 P 15.10 - Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 113 Rn. 46 und vom - 6 PB 15.11 - Buchholz 251.5 § 77 HePersVG Nr. 6 Rn. 7; - ZTR 2011, 23 Rn. 14, vom - 6 AZR 1008/12 - BAGE 148, 217 Rn. 18, vom - 7 AZR 408/16 - ZTR 2018, 523 Rn. 47 ff., vom - 6 AZR 254/20 - BAGE 176, 95 Rn. 17, vom - 6 AZR 268/20 - ZTR 2022, 24 Rn. 21 und vom - 5 AZR 412/21 - ZTR 2022, 653 Rn. 25 ff.).
10Dem Antragsteller ist zwar darin zuzustimmen, dass es zur Begründung der Mitbestimmung des Personalrats bei einer Stufenzuordnung in Form eines Aktes strikter Rechtsanwendung (Tarifautomatik) der Aufnahme des Merkmals "Stufenzuordnung" in den Gesetzestext des Hamburgischen Personalvertretungsgesetzes nicht bedurft hätte, weil die so verstandene Stufenzuordnung schon von dem bereits normierten Mitbestimmungstatbestand der Eingruppierung abgedeckt war. Für den daran anknüpfenden Schluss, deshalb müsse das Merkmal "Stufenzuordnung" in § 88 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG über ein Mitbeurteilungsrecht hinausgehen und insbesondere im Sinne eines Mitgestaltungsrechts auch im Ermessen des Arbeitgebers stehende Stufenzuordnungen erfassen, gibt es aber keine belastbaren Anhaltspunkte. Vielmehr ist - wovon die Vorinstanz im Ergebnis zu Recht ausgeht - der Begriff der Stufenzuordnung in § 88 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG dahin zu verstehen, dass er auf Fälle der Rechtsanwendung begrenzt ist und Fälle der Rechtsgestaltung (Ermessensentscheidungen des Dienstherrn) nicht umfasst. Dies ergibt die Auslegung der Vorschrift anhand der herkömmlichen Auslegungsmethoden.
11Der Wortlaut "Stufenzuordnung" ist insoweit zwar offen. Er erfasst sowohl Stufenzuordnungen, die der Tarifautomatik unterfallen, als auch solche, die einen Ermessensspielraum eröffnen. Die binnensystematische Auslegung weist jedoch deutlich auf ein enges Begriffsverständnis hin, das nur die in strikter Rechtsanwendung vorzunehmende Stufenzuordnung erfasst. Bereits der durch die gemeinsame Nennung von Eingruppierung und Stufenzuordnung unter einer Nummer zum Ausdruck gebrachte enge formale normative Zusammenhang legt nahe, dass für beide Merkmale im Kern dieselben Voraussetzungen gelten. Zur Eingruppierung im Sinne des § 88 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG bzw. Parallelbestimmungen in anderen Personalvertretungsgesetzen ist geklärt, dass diese ein Akt strikter Rechtsanwendung auf der Grundlage von abstrakt-generell bestimmten tätigkeits- oder personenbezogenen Faktoren ist, die für die Wertigkeit der jeweiligen Arbeitnehmertätigkeiten im Verhältnis zueinander von Bedeutung sind und den Leistungsgrund für das Entgelt bilden. Die Mitbestimmung des Personalrats hierbei ist kein Mitgestaltungs- sondern ein Mitbeurteilungsrecht, das die mitbeurteilende Kontrolle der Vereinbarkeit der Eingruppierung mit den anzuwendenden tarifrechtlichen Vorgaben zum Gegenstand hat und sicherstellen soll, dass die Rechtsanwendung möglichst zutreffend erfolgt (BVerwG, Beschlüsse vom - 5 P 4.20 - juris Rn. 20 und vom - 5 P 1.21 - BVerwGE 173, 174 Rn. 20 m. w. N.).
