(Sozialgerichtliches Verfahren - Unzulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde - nicht ordnungsgemäße Begründung der grundsätzlichen Bedeutung - keine klärungsbedürftige Rechtsfrage: Deckelung des Grundbeitrags der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft als Verstoß gegen Art 3 GG und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz)
Gesetze: § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, Art 3 Abs 1 GG, § 183 Abs 2 SGB 7
Instanzenzug: SG Landshut Az: S 15 U 5042/20 Urteilvorgehend Bayerisches Landessozialgericht Az: L 1 U 236/22 Urteil
Gründe
1I. Der Kläger wendet sich in dem der Beschwerde zugrunde liegenden Verfahren gegen einen Bescheid, durch den sein forstwirtschaftliches Unternehmen, eine Waldfläche von 0,58 Hektar, veranlagt und der dafür zu zahlende Beitrag für das Jahr 2019 auf 96,05 Euro festgesetzt wurde. Seinen Widerspruch begründete er damit, dass die Beitragserhebung unverhältnismäßig hoch sei und gegen Art 3 GG verstoße. Eigentümer kleinerer Waldparzellen würden durch die Deckelung des Grundbeitrages gegenüber vielfach größeren Forstunternehmen unangemessen belastet. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom ), das LSG die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom ).
2Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.
3II. 1. Die Beschwerde ist ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 Satz 2 und 3 SGG). Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht ordnungsgemäß dargelegt worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
4Grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (stRspr; zB - juris RdNr 4 mwN).
5Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
6a) Die Beschwerde formuliert bereits keine Rechtsfrage. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung muss der Beschwerdeführer eine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, Anwendbarkeit oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm (§ 162 SGG) mit höherrangigem Recht klar formulieren ( - juris RdNr 7). Der Kläger trägt hingegen lediglich vor, die Satzung der Beklagten verstoße gegen Art 3 GG und das Verhältnismäßigkeitsprinzip.
7Selbst wenn die Beschwerdebegründung sinngemäß die abstrakte Rechtsfrage aufwerfen sollte, ob es mit Art 3 Abs 1 GG und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar ist, wenn in der Beitragssatzung der SVLFG der Grundbeitrag für Forstunternehmen auf etwa das Vierfache des Mindestbeitrages gedeckelt ist, ist die grundsätzliche Bedeutung nicht hinreichend dargelegt.
8b) Denn der Kläger legt nicht dar, dass die Rechtsfrage klärungsbedürftig ist. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn die Antwort nicht von vornherein praktisch außer Zweifel steht, so gut wie unbestritten ist, sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergibt und sich auch aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung keine hinreichenden Anhaltspunkte zur Beantwortung ergeben ( - juris RdNr 9). Im Hinblick darauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung vorgetragen werden, dass zu dem angesprochenen Fragenbereich noch keine Entscheidung vorliegt oder durch die schon vorliegenden Entscheidungen die maßgebende Frage der grundsätzlichen Bedeutung noch nicht beantwortet ist ( - juris RdNr 9). Fehlt Rechtsprechung, ist ggf darzulegen, dass die Rechtsfrage nicht ohne Weiteres anhand des Wortlauts und Sinngehalts des Gesetzes zu beantworten ist.
