Einbeziehung der auf einem verkauften Waldgrundstück aufstehenden Bäume in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer
Leitsatz
1. Wann ein „Grundstück” im Sinne des Grunderwerbsteuerrechts anzunehmen ist, richtet sich nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG nach
den Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Ob Gehölze zum Grundstück zählen, hängt letztlich davon ab, zu welchem Zweck die
Aussaat bzw. das Einpflanzen des Gehölzes erfolgt ist. Aufstehende Gehölze sind im Ausgangspunkt grundsätzlich wesentliche
Bestandteile des Grundstücks, gleich, ob sie durch Selbst- oder Fremdaussaat unmittelbar am Standort gewachsen oder anderweit
vorgezogen und eingepflanzt sind.
2. Aufstehende Gehölze können aber Scheinbestandteile sein, wenn ihre Verbindung mit dem Boden nur zu einem vorübergehenden
Zweck erfolgt ist und die spätere Aufhebung der Verbindung von Anfang an beabsichtigt war. Maßgeblich ist der innere Wille
des Einfügenden zu demjenigen Zeitpunkt, in dem die Verbindung (durch Pflanzung oder Aussaat) hergestellt wird. Den Steuerpflichtigen
trifft für das Vorhandensein von Scheinbestandteilen die objektive Feststellungslast. Lässt sich beim Verkauf eines Waldgrundstücks
mit 80 bis 120 Jahren alten Bäumen der innere Wille des Grundstückseigentümers zum Zeitpunkt der Anpflanzung nicht mehr feststellen,
geht das zu Lasten des Steuerpflichtigen.
3. Haben beim Verkauf eines Waldgrundstücks die Vertragsschließenden über die Übereignung der Bäume keine gesonderte vertragliche
Regelung getroffen, auch den vereinbarten Kaufpreis nicht in Anteile für Grund und Boden sowie Bäume aufgeteilt und lassen
sich aufgrund des Alters der Bäume (80 bis 120 Jahre) auch keine Erkenntnisse zu den Absichten des Anpflanzenden mehr gewinnen,
spricht dies dafür, dass die Vertragsschließenden die aufstehenden Bäume nicht als Scheinbestandteile, sondern nach der Grundregel
des § 94 Abs. 1 Satz 2 BGB als wesentliche Grundstücksbestandteile angesehen haben und dass somit der volle vereinbarte Kaufpreis
die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer darstellt.
4. Es gibt keinen Erfahrungssatz dahingehend, dass allein die heutige forstwirtschaftliche Nutzung eines Grundstückes darauf
schließen lässt, dass dies auch schon bei Anpflanzung dem Willen des damaligen Grundstückseigentümers entsprochen habe. Auch
gibt es keinen Erfahrungssatz dahingehend, dass jeder in Deutschland vorhandene Wald von Menschenhand und von dem Willen getragen,
die Bäume bei Hiebreife wieder zu entnehmen, angelegt wurde.
Fundstelle(n): ErbStB 2024 S. 282 Nr. 10 ErbStB 2024 S. 282 Nr. 10 UVR 2024 S. 299 Nr. 10 AAAAJ-74271
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