Umsatzsteuerschuldner bei Bauleistungen: Ergänzende Vertragsauslegung im Verhältnis des leistenden Bauunternehmers zum Leistungsempfänger bei eingetretener Festsetzungsverjährung
Leitsatz
Die durch das , BFHE 243, 20) veranlasste ergänzende Vertragsauslegung im Verhältnis des leistenden Bauunternehmers zum Leistungsempfänger (Bauträger) wird nicht dadurch beeinflusst, dass es - etwa wegen eingetretener Festsetzungsverjährung - nicht mehr zu einer Steuerfestsetzung kommen wird und der Bauunternehmer daher keine Umsatzsteuer mehr an den Fiskus abführen muss.
Gesetze: § 133 BGB, § 157 BGB, § 13b Abs 1 Nr 4 S 1 UStG 2009, § 13b Abs 2 S 2 UStG 2009, § 27 Abs 19 UStG 2014
Instanzenzug: OLG Celle Az: 5 U 48/20vorgehend Az: 12 O 225/18
Tatbestand
1Die Klägerin ist Verwalterin in dem am eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der R. GmbH (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin). Sie verlangt von der Beklagten Restwerklohn in Höhe eines Umsatzsteueranteils von 216.600 € nebst Zinsen und Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
2Die Beklagte, die als Bauträger tätig ist, beauftragte die Insolvenzschuldnerin im Laufe einer mehrjährigen Geschäftsbeziehung damit, Bauleistungen auf Grundstücken der Beklagten zu erbringen. Die Klageforderung betrifft das letzte Bauvorhaben in M. . Nach dem Vertrag sollte die Insolvenzschuldnerin einen Pauschalfestpreis in Höhe von 1.130.000 € netto erhalten.
3Die Insolvenzschuldnerin erbrachte ihre Leistungen und stellte zwischen dem und dem insgesamt 13 Abschlagsrechnungen, eine Schlussrechnung und eine Rechnung über Nachträge. Die Rechnungen enthielten jeweils den Hinweis "Die Umsatzsteuer für die umsatzsteuerpflichtige Werkleistung schuldet der Auftraggeber nach § 13b UStG".
4Die Beklagte zahlte die Nettobeträge an die Insolvenzschuldnerin und verrechnete die Umsatzsteuer mit der Vorsteuer.
5Mit Urteil vom (V R 37/10, BFHE 243, 20) entschied der Bundesfinanzhof, dass § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG 2005 entgegen der einschlägigen Umsatzsteuer-Richtlinie einschränkend dahin auszulegen sei, dass es für den Übergang der Steuerschuldnerschaft darauf ankomme, ob der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte bauwerksbezogene Werklieferung oder sonstige Leistung selbst zur Erbringung einer derartigen Leistung verwende. Dies treffe auf Bauträger nicht zu, die die erbrachten Leistungen für die Bebauung eigener, zur Veräußerung vorgesehener Grundstücke verwendeten (, BFHE 243, 20, juris Rn. 39 ff., 50 ff.).
6Die Beklagte beantragte am beim Finanzamt die Erstattung der - durch Verrechnung mit der Vorsteuer als von ihr abgeführt geltenden - Umsatzsteuer. Im Folgejahr wurde der Beklagten der abgeführte Betrag im Wesentlichen erstattet. Dies teilte die Finanzverwaltung der Klägerin mit Schreiben vom mit und forderte sie auf, ihrerseits die bisherigen Rechnungen zu korrigieren und nunmehr die Umsatzsteuer auszuweisen und abzuführen.
7Die Klägerin berechnete daraufhin die Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 216.600 € und forderte die Beklagte mit Schreiben vom unter Fristsetzung bis zum erfolglos zur Zahlung auf.
8Am übersandte das Finanzamt der Klägerin eine Berechnungsmitteilung. Eine Steuerfestsetzung gegen die Klägerin ist bislang nicht erfolgt.
