BGH Beschluss v. - 2 StR 127/24

Instanzenzug: LG Frankfurt Az: 5/6 KLs 9/23

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln (Marihuana) in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (Marihuana) in nicht geringer Menge in drei Fällen“ zu einer Gesamtfreiheitstrafe von sechs Jahren und zwei Monaten verurteilt und gegen ihn als Gesamtschuldner mit dem Nichtrevidenten A.      die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 1.548.200 € angeordnet. Außerdem hat es gegen die Einziehungsbeteiligte die Einziehung einer sichergestellten und aus einem Teil der Tatbeute finanzierten Armbanduhr angeordnet. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt, erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg, im Übrigen ist sie unbegründet.

21. Der Schuldspruch bedarf der Korrektur nach Maßgabe des am und damit nach Verkündung des landgerichtlichen Urteils in Kraft getretenen Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften vom (BGBl. I 2024, Nr. 109), auf das – weil im konkreten Fall milder – gemäß § 2 Abs. 3 StGB i.V.m. § 354a StPO bei der revisionsrechtlichen Kontrolle abzustellen ist.

3a) Nach den Feststellungen des Landgerichts führten der Angeklagte und die beiden nichtrevidierenden Mitangeklagten in drei Fällen Marihuana in großem Umfang von Spanien nach Deutschland ein, um es hier gewinnbringend zu veräußern. Der Kaufpreis für die erste Lieferung (Fall II.1 der Urteilsgründe) wurde vollständig erst nach deren Abverkauf und zugleich mit dem Kaufpreis für die zweite Lieferung (Fall II.2 der Urteilsgründe) gezahlt. Eine weitere Lieferung (Fall II.3 der Urteilsgründe) erfolgte etwa einen Monat später.

4b) Dieses Tatgeschehen stellt sich als Handeltreiben mit Cannabis (§ 34 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 4 KCanG) in zwei Fällen dar. Bei Marihuana handelt es sich um ein Produkt der Cannabispflanze, das nach den Begriffsbestimmungen des Konsumcannabisgesetzes als Cannabis erfasst ist (§ 1 Nr. 4 KCanG).

5aa) Der Gesetzgeber hat die Tathandlungen nach § 34 Abs. 1 KCanG an die Begrifflichkeiten des Betäubungsmittelgesetzes angelehnt und auf die hierzu ergangene Rechtsprechung Bezug genommen (vgl. , NStZ 2024, 420, 421 Rn. 5). Danach gehen der Erwerb, die Veräußerung oder die Einfuhr von Betäubungsmitteln als rechtlich unselbständige Tatbestandsverwirklichungen im Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auf (vgl. ‒ 3 StR 384/82, BGHSt 31, 163, 165). Allerdings war als Ausnahme hierzu (für §§ 29 ff. BtMG) in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass die Einfuhr einer nicht geringen Menge an Betäubungsmitteln nicht von einem täterschaftlichen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verdrängt wird, sondern dazu in Tateinheit steht, da die Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge aufgrund des höheren Strafrahmens (§ 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG: Mindeststrafe zwei Jahren; § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG: Mindeststrafe von einem Jahr) das schwerere Delikt ist und entsprechend im Schuldspruch hervorgehoben werden muss (vgl. ‒ 3 StR 384/82, aaO, S. 165 f.; Patzak/Fabricius/Patzak, BtMG, 11. Aufl., § 29 Rn. 772, § 30 Rn. 173). Im Anwendungsbereich des Konsumcannabisgesetzes sind die Strafrahmen indes gleich, vgl. § 34 Abs. 1 Nr. 4 und 5, Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG, so dass die Notwendigkeit, in Ausnahme zum allgemeinen Grundsatz die Einfuhr gegenüber dem Handeltreiben hervorzuheben, wenn sie sich auf eine nicht geringe Menge bezieht, nicht mehr gegeben ist (vgl. ).

6bb) Folge dessen ist weiter, dass die Fälle II.1 und II.2 der Urteilsgründe als ein Fall des Handeltreibens zu bewerten sind (§ 52 StGB). Nach dem den Feststellungen zugrunde liegenden Geständnis des Angeklagten und des Nichtrevidenten A.      erfolgte die vollständige Bezahlung der ersten Lieferung (Fall II.1 der Urteilsgründe) zugleich mit Abnahme der zweiten Lieferung (Fall II.2 der Urteilsgründe) und deren Bezahlung. Damit liegt Tateinheit zwischen den diese beiden Lieferungen betreffenden Handelstätigkeiten vor; die Ausführungshandlungen überschneiden sich. Zur weiteren, etwa einen Monat später erfolgten Lieferung besteht nach den getroffenen Feststellungen Tatmehrheit (§ 53 StGB).

72. Der Strafausspruch hat keinen Bestand. Aufgrund der geänderten konkurrenzrechtlichen Beurteilung und der geringeren Strafrahmen des Konsumcannabisgesetzes kann der Senat nicht ausschließen, dass das Landgericht niedrigere Einzel- und eine niedrigere Gesamtstrafe verhängt hätte. Die Feststellungen sind hiervon nicht betroffen und bleiben bestehen.

83. Die Einziehungsentscheidung hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Die Annahme, der Angeklagte habe zusammen mit dem Nichtrevidenten A.      die Einziehungssumme als Wert von Taterträgen erlangt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der auf § 73c StGB gestützten Einziehung beim Angeklagten steht nicht entgegen, dass bei der Einziehungsbeteiligten – als Dritter im Sinne des § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) StGB – ein mit einem Teil der Tatbeute erworbenes Surrogat eingezogen werden kann (vgl. , BGHSt 65, 28, 31); beide haften insoweit entsprechend §§ 421 ff. BGB als Gesamtschuldner. Einer individuellen Benennung der Dritten als weiterer Gesamtschuldnerin in der Entscheidungsformel bedarf es nicht (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 130/19, Rn. 11; vom – 3 StR 313/19, wistra 2020, 286, 287 Rn. 19).

94. Die Entscheidung ist nicht auf die Nichtrevidenten A.      und C.       zu erstrecken, weil sie nicht auf einer „Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes“, sondern auf einer nachträglichen Rechtsänderung beruht (vgl. , Rn. 5 mwN).

Menges                         Zeng                         Meyberg

                 Schmidt                 Zimmermann

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:170724B2STR127.24.0

Fundstelle(n):
FAAAJ-75879