Disagio-Anlagen in Form von Private Placements
Anwendung des § 15b EStG
Bezug: BStBl 2023 II S. 817
Disagio-Modelle sind wie folgt ausgestaltet:
Mehrere Anleger gründen als Kommanditisten mit einer Verwaltungs-GmbH als Komplementärin eine Anlage-KG. Deren Gesellschaftszweck ist der Erwerb und die Verwaltung von Wertpapieren. Die KG ist nicht gewerbliche geprägt, weil sowohl die Verwaltungs-GmbH als auch mindestens ein Kommanditist zu alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführern bestellt sind.
Zuvor war ein Anleger an ein hierauf spezialisiertes Anwaltsbüro als steuerlichen Berater herangetreten. Aus der „Mandats- und Vergütungsvereinbarung“ ergibt sich, dass der steuerliche Berater seiner Mandantin (der KG) empfahl, eine fremdfinanzierte Schuldverschreibung zu erwerben, die an ein Referenzaktivum anknüpft und einen festen sowie einen variablen Zins gewährt.
Nachdem mit mehreren Banken von den Kommanditisten Verhandlungen über die Emission von Schuldverschreibungen sowie die Ausreichung eines Refinanzierungsdarlehens geführt wurden, investiert die KG schließlich einen hohen Betrag in eine Schuldverschreibung einer Bank. Das Darlehen zum Erwerb dieser Schuldverschreibung wurde von der Muttergesellschaft dieser Bank gewährt. Der Zeichnungsschein für die Schuldverschreibung und der Darlehensvertrag wurden am selben Tag unterschrieben.
Der Darlehensbetrag enthält beispielsweise ein Disagio i. H. v. 5 % bei einer Laufzeit von 10 Jahren, aufgrund dessen im Erstjahr ein erheblicher steuerlicher Verlust entsteht. Mit dem Nettodarlehensbetrag wird die Schuldverschreibung erworben. Die Schuldzinsen sind jährlich vorschüssig zu bezahlen. Aus der Schuldverschreibung (Laufzeit ebenfalls 10 Jahre) werden einmal jährlich nachschüssig Zinsen i. H. v. 4 % auf den Nennwert gezahlt. Im letzten Jahr wird zusätzlich ein fester Bonusbetrag gezahlt. Daneben wird bei Fälligkeit ein Bonuszins gezahlt, der von der Wertentwicklung des EuroStoxx 50 Performance Index abhängt.
Die Totalüberschussprognose führt unter Einbeziehung des Bonuszinses zu einem Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten.
Die Vertreter der obersten Finanzbehörden der Länder vertraten mehrheitlich die Auffassung, dass in diesem Sachverhalt eine modellhafte Gestaltung im Sinne von § 15b EStG vorliegt.
Entgegen dieser Auffassung hat der (Az. VIII R 10/19) entschieden, dass keine modellhafte Gestaltung aufgrund eines gebotenen Konzepts i. S. d. § 15b Abs. 2 EStG vorliegt, da der tatsächliche Einfluss der Stpfl. auf die Gestaltung des Investitionskonzepts und dessen Umsetzung nicht nur unwesentlich und rein formal war.
Der BFH macht die aus seiner Sicht einem Steuerstundungsmodell entgegenstehende, eigene Aktivität des Stpfl. daran fest, dass
die Stpfl. die KG, welche die Investition getätigt hat, selbst gegründet haben,
die Stpfl. den Gesellschaftsvertrag der KG selbst verfassten und einer der Stpfl. die Rolle des geschäftsführenden Kommanditisten übernahm
die Stpfl. vorab mit den Banken eigenständig die marktüblichen Anleihe- und Kreditbedingungen ausgelotet und über die Bankgebühr verhandelt hätten.
Bei den Disagio-Modellen handelt es sich unter diesen Voraussetzungen um Einzelinvestitionen, die nicht unter § 15b EStG zu subsumieren sind.
Das BFH-Urteil ist im BStBl 2023 II S. 817 veröffentlicht und über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden.
OFD Frankfurt/M. v. - S 2241b
A-00003-0357-St 517
Fundstelle(n):
HAAAJ-74341