9Das Landgericht hat der Klage auf Zahlung von Restwerklohn in Höhe des Umsatzsteuerbetrags von 216.600 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem und auf Freistellung von den vorgerichtlichen Anwaltskosten stattgegeben. Die Berufung der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil ist erfolglos geblieben. Mit der - vom Senat zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Gründe
10Die Revision der Beklagten ist unbegründet.
I.
11Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
121. Die Klägerin habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Restwerklohn in Höhe des Umsatzsteuerbetrags von 216.600 € aus ergänzender Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB.
13Der Bundesgerichtshof habe bereits entschieden, dass einem Bauunternehmer bei einem vor Erlass des , BFHE 243, 20) abgeschlossenen Bauvertrag mit einem Bauträger aufgrund ergänzender Vertragsauslegung ein Anspruch auf Zahlung von Restwerklohn in Höhe des Umsatzsteuerbetrags gegen seinen Vertragspartner zustehe, wenn beide Vertragsparteien übereinstimmend von der Steuerschuldnerschaft des Bauträgers gemäß § 13b Abs. 5 Satz 2 UStG ausgegangen seien, der Bauträger die auf die erbrachten Leistungen des Bauunternehmers entfallende Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt habe und wegen eines Erstattungsverlangens des Bauträgers für den Bauunternehmer die Gefahr entstehe, wegen der Heranziehung als Steuerschuldner gemäß § 27 Abs. 19 UStG die Umsatzsteuer abführen zu müssen (, BauR 2020, 1771 = NZBau 2020, 637 m.w.N.).
14Die Voraussetzungen der ergänzenden Vertragsauslegung seien erfüllt. Die Interessenlage der Parteien im Streitfall sei mit derjenigen vergleichbar, die der Entscheidung des , BauR 2018, 1403 = NZBau 2018, 524) zugrunde gelegen habe. Dem Auslegungsergebnis stünden schutzwürdige Interessen der Beklagten nicht entgegen, weil sie durch ihren Erstattungsantrag erst das Umsatzsteuerverfahren gegen die Insolvenzschuldnerin ausgelöst habe und damit zugleich die Gefahr einer doppelten Belastung mit dem Umsatzsteuerbetrag begründet habe.
15Für die ergänzende Auslegung der werkvertraglichen Vereinbarungen der Parteien spiele es, wie der Bundesgerichtshof entschieden habe (, BauR 2020, 1771 = NZBau 2020, 637), auch keine Rolle, ob die Klägerin die geschuldete Umsatzsteuer aufgrund insolvenzrechtlicher Vorschriften gegebenenfalls nicht in voller Höhe an das Finanzamt werde abführen müssen.
16Ob das Finanzamt die Umsatzsteuer per Bescheid festsetze, sei irrelevant. Der Klägerin drohe bereits die Inanspruchnahme im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wenn die Beklagte einen Erstattungsantrag stelle. Es komme nicht darauf an, ob das Finanzamt die Klägerin erfolgreich in Anspruch nehme oder gegebenenfalls die Forderung verjähren lasse. Das betreffe das Verhältnis der Klägerin zum Fiskus und nicht das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien. Das Berufungsgericht folge insoweit nicht der Auffassung des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle, wonach die Klägerin die Beklagte nicht mehr auf Zahlung von Restwerklohn in Höhe des Umsatzsteueranteils in Anspruch nehmen könne, wenn sie ihrerseits wegen Festsetzungsverjährung nichts mehr an das Finanzamt abführen müsse. Vielmehr gälten die Ausführungen des Bundesgerichtshofs zur Insolvenz für die Frage, ob im Verhältnis der Klägerin zum Fiskus Festsetzungsverjährung eingetreten sei, entsprechend. Die Verjährung der Steuerforderung habe keinen Einfluss auf das hier gegebene Streitverhältnis. Bei der Auslegung seien die Umstände zu berücksichtigen, die zu dem "Erstattungskarussell" geführt hätten, nicht jedoch nachträgliche Ereignisse, die nur das Verhältnis der Klägerin zum Fiskus beträfen. Die Klägerin habe zutreffend darauf hingewiesen, dass anderenfalls auch jeder Besteller die von ihm an den Bauunternehmer gezahlte Umsatzsteuer zurückfordern könne, wenn das Finanzamt die Festsetzung der Umsatzsteuer gegen diesen verjähren lasse oder aus sonstigen Gründen nicht festsetze.
