Instanzenzug: LG Bochum Az: II-11 KLs 5/23
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten M. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Einbeziehung der Strafe aus einer rechtskräftigen Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Zudem hat es die in der Vorverurteilung ausgesprochene Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt aufrechterhalten. Darüber hinaus hat das Landgericht den Angeklagten M. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und seine Unterbringung in der Entziehungsanstalt bei einem Vorwegvollzug von vier Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe angeordnet.
2Die Angeklagte R. hat das Landgericht wegen Abgabe von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln unter Einbeziehung der Strafe aus einer rechtskräftigen Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Zudem hat es die Angeklagte zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, verurteilt. Darüber hinaus hat das Landgericht bei beiden Angeklagten den Wert von Taterträgen eingezogen.
3Die jeweils auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
41. Die auf die Sachrügen veranlasste Nachprüfung des Urteils führt zu der durch das Inkrafttreten des Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften vom (BGBl. I Nr. 109 – Cannabisgesetz) erforderlich gewordenen Neufassung der Schuldsprüche. Dies zieht die Aufhebung der Strafaussprüche nach sich.
5a) Der Senat hat gemäß § 2 Abs. 3 StGB, § 354a StPO die – hier milderen – Vorschriften des am in Kraft getretenen Konsumcannabisgesetzes anzuwenden (vgl. Rn. 14; Beschluss vom – 4 StR 5/24 Rn. 6; Beschluss vom – 5 StR 153/24 Rn. 4; Beschluss vom – 1 StR 106/24 Rn. 4). Die Tathandlungen, die die Angeklagten nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen jeweils unter Verstoß gegen das BtMG vorgenommen haben, unterfallen nunmehr den entsprechenden Handlungsformen des § 34 KCanG. Diese sind an die Begrifflichkeiten des BtMG angelehnt (vgl. BT-Drucks. 20/8704 S. 94, 130; Rn. 5). Unter Berücksichtigung der erfolgten Beschränkungen gemäß § 154a StPO ist lediglich das Folgende auszuführen:
6aa) Soweit sich im Fall II. 2. a) der Urteilsgründe die Tathandlungen der Angeklagten auf Cannabis in „nicht geringer Menge“ bezogen, die bei 7,5 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC) beginnt (vgl. Rn. 10; Beschluss vom – 5 StR 153/24 Rn. 11 ff.; Beschluss vom – 1 StR 106/24), ist dies in den Schuldsprüchen nicht zum Ausdruck zu bringen. Insoweit handelt es sich ‒ anders als bei § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ‒ nicht um ein Qualifikationsmerkmal, sondern lediglich um ein für die Strafzumessung relevantes Regelbeispiel eines besonders schweren Falles im Sinne von § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG (vgl. ; Beschluss vom – 5 StR 115/24 Rn. 10). Demnach hat sich der Angeklagte M. wegen Handeltreibens mit Cannabis gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG, die Angeklagte R. wegen Abgabe von Cannabis gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 7 KCanG strafbar gemacht.
7bb) Im Fall II. 2. b) der Urteilsgründe liegt bei dem Angeklagten M. ebenfalls eine Tat des Handeltreibens mit Cannabis vor. Eine Qualifikation wegen deren bandenmäßiger Begehung, wie sie das Landgericht nach Maßgabe von § 30 Abs. 1 Nr. 1 BtMG noch zu Recht bejaht hat, scheidet nunmehr aus. Denn § 34 Abs. 4 Nr. 3 KCanG qualifiziert nur ein bandenmäßiges Handeltreiben mit Cannabis, das sich auf eine nicht geringe Menge bezieht. Nach den Feststellungen beinhaltete die in die Justizvollzugsanstalt eingeschleuste Handelsmenge von 30 Gramm Cannabis jedoch weniger als 7,5 Gramm THC. Zugleich tritt bei dem Angeklagten M. tateinheitlich – anstelle des mengenqualifizierten Besitzes nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG – nunmehr der Erwerb von mehr als 25 Gramm Cannabis nach § 34 Abs. 1 Nr. 12a) KCanG hinzu (vgl. zum Begriff des Erwerbs Rn. 8 f. mwN). Denn dem Angeklagten M. standen weitere 30 Gramm Cannabis, die er ebenfalls unter Mithilfe der Angeklagten R. bei seinem Lieferanten gekauft und für den Eigenkonsum vorgesehen hatte, mit dem Zugang bei ihm zur freien Verfügung. Demgegenüber ist der Besitz nunmehr subsidiär (vgl. Rn. 9 f. mwN). Die Angeklagte R. hat sich wegen Beihilfe zu der Handelstat des Angeklagten M. in Tateinheit mit Besitz von Cannabis strafbar gemacht. Mangels Möglichkeit und Willen, über das Cannabis als eigenes zu verfügen (vgl. Rn. 11), war bei ihr keine umfassendere Handlungsform nach dem KCanG erfüllt, in der ihre Besitzstrafbarkeit nach § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG aufgehen würde.
