EuGH Urteil v. - C-709/22

Vorlage zur Vorabentscheidung – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem – Richtlinie 2006/112/EG – Art. 273 und 395 – Durchführungsbeschluss (EU) 2019/310 – Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug – Verfahren der Aufspaltung von Zahlungen – Mehrwertsteuerkonto eines insolventen Steuerpflichtigen – Überweisung der auf diesem Konto angesammelten Mittel auf Antrag des Insolvenzverwalters

Leitsatz

Art. 273 und 395 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem und der Durchführungsbeschluss (EU) 2019/310 des Rates vom zur Ermächtigung Polens, eine von Artikel 226 der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem abweichende Sondermaßnahme einzuführen,
sind dahin auszulegen, dass
sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, nach der der auf einem separaten Mehrwertsteuerkonto eines Lieferers bei einer Bank hinterlegte Mehrwertsteuerbetrag nur für beschränkte Zwecke verwendet werden darf, nämlich insbesondere für die Begleichung der Mehrwertsteuerschuld gegenüber den Steuerbehörden oder die Zahlung der Mehrwertsteuer auf Rechnungen von Lieferern von Gegenständen oder Erbringern von Dienstleistungen.

Gründe

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1), des Durchführungsbeschlusses (EU) 2019/310 des Rates vom zur Ermächtigung Polens, eine von Artikel 226 der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem abweichende Sondermaßnahme einzuführen (ABl. 2019, L 51, S. 19), von Art. 17 Abs. 1, Art. 41 Abs. 1, Art. 51 Abs. 1 und Art. 52 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta), von Art. 2 und Art. 4 Abs. 3 EUV sowie der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Neutralität der Mehrwertsteuer und der Rechtssicherheit.

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Syndyk Masy Upadłości A (Insolvenzverwalterin A) und dem Dyrektor Izby Administracji Skarbowej we Wrocławiu (Direktor der Finanzverwaltungskammer Wrocław, Polen) (im Folgenden: Direktor der Finanzverwaltung) wegen dessen Entscheidung, die Freigabe der auf dem Mehrwertsteuerkonto einer insolventen Steuerpflichtigen angesammelten Mittel zu versagen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 2006/112

3 Art. 206 der Richtlinie 2006/112 lautet:

„Jeder Steuerpflichtige, der die Steuer schuldet, hat bei der Abgabe der Mehrwertsteuererklärung nach Artikel 250 den sich nach Abzug der Vorsteuer ergebenden Mehrwertsteuerbetrag zu entrichten. Die Mitgliedstaaten können jedoch einen anderen Termin für die Zahlung dieses Betrags festsetzen oder Vorauszahlungen erheben.“

4 Art. 226 dieser Richtlinie sieht vor:

„Unbeschadet der in dieser Richtlinie festgelegten Sonderbestimmungen müssen gemäß den Artikeln 220 und 221 ausgestellte Rechnungen für Mehrwertsteuerzwecke nur die folgenden Angaben enthalten:

…“

5 Art. 273 dieser Richtlinie bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten können vorbehaltlich der Gleichbehandlung der von Steuerpflichtigen bewirkten Inlandsumsätze und innergemeinschaftlichen Umsätze weitere Pflichten vorsehen, die sie für erforderlich erachten, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und um Steuerhinterziehung zu vermeiden, sofern diese Pflichten im Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht zu Formalitäten beim Grenzübertritt führen.

Die Möglichkeit nach Absatz 1 darf nicht dazu genutzt werden, zusätzlich zu den in Kapitel 3 genannten Pflichten weitere Pflichten in Bezug auf die Rechnungsstellung festzulegen.“

6 Art. 395 Abs. 1 der Richtlinie lautet:

„Der Rat [der Europäischen Union] kann auf Vorschlag der [Europäischen] Kommission einstimmig jeden Mitgliedstaat ermächtigen, von dieser Richtlinie abweichende Sondermaßnahmen einzuführen, um die Steuererhebung zu vereinfachen oder Steuerhinterziehungen oder ‑umgehungen zu verhindern.

Die Maßnahmen zur Vereinfachung der Steuererhebung dürfen den Gesamtbetrag der von dem Mitgliedstaat auf der Stufe des Endverbrauchs erhobenen Steuer nur in unerheblichem Maße beeinflussen.“

Die Verordnung (EU) 2015/848

7 Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung (EU) 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren (ABl. 2015, L 141, S. 19) lautet:

„Diese Verordnung gilt für öffentliche Gesamtverfahren einschließlich vorläufiger Verfahren, die auf der Grundlage gesetzlicher Regelungen zur Insolvenz stattfinden und in denen zu Zwecken der Rettung, Schuldenanpassung, Reorganisation oder Liquidation

  1. dem Schuldner die Verfügungsgewalt über sein Vermögen ganz oder teilweise entzogen und ein Verwalter bestellt wird,

  2. das Vermögen und die Geschäfte des Schuldners der Kontrolle oder Aufsicht durch ein Gericht unterstellt werden oder

  3. die vorübergehende Aussetzung von Einzelvollstreckungsverfahren von einem Gericht oder kraft Gesetzes gewährt wird, um Verhandlungen zwischen dem Schuldner und seinen Gläubigern zu ermöglichen, sofern das Verfahren, in dem die Aussetzung gewährt wird, geeignete Maßnahmen zum Schutz der Gesamtheit der Gläubiger vorsieht und in dem Fall, dass keine Einigung erzielt wird, einem der in den Buchstaben a oder b genannten Verfahren vorgeschaltet ist.“

Der Durchführungsbeschluss 2019/310

8 Der Durchführungsbeschluss 2019/310 wurde, wie sich aus seiner Präambel ergibt, auf den AEU-Vertrag sowie die Richtlinie 2006/112 und insbesondere deren Art. 395 Abs. 1 gestützt.

9 In den Erwägungsgründen 1, 3, 4, 7, 9, 11 und 12 des Durchführungsbeschlusses 2019/310 heißt es:

„(1) Mit Schreiben, das am bei der Kommission registriert wurde, beantragte Polen eine Ermächtigung einer von Artikel 226 der Richtlinie [2006/112] abweichenden Sondermaßnahme[,] um ein Verfahren zur Aufspaltung von Zahlungen (im Folgenden ‚Sondermaßnahme‘) anzuwenden. Diese Sondermaßnahme sollte die Aufnahme einer besonderen Erklärung erfordern, wonach Mehrwertsteuer auf Rechnungen für betrugsanfällige Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, für die in Polen im Allgemeinen die Umkehrung der Steuerschuldnerschaft und die gesamtschuldnerische Haftung gilt, auf ein gesperrtes Mehrwertsteuerkonto des Lieferers zu zahlen ist. …

(3) Polen hat bereits zahlreiche Maßnahmen zur Betrugsbekämpfung ergriffen. Es führte u. a. die Umkehrung der Steuerschuldnerschaft und die gesamtschuldnerische Haftung des Lieferers und des Kunden, die standardmäßige Prüfungsdatei, strengere Vorschriften für die Registrierung und Deregistrierung Steuerpflichtiger für Mehrwertsteuerzwecke [und] vermehrte Prüfungen ein. Dennoch ist Polen der Auffassung, dass diese Lösungsansätze noch nicht ausreichen, um Mehrwertsteuerbetrug zu vermeiden.

