Instanzenzug: LG Braunschweig Az: 1 KLs 64/23
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen Verabredung zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
21. Nach den Feststellungen war der Angeklagte Teil einer Tätergruppierung, die deutschlandweit Cannabisplantagen betrieb. Er war dort als „Logistiker“ tätig und besorgte das für den Aufbau und den Betrieb der Plantagen in L. und S. notwendige Material sowie Lebensmittel für die dort tätigen „Gärtner“. Bei der polizeilichen Durchsuchung der Plantage in L. wurden 6.649 Pflanzen mit einem Gesamtwirkstoffgehalt von etwa 9,5 kg THC sichergestellt. Die weitere für den Anbau von etwa 900 Cannabispflanzen vorgesehene Anlage in S. befand sich noch im Aufbau.
32. Der Schuldspruch ist in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO zu ändern, weil am das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (KCanG, BGBl. I Nr. 109) in Kraft getreten ist, das den Umgang mit Konsumcannabis abschließend regelt (vgl. BT-Drucks. 20/8704, S. 130). Es ist gemäß § 2 Abs. 3 StGB i.V.m. § 354a StPO bei der Revisionsentscheidung zu berücksichtigen, weil das KCanG hier das mildere Gesetz darstellt. § 265 StPO steht dem nicht entgegen.
4Da die auf der Plantage in L. angebauten Pflanzen gewinnbringend veräußert werden sollten, ist bereits von einem Handeltreiben im Sinne des § 34 Abs. 4 Nr. 3 KCanG auszugehen (zu § 29a Nr. 2 BtMG vgl. , NStZ 2023, 682; vom – 3 StR 407/12, BGHSt 58, 99, 101; Beschluss vom – 1 StR 110/20, NStZ 2021, 53, 54). Dieses verdrängt den zugleich verwirklichten Tatbestand des Anbauens (vgl. Patzak/Fabricius, BtMG, 11. Aufl., § 29 BtMG Rn. 106).
5Anders verhält es sich mit der Anlage in S. . Da dort die Räumlichkeiten für den Aufbau einer Plantage erst noch hergerichtet wurden und Cannabispflanzen noch nicht gepflanzt waren, handelte es sich um bloße Vorbereitungshandlungen. Der Angeklagte hat sich insoweit nur wegen Verabredung zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Cannabis strafbar gemacht (§ 30 Abs. 2 StGB, § 34 Abs. 4 Nr. 3, Abs. 1 Nr. 4 KCanG). Der Zusatz „in nicht geringer Menge“ bei der Bezeichnung einer Tat im Sinne des § 34 Abs. 4 Nr. 3 KCanG ist in der Urteilsformel entbehrlich, weil dieser Qualifikationstatbestand stets voraussetzt, dass die Tat eine solche Menge betrifft (vgl. , Rn. 11; Patzak/Fabricius aaO, § 34 KCanG Rn. 298a; Terwolbeck, StRR 8/2024, 6, 8 mwN).
63. Die Schuldspruchänderung entzieht den Strafen und der Gesamtfreiheitsstrafe die Grundlage. Insoweit bedarf die Sache neuer Verhandlung und Entscheidung. Die zugehörigen Feststellungen können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO) und um ihnen nicht widersprechende ergänzt werden.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:220824B6STR358.24.0
Fundstelle(n):
EAAAJ-74770