9Wird im Rahmen einer Grundsatzrüge ein Verstoß einer Norm gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) geltend gemacht, muss der Kläger unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG auch darlegen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit der Norm ergeben soll (BSG Beschlüsse vom - B 5 R 30/23 B - juris RdNr 16, vom - B 6 KA 36/21 B - juris RdNr 10 und vom - B 8 KN 7/03 B - juris RdNr 5; in diesem Sinne auch - juris RdNr 3). Hierzu muss er den Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Norm aufzeigen, die Sachgründe ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtern und die Verletzung der konkreten Regelung des Grundgesetzes darlegen (BSG Beschlüsse vom - B 12 KR 37/21 B - juris RdNr 8, vom - B 9 V 17/21 B - juris RdNr 9, vom - B 10 EG 13/19 B - juris RdNr 8, vom - B 14 AS 418/19 B - juris RdNr 6, vom - B 5 R 282/18 B - juris RdNr 12-13, vom - B 13 R 294/16 B - juris RdNr 6 und vom - B 1 KR 87/08 B - juris RdNr 4). Wird eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes geltend gemacht, muss der Kläger insbesondere darlegen, worin die für eine Gleich- bzw Ungleichbehandlung wesentlichen Sachverhaltsmerkmale bestehen (BSG Beschlüsse vom - B 12 KR 37/21 B - juris RdNr 8, vom - B 3 KR 32/17 B - juris RdNr 11, vom - B 13 R 350/16 B - juris RdNr 8 und vom - B 7 AL 79/11 B - juris RdNr 11), und aufzeigen, dass der Gesetzgeber die je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedlichen verfassungsrechtlichen Grenzen seines Gestaltungsspielraums überschritten hat (vgl BSG Beschlüsse vom - B 10 KG 1/23 B - juris RdNr 9, vom - B 5 R 44/22 B - juris RdNr 10, vom - B 9 V 17/21 B - juris RdNr 9, vom - B 8 SO 72/19 B - juris RdNr 9 und vom - B 5 R 282/18 B - juris RdNr 12-13).
10Die Beschwerdebegründung enthält keine verfassungsrechtlichen Ausführungen und setzt sich weder mit dem Satzungsermessen der Beklagten (§ 183 Abs 2 SGB VII) noch den ihr gesetzlich eingeräumten Möglichkeiten auseinander, in der Satzung Mindestbeiträge sowie Berechnungsgrundlagen für Grundbeiträge (§ 182 Abs 2 Satz 4 SGB VII) und eine Höchstgrenze für Hektarwerte (§ 182 Abs 4 Satz 1 SGB VII) vorzusehen. Es erfolgt auch keine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Senats, nach der die Beklagte bei der Beitragsgestaltung einen weiten Entscheidungs- und Beurteilungsspielraum hat, der nicht daraufhin gerichtlich kontrollierbar ist, ob der Satzungsgeber die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Regelung getroffen hat, sondern nur, ob es sachgerechte und plausible Gründe für die Satzungsregelung gibt ( - SozR 4-2700 § 183 Nr 3 RdNr 24-25 mwN). Der Kläger hätte insofern jedenfalls substantiiert vortragen müssen, warum sich anhand dieser Rechtsprechung die für klärungsbedürftig erachtete Frage nicht beantworten lässt.
11c) Schließlich hat der Kläger auch nicht dargelegt, dass die Rechtsfrage klärungsfähig (entscheidungserheblich) ist. Klärungsfähigkeit setzt voraus, dass eine Klärung der Frage im Revisionsverfahren erwartet werden kann. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt werden, dass es für die Entscheidung des konkreten Rechtsstreits auf die Beantwortung der aufgeworfenen Frage ankommt ( - juris RdNr 11).
12Die Beschwerdebegründung versäumt es bereits, den vom LSG festgestellten Sachverhalt (§ 163 SGG) hinreichend darzustellen. Im Rahmen der Klärungsfähigkeit muss der Beschwerdeführer zunächst den Sachverhalt schildern, den das LSG für das Revisionsgericht verbindlich festgestellt hat (vgl - juris RdNr 6).
13Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob es an der Klärungsfähigkeit auch aus prozessualen Gründen fehlt, weil der Kläger nach seinem Vortrag einen Bescheid über einen Jahresbeitrag von 96,05 Euro angreift und seine Berufung aus diesem Grund der Zulassung bedurft hätte (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1, Satz 2 SGG).
142. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Ein landwirtschaftlicher Unternehmer, der sich gegen die Erhebung von Beiträgen wendet, ist im Gerichtsverfahren kostenrechtlich nicht privilegiert ( - SozR 4-2700 § 183 Nr 3 RdNr 32).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2024:090724BB2U2823B0
Fundstelle(n):
CAAAJ-75507