(4) Polen ist der Ansicht, dass Mehrwertsteuerbetrug durch die Anwendung der Sondermaßnahme unterbunden werden kann. Da der Mehrwertsteuerbetrag, der im Rahmen … des Verfahrens zur Aufspaltung von Zahlungen auf einem separaten Mehrwertsteuerkonto eines Lieferers (Steuerpflichtigen) hinterlegt wurde, nur für beschränkte Zwecke verwendet werden kann, nämlich für die Begleichung der Mehrwertsteuerschuld gegenüber den Steuerbehörden oder die Zahlung der Mehrwertsteuer auf Rechnungen von Lieferern, wird besser gewährleistet, dass die Steuerbehörden den gesamten Mehrwertsteuerbetrag erhalten, der vom Steuerpflichtigen zugunsten der polnischen Staatskasse überwiesen werden sollte.

(7) Besteht ein Vorsteuerüberschuss, der vom Lieferer in der Steuererklärung als erstattungsfähiger Mehrwertsteuerbetrag angegeben wurde, so wird die entsprechende Erstattung üblicherweise innerhalb von 60 Tagen auf das reguläre Konto des Lieferers vorgenommen. Polen hat die Kommission jedoch darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Erstattung bei Umsätzen, die unter die Sondermaßnahme fallen, auf Antrag eines Lieferers, der über ein gesperrtes Mehrwertsteuerkonto verfügt, innerhalb von 25 Tagen erfolgt.

(9) Das verbindliche Verfahren der Aufspaltung von Zahlungen wird für alle Unternehmer gelten, einschließlich nicht in Polen niedergelassener Unternehmer, da diese Inhaber eines nach polnischem Bankengesetz geführten Bankkontos sein müssen. In diesem Zusammenhang bestätigte Polen, dass Unternehmern keine zusätzlichen Kosten aus der Verpflichtung entstehen werden, ein Bankkonto in Polen zu eröffnen, da die Eröffnung und Führung des Kontos für Mehrwertsteuerzahlungen in Polen für diese Steuerpflichtigen kostenfrei sein wird.

(11) Die Kommission vertritt den Standpunkt, dass das verbindliche Verfahren der Aufspaltung von Zahlungen bezüglich der Lieferung betrugsanfälliger Gegenstände und Erbringung betrugsanfälliger Dienstleistungen bei der Bekämpfung von Steuerbetrug zu wirksamen Ergebnissen führen kann. …

(12) In Anbetracht der Neuheit und des weiten Anwendungsbereichs dieser Ausnahmeregelung ist es wichtig, das notwendige Follow-up sicherzustellen und insbesondere zu beobachten, wie sich diese Ausnahmeregelung auf den Umfang des Mehrwertsteuerbetrugs auswirken und welche Folgen sie für Steuerpflichtige (bezüglich der Mehrwertsteuererstattung, des Verwaltungsaufwands, der ihnen entstehenden Kosten usw.) mit sich bringen wird. Polen sollte daher 18 Monate nach Inkrafttreten der Ausnahmeregelung in Polen einen Bericht über die Auswirkungen der Ausnahmeregelung vorlegen.“

10 Art. 1 dieses Durchführungsbeschlusses bestimmt:

„Abweichend von Artikel 226 der Richtlinie [2006/112] wird Polen ermächtigt, eine besondere Erklärung einzuführen, wonach Mehrwertsteuer auf Rechnungen, die im Zusammenhang mit der Lieferung von Gegenständen bzw. der Erbringung von Dienstleistungen ausgestellt werden, die im Anhang dieses Beschlusses aufgeführt sind und die zwischen Steuerpflichtigen erfolgen, auf ein gesondertes, gesperrtes und in Polen eröffnetes Mehrwertsteuerkonto des Lieferers zu zahlen ist, wenn die Zahlung für die Lieferung der Gegenstände bzw. Dienstleistungen per elektronische Banküberweisung getätigt wird.“

11 Nach seinem Art. 3 Abs. 2 galt dieser Durchführungsbeschluss vom bis zum .

12 Mit dem Durchführungsbeschluss (EU) 2022/559 des Rates vom zur Änderung des Durchführungsbeschlusses (EU) 2019/310 zur Ermächtigung Polens, die von Artikel 226 der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem abweichende Sondermaßnahme weiterhin anzuwenden (ABl. 2022, L 108, S. 51), wurde die mit dem Durchführungsbeschluss 2019/310 erteilte Ermächtigung bis zum verlängert.

Polnisches Recht

Mehrwertsteuergesetz

13 Art. 106e Abs. 1 Nr. 18a der Ustawa o podatku od towarów i usług (Gesetz über die Steuer auf Gegenstände und Dienstleistungen) vom (Dz. U. 2021, Pos. 685) in geänderter Fassung (im Folgenden: Mehrwertsteuergesetz) bestimmt:

„[I]m Fall von Rechnungen, deren Gesamtforderungsbetrag 15 000 [polnische Zloty (PLN)] oder den Gegenwert dieses Betrags in einer Fremdwährung übersteigt und die eine an den Steuerpflichtigen bewirkte Lieferung von Gegenständen oder Erbringung von Dienstleistungen umfassen, die in Anhang Nr. 15 des Gesetzes aufgeführt sind, muss die Rechnung den Ausdruck ‚Verfahren der Aufspaltung von Zahlungen‘ enthalten …“

14 Art. 108a dieses Gesetzes sieht vor:

„1. Steuerpflichtige, die eine Rechnung mit ausgewiesenem Steuerbetrag erhalten haben, können bei der Zahlung des in Rechnung gestellten Forderungsbetrags das Verfahren der Aufspaltung von Zahlungen anwenden.