8cc) In den Fällen II. 2. c) und d) der Urteilsgründe hat sich der Angeklagte M. nach den Feststellungen des Bandenhandels mit Cannabis, die Angeklagte R. jeweils der Beihilfe hierzu schuldig gemacht. Des Zusatzes „in nicht geringer Menge“ bedarf es in den Schuldsprüchen auch insoweit nicht, denn lediglich ein Handeltreiben mit Cannabis in einer solchen Menge erfüllt ‒ wie ausgeführt ‒ die Qualifikation gemäß § 34 Abs. 4 Nr. 3 KCanG. Zu Recht hat das Landgericht ferner angenommen, dass bei der Angeklagten R. eine Besitzstrafbarkeit – die sich nunmehr nach § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG richtet – hinzutritt. Eine solche war im Fall II. 2. c) der Urteilsgründe auch nicht Gegenstand einer Verfahrensbeschränkung nach § 154a StPO.
9b) Der Senat ändert die Schuldsprüche nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen entsprechend § 354 Abs. 1 StPO selbst. Die Vorschrift des § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich die (im Wesentlichen) geständigen Angeklagten insoweit nicht anders als geschehen hätten verteidigen können.
10Die Schuldspruchänderungen haben die Aufhebung der Aussprüche über die Einzelstrafen zur Folge. Denn es ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht bei Anwendung des Konsumcannabisgesetzes auf mildere Strafen erkannt hätte (vgl. § 337 Abs. 1 StPO). Der Wegfall der Einzelstrafen entzieht den Gesamtstrafen die Grundlage, so dass diese ebenfalls aufzuheben sind. Der Senat hebt im vorliegenden Fall auch die zugehörigen Feststellungen auf (§ 353 Abs. 2 StPO), um dem neuen Tatgericht die Beurteilung der persönlichen Verhältnisse der Angeklagten auf einer insgesamt widerspruchsfreien Tatsachengrundlage zu ermöglichen.
112. Im Hinblick auf den Angeklagten M. hat auch der Maßregelausspruch keinen Bestand.
12a) Die (erneute) Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB, die das Landgericht auf die in die zweite Gesamtfreiheitsstrafe eingegangenen Taten gestützt hat, weist Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
13Der Senat hat seiner Entscheidung insoweit die am in Kraft getretene Neufassung des § 64 StGB zugrunde zu legen (§ 2 Abs. 6 StGB, § 354a StPO; vgl. Rn. 2; Beschluss vom – 6 StR 577/23 Rn. 6; Beschluss vom – 5 StR 509/23 Rn. 2; Beschluss vom – 4 StR 221/23 Rn. 6). Daran gemessen begegnet die Anordnung der Maßregel durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
14aa) Die Feststellungen tragen bereits die Annahme eines „Hangs“ im Sinne des § 64 Satz 1 Halbsatz 2 StGB nF nicht. Erforderlich ist eine Substanzkonsumstörung, infolge derer eine dauernde und schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung, der Gesundheit, der Arbeits- oder der Leistungsfähigkeit eingetreten ist und fortdauert. Beide Merkmale – schwerwiegend und dauernd – müssen in dem betroffenen Lebensbereich kumulativ erfüllt sein (vgl. Rn. 4; Beschluss vom – 3 StR 455/23 Rn. 18).
15Die Strafkammer hat – sachverständig beraten – bei dem Angeklagten zwar ein Abhängigkeitssyndrom von Cannabis und einen schädlichen Gebrauch von Kokain festgestellt und dargelegt, dass diese Störungen trotz der bis zum Urteilszeitpunkt erfolgten Behandlung im Maßregelvollzug aufgrund der Unterbringungsanordnung in der rechtskräftigen Vorverurteilung fortbestehen. Den Urteilsgründen ist aber nicht zu entnehmen, dass die Substanzkonsumstörung zu einer schwerwiegenden und dauernden Beeinträchtigung in einem der genannten Bereiche geführt hat. Nach den Feststellungen standen der weiteren beruflichen Entwicklung des Angeklagten schulische Schwächen und eine freizeitorientierte Lebensführung entgegen. Hinzu kamen eine depressive Stimmungslage und häufige Konflikte mit Vorgesetzten und Arbeitskollegen bei einer dissozialen Persönlichkeitsakzentuierung. Schließlich war er Kassenwart bei einer „Rockergruppierung“ und führte ab dem Frühjahr 2020 eine Beziehung zu der Mitangeklagten. Damit ist ein „Hang“ nach § 64 StGB nF nicht dargetan.