17Die Klägerin habe danach einen Zahlungs- und nicht lediglich einen Freistellungsanspruch. Dieses Auslegungsergebnis führe nicht zu einer unerträglichen Schieflage. Dass die Umsatzsteuer möglicherweise nicht an den Fiskus abgeführt werde, sei kein hinreichender Grund dafür, dass die Beklagte um die Umsatzsteuer bereichert bleibe.
182. Der Anspruch auf Zahlung des Restwerklohns sei, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt habe, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des VII ZR 157/17, BauR 2018, 1403 = NZBau 2018, 524 und vom VII ZR 6/18, NZBau 2019, 242) nicht verjährt.
II.
19Das hält der rechtlichen Überprüfung stand.
201. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung von Restwerklohn in Höhe des Umsatzsteuerbetrags von 216.600 € aufgrund ergänzender Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB bejaht.
21a) Der Senat hat, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, bereits entschieden, dass einem Bauunternehmer bei einem vor dem Erlass des , BFHE 243, 20) abgeschlossenen Bauvertrag mit einem Bauträger aufgrund ergänzender Vertragsauslegung ein Anspruch auf Zahlung von Restwerklohn in Höhe des Umsatzsteuerbetrags gegen seinen Vertragspartner zusteht, wenn beide Vertragsparteien übereinstimmend von der Steuerschuldnerschaft des Bauträgers gemäß § 13b Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 UStG 2011 ausgegangen sind, der Bauträger die auf die erbrachten Leistungen des Bauunternehmers entfallende Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt hat und wegen eines Erstattungsverlangens des Bauträgers für den Bauunternehmer die Gefahr entsteht, wegen der Heranziehung als Steuerschuldner gemäß § 27 Abs. 19 UStG die Umsatzsteuer abführen zu müssen ( Rn. 14 m.w.N., BauR 2020, 1771 = NZBau 2020, 637; vgl. grundlegend hierzu Rn. 18-35, BauR 2018, 1403 = NZBau 2018, 524).
22Gemäß § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG ist die gegen den leistenden Unternehmer wirkende Steuerfestsetzung zu ändern, soweit der Leistungsempfänger die Erstattung der Steuer fordert, die er in der Annahme errichtet hat, Steuerschuldner zu sein. Nach § 27 Abs. 19 Satz 2 UStG steht § 176 AO der Änderung nicht entgegen. § 27 Abs. 19 UStG ist in der einschränkenden Auslegung durch den Bundesfinanzhof (vgl. dazu , BFHE 257, 177, juris Rn. 24 ff., 62) sowohl verfassungsgemäß als auch unionsrechtskonform ( Rn. 15 m.w.N., BauR 2020, 1771 = NZBau 2020, 637).
23b) Das Berufungsgericht, dessen ergänzende Vertragsauslegung der Senat uneingeschränkt überprüfen kann (vgl. dazu Rn. 19-21, BauR 2018, 1403 = NZBau 2018, 524), hat zutreffend entschieden, dass diese Rechtsprechungsgrundsätze auch im Streitfall gelten.