1a. Bei der Vornahme der Zahlung für die erworbenen, in Anhang Nr. 15 des Gesetzes aufgeführten Gegenstände und Dienstleistungen, die durch eine Rechnung belegt werden, deren Gesamtforderungsbetrag 15 000 PLN oder den Gegenwert dieses Betrags in einer Fremdwährung übersteigt, sind die Steuerpflichtigen verpflichtet, das Verfahren der Aufspaltung von Zahlungen anzuwenden. …

2. Das Verfahren der Aufspaltung von Zahlungen wird in der Weise angewandt, dass

1) der Betrag, der ganz oder teilweise dem Mehrwertsteuerbetrag in der erhaltenen Rechnung entspricht, auf ein Mehrwertsteuerkonto überwiesen wird;

2) der Betrag, der ganz oder teilweise dem Nettoverkaufswert in der erhaltenen Rechnung entspricht, auf ein Bank- oder Genossenschaftsbankkonto überwiesen wird, für das das Mehrwertsteuerkonto geführt wird, oder die Zahlung auf eine andere Weise erfolgt.“

15 In Art. 108b des Gesetzes heißt es:

„1. Auf Antrag des Steuerpflichtigen erteilt der Leiter des Finanzamts mit Beschluss die Erlaubnis zur Überweisung der Mittel, die auf dem vom Steuerpflichtigen angegebenen Mehrwertsteuerkonto angesammelt wurden, auf ein vom Steuerpflichtigen angegebenes Bank- oder Genossenschaftsbankkonto, für das dieses Mehrwertsteuerkonto geführt wird.

3. Der Leiter des Finanzamts erlässt den Beschluss innerhalb von 60 Tagen ab Erhalt des Antrags. …

5. Der Leiter des Finanzamts lehnt die Überweisung der auf dem Mehrwertsteuerkonto angesammelten Mittel mit Bescheid ab,

1) im Fall von Steuerrückständen des Steuerpflichtigen und Zahlungsrückständen im Sinne von Art. 62b Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a der [Ustawa prawo bankowe (Bankengesetz)] vom [(Dz. U. 1997, Nr. 140, Pos. 939) in geänderter Fassung, im Folgenden: Bankengesetz], wenn der Betrag dieser Mittel den genannten Rückständen zuzüglich Verzugszinsen am Tag des Bescheids entspricht;

2) wenn begründeter Anlass zu der Besorgnis besteht, dass

a) die Steuerschuld in Bezug auf Steuern und Forderungen im Sinne von Art. 62b Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a de[s Bankengesetzes] … nicht erfüllt wird, insbesondere wenn der Steuerpflichtige die geschuldeten Steuern beständig nicht entrichtet oder Maßnahmen der Veräußerung von Vermögenswerten ergreift, die die Erfüllung von Steuerpflichten behindern oder vereiteln könnten, oder

b) Steuer‑ und Forderungsrückstände im Sinne von Art. 62b Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a de[s Bankengesetzes] … entstehen oder eine zusätzliche Steuerschuld festgestellt wird.

…“

Bankengesetz

16 Art. 62b Abs. 2 des Bankengesetzes bestimmt:

„Das Mehrwertsteuerkonto darf nur belastet werden:

2) zur Zahlung:

a) auf das Konto des Finanzamts:

  • der Mehrwertsteuer, einschließlich der Mehrwertsteuer für eingeführte Gegenstände, der Zusatzsteuer sowie der Verzugszinsen auf die Mehrwertsteuer oder die Zusatzsteuer,

  • der Körperschaftsteuer und der entsprechenden Vorauszahlung sowie Verzugszinsen auf die Körperschaftsteuer oder die entsprechende Vorauszahlung,

  • der Steuer auf das Einkommen natürlicher Personen und der entsprechenden Vorauszahlung sowie Verzugszinsen auf die Steuer auf das Einkommen natürlicher Personen und der entsprechenden Vorauszahlung,

  • der Verbrauchsteuer, der vorgezogenen Zahlung der Verbrauchsteuer, der täglichen Zahlungen sowie der Verzugszinsen auf die Verbrauchsteuer und die vorgezogene Zahlung der Verbrauchsteuer,

  • der Zollabgaben und der entsprechenden Verzugszinsen,

…“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

17 Am beantragte die Insolvenzverwalterin A beim Naczelnik Urzędu Skarbowego w O (Direktor des Finanzamts O, Polen), die auf dem Mehrwertsteuerkonto einer insolventen Steuerpflichtigen angesammelten Mittel auf das Konto der Insolvenzmasse zu überweisen. Zur Begründung ihres Antrags wies sie darauf hin, dass der Betrag von 104 915 PLN (etwa 23 600 Euro) auf das Konto der Gemeinde O (Polen) zu überweisen sei, um die von dieser Steuerpflichtigen für Juli 2021 geschuldete Grundsteuer zu entrichten.

18 Mit Bescheid vom lehnte der Direktor des Finanzamts O diesen Antrag ab.

19 Auf von der Insolvenzverwalterin A gegen diesen Bescheid eingelegten Rechtsbehelf bestätigte der Direktor der Finanzverwaltung den Bescheid vom mit Bescheid vom .

20 Die Insolvenzverwalterin A erhob gegen den letztgenannten Bescheid Klage beim Wojewódzki Sąd Administracyjny we Wrocławiu (Woiwodschaftsverwaltungsgericht Wrocław, Polen), dem vorlegenden Gericht.

21 Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass die polnische Regelung, genauer Art. 106e Abs. 1, Art. 108a bis 108f des Mehrwertsteuergesetzes sowie die Art. 62a bis 62e des Bankengesetzes, das Verfahren der Aufspaltung von Zahlungen vorsähen. Dieses Verfahren bestehe darin, die Zahlung der geschuldeten Mehrwertsteuer von der Zahlung des zu versteuernden Betrags zu trennen. So sei ein Lieferer von Gegenständen oder ein Dienstleistungserbringer, wenn er in den Anwendungsbereich der Bestimmungen über die Aufspaltung von Zahlungen falle, verpflichtet, neben seinem regulären Bankkonto ein gesondertes und gesperrtes Bankkonto für die Zwecke der Mehrwertsteuer zu führen. Dieses Konto sei der Erhebung der von seinen Kunden entrichteten Mehrwertsteuer und der Zahlung der Mehrwertsteuer an seine eigenen Lieferer oder Dienstleistungserbringer sowie der Erfüllung anderer öffentlich-rechtlicher Forderungen, jedoch ausschließlich an die Staatskasse, vorbehalten. In diesem Fall zahle der Erwerber oder Dienstleistungsempfänger den zu versteuernden Betrag an den Lieferer oder Dienstleistungserbringer auf ein reguläres Bankkonto, während die auf die Lieferung von Gegenständen oder die Erbringung von Dienstleistungen anfallende Mehrwertsteuer auf das gesperrte Mehrwertsteuerkonto dieses Lieferers oder Dienstleistungserbringers überwiesen werde. Diese Art und Weise der Zahlung beruhe ausschließlich auf dem Willen des Zahlenden und erfolge nicht automatisch. Die Freigabe von Mitteln, die sich auf dem Mehrwertsteuerkonto des Steuerpflichtigen befänden, bedürfe einer Erlaubnis der Steuerverwaltung.