12Darüber hinaus besteht auch ein enger inhaltlicher Zusammenhang zwischen Eingruppierung und Stufenzuordnung. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Mitbestimmung bei der Stufenzuordnung - lange bevor sie in den Personalvertretungsgesetzen des Bundes und etlicher Länder kodifiziert worden ist - aus der Mitbestimmung bei der Eingruppierung abgeleitet. Es hat darauf verwiesen, dass sich die Höhe des einem Arbeitnehmer zustehenden Tabellenentgelts nach den für den öffentlichen Dienst anwendbaren Tarifverträgen (dem TVöD seit und dem TV-L seit ) nicht nur nach der Entgeltgruppe bestimmt, in die er eingruppiert ist, sondern auch nach der für ihn geltenden Stufe innerhalb eines leistungs- und qualifikationsorientierten Stufensystems, das die vorherigen Lebensaltersstufen abgelöst hat ( 6 P 11.07 - BVerwGE 131, 383 Rn. 14). Die Stufenzuordnung ist daher nicht bloß ein mehr oder weniger mechanischer Annex der Einreihung in die Entgeltgruppe. Vielmehr kommt ihr eine wesentliche eigenständige Bedeutung für die Bemessung der Grundvergütung zu. Die Definition der Eingruppierung als der Einordnung in ein kollektives Entgeltschema lässt es zu und legt es sogar nahe, die Stufenzuordnung, die bei einem einzustellenden Arbeitnehmer zugleich mit seiner Einordnung in die Entgeltgruppe vorzunehmen ist, als von der Eingruppierung mitumfasst anzusehen. Insbesondere erfordern auch der Sinn und Zweck der Mitbestimmung bei der Eingruppierung die Einbeziehung der Stufenzuordnung: Die Mitbestimmung bei der Eingruppierung soll es der Personalvertretung ermöglichen, mitprüfend darauf zu achten, dass die beabsichtigte Eingruppierung mit dem anzuwendenden Tarifvertrag oder dem sonst anzuwendenden Entgeltsystem im Einklang steht. Sie soll ihr Gelegenheit geben, auf die Wahrung des Tarifgefüges in der Dienststelle zu achten und damit zur Verwirklichung des arbeitsrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes innerhalb der Dienststelle und innerhalb des dort angewendeten Entgeltsystems sowie zur Wahrung des Friedens in der Dienststelle beizutragen. Im Interesse der betroffenen Arbeitnehmer soll verhindert werden, dass durch eine unsachliche Beurteilung im Rahmen bestehender Auslegungsspielräume einzelne Arbeitnehmer bevorzugt, andere dagegen benachteiligt werden. Die den Vergütungsgruppen zugeordneten Merkmale sind oft sehr allgemein gehalten. Häufig werden unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet, deren Anwendung im Einzelfall schwierig sein kann und die einen erheblichen Beurteilungsspielraum eröffnen. Hier bietet die Mitbeurteilung des Personalrats eine größere Gewähr für die Richtigkeit der Eingruppierung. Die genannten Gesichtspunkte sprechen dafür, die Mitbestimmung des Personalrats bei Eingruppierung auf alle bedeutsamen Parameter zu erstrecken, die für den Kernbestandteil des tariflichen Entgelts maßgeblich sind. Die Richtigkeitskontrolle bliebe unvollständig, wenn sie sich auf die Einreihung in die Entgeltgruppe beschränkte, andere für die Bemessung des Grundgehalts wesentliche Merkmale, bei denen ebenfalls ein Kontrollbedürfnis besteht, aber nicht erfasste ( 6 P 11.07 - BVerwGE 131, 383 Rn. 15 ff.).
