NWB Nr. 43 vom Seite 2961

Der steuerpolitische Herbst kommt

Univ.-Prof. Dr. Frank Hechtner | Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Steuerfortentwicklungsgesetz verschoben

Meteorologisch zeigt der Herbst sein Gesicht. Die Tage werden kürzer, die Temperaturen sinken und das Wetter wird in Teilen rauer. Steuerpolitisch lässt sich ein derart getrübtes Bild leider auch erkennen. Für die letzte Woche standen auf der steuerpolitischen Agenda der Abschluss von drei Gesetzen: Gesetz zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024, Jahressteuergesetz 2024 und das Steuerfortentwicklungsgesetz. Die ersten beiden Gesetze passierten letzten Freitag in zweiter und dritter Lesung den Bundestag, das Steuerfortentwicklungsgesetz wurde kurzfristig geschoben. Dem Vernehmen nach hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zusätzlichen Beratungsbedarf angemeldet. Fiskalisch hat das Steuerfortentwicklungsgesetz die größte Bedeutung, da neben den steuerlichen Entlastungen über den Einkommensteuertarif 2025 und 2026 weitere Fördermaßnahmen im Bereich der Unternehmensbesteuerung vorgesehen sind. Damit dürfte der Abschluss am im Bundesrat nicht mehr möglich sein.

Die erneute Blockade des Steuerfortentwicklungsgesetzes zeigt einmal wieder die Uneinigkeit innerhalb der Regierung. Auslöser für den Streit waren wohl diverse Kontroversen um die Steuer- und Abgabenbelastung der Bürger im kommenden Jahr. Bereits jetzt steht fest, dass die nunmehr bundeseinheitlichen Beitragsbemessungsgrenzen in den Sozialversicherungen für 2025 deutlich steigen werden. Ebenfalls ist zu erwarten, dass der Zusatzbeitrag in der Krankenversicherung steigen wird. Im Durchschnitt liegt dieser bei 1,7 % für 2024, für 2025 wird von einem Anstieg um 0,8 Prozentpunkte auf 2,5 % ausgegangen. Beide Änderungen zusammen führen bereits dazu, dass ein Großteil der Steuerentlastungen für 2025 bereits aufgezehrt werden. An diesem Befund ändert auch nicht die in der letzten Woche im Kabinett beschlossene Formulierungshilfe, wonach die im Steuerfortentwicklungsgesetz angedachten Steuerentlastungen noch leicht zu erhöhen sind. Konkret sollen der Grundfreibetrag für 2025 um 312 € und nicht wie bisher angedacht um 300 € und die weiteren Tarifeckwerte (ohne jenen für den Spitzensteuersatz von 45 %) um 2,6 % und nicht wie bisher angedacht um 2,5 % steigen. Ob es so dann kommen wird, bleibt abzuwarten, da aktuell auch die Steuerschätzungen laufen.

Demgegenüber hat der Gesetzgeber mit dem JStG 2024 gleich mehrere Maßnahmen beschlossen, die steuerentlastend wirken. Von den 59 Änderungsanträgen zu dem JStG 2024 stechen fiskalisch zwei Änderungen hervor: der Abzug der Kinderbetreuungskosten nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG wird zum verbessert, der Höchstbetrag liegt dann bei 4.800 € mit einem Anteil von 80 % (bisher 4.000 € mit einem Anteil von 66 %). Die fiskalischen Mindereinnahmen betragen 185 Mio. €. Ferner fällt der besondere Verlustverrechnungskreis bei Termingeschäften und Forderungsausfällen im Privatvermögen nach § 20 Abs. 6 Satz 5 und 6 EStG weg. Die fiskalischen Mindereinnahmen betragen hier 300 Mio. €. Diese Maßnahme solle der Vereinfachung der Abgeltungsteuer dienen. Es bleibt abzuwarten, welche weitere Überraschungen dann noch von dem Steuerfortentwicklungsgesetz zu erwarten sind.

Frank Hechtner

Fundstelle(n):
NWB 2024 Seite 2961
HAAAJ-77510