24aa) Die Voraussetzungen der ergänzenden Vertragsauslegung, die Vorrang vor den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage hat (vgl. Rn. 36, BauR 2018, 1403 = NZBau 2018, 524), sind erfüllt. Die Interessenlage der Parteien im vorliegenden Fall ist mit derjenigen vergleichbar, die der Entscheidung von (VII ZR 157/17, BauR 2018, 1403 = NZBau 2018, 524) zugrunde lag. Beide Vertragsparteien haben übereinstimmend angenommen, dass Schuldner der Umsatzsteuer entsprechend der früheren Praxis der Finanzverwaltung die Beklagte sei. Ihr übereinstimmendes Verständnis war damit, dass die auf die Werkleistung entfallende Umsatzsteuer von der Beklagten getragen werden sollte und sie also als Leistungsempfängerin insgesamt den Bruttobetrag zu zahlen hat. Die Vertragsparteien haben keine Regelung für den Fall getroffen, dass für die Insolvenzschuldnerin die Gefahr besteht, wegen der Heranziehung als Steuerschuldner die Umsatzsteuer selbst entrichten zu müssen. Diese Gefahr besteht im vorliegenden Fall aufgrund des , BFHE 243, 20), der in der Folge geänderten Verwaltungspraxis und des Umstands, dass die Beklagte einen Erstattungsantrag gestellt hat.
25bb) Diesem Auslegungsergebnis stehen schutzwürdige Interessen der Beklagten nicht entgegen, weil sie durch ihren Erstattungsantrag erst das Umsatzsteuerverfahren gegen die Insolvenzschuldnerin ausgelöst hat. Damit hat sie zugleich die Gefahr einer doppelten Belastung mit dem Umsatzsteuerbetrag begründet. Die Beklagte hat kein berechtigtes Interesse, dass die Klägerin von der Abtretungsmöglichkeit nach § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG Gebrauch macht. Für sie ist es unerheblich, ob ihr als Anspruchsteller die Klägerin oder das Finanzamt gegenübertritt ( Rn. 19 m.w.N., BauR 2020, 1771 = NZBau 2020, 637).
26cc) Auch hat der Senat, worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist, bereits entschieden, dass es für die ergänzende Auslegung der werkvertraglichen Vereinbarungen der Parteien keine Rolle spielt, ob die Klägerin die geschuldete Umsatzsteuer aufgrund insolvenzrechtlicher Vorschriften gegebenenfalls nicht in voller Höhe an das Finanzamt wird abführen müssen. Das ist die gesetzliche Folge eines jeden Insolvenzverfahrens und zugleich der Grund dafür, dass den übrigen Gläubigern der zur Masse fließende Betrag unter Umständen zugute kommen kann ( Rn. 20, BauR 2020, 1771 = NZBau 2020, 637).
27dd) Schließlich hat das Berufungsgericht zu Recht erkannt, dass die durch das , BFHE 243, 20) veranlasste ergänzende Vertragsauslegung im Verhältnis des leistenden Bauunternehmers zum Leistungsempfänger (Bauträger) auch nicht dadurch beeinflusst wird, dass es - etwa wegen eingetretener Festsetzungsverjährung - nicht mehr zu einer Steuerfestsetzung kommen wird und der Bauunternehmer daher keine Umsatzsteuer mehr an den Fiskus abführen muss.
28Dieser Umstand rechtfertigt keine abweichende Beurteilung der Interessenlage der Parteien des Bauvertrags. Die ergänzende Vertragsauslegung führt daher, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausführt, auch in dieser Konstellation zu einem Zahlungsanspruch in Höhe des Umsatzsteuerbetrags und nicht lediglich zu einem Freistellungsanspruch.
29(1) Der Vertrag weist aus den unter II. 1. b) aa) genannten Gründen eine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke auf, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist. Es ist deshalb zu ermitteln, was die Parteien vereinbart hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten. Dabei ist der hypothetische Parteiwille Grundlage für die Ergänzung des Vertragsinhalts, so dass darauf abzustellen ist, was die Vertragsparteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) als redliche Vertragspartner vereinbart hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten (vgl. Rn. 29 f. m.w.N., BauR 2018, 1403 = NZBau 2018, 524).