13Mit Blick auf den inhaltlichen Zusammenhang zwischen Eingruppierung und Stufenzuordnung hat das Bundesverwaltungsgericht seine ursprüngliche Auffassung, im Rahmen der Stufenzuordnung sei auch die im Ermessen des Arbeitgebers stehende Berücksichtigung förderlicher Tätigkeiten bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs mitzubestimmen ( 6 P 11.07 - BVerwGE 131, 383 Rn. 32 f.), alsbald wieder aufgegeben (vgl. 6 P 15.08 - Buchholz 251.0 § 76 BaWüPersVG Nr. 8 Rn. 37, 39). Bei in das Ermessen des Arbeitgebers gestellten Stufenzuordnungen kommt nach dieser Rechtsprechung eine Mitbeurteilung nur in Betracht, wenn der Dienststellenleiter abstrakt-generelle Regelungen (Grundsätze) zu der in seinem Ermessen stehenden Anrechnung förderlicher Berufstätigkeit erlassen hat ( 6 P 15.08 - Buchholz 251.0 § 76 BaWüPersVG Nr. 8 Rn. 38 ff.). In diesen Fällen erstreckt sich die Mitbestimmung des Personalrats bei Eingruppierung auf die Einhaltung dieser Grundsätze ( 6 P 15.10 - Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 113 Rn. 44 ff.), und zwar unabhängig davon, ob der Personalrat bei der Aufstellung dieser Grundsätze ordnungsgemäß beteiligt worden ist ( 6 PB 15.11 - Buchholz 251.5 § 77 HePersVG Nr. 6 Rn. 5).
14Die außensystematische Betrachtung zwingt zu keinem anderen Ergebnis. Aus anderen Vorschriften des Hamburgischen Personalvertretungsgesetzes ergibt sich nicht, dass eine im Ermessenswege vorzunehmende Stufenzuordnung mitzubestimmen wäre. Die in § 80 Abs. 6 HmbPersVG genannten Erfordernisse für eine Zustimmungsverweigerung (vgl. hierzu BVerwG, Beschlüsse vom - 5 P 4.20 - juris Rn. 13 ff. und vom - 5 P 1.21 - BVerwGE 173, 174 Rn. 13 ff.) können zwar sowohl bei Maßnahmen eingreifen, die in strikter Rechtsanwendung erfolgen als auch bei ins Ermessen der Dienststelle gestellten Entscheidungen. Sie enthalten jedoch keine Anhaltspunkte für die inhaltliche Reichweite der Mitbestimmung bei Stufenzuordnungen nach § 88 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG.
15Auch der systematische Zusammenhang mit der Regelung des § 80 Abs. 1 Satz 1 HmbPersVG legt nicht nahe, dass sich der Begriff der Stufenzuordnung im Sinne des § 88 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG auf Stufenzuordnungen erstreckt, die im Ermessen des Arbeitgebers stehen. Die in § 80 Abs. 1 Satz 1 HmbPersVG angesprochene Zuständigkeit des Personalrats unter anderem bei "allen" personellen Maßnahmen soll eine innerdienstliche Allzuständigkeit des Personalrats verankern. Um die Anwendung der innerdienstlichen Allzuständigkeit in der Praxis zu erleichtern, wurden die Mitbestimmungskataloge (§§ 87, 88 HmbPersVG) im Sinne von Beispielen, die der Mitbestimmung unterliegen, zur Konkretisierung für den Vollzug beibehalten (Bü-Drs. 20/10838 S. 61). Dementsprechend schließen nach § 80 Abs. 3 Satz 1 HmbPersVG die Mitbestimmungskataloge eine Mitbestimmung bei anderen Maßnahmen von ähnlichem Gewicht nicht aus. Ob diese Regelung vor dem Hintergrund zu verstehen ist, dass die Aufnahme von Mitbestimmungskatalogen in das Gesetz zugleich die Reichweite der angeordneten Allzuständigkeit des Personalrats begrenzen oder welcher Inhalt der Vorschrift anderenfalls zukommen soll (vgl. insoweit offenlassend 5 PB 15.21 - juris Rn. 9), bedarf auch hier keiner Entscheidung. Denn nach der eindeutigen Regelung des § 80 Abs. 3 Satz 2 HmbPersVG regeln die §§ 87, 88 HmbPersVG die dort aufgeführten Sachverhalte abschließend; ein Rückgriff auf die Allzuständigkeit nach § 80 Abs. 1 HmbPersVG ist ausdrücklich ausgeschlossen. Der Gesetzgeber wollte hiermit klarstellen, dass der Personalrat bei den in den Mitbestimmungskatalogen genannten Maßnahmen unter Berufung auf die Allzuständigkeit kein Mitbestimmungsrecht in Anspruch nehmen kann, welches den vom Mitbestimmungskatalog festgelegten Rahmen überschreitet. Bei der Bestimmung des gesetzlich festgelegten Rahmens soll nicht ausschließlich der Wortlaut, sondern der Sinn und Zweck der Aufnahme in den Mitbestimmungskatalog maßgeblich sein (Bü-Drs. 20/10838 S. 62).
