Disziplinarische Höchstmaßnahme bei fehlender Verfassungstreue
Leitsatz
1. Stellt ein Soldat anlässlich einer Befragung durch den Militärischen Abschirmdienst nach Belehrung über die Freiwilligkeit seiner Angaben Unterlagen zur Verfügung, sind sie im gerichtlichen Disziplinarverfahren grundsätzlich als Beweismittel verwertbar.
2. Ein Soldat, der den Holocaust leugnet und auf diese Weise das nationalsozialistische Unrechtsregime verharmlost, verletzt seine Verfassungstreuepflicht und ist aus dem Dienstverhältnis zu entfernen, wenn die Leugnung seiner tatsächlich nationalsozialistischen Gesinnung entspricht (vgl. auch 2 WDB 13.22 - NVwZ 2023, 1591 ff.).
Tatbestand
1Das Verfahren betrifft den Vorwurf fehlender Verfassungstreue.
2Der ... geborene Soldat verfügt über den Hauptschulabschluss. Nach einer Ausbildung zum Kfz-Mechaniker trat er ... als Wiedereinsteller den Dienst in der Bundeswehr im Dienstgrad eines Unteroffiziers (FA) an und wurde ... in das Dienstverhältnis auf Zeit berufen. Seine Dienstzeit wurde auf den Ablauf des 30. September ... festgesetzt.
3Er wurde zuletzt ... zum Hauptfeldwebel befördert. Den Allgemein-Militärischen Teil des Feldwebellehrgangs schloss er ... mit "3" ab. Die fachliche Qualifizierung zum Kfz-Technikmeister erwarb er im November ... Bis zu seiner vorläufigen Dienstenthebung am war er im Technischen Zug der ...bataillon ... eingesetzt.
4In der letzten planmäßigen Beurteilung zum Stichtag erhielt der Soldat bei der Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten den Durchschnittswert "6,00". Der Soldat habe im zurückliegenden Beurteilungszeitraum nicht mehr an das gute Leistungsniveau des vorausgegangenen Beurteilungszeitraums anknüpfen können. Er sei leistungsmäßig signifikant zurückgefallen. Er verfüge über eine ausgeprägte funktionale Kompetenz; auch im Bereich soziale Kompetenz verfüge er über gute Anlagen. Er sei freundlich, aufgeschlossen und verständnisvoll. Respektvoll gegenüber Vorgesetzten und Kameraden besteche er durch sein ausgeprägtes Fürsorgeverhalten. Allerdings sei er in der Erfüllung seiner Aufgaben zu unbeständig, sodass er im unteren Leistungsdrittel liege. Er verfüge aber über Potential, auch wenn nicht erkennbar sei, dass er es auszuschöpfen gewillt sei. Die Eignung zum Berufssoldaten werde absehbar nicht erreicht.
5Erstinstanzlich hat der nächste Disziplinarvorgesetzte, Major A, den Soldaten als Menschen beschrieben, der einen "Plan für's Leben hat" und der wisse, was er tue. Er bestätige die vom Soldaten vorgetragene Selbsteinschätzung als Mensch, der nicht alles glaube, sondern hinterfrage und reflektiere. Privates stelle der Soldat in den Vordergrund. Er biete sich nicht offensiv für Aufgaben an und gehöre eher zum "Team Rück", wobei er am Standort Normalleistungen erbringe.
6In der Berufungshauptverhandlung hat der frühere Disziplinarvorgesetzte Major B seine schriftliche Stellungnahme vom bestätigt, derzufolge der Soldat fachlich sehr gut sei, dies aber leistungsmäßig nicht gezeigt, sondern vielmehr im "Grundbetrieb" gearbeitet habe, wodurch er leistungsmäßig im unteren Drittel anzusiedeln sei. Er habe sich insbesondere dem Einsatz in L. unter Hinweis auf familiäre Gründe verwehrt und sei nicht zuletzt wegen seines aus familiären Gründen lustlosen Einsatzes und seiner ablehnenden Haltung vorzeitig zurückbeordert worden. Nach Aussage des Soldaten hätte die Bundeswehr dort nichts zu suchen und sei dort der Aggressor.