22 Das Verfahren der Aufspaltung von Zahlungen sei vom polnischen Gesetzgeber im Einklang mit dem Durchführungsbeschluss 2019/310 eingeführt worden, mit dem der Rat die Republik Polen ermächtigt habe, für den Zeitraum vom bis zum eine von Art. 226 der Richtlinie 2006/112 abweichende Sondermaßnahme einzuführen.

23 In diesem Zusammenhang weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass der Durchführungsbeschluss 2019/310 andere Regeln enthalte als der Durchführungsbeschluss (EU) 2017/784 des Rates vom zur Ermächtigung der Italienischen Republik, eine von Artikel 206 und 226 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem abweichende Sonderregelung anzuwenden, und zur Aufhebung des Durchführungsbeschlusses (EU) 2015/1401 (ABl. 2017, L 118, S. 17).

24 Denn im Unterschied zum Durchführungsbeschluss 2019/310 sehe der Durchführungsbeschluss 2017/784 abweichend von Art. 206 der Richtlinie 2006/112 die Möglichkeit vor, ein nationales System einzuführen, in dessen Rahmen die auf Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen fällige Mehrwertsteuer vom Empfänger auf ein separates, gesperrtes Bankkonto der italienischen Steuerbehörde einzuzahlen sei.

25 Das vorlegende Gericht fragt sich, ob eine nationale Maßnahme, die eine Verpflichtung des Erwerbers eines Gegenstands oder des Dienstleistungsempfängers vorsieht, dem Lieferer dieses Gegenstands oder dem Erbringer dieser Dienstleistung die geschuldete Mehrwertsteuer auf ein gesondertes und gesperrtes Bankkonto dieses Lieferers oder Dienstleistungserbringers zu überweisen, nicht eine Abweichung von Art. 206 der Richtlinie 2006/112 darstelle und daher nicht gemäß Art. 395 dieser Richtlinie notifiziert werden müsse. Die Missachtung der Notifizierungspflicht sei ein Verfahrensmangel und führe zur Unanwendbarkeit der betreffenden Vorschriften, so dass sie Einzelnen nicht entgegengehalten werden könnten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Ince, C‑336/14, EU:C:2016:72, Rn. 67).

26 Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts ist der Steuerpflichtige nach Art. 206 der Richtlinie 2006/112 verpflichtet, die Mehrwertsteuer nicht nach jedem von ihm bewirkten steuerbaren Umsatz, sondern nach Ablauf jedes Besteuerungszeitraums zu entrichten. Folglich entspreche der Nettobetrag der Mehrwertsteuer gemäß Art. 206 Satz 1 dieser Richtlinie der Summe der Mehrwertsteuer in Bezug auf alle vom Steuerpflichtigen im Besteuerungszeitraum bewirkten steuerbaren Umsätze, von der die Mehrwertsteuer abgezogen werde, die auf die gesamten während dieses Zeitraums bewirkten Umsätze entrichtet worden sei, einschließlich der Umsätze, die vor den von diesem Steuerpflichtigen bewirkten Umsätzen getätigt worden seien. Unter diesen Umständen sollte dieser Steuerpflichtige über die Zahlungen, die vorher von seinen Geschäftspartnern eingingen, frei verfügen können. Bei einem Mehrwertsteuerkonto, wie es in der beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtssache in Rede steht, würden die Mittel jedoch gesperrt, und zwar vor Entstehung der Mehrwertsteuerschuld gegenüber den Steuerbehörden.

27 Zwar erlaube Art. 206 der Richtlinie 2006/112 den Mitgliedstaaten, eine Vorauszahlung auf die Mehrwertsteuer zu erheben. Der Ausdruck „Vorauszahlung“ bedeute die Teilzahlung eines Betrags, der später fällig werde, d. h. der über einen gesamten Steuerzeitraum berechnete Nettobetrag der Mehrwertsteuer. Es könne jedoch schwerlich angenommen werden, dass der Mehrwertsteuerbetrag, den der Erwerber eines Gegenstands oder Empfänger einer Dienstleistung an seinen Lieferer gemäß der polnischen Regelung, die das Verfahren der Aufspaltung von Zahlungen vorsehe, für einen bestimmten Umsatz zahle, eine Vorauszahlung im Sinne von Art. 206 der Richtlinie 2006/112 entsprechend der durch das Urteil vom , Dyrektor Izby Administracji Skarbowej w Bydgoszczy (Innergemeinschaftlicher Erwerb von Dieselkraftstoff) (C‑855/19, EU:C:2021:714, Rn. 33) begründeten Rechtsprechung darstelle. Zudem unterscheide sich die Situation in der Rechtssache, mit der das vorlegende Gericht befasst sei, von derjenigen, die Gegenstand des Urteils vom , Macikowski (C‑499/13, EU:C:2015:201), gewesen sei, in der ein Gerichtsvollzieher als ein Dritter, der die Ausgangssteuer entrichtet habe, und nicht als Lieferer angesehen worden sei.

28 Das vorlegende Gericht hegt Zweifel daran, ob die in Rede stehende nationale Maßnahme nicht über das Ziel der Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug, das sich aus den Art. 273 und 395 der Richtlinie 2006/112 und dem Durchführungsbeschluss 2019/310 ergebe, hinausgehe.

29 Insbesondere möchte es wissen, ob die Verpflichtung eines Steuerpflichtigen, eine Erlaubnis der Steuerbehörde in Bezug auf die Zuordnung der Mittel auf seinem Mehrwertsteuerkonto zu anderen Zwecken als der Begleichung von Verbindlichkeiten gegenüber der Staatskasse, insbesondere zugunsten eines anderen öffentlichen Gläubigers, wie etwa einer Gemeinde, einzuholen, innerhalb des Rahmens der Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug liege.

30 Was die Situation von insolventen Steuerpflichtigen wie derjenigen in der beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtssache angehe, sei es umso schwieriger, hier anzuerkennen, dass die mit der fraglichen Maßnahme vorgesehene Verpflichtung der Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug diene, da die Erlaubnis für die Überweisung der auf dem Mehrwertsteuerkonto angesammelten Mittel von einer Insolvenzverwalterin beantragt worden sei, die unter Aufsicht eines Insolvenzgerichts handele.