16Ferner folgt auch aus dem vom Antragsteller gezogenen Vergleich zum Bundesrecht nichts Anderes. Dass der seit 2014 geltende § 88 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG keine explizite Aussage zu im Ermessen des Arbeitgebers stehenden Stufenzuordnungen enthält, kann schon im Hinblick auf die zeitliche Abfolge des Inkrafttretens nicht als eine inhaltliche Abgrenzung zu dem erst am in Kraft getretenen § 78 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG verstanden werden, wonach im Ermessen des Arbeitgebers stehende Stufenzuordnungen, sofern nicht allgemeine Grundsätze erlassen wurden, von der Mitbestimmung ausgeklammert sind.
17Schließlich spricht auch die Gesetzeshistorie dafür, dass § 88 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG die - bereits dargestellte - Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Mitbestimmung bei Stufenzuordnungen umsetzen soll. Die Gesetzesmaterialien können - worauf der Antragsteller zutreffend verweist - bei der Auslegung von Normen nur unterstützend und insgesamt nur insofern herangezogen werden, als sie auf einen "objektiven" Gesetzesinhalt schließen lassen. Der sogenannte Wille des Gesetzgebers kann hiernach bei der Interpretation nur insoweit berücksichtigt werden, als er auch im Text seinen Niederschlag gefunden hat. Die Materialien dürfen nicht dazu verleiten, die subjektiven Vorstellungen der gesetzgebenden Instanzen dem objektiven Gesetzesinhalt gleichzusetzen. Erkenntnisse zum Willen des Gesetzgebers können sich dann nicht gegenüber widerstreitenden gewichtigen Befunden durchsetzen, die aus der Anwendung der anderen Auslegungskriterien gewonnen werden ( 5 PB 14.21 - PersV 2023, 30 Rn. 5 m. w. N.). Hier enthalten die Gesetzesmaterialien deutliche Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Mitbestimmung bei Stufenzuordnungen umsetzen wollte und der getroffenen Regelung kein hiervon abweichendes Verständnis zugrunde liegt.
18Der Tatbestand der Stufenzuordnung ist durch das Gesetz zur Neuregelung des Hamburgischen Personalvertretungsrechts vom (HmbGVBl. S. 299) in § 88 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG ausdrücklich in den Mitbestimmungskatalog aufgenommen worden und soll die dort geregelte Eingruppierung um die Stufenzuordnung bei Tarifbeschäftigten "erweitern", wobei Eingruppierung und Stufenzuordnung als Einheit zu sehen seien und das Erreichen der nächsten Stufe nach dem Ende der regulären Stufenlaufzeit gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 3 Halbs. 1 TV-L nicht erfasst sein soll, da es sich hierbei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts um einen von der Einordnung in die Entgeltgruppe losgelösten Vorgang handle (Bü-Drs. 20/10838 S. 65). Mit der angesprochenen "Erweiterung" war keine inhaltliche Ausdehnung des herkömmlichen Mitbestimmungstatbestandes beabsichtigt. "Erweitert" wird nämlich nicht die Reichweite der Mitbestimmung selbst, sondern "nur" der Mitbestimmungstatbestand der Eingruppierung um die bislang davon miterfasste Stufenzuordnung, die nunmehr als besonders benannter Mitbestimmungstatbestand in Erscheinung tritt. Dass kein neuer, über die durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geprägte Sichtweise (Mitbeurteilung bei der Rechtsanwendung) hinausgehender Mitbestimmungstatbestand (Mitbestimmung bei der Rechtsgestaltung) geschaffen werden sollte, ergibt sich aus der im nächsten Halbsatz angesprochenen "Einheit" von Eingruppierung und Stufenzuordnung. Insbesondere bei Neueinstellungen ist mit der Eingruppierung auch zugleich eine Stufenzuordnung verbunden. Soweit darüber hinaus - wie der Antragsteller ausführt - Stufenzuordnungen auch ohne Eingruppierung vorzunehmen sein können, ergeben sich hieraus keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, der Gesetzgeber habe das Mitbestimmungsrecht bei Stufenzuordnung als Mitgestaltungsrecht konzipieren wollen. Vielmehr spricht die Ausklammerung des "automatischen" Stufenaufstiegs gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 3 Halbs. 