30(2) (a) Nach diesen Maßstäben hätten die Insolvenzschuldnerin und die Beklagte eine um den Umsatzsteuerbetrag erhöhte Vergütung auch dann vereinbart, wenn sie im maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsschlusses bedacht hätten, dass eine Heranziehung der Insolvenzschuldnerin als Steuerschuldnerin - etwa wegen eingetretener Festsetzungsverjährung - unterbleiben könnte. Die Interessenlage der Vertragsparteien wird nicht maßgeblich dadurch beeinflusst, dass sich die durch das , BFHE 243, 20), die in der Folge geänderte Verwaltungspraxis und den Erstattungsantrag der Beklagten begründete Gefahr für die Insolvenzschuldnerin letztlich nicht realisiert. Denn die Nichtheranziehung zur Umsatzsteuer ist allein im Verhältnis der Insolvenzschuldnerin beziehungsweise der Klägerin zum Fiskus begründet. Dies mag im Ergebnis der Insolvenzmasse zugute kommen. Die Gründe der Nichtheranziehung betreffen jedoch nicht die Beklagte. Auch sonst ist es für die Vergütungsvereinbarung der Parteien eines Bauvertrags ohne Belang, ob der Fiskus seine Steuerforderung gegenüber der Partei, die die Umsatzsteuer abzuführen hat, durchsetzt. Dieser Gesichtspunkt beeinflusst daher die hier veranlasste ergänzende Vertragsauslegung nicht.
31(b) Schutzwürdige Interessen der Beklagten stehen diesem Auslegungsergebnis nicht entgegen. Die Beklagte hat mit dem Erstattungsantrag vom die Gefahr der Heranziehung der Insolvenzschuldnerin als Steuerschuldnerin begründet. Hieran ändert eine Nichtdurchsetzung der Steuerforderung im Verhältnis des Fiskus zur Insolvenzschuldnerin nichts. Aus den Vereinbarungen der Vertragsparteien im Bauvertrag ergibt sich, dass die Umsatzsteuer wirtschaftlich von der Beklagten getragen werden sollte. Für die Beklagte hätte bei ordnungsgemäßer steuerrechtlicher Abwicklung des Bauvertrags keine Möglichkeit bestanden, die Leistungen der Insolvenzschuldnerin ohne umsatzsteuerrechtliche Belastung entgegenzunehmen (vgl. Rn. 34, BauR 2022, 235 = NZBau 2022, 82; , BFHE 257, 177, juris Rn. 57). Ein schutzwürdiges Interesse der Beklagten an einem umsatzsteuerrechtlich unbelasteten Leistungsbezug ist nach alledem unter Berücksichtigung der Gesamtinteressenlage der Vertragsparteien nicht erkennbar.
32(c) Eine Unvereinbarkeit mit tragenden Grundsätzen des Steuer- und Zivilrechts ist danach entgegen der Auffassung der Revision nicht gegeben.
33(d) Auch der Rechtsgedanke des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB rechtfertigt - anders als die Revision meint - kein anderes Auslegungsergebnis. Diese schadensrechtliche Regelung soll für eine bestimmte Konstellation eine Überkompensation des Geschädigten vermeiden. Darum geht es im Streitfall nicht. Die Klägerin verlangt keinen Schadensersatz in Höhe des Umsatzsteueranteils von der Beklagten, obwohl ein Schaden in dieser Höhe nicht eingetreten ist. Es geht vielmehr allein um die Frage, ob in der im Streitfall zugrunde liegenden Konstellation die Vergütung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung um den Umsatzsteuerbetrag zu erhöhen ist, um auf diese Weise den dem Vertrag zugrunde liegenden Regelungsplan zu verwirklichen.
34(e) Schließlich ist der Umstand, dass die Vertragsparteien einen Pauschalfestpreis vereinbart haben, entgegen der Auffassung der Revision für die ergänzende Vertragsauslegung ebenfalls ohne Belang. Nach dem Vertrag ist - aufgrund der bei Vertragsschluss irrigen Annahme beider Parteien, dass der Bauträger Steuerschuldner sei - ausdrücklich ein Nettobetrag als Pauschalfestpreis vereinbart worden. Dies rechtfertigt im Streitfall, wie ausgeführt, die ergänzende Vertragsauslegung. Die Pauschalierung der Leistungen wird hierdurch nicht angetastet.