7Neben dem Einsatz in L. 2019 war er 2006 im K. eingesetzt. Er ist berechtigt, das Tätigkeitsabzeichen Logistischer Dienst in Silber und die Schützenschnur in Gold zu tragen. Die Auskunft aus dem Bundeszentralregister und der Auszug aus dem Disziplinarbuch enthalten keine Eintragungen.
8Der Soldat ist verheiratet und sorgt für zwei minderjährige Kinder. Er bezieht ein monatliches Brutto-Grundgehalt der Besoldungsgruppe A 8 Z bei Einbehaltung von 50 % der Dienstbezüge von 1 920 € netto. Seit 2022 übt er eine genehmigte Nebentätigkeit für ein Tiefbauunternehmen mit Einkünften von 497 € aus. Für ein 2018 erworbenes Haus bedient er eine Hypothek i. H. v. 230 000 €. Insgesamt hat er monatliche Fixkosten von ca. 3 200 €. Seine als Erzieherin berufstätige Ehefrau verdient ca. 2 000 € netto.
Gründe
91. Nachdem am im Hinblick auf eine Datenübermittlung durch das Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst (BAMAD) Vorermittlungen aufgenommen worden waren, wurde das gerichtliche Disziplinarverfahren gegen den Soldaten durch Verfügung des Kommandeurs ... vom eingeleitet. Zeitgleich wurde er vorläufig des Dienstes enthoben, ein Uniformtrageverbot ausgesprochen und die hälftige Einbehaltung der Dienstbezüge angeordnet, was gerichtlich bestätigt wurde (Beschluss vom - 2 WDB 13.22 - NVwZ 2023, 1591 ff.).
102. Mit Anschuldigungsschrift vom wird dem Soldaten zur Last gelegt, seine Dienstpflichten wie folgt schuldhaft verletzt zu haben:
"1. Am etwa zwischen 18:00 Uhr und 18:30 Uhr führte der Soldat im Wachlokal der ...-Kaserne, ..., mit den Kameraden Oberleutnant (jetzt Major) C und Oberfeldwebel (jetzt Oberleutnant) D ein Gespräch, in dem er den Holocaust zumindest zu relativieren versuchte, in dem er behauptete, dass in den Lagerbefehlen der Konzentrationslager klar geregelt gewesen sei, dass die Häftlinge angemessen zu verpflegen seien, und 'keine Hand angelegt' werden dürfe. Abgemagerte Leichen, die auf Bildern der Konzentrationslager zu sehen seien, könnten auch aus der Umgebung angeschafft und angehäuft worden sein. Weiterhin bestritt er die Schuld Nazideutschlands an dem Überfall auf Polen und äußerte sinngemäß, dass Adolf Hitler ein netter Mann gewesen sei, wobei der Soldat billigend in Kauf nahm, zumindest aber hätte erkennen können und müssen, dass er durch seine Aussage zum Ausdruck brachte, zumindest aber suggerierte, dass er allen Beweisen zuwider zugunsten des NS-Regimes die Auffassung vertrete, der im Dritten Reich verübte Genozid wäre erfunden und der rechtswidrige Angriffskrieg gegen Polen hätte nicht stattgefunden.
2. Im Mai 2018 führte der Soldat an einem unbekannten Ort innerhalb der Liegenschaft außerhalb des Dienstes mit dem Hauptfeldwebel E ein Gespräch, in dem er sinngemäß die Aussage traf, dass es den Holocaust nie gegeben habe, wobei der Soldat billigend in Kauf nahm, zumindest aber hätte erkennen können und müssen, dass er durch seine Aussage zum Ausdruck brachte, zumindest aber suggerierte, dass er allen Beweisen zuwider zugunsten des NS-Regimes die Auffassung vertrete, der im Dritten Reich verübte Genozid wäre erfunden.