1 TV–L von der Mitbestimmung unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Mitbestimmung bei Stufenzuordnungen dafür, dass diese Rechtsprechung normativ umgesetzt werden sollte. Die Gesetzesbegründung verweist nämlich der Sache nach auf den 6 P 15.08 - (Buchholz 251.0 § 76 BaWüPersVG Nr. 8), der nicht nur die Bereichsausnahme beim "automatischen" Stufenaufstieg (a. a. O. Rn. 41 ff.), sondern insbesondere auch festgelegt hat, dass sich die Mitbestimmung bei der Stufenzuordnung nicht auf eine im Ermessen des Arbeitgebers stehende Stufenzuordnung bezieht (a. a. O. Rn. 37, 39). Die in der Gesetzesbegründung angesprochene "Einheit" von Eingruppierung und Stufenzuordnung bezieht sich daher auch inhaltlich auf Gegenstand und Reichweite der Mitbestimmung (Mitbeurteilung bei der Rechtsanwendung). Für dieses Verständnis spricht überdies auch der zeitliche Zusammenhang zwischen der in den Jahren 2008 bis 2011 entwickelten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Mitbestimmung bei Stufenzuordnung und der 2014 erfolgten Rechtsänderung.
19Ohne Erfolg beruft sich der Antragsteller darauf, dass er die im Ermessen der Dienststelle stehende Stufenzuordnung mitzubestimmen habe, dabei aber die Gründe, derentwegen die Zustimmung verweigert werden könne, allein auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen ("zur Deckung des Personalbedarfs", förderliche Tätigkeit) beschränken müsse. Für eine solche Aufspaltung des Mitbestimmungsrechts fehlt ein normativer Anknüpfungspunkt. Der Mitbestimmung unterliegen bestimmte Maßnahmen der Dienststelle (vgl. § 80 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 6 Satz 1 HmbPersVG). Deren tatbestandliche Voraussetzungen und die beabsichtigte Rechtsfolge bilden eine Einheit. Ebenso wie der Dienststellenleiter das Mitbestimmungsverfahren nicht auf einzelne Teilfragen des Mitbestimmungsrechts beschränken kann (vgl. insoweit 5 P 1.21 - BVerwGE 173, 174 Rn. 28 m. w. N.), kann auch der Personalrat ein ihm in einem bestimmten Mitbestimmungstatbestand eingeräumtes Mitbestimmungsrecht nur in Bezug auf alle seine Bestandteile gemeinsam ausüben. Die Zustimmung des Personalrats bezieht sich daher immer auch darauf, dass dieser die beabsichtigte Rechtsfolge mitträgt. Deshalb ist es mitbestimmungsrechtlich ohne Bedeutung, dass die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung in einem anderen Zusammenhang, nämlich in Klageverfahren, die von Tarifbeschäftigten mit dem Ziel einer Zuordnung zu einer höheren Stufe wegen Anerkennung förderlicher Dienstzeiten geführt werden (vgl. - ZTR 2011, 23 Rn. 15 ff. und vom - 6 AZR 1008/12 - BAGE 148, 217 Rn. 18) oder auch die strafrechtliche Rechtsprechung (vgl. - wistra 2016, 311 Rn. 13 ff.) zwischen der reinen Rechtsanwendung beim Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der Tarifbestimmung und dem nur beschränkt überprüfbaren Ermessensspielraum des Arbeitgebers auf der Rechtsfolgenseite differenziert.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2024:260624B5P1.23.0
Fundstelle(n):
NJW 2024 S. 10 Nr. 43
CAAAJ-77782