352. Das Berufungsgericht hat ferner im Ergebnis rechtsfehlerfrei die Verjährung des Anspruchs der Klägerin verneint.
36Nach der Rechtsprechung des Senats ( Rn. 38, BauR 2018, 1403 = NZBau 2018, 524) beginnt der Lauf der hier maßgeblichen regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Der Anspruch der Klägerin ist erst mit Eintritt der Gefahr entstanden, wegen der Heranziehung als Steuerschuldnerin die Umsatzsteuer abführen zu müssen. Diese Gefahr ist mit dem nach Erlass des , BFHE 243, 20) gestellten Erstattungsantrag der Beklagten vom eingetreten. Hiervon hat die Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts durch das Schreiben der Finanzverwaltung vom Kenntnis erlangt, so dass die Verjährungsfrist zum ablief.
37Entgegen der Auffassung der Revision ist die Zustellung der vor Ablauf der Verjährungsfrist am eingereichten Klageschrift am noch demnächst im Sinne von § 167 ZPO erfolgt; damit trat die Hemmung der Verjährung der Ansprüche der Klägerin nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB bereits mit Eingang der Klageschrift ein.
38Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Zustellung einer Klage jedenfalls dann noch demnächst erfolgt, wenn die durch den Kläger zu vertretende Verzögerung der Zustellung den Zeitraum von 14 Tagen nicht überschreitet. Bei der Berechnung der Zeitdauer der Verzögerung ist auf die Zeitspanne abzustellen, um die sich der ohnehin erforderliche Zeitraum für die Zustellung der Klage als Folge der Nachlässigkeit des Klägers verzögert (vgl. Rn. 7 m.w.N., NJW-RR 2019, 976; Urteil vom - VII ZR 185/07 Rn. 8 m.w.N., BauR 2011, 885 = NZBau 2011, 485).
39Nach diesen Grundsätzen kommt es nicht insgesamt auf die Zeitspanne zwischen der Aufforderung zur Einzahlung der Gerichtskosten und deren Eingang bei der Gerichtskasse an. Die Klägerin hat hiervon allenfalls eine Verzögerung von nicht mehr als 14 Tagen zu vertreten. Es kann dahinstehen, innerhalb welcher Zeit die Klägerin die Überweisung nach Anforderung des Gerichtskostenvorschusses veranlassen musste, ohne nachlässig zu handeln. Selbst wenn man entsprechend dem Beklagtenvorbringen den Zugang der Gerichtskostenanforderung am Silvestertag des unterstellt und man, was eher fernliegt, forderte, dass die Klägerin die Überweisung bereits am - also einen Tag, nachdem die zum Jahreswechsel ruhenden Geschäfte typischerweise wieder aufgenommen werden - hätte veranlassen und überdies den Eingang des Vorschusses binnen eines Bankarbeitstags hätte sicherstellen müssen (vgl. zur Erledigungsfrist der Einzahlung eines angeforderten Gerichtskostenvorschusses z.B. , MDR 2020, 264), wäre der Vorschuss frühestens am bei der Gerichtskasse eingegangen. Tatsächlich ist er am , mithin nur 14 Tage später eingegangen. Selbst wenn man unterstellt, dass diese 14 Tage in vollem Umfang auf einer Nachlässigkeit der Klägerin beruhten, wäre die Zustellung nach den oben genannten Grundsätzen noch demnächst erfolgt.
III.
40Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:250724UVIIZR646.21.0
Fundstelle(n):
DStR 2024 S. 2393 Nr. 42
DStR-Aktuell 2024 S. 14 Nr. 40
QAAAJ-75926