31 Ferner möchte das vorlegende Gericht wissen, ob in Anbetracht des Umstands, dass im vorliegenden Fall die insolvente Steuerpflichtige keiner wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehe und somit keine Umsätze tätige, in Bezug auf die Mehrwertsteuer entstehe, und dass die Insolvenzverwalterin A darauf hingewiesen habe, dass diese Steuerpflichtige seit der Insolvenzerklärung keine laufenden Rückstände bei der Mehrwertsteuer habe, die Sperrung der Mittel auf dem Mehrwertsteuerkonto nicht gegen den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer verstoße.

32 Das vorlegende Gericht hat auch Zweifel an der Vereinbarkeit des Verfahrens der Aufspaltung von Zahlungen mit dem durch Art. 17 der Charta garantierten Eigentumsrecht.

33 Der polnische Gesetzgeber habe die Wirkungen dieses Verfahrens nämlich nicht im Rahmen des Insolvenzgesetzes geregelt. Unter diesen Umständen könne kaum von klaren und präzisen Regelungen gesprochen werden, die es einem Insolvenzverwalter ermöglichten, das Insolvenzverfahren zu betreiben und das Verhalten der Steuerbehörden vorherzusehen.

34 Indessen sollten nach Art. 2 EUV die Wirtschaftsteilnehmer in einem Rechtsstaat berechtigterweise von den Behörden erwarten können, dass der Eingriff in ihre Grundrechte angemessen begrenzt sei und nicht nur den Interessen der Staatskasse Rechnung trage.

35 Unter diesen Umständen hat der Wojewódzki Sąd Administracyjny we Wrocławiu (Woiwodschaftsverwaltungsgericht Wrocław) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

  1. Sind die Bestimmungen des Durchführungsbeschlusses 2019/310, die Bestimmungen der Richtlinie 2006/112, insbesondere deren Art. 395 und 273, sowie die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Neutralität dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Rechtsvorschrift und einer nationalen Praxis entgegenstehen, wonach unter den Umständen des vorliegenden Falles dem Insolvenzverwalter die Erlaubnis versagt wird, die auf dem Mehrwertsteuerkonto des Steuerpflichtigen angesammelten Mittel (Verfahren der Aufspaltung von Zahlungen) auf das vom Insolvenzverwalter angegebene Bankkonto zu überweisen?

  2. Ist Art. 17 Abs. 1 (Eigentumsrecht) der Charta in Verbindung mit Art. 51 Abs. 1 und Art. 52 Abs. 1 der Charta dahin auszulegen, dass er einer nationalen Rechtsvorschrift und einer nationalen Praxis entgegensteht, die unter den Umständen des vorliegenden Falles – indem dem Insolvenzverwalter die Erlaubnis versagt wird, die auf dem Mehrwertsteuerkonto des Steuerpflichtigen angesammelten Mittel (Verfahren der Aufspaltung von Zahlungen) zu überweisen – dazu führen, dass die Finanzmittel, die im Eigentum des insolventen Steuerpflichtigen stehen, auf dem Mehrwertsteuerkonto eingefroren werden, so dass der Insolvenzverwalter seinen Pflichten im Insolvenzverfahren nicht nachkommen kann?

  3. Sind der Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit nach Art. 2 EUV, der daraus abgeleitete Grundsatz der Rechtssicherheit, der Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit nach Art. 4 Abs. 3 EUV und der Grundsatz der guten Verwaltung nach Art. 41 Abs. 1 der Charta unter Berücksichtigung des Kontexts und der Ziele des Durchführungsbeschlusses 2019/310 sowie der Bestimmungen der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Praxis entgegenstehen, die – indem dem Insolvenzverwalter die Erlaubnis versagt wird, die auf dem Mehrwertsteuerkonto des Steuerpflichtigen angesammelten Mittel (Verfahren der Aufspaltung von Zahlungen) zu überweisen – darauf hinausläuft, dass die Ziele des Insolvenzverfahrens, das dem Insolvenzgericht zufolge nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung 2015/848 in die Zuständigkeit der polnischen Gerichte fällt, vereitelt werden, und die so zu einer Situation führt, in der durch die Anwendung einer unangemessenen innerstaatlichen Maßnahme der Fiskus als Gläubiger zum Nachteil der Gesamtheit der Gläubiger bevorzugt behandelt wird?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

36 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Art. 273 und 395 der Richtlinie 2006/112, der Durchführungsbeschluss 2019/310 sowie die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Neutralität der Mehrwertsteuer dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der der auf einem separaten Mehrwertsteuerkonto eines Lieferers bei einer Bank hinterlegte Mehrwertsteuerbetrag nur für beschränkte Zwecke verwendet werden darf, nämlich insbesondere für die Begleichung der Mehrwertsteuerschuld gegenüber den Steuerbehörden oder die Zahlung der Mehrwertsteuer auf Rechnungen von Lieferern von Gegenständen oder Erbringern von Dienstleistungen.

37 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Art. 226 der Richtlinie 2006/112 die Angaben aufzählt, die gemäß dieser Richtlinie ausgestellte Rechnungen für Mehrwertsteuerzwecke enthalten müssen.

38 Art. 395 Abs. 1 dieser Richtlinie sieht vor, dass der Rat jeden Mitgliedstaat ermächtigen kann, von der Richtlinie abweichende Sondermaßnahmen einzuführen, um die Steuererhebung zu vereinfachen oder Steuerhinterziehungen oder ‑umgehungen zu verhindern.

39 In Anwendung der letztgenannten Bestimmung und nach einem entsprechenden Antrag der Republik Polen an die Kommission hat der Rat den Durchführungsbeschluss 2019/310 erlassen.

40 Hierzu geht aus dem ersten Erwägungsgrund dieses Durchführungsbeschlusses hervor, dass diese „Sondermaßnahme … die Aufnahme einer besonderen Erklärung erfordern [sollte], wonach Mehrwertsteuer auf Rechnungen für betrugsanfällige Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, für die in Polen im Allgemeinen die Umkehrung der Steuerschuldnerschaft und die gesamtschuldnerische Haftung gilt, auf ein gesperrtes Mehrwertsteuerkonto des Lieferers zu zahlen ist“.

41 Wie in der Begründung des Durchführungsbeschlusses dargelegt, vertrat die Kommission den Standpunkt, dass die Sondermaßnahme bezüglich der Lieferung betrugsanfälliger Gegenstände und der Erbringung betrugsanfälliger Dienstleistungen bei der Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug zu wirksamen Ergebnissen führen könne.