3. Am um 20:57 Uhr sendete der Soldat von einem nicht mehr ermittelbaren Ort außerhalb militärischer Anlagen aus in einer Unterhaltung mit einem Herrn E. H. über den Kurznachrichtendienst WhatsApp eine Sprachnachricht mit dem Inhalt:
'Ich sage es immer wieder, es wird Zeit für die NSDAP. Das ist und war das einzig wahre, aber leider sind die Leute alle so dämlich in diesem Land. Ja; jetzt müssen wir mit den Konsequenzen leben.'
Bei den in Punkt eins bis drei wiedergegebenen Äußerungen nahm der Soldat billigend in Kauf, hätte zumindest aber erkennen können und müssen, dass er durch seine Aussagen zum Ausdruck brachte, zumindest aber suggerierte, dass er die Gräueltaten des NS-Regimes als nicht verwerflich und zumindest teilweise gerechtfertigt ansieht sowie mit der Person und Ideologie Adolf Hitlers sympathisiert und damit die freiheitliche demokratische Grundordnung ablehnt.
4. Am in derselben Konversation distanzierte sich der Soldat nicht von der um 21:01 Uhr empfangenen Sprachnachricht mit dem Inhalt: 'Vor allen Dingen brauchen wir einen Rechtskreis, der Machtgültigkeit hat und dieser Rechtskreis ist nach unserer Verfassung von 1870/71, denn alles andere ist ungültig und nicht rechtens', sondern antwortete um 21:01 Uhr mit einer Sprachnachricht mit dem Inhalt:
'Ah, das hast du gut auf den Punkt getroffen E., da geb ich dir zu 100 Prozent Recht. Ja die Partei ist, ist, ja klar, aber es geht ja meistens alles nur um Überparteien, aber, ein Führer, wie du - schon gesagt hast, Reichskanzler, ne, ja und ja des ist schon der richtige Ansatz. Adolf hat damals auch gesagt das ganze Parteisystem ist Blödsinn, ja weißte, ähm, ja richtig, ne Verfassung, ne Verfassung wäre nicht schlecht. Wir haben ja eigentlich auch eine gültige Verfassung, eigentlich wohlgemerkt, aber ne wir haben ja ein Grundgesetz, was uns immer noch auferlegt ist, aber rein rechtlich gesehen, wie du schon gesagt hast, haben uns ja eigentlich Polizisten, Beamte, egal welcher Art nichts zu sagen, äh, ja oder dieser Staat, will ich überhaupt nichts zu sagen, wenn wir's genau nehmen will, haste ganz gut auf den Punkt getroffen, ja weil das Deutsche Reich existiert, so sieht's aus'.
5. Am in derselben Konversation distanzierte sich der Soldat weder von der um 22:16 Uhr empfangenen Sprachnachricht mit dem Inhalt: 'Unsere einzig rechtsgültige Verfassung ist die von 1870/11', noch von der um 22:17 Uhr empfangenen Nachricht mit dem Inhalt: 'Alles was mit der Weimarer Republik zu tun hat ist rechtmäßig ungültig laut, äh, die ganzen Staatsgründungen seitdem sind eigentlich illegal gewesen, auf deutschem Gebiet', sondern antwortete um 22:20 Uhr: 'Ok großer'.
Mit den in Punkt vier bis fünf wiedergegebenen Äußerungen bzw. Unterlassungen nahm der Soldat billigend in Kauf, hätte zumindest aber erkennen können und müssen, dass er durch seine Aussagen zum Ausdruck brachte, zumindest aber suggerierte, dass er die Existenz der Bundesrepublik Deutschland sowie das Grundgesetz und insbesondere das darin enthaltene Demokratieprinzip ablehnt."
