Instanzenzug: Az: 539 KLs 3/23
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels, die durch das Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten und die den Neben- und Adhäsionsklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
1. Entgegen der Auffassung der Revision hält auch die Strafzumessung sachlich-rechtlicher Überprüfung stand. Soweit die Strafkammer bereits bei der Bemessung der Einzelstrafen erschwerend die Vielzahl der Taten (75 Taten des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen) strafschärfend gewertet hat, ist dies rechtsfehlerfrei. Die Bewertungsrichtung und das Gewicht der Strafzumessungstatsachen bestimmt in erster Linie das Tatgericht, dem hierbei von Rechts wegen ein weiter Entscheidungs- und Wertungsspielraum eröffnet ist (st. Rspr.; vgl. nur , NStZ 2023, 340, 343 mwN).
Der Bundesgerichtshof hat hierbei insbesondere die strafschärfende Berücksichtigung einer Gesamttatserie schon bei der Bemessung der Einzelstrafen in ständiger Rechtsprechung gebilligt: „Es ist allerdings anerkannt, dass dann, wenn ein Täter mehrere gleichartige und gleichwertige Taten begangen hat, es mitunter seiner Schuld nicht gerecht wird, bei der Strafzumessung jede Tat zunächst nur für sich zu betrachten und die übrigen Taten unberücksichtigt zu lassen. Da die Schuld des Täters in Bezug auf die Einzeltaten durch die Mehrheit der Taten erhöht werden kann, ist es dem Gericht nicht verwehrt, bereits bei der Bemessung jeder Einzelstrafe in Betracht zu ziehen, dass der Täter mehrere Straftaten begangen hat“ (, BGHR StGB vor § 1/minder schwerer Fall, Gesamtwürdigung 2; ebenso , BGHSt 24, 268, 271; vom – 4 StR 541/81; vom – 1 StR 550/87; vom – 4 StR 8/89, BGHR StGB § 46 Abs. 1 Beurteilungsrahmen 7; vom – 2 StR 130/91, NStZ 1991, 527; vom – 1 StR 627/08, BGHSt 53, 221, 232; Beschluss vom – 1 StR 459/11, NZWiSt 2012, 112; Urteile vom – 4 StR 467/12; vom – 2 StR 18/16, NStZ-RR 2016, 368; vom – 5 StR 176/17). Durch die Einbettung von Einzeltaten in eine Serie kann das Gewicht jeder Einzeltat deutlich erhöht werden, bei der nicht nur Vortaten, sondern grundsätzlich auch nachfolgende Taten strafschärfend berücksichtigt werden können, sofern ein innerer kriminologischer Zusammenhang besteht (, NStZ-RR 2003, 110, 111 mwN).
Zwar hat der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in einer Entscheidung (, StV 2017, 35; dem folgend ; vgl. auch – anders gelagert – ) in Abkehr von dieser ständigen Rechtsprechung und ohne deren Erwähnung vertreten, eine über einen langen Tatzeitraum reichende Tatserie dürfe bei der Bemessung der Einzelstrafe nur dann strafschärfend berücksichtigt werden, wenn sie von vorneherein geplant gewesen sei („Auch dass die Taten sich über einen langen Zeitraum erstreckten, durfte nicht bei der Strafrahmenwahl und der konkreten Zumessung der Einzelstrafen zu Ungunsten des Angeklagten berücksichtigt werden. Dass einer ersten oder zweiten Tat weitere nachgefolgt sind, ist regelmäßig für deren Unrechtsgehalt ohne strafzumessungsrelevante Bedeutung. Dies mag anders sein, wenn von vornherein eine Mehrzahl von Taten geplant sind und darin die nach § 46 Abs. 2 StGB berücksichtigungsfähige ‚rechtsfeindliche Gesinnung‘ des Täters zum Ausdruck kommt [vgl. Fischer, StGB, 63. Aufl., § 40 Rn. 34a]“). Dies bindet den Senat aber nicht im Sinne von § 132 Abs. 2 GVG. Denn diese Erwägung war nicht tragend für die Entscheidung über den Strafausspruch, der schon wegen eines anderen Rechtsfehlers aufgehoben werden musste (vgl. MüKo-StPO/Cierniak/Pohlit, § 132 GVG Rn. 12 mwN). Gleiches gilt für die Entscheidung des 6. Strafsenats, da in diesem Fall von vorneherein eine Mehrzahl von Taten geplant war und der Senat den Strafausspruch unbeanstandet gelassen hat (vgl. ).
2. Die Nebenklägerinnen haben inzwischen formgerecht ihren Anschluss nach § 395 Abs. 1 StPO erklärt. Einer Beistandsbestellung nach § 397a Abs. 1 StPO bedarf es nicht, weil bereits das Landgericht diese vorgenommen hat und sie demnach auch für das Revisionsverfahren gilt (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl., § 397a Rn. 17 mwN).
Cirener Gericke Mosbacher
von Häfen Werner
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:270824B5STR346.24.0
Fundstelle(n):
LAAAJ-75034