42 Unter diesen Umständen wurde die Republik Polen gemäß Art. 1 des genannten Durchführungsbeschlusses, abweichend von Art. 226 der Richtlinie 2006/112, ermächtigt, eine besondere Erklärung einzuführen, wonach Mehrwertsteuer auf Rechnungen, die im Zusammenhang mit der Lieferung von Gegenständen bzw. der Erbringung von Dienstleistungen ausgestellt werden, die im Anhang dieses Beschlusses aufgeführt sind und die zwischen Steuerpflichtigen erfolgen, auf ein gesondertes, gesperrtes und in Polen eröffnetes Mehrwertsteuerkonto des Lieferers zu zahlen ist, wenn die Zahlung für die Lieferung der Gegenstände bzw. Dienstleistungen per elektronische Banküberweisung getätigt wird.

43 Demgemäß hat der polnische Gesetzgeber in seiner nationalen Regelung für die Anwendung des Verfahrens der Aufspaltung von Zahlungen vorgesehen, dass die Rechnungen über die Lieferung von Gegenständen oder Erbringung von Dienstleistungen im Sinne dieser Regelung an den Steuerpflichtigen, deren Gesamtforderungsbetrag 15 000 PLN (etwa 3 370 Euro) oder den auf eine andere Währung lautenden Gegenwert dieses Betrags übersteigt, den Hinweis „Verfahren der Aufspaltung von Zahlungen“ enthalten müssen.

44 Da dieses Verfahren nicht nur den Hinweis, der in den Rechnungen enthalten sein müsse, vorsehe, sondern zudem die Regelung des gesonderten und gesperrten Mehrwertsteuerkontos festsetze, gemäß der für die Überweisung von Mitteln dieses Kontos eine Erlaubnis der Steuerbehörde erforderlich sei, wobei diese Erlaubnis in der polnischen Regelung festgelegten Voraussetzungen unterliege, fragt sich das vorlegende Gericht, ob die Regelung, die dieses Verfahren vorsieht, nicht über die Ermächtigung hinausgeht, die der Republik Polen durch den Durchführungsbeschluss 2019/310 erteilt wurde. Insbesondere möchte das vorlegende Gericht wissen, ob diese Regelung eine nicht genehmigte Abweichung von Art. 206 der Richtlinie 2006/112 darstellt.

45 Zur Beantwortung dieser Frage ist festzustellen, dass keine Bestimmung dieser Richtlinie den Mitgliedstaaten spezifische Verpflichtungen in Bezug auf ein Verfahren der Aufspaltung von Zahlungen, wie es im Ausgangsverfahren in Rede steht, auferlegt.

46 Art. 206 dieser Richtlinie sieht vor, dass jeder Steuerpflichtige, der die Steuer schuldet, bei der Abgabe der Mehrwertsteuererklärung nach Art. 250 der Richtlinie den sich nach Abzug der Vorsteuer ergebenden Mehrwertsteuerbetrag zu entrichten hat; jedoch können die Mitgliedstaaten einen anderen Termin für die Zahlung dieses Betrags festsetzen oder Vorauszahlungen erheben.

47 In diesem Zusammenhang geht aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten hervor, dass keine Begleichung einer Mehrwertsteuerschuld zugunsten des Staatshaushalts erfolgt, wenn die dem Mehrwertsteuerbetrag entsprechenden Mittel auf das gesonderte Mehrwertsteuerkonto des Steuerpflichtigen eingezahlt werden, da die Mehrwertsteuer nur zu bestimmten Zeitpunkten nach dem Ende des Besteuerungszeitraums geschuldet wird.

48 Wie die Generalanwältin in Nr. 34 ihrer Schlussanträge festgestellt hat, kann der Steuerpflichtige zwar nicht frei über die auf einem gesonderten Mehrwertsteuerkonto angesammelten Mittel verfügen, doch sieht die polnische Regelung vor, dass dieser Steuerpflichtige diese Mittel verwenden kann, um die Mehrwertsteuer an seine Lieferer von Gegenständen oder Dienstleistungserbringer zu zahlen und seine Verbindlichkeiten gegenüber dem Staat zu begleichen.

49 Soweit der Steuerpflichtige daher, wie die Generalanwältin in Nr. 35 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, die Zahlung der Mehrwertsteuer an seine Lieferer von Gegenständen oder Dienstleistungserbringer mit den auf dem Mehrwertsteuerkonto befindlichen Mitteln vornehmen kann, muss er die Mehrwertsteuer nicht in größerem Umfang vorfinanzieren, als dies im normalen System der Richtlinie 2006/112 vorgesehen ist.

50 Insoweit ist hinzuzufügen, dass der Durchführungsbeschluss 2019/310 zwar der Form nach eine Abweichung von Art. 226 der Richtlinie 2006/112 darstellt, der die Angaben betrifft, die gemäß dieser Richtlinie ausgestellte Rechnungen für Mehrwertsteuerzwecke enthalten müssen, doch wurde diese Abweichung nach den Erwägungsgründen 1, 4 und 7 sowie Art. 1 dieses Durchführungsbeschlusses vorgesehen, um dem polnischen Gesetzgeber die Möglichkeit zu geben, ein System zur Sperrung von Mitteln auf einem separaten Bankkonto für Mehrwertsteuerzwecke einzuführen. Daraus ergibt sich, dass der Unionsgesetzgeber bei der Gewährung der in Rede stehenden Abweichung darüber informiert war, dass ihre Einführung in die polnischen Vorschriften die Festsetzung dieser Regelung des separaten Kontos für Mehrwertsteuerzwecke einschloss.

51 Unter diesen Umständen kann das Verfahren der Aufspaltung von Zahlungen als solches nicht als Verstoß gegen Art. 206 der Richtlinie 2006/112 angesehen werden und stellt keine Abweichung von dieser Bestimmung dar.

52 Zum vom vorlegenden Gericht in der ersten Frage angeführten Grundsatz der steuerlichen Neutralität ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsgesetzgeber nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs mit diesem Grundsatz den allgemeinen Grundsatz der Gleichbehandlung im Mehrwertsteuerbereich zum Ausdruck gebracht hat und es dieser Grundsatz insbesondere nicht zulässt, Wirtschaftsteilnehmer, die gleichartige Umsätze tätigen, bei der Erhebung der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln (vgl. u. a. Urteile vom , WEG Tevesstraße, C‑449/19, EU:C:2020:1038, Rn. 48, und vom , DGRFP Cluj, C‑519/21, EU:C:2023:106, Rn. 88).