16bb) Auch ein symptomatischer Zusammenhang dergestalt, dass die Anlasstat „überwiegend“ auf den Hang zurückgeht (§ 64 Satz 1 Halbsatz 1 StGB nF), ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Laut dem Landgericht ist die Abhängigkeit des Angeklagten als „(mit-)bestimmendes Motiv für die Tatbegehung“ anzusehen. Damit ist zwar eine – zum Urteilszeitpunkt für die Unterbringung nach § 64 Satz 1 StGB aF ausreichende – Mitursächlichkeit des vom Landgericht bejahten Hangs für die Anlasstat gegeben. Es fehlt jedoch eine Aussage zu der nunmehr entscheidenden Frage, inwieweit dieser nicht nur mitbestimmend, sondern im Ergebnis die ausschlaggebende („überwiegende“) Ursache für seine Handelsaktivität gewesen ist.
17cc) Schließlich ist auch die erforderliche Erfolgsaussicht (§ 64 Satz 2 StGB) nicht tragfähig begründet. Durch § 64 Satz 2 StGB nF sind die Anforderungen an die günstige Behandlungsprognose „moderat angehoben“ worden, indem jetzt eine „Wahrscheinlichkeit höheren Grades“ vorausgesetzt ist. Der Behandlungserfolg muss zudem „aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte“ zu erwarten sein. Lehnt ein Angeklagter die Therapie im Maßregelvollzug ab, können solche Anhaltspunkte nur dann angenommen werden, wenn im Urteil konkret dargelegt wird, welche Instrumente im Maßregelvollzug zur Verfügung stehen, mit denen diese Haltung überwunden werden kann ( Rn. 6). Im Übrigen bleibt es dabei, dass die Beurteilung der Erfolgsaussicht im Rahmen einer Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeit und aller sonstigen maßgebenden Umstände vorzunehmen ist (vgl. BT-Drucks. 20/5913 S. 70; Rn. 7; Beschluss vom – 6 StR 472/23 Rn. 6).
18Gemessen an diesen Anforderungen ist eine tatsachenbasierte konkrete Erfolgsaussicht der Maßregel nicht belegt. Die Strafkammer hat insofern schon keine hinreichende Gesamtwürdigung vorgenommen. Den Rückfall des Angeklagten während der Hauptverhandlung hat das Landgericht nicht als prognoseungünstigen Umstand in seine Erwägungen eingestellt. Gleiches gilt für die in den verfahrensgegenständlichen Taten liegenden massiven Regelverstöße des Angeklagten im Strafvollzug. Ebenso wenig hat die Strafkammer den festgestellten Übergriff des Angeklagten im Maßregelvollzug im August 2022 und die von ihm kommunizierte Billigung der weiteren Aktivitäten des Nichtrevidenten P. bedacht (UA 51). Darüber hinaus hat sich die Strafkammer zwar mit seiner zuletzt ablehnenden Haltung hinsichtlich seines Therapiebedarfs befasst, diese aber allein mit Blick auf die unreife Persönlichkeit des Angeklagten für nicht belastbar gehalten. Nähere Ausführungen dazu, mit welchen Instrumenten im Maßregelvollzug die ablehnende Haltung konkret überwunden werden kann, enthält das Urteil hingegen nicht. Dessen hätte es aber gerade im vorliegenden Fall bedurft, denn der Angeklagte war auf Basis der rechtskräftigen Maßregelanordnung aus der Vorverurteilung vom zum Urteilszeitpunkt bereits seit fast eineinhalb Jahren untergebracht und hat seine Ablehnung mit den ihn nicht ansprechenden dortigen (Weiterbildungs-)Maßnahmen begründet. Insoweit wäre zudem eine Befassung nicht nur mit seiner dissozialen Persönlichkeitsakzentuierung, sondern zugleich mit seinem vom Sachverständigen ebenfalls aufgezeigten überhöhten Selbstverständnis veranlasst gewesen.