53 Durch die in der Richtlinie 2006/112 vorgesehene Regelung und das dazugehörige Recht auf Vorsteuerabzug soll der Unternehmer vollständig von der im Rahmen all seiner wirtschaftlichen Tätigkeiten geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlastet werden. Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gewährleistet daher, dass alle wirtschaftlichen Tätigkeiten, sofern sie der Mehrwertsteuer unterliegen, unabhängig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis in völlig neutraler Weise steuerlich belastet werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , DGRFP Cluj, C‑519/21, EU:C:2023:106, Rn. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung).

54 Im vorliegenden Fall lässt sich der Vorlageentscheidung kein Zusammenhang zwischen dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität einerseits und den in der polnischen Regelung festgelegten Voraussetzungen für die Versagung der Freigabe der Mittel auf dem Mehrwertsteuerkonto der insolventen Steuerpflichtigen im Rahmen eines Insolvenzverfahrens andererseits entnehmen.

55 Was den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit anbelangt, auf den das vorlegende Gericht in der ersten Frage ebenfalls verweist, genügt erstens der Hinweis, dass die Republik Polen, wie sich aus dem dritten Erwägungsgrund des Durchführungsbeschlusses 2019/310 ergibt, zwar bereits zahlreiche Maßnahmen zur Betrugsbekämpfung ergriffen hatte, Polen jedoch der Auffassung war, dass diese Lösungsansätze noch nicht ausreichten, um Mehrwertsteuerbetrug zu vermeiden. Wie es im elften Erwägungsgrund dieses Durchführungsbeschlusses heißt, stimmte die Kommission dieser Analyse zu und vertrat den Standpunkt, dass die in Rede stehende Sondermaßnahme bezüglich der Lieferung betrugsanfälliger Gegenstände und der Erbringung betrugsanfälliger Dienstleistungen bei der Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug zu wirksamen Ergebnissen führen könnte.

56 Da gemäß Art. 1 des Durchführungsbeschlusses 2019/310 die darin vorgesehene Ermächtigung sich nur auf Zahlungen bezieht, die mit elektronischer Banküberweisung getätigt werden, ist zweitens die Verpflichtung, dass in der Mehrwertsteuerrechnung ein Hinweis enthalten sein muss, dass diese Steuer auf ein gesondertes, gesperrtes Mehrwertsteuerkonto des Lieferers oder Dienstleistungserbringers überwiesen wird, und daher dafür Sorge getragen werden muss, dass die entsprechenden Beträge auf dieses Konto überwiesen werden, nicht als eine zwingende Formalität anzusehen. Sie ist daher nicht unverhältnismäßig.

57 Drittens betrifft diese Verpflichtung nicht alle Umsätze, die Anlass zur Zahlung mit elektronischer Banküberweisung geben, da gemäß Art. 106e und 108a des Mehrwertsteuergesetzes nur Rechnungen über die Lieferung von Gegenständen oder Erbringung von Dienstleistungen, deren Gesamtforderungsbetrag 15 000 PLN (etwa 3 370 Euro) oder den Gegenwert dieses Betrags in einer Fremdwährung übersteigt, betroffen sind, was auch nicht unverhältnismäßig erscheint.

58 Viertens sieht die polnische Regelung, wie in Rn. 48 des vorliegenden Urteils festgestellt, für den Steuerpflichtigen die Möglichkeit vor, die auf diesem gesonderten Mehrwertsteuerkonto angesammelten Mittel zu verwenden, um die Mehrwertsteuer an seine Lieferer von Gegenständen oder Dienstleistungserbringer zu zahlen und seine Verbindlichkeiten gegenüber dem Staat zu begleichen. Folglich sieht diese Regelung keine absolute Sperrung der in Rede stehenden Mittel vor, sondern beschränkt lediglich deren Verwendung, was ebenfalls in einem angemessenen Verhältnis zum Ziel der Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs steht.

59 Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass die Art. 273 und 395 der Richtlinie 2006/112 und der Durchführungsbeschluss 2019/310 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, nach der der auf einem separaten Mehrwertsteuerkonto eines Lieferers bei einer Bank hinterlegte Mehrwertsteuerbetrag nur für beschränkte Zwecke verwendet werden darf, nämlich insbesondere für die Begleichung der Mehrwertsteuerschuld gegenüber den Steuerbehörden oder die Zahlung der Mehrwertsteuer auf Rechnungen von Lieferern von Gegenständen oder Erbringern von Dienstleistungen.

Zur zweiten Frage

60 Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 17 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 51 Abs. 1 und Art. 52 Abs. 1 der Charta dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der der auf einem separaten Mehrwertsteuerkonto eines Lieferers bei einer Bank hinterlegte Mehrwertsteuerbetrag nur für beschränkte Zwecke verwendet werden darf, nämlich insbesondere für die Begleichung der Mehrwertsteuerschuld gegenüber den Steuerbehörden oder die Zahlung der Mehrwertsteuer auf Rechnungen von Lieferern von Gegenständen oder Erbringern von Dienstleistungen.

61 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Charta nach ihrem Art. 51 Abs. 1 für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union gilt.

62 Nach ständiger Rechtsprechung setzt der Begriff „Durchführung des Rechts der Union“ im Sinne von Art. 51 der Charta das Vorliegen eines Zusammenhangs zwischen einem Unionsrechtsakt und der fraglichen nationalen Maßnahme voraus, der darüber hinausgeht, dass die fraglichen Sachbereiche benachbart sind oder der eine von ihnen mittelbare Auswirkungen auf den anderen haben kann (Urteil vom , Adusbef u. a., C‑686/18, EU:C:2020:567, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).

63 In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Grundrechte der Union im Verhältnis zu einer nationalen Regelung unanwendbar sind, wenn die unionsrechtlichen Vorschriften in dem betreffenden Sachbereich keine spezifischen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten im Hinblick auf den im Ausgangsverfahren fraglichen Sachverhalt schaffen (Urteil vom , Adusbef u. a., C‑686/18, EU:C:2020:567, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

64 Im vorliegenden Fall schafft jedoch, wie sich aus der Antwort auf die erste Frage ergibt, keine der vom vorlegenden Gericht angeführten Bestimmungen des Unionsrechts spezifische Verpflichtungen der Mitgliedstaaten im Hinblick auf ein Verfahren der Aufspaltung von Zahlungen, wie es im Ausgangsverfahren in Rede steht.

65 Zudem ist darauf hinzuweisen, dass der Ausgangsrechtsstreit die Weigerung der Steuerbehörden betrifft, die Überweisung der auf dem gesonderten Mehrwertsteuerkonto einer insolventen Steuerpflichtigen angesammelten Mittel auf das Konto der Insolvenzmasse zur Entrichtung der kommunalen Grundsteuer zu erlauben. Vor dem vorlegenden Gericht wendet sich die Insolvenzverwalterin A gegen die sich aus den im vorliegenden Fall anwendbaren polnischen Vorschriften ergebende Regel, nach der es nicht möglich ist, die auf dem gesonderten und gesperrten Mehrwertsteuerkonto angesammelten Mittel zur Zahlung dieser Grundsteuer zu überweisen.

66 Hierzu ist festzustellen, dass das in der fraglichen polnischen Regelung vorgesehene Verfahren der Aufspaltung von Zahlungen der Mehrwertsteuer als solches zwar einen gewissen Zusammenhang mit dem in der Richtlinie 2006/112 vorgesehenen Mehrwertsteuersystem aufweist, die Modalitäten der Zahlung einer kommunalen Grundsteuer durch auf einem gesonderten Mehrwertsteuerkonto des Steuerpflichtigen angesammelte Mittel jedoch nicht durch die Bestimmungen der Richtlinie 2006/112 festgelegt werden, so dass dieses Verfahren keine „Durchführung des Rechts der Union“ im Sinne der in Rn. 62 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung darstellt.

67 Daher ist die zweite Frage unzulässig.

Zur dritten Frage

68 Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit nach Art. 2 EUV, der Grundsatz der Rechtssicherheit, der Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit nach Art. 4 Abs. 3 EUV und der Grundsatz der guten Verwaltung nach Art. 41 Abs. 1 der Charta dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der der auf einem separaten Mehrwertsteuerkonto eines Lieferers bei einer Bank hinterlegte Mehrwertsteuerbetrag nur für beschränkte Zwecke verwendet werden darf, nämlich insbesondere für die Begleichung der Mehrwertsteuerschuld gegenüber den Steuerbehörden oder die Zahlung der Mehrwertsteuer auf Rechnungen von Lieferern von Gegenständen oder Erbringern von Dienstleistungen.

69 Nach ständiger Rechtsprechung ist das mit Art. 267 AEUV eingerichtete Verfahren ein Instrument der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten, mit dem der Gerichtshof diesen Gerichten Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts gibt, die sie zur Entscheidung des bei ihnen anhängigen Rechtsstreits benötigen (Urteil vom , Vyriausioji tarnybinės etikos komisija, C‑184/20, EU:C:2022:601, Rn. 47).

70 Da das Vorabentscheidungsersuchen als Grundlage dieses Verfahrens dient, ist das nationale Gericht verpflichtet, direkt in diesem Ersuchen den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen des Ausgangsverfahrens darzulegen und die erforderlichen Erläuterungen zu den Gründen für die Wahl der Vorschriften des Unionsrechts, um deren Auslegung es ersucht, und zu dem Zusammenhang zu geben, den es zwischen diesen Vorschriften und der auf den bei ihm anhängigen Rechtsstreit anzuwendenden nationalen Regelung herstellt (Urteil vom , Lyoness Europe, C‑455/21, EU:C:2023:455, Rn. 26).

71 Insoweit ist außerdem hervorzuheben, dass die Informationen in den Vorlageentscheidungen zum einen dazu dienen, den Gerichtshof in die Lage zu versetzen, sachdienliche Antworten zu geben, und zum anderen dazu, den Regierungen der Mitgliedstaaten und den anderen Beteiligten die Ausübung des ihnen durch Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union verliehenen Rechts zur Abgabe von Erklärungen zu ermöglichen. Der Gerichtshof hat darauf zu achten, dass dieses Recht gewahrt wird; dabei ist zu berücksichtigen, dass den Beteiligten nach dieser Vorschrift nur die Vorlageentscheidungen zugestellt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , MV – 98, C‑97/21, EU:C:2023:371, Rn. 30).

72 Diese kumulativen Anforderungen an den Inhalt eines Vorabentscheidungsersuchens werden ausdrücklich in Art. 94 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs aufgeführt, den das vorlegende Gericht sorgfältig zu beachten hat (Urteil vom , Lyoness Europe, C‑455/21, EU:C:2023:455, Rn. 27). Darauf wird auch in den Nrn. 13, 15 und 16 der Empfehlungen des Gerichtshofs der Europäischen Union an die nationalen Gerichte bezüglich der Vorlage von Vorabentscheidungsersuchen (ABl. 2019, C 380, S. 1) hingewiesen.

73 Im vorliegenden Fall genügt die Vorlageentscheidung, was die dritte Frage anbelangt, nicht den Anforderungen von Art. 94 Buchst. c der Verfahrensordnung.

74 In der Vorlageentscheidung wird nämlich nicht hinreichend dargelegt, aus welchen Gründen die Auslegung des Grundsatzes der Rechtsstaatlichkeit nach Art. 2 EUV, des Grundsatzes der Rechtssicherheit, des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit nach Art. 4 Abs. 3 EUV und des Grundsatzes der guten Verwaltung nach Art. 41 Abs. 1 der Charta in der vorliegenden Rechtssache erforderlich sein solle.

75 Dass das vorlegende Gericht auf eine vermeintliche Inkohärenz zwischen den nationalen Vorschriften, die das Verfahren der Aufspaltung von Zahlungen vorsehen, und den nationalen Insolvenzvorschriften hinweist, ist offensichtlich nicht ausreichend, um einen Zusammenhang zwischen den in der vorstehenden Randnummer genannten Bestimmungen und Grundsätzen des Unionsrechts und dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Verfahren herzustellen.

76 Die dritte Frage ist daher unzulässig.

Kosten

77 Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Siebte Kammer) für Recht erkannt:

Art. 273 und 395 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem und der Durchführungsbeschluss (EU) 2019/310 des Rates vom zur Ermächtigung Polens, eine von Artikel 226 der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem abweichende Sondermaßnahme einzuführen,
sind dahin auszulegen, dass
sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, nach der der auf einem separaten Mehrwertsteuerkonto eines Lieferers bei einer Bank hinterlegte Mehrwertsteuerbetrag nur für beschränkte Zwecke verwendet werden darf, nämlich insbesondere für die Begleichung der Mehrwertsteuerschuld gegenüber den Steuerbehörden oder die Zahlung der Mehrwertsteuer auf Rechnungen von Lieferern von Gegenständen oder Erbringern von Dienstleistungen.

ECLI Nummer:
ECLI:EU:C:2024:741

Fundstelle(n):
ZAAAJ-76049