19b) Auch die Entscheidung des Landgerichts, die rechtskräftige Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in der Entziehungsanstalt im Rahmen der nachträglichen (gespaltenen) Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 Abs. 2 StGB aufrechtzuerhalten, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
20aa) Die Aufrechterhaltung der Maßregel nach § 55 Abs. 2 StGB erfordert, dass deren Voraussetzungen weiterhin vorliegen (vgl. Rn. 4; Beschluss vom – 3 StR 406/10 Rn. 3; Rissing-van Saan/Scholze in LK-StGB, 13. Aufl., § 55 Rn. 54 mwN). Die Unterbringung des Angeklagten in der Entziehungsanstalt ist vor dem rechtskräftig angeordnet worden, weshalb diese Prüfung hier nach Maßgabe des § 64 StGB aF stattzufinden hat. Zwar ordnet § 2 Abs. 6 StGB grundsätzlich die Geltung des neuen Rechts an. Bei § 55 Abs. 2 StGB handelt es sich aber um eine andere gesetzliche Bestimmung im Sinne von § 2 Abs. 6 StGB. Nach dieser abweichenden Regelung ist der Rechtszustand maßgeblich und zugrunde zu legen, wie er beim Ergehen der rechtskräftig gewordenen Entscheidung bestand. Denn nur so kann der Zweck des § 55 StGB erreicht werden, dass dem Angeklagten durch eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung weder Vor- noch Nachteile entstehen sollen (vgl. näher zum Ganzen Rn. 5 ff. mwN).
21bb) Die Begründung der Erfolgsaussicht der Maßregel ist auch gemessen an den Anforderungen des § 64 StGB aF defizitär. Eine Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeit und aller sonstigen maßgeblichen Umstände unter Einschluss der prognoseungünstigen Faktoren war schon nach altem Recht gefordert (vgl. Rn. 5; Beschluss vom – 5 StR 525/22 Rn. 14 mwN), um rechtsfehlerfrei eine durch Tatsachen belegte Wahrscheinlichkeit des Behandlungserfolgs zu begründen. An einer hinreichenden Gesamtwürdigung durch die Strafkammer fehlt es jedoch aus den genannten Gründen.
22c) Die aufgezeigten Rechtsfehler bedingen die Aufhebung des gesamten Maßregelausspruchs inklusive des Vorwegvollzugs. Der Senat hebt auch hier die zugrundeliegenden Feststellungen auf (§ 353 Abs. 2 StPO), um dem neuen Tatgericht insgesamt widerspruchsfreie neue Feststellungen zu ermöglichen.
233. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
24a) Das neue Tatgericht wird bei den Gesamtstrafenbildungen eingehender als geschehen zu prüfen haben, ob die Tat zu Ziffer II. 2. b) der Urteilsgründe der Zäsur durch die rechtskräftige Vorverurteilung der Angeklagten vom nachgeht und daher nicht in die jeweils erste, sondern in die zweite Gesamtstrafe eingehen muss. Maßgeblich ist insofern die Tatbeendigung (vgl. Rn. 3 mwN). Insoweit legen die bisherigen Feststellungen, die um weitere ihnen nicht widersprechende Feststellungen ergänzt werden können, eine Beendigung erst nach dem nahe. Denn eine solche wäre erst mit dem gesamten Abverkauf des Haschischs, das am Vortag in die Justizvollzugsanstalt gelangt war, und der Entgegennahme der Kaufpreise zu bejahen. Nur im Zweifel wäre von der Beendigung vor dem früheren Urteil auszugehen (vgl. Rissing-van Saan/Scholze in LK-StGB, 13. Aufl., § 55 Rn. 11 mwN). Bei anderer Gesamtstrafenbildung darf das neue Tatgericht die Summe der in dem angefochtenen Urteil verhängten Gesamtstrafen aufgrund des Verschlechterungsverbots nicht überschreiten.
25b) Im Hinblick auf die Unterbringung des Angeklagten M. in einer Entziehungsanstalt wird das neue Tatgericht zu bedenken haben, dass bei einer alleinigen Aufrechterhaltung der rechtskräftigen Anordnung gemäß § 55 Abs. 2 StGB ein zur Herausnahme des Angeklagten aus der gegenwärtigen Unterbringung führender Vorwegvollzug insofern weiterhin an dem (gemeinsamen) Halbstrafenzeitpunkt gemäß § 67 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 5 Satz 1 StGB aF auszurichten ist (Art. 316o Abs. 1 Satz 1 EGStGB; vgl. Rn. 6).
26Sollte das neue Tatgericht hingegen im Hinblick auf die der Vorverurteilung nachfolgenden Taten zugleich die Voraussetzungen der Maßregel nach neuem Recht bejahen und die Unterbringung selbst anordnen (vgl. zu dieser Dualität Rn. 2; Peglau in LK-StGB, 13. Aufl., § 67f Rn. 4), wäre mit Eintritt der Rechtskraft einer solchen Anordnung die alte Maßregel gemäß § 67f StGB erledigt (BGH aaO). Daher müsste sich in diesem Fall die Berechnung eines Vorwegvollzugs am neuen Recht orientieren, das im Regelfall den Zweidrittel-Zeitpunkt der Strafen als Bezugspunkt vorsieht.
Quentin Bartel Scheuß
Marks Tschakert
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:280824B4STR480.23.0
Fundstelle(n):
WAAAJ-75882