113. Das Truppendienstgericht hat den Soldaten mit Urteil vom aus dem Dienstverhältnis entfernt, nachdem es die Anschuldigungspunkte 3 bis 5 ausgeklammert hatte.
12a) Zur Überzeugung des Gerichts stehe fest, dass sich der Soldat wie unter Anschuldigungspunkt 1 und 2 beschrieben verhalten habe. Er habe dadurch vorsätzlich und schuldhaft insbesondere die ihm obliegende Pflicht verletzt, die freiheitliche demokratische Grundordnung anzuerkennen (§ 8 Alt. 1 SG) und für sie einzutreten (§ 8 Alt. 2 SG). Das hartnäckige Infragestellen oder Anzweifeln von offiziell anerkannten geschichtlichen Tatsachen zum Beginn, Verlauf und Ende des Zweiten Weltkriegs, zum Holocaust, zur Souveränität Deutschlands und zum Verfassungscharakter des Grundgesetzes verstoße gegen § 8 SG. Dabei sei unerheblich, ob der Soldat den Holocaust ausdrücklich leugne oder "nur" in Frage stelle, dass er überhaupt oder in der Art und Weise stattgefunden habe. Gleiches gelte für das Inzweifelziehen der Souveränität Deutschlands oder das Infragestellen des Verfassungscharakters des Grundgesetzes. Die Einlassung des Soldaten, die ihm vorgeworfenen Äußerungen spiegelten nicht seine eigene Meinung wider und er habe seine Kameraden nur dazu anhalten wollen, offizielle Darstellungen kritisch zu hinterfragen, sei angesichts der gegenläufigen Zeugenaussagen eine Schutzbehauptung.
13b) Bei der Maßnahmebemessung komme zum Tragen, dass in Fällen, in denen das Verhalten eines Soldaten Ausdruck einer tatsächlich nationalsozialistischen Gesinnung sei, regelmäßig die Höchstmaßnahme verwirkt sei. Es bestehe kein Grund, davon vorliegend abzuweichen. Gegen den Soldaten spreche vielmehr zusätzlich, dass er seit Juli 2021 des Dienstes vorläufig enthoben sei, wodurch dem Dienstherrn bei fortbestehender Alimentierungspflicht seine Arbeitskraft nicht mehr zur Verfügung gestanden habe. Hinzu komme, dass er als Vorgesetzter versagt habe. Ein Augenblicksversagen liege nicht vor. Dagegen sprächen nicht nur der weitere Gesprächsverlauf, sondern auch die Häufigkeit und Gleichartigkeit der übrigen, verschiedenen Kameraden gegenüber getätigten Aussagen.
144. Mit seiner am Montag, den , uneingeschränkt eingelegten Berufung gegen das ihm am zugestellte Urteil beantragt der Soldat einen Freispruch, hilfsweise eine mildere Disziplinarmaßnahme.
15a) Das erstinstanzliche Urteil leide an Verfahrensmängeln. Er habe zu Beginn der Hauptverhandlung die ihm vorgeworfenen Handlungen, insbesondere seine Aussagen im Beisein der Zeugen C und D bestätigt, ohne deren spätere Aussagen zu kennen. Das Gericht habe auch nicht zu erkennen gegeben, warum es seinen Aussagen folge und aus welchen Gründen nicht. Obwohl die Anschuldigungspunkte 3 bis 5 fallen gelassen worden seien, habe es gleichwohl zu diesen Anschuldigungspunkten ausgeführt.
16b) Das Gespräch im September 2015 sei ein einmaliges Ereignis gewesen, bei dem er missverstanden worden sei. Es gebe keinen Grund, weshalb er sich in ein Gespräch mit ihm zwei vollkommen unbekannten Personen begeben und dabei verfassungswidrige Aussagen getätigt haben solle. Jedem vernünftigen Soldaten habe klar sein müssen, welche Auswirkungen die angeschuldigten Äußerungen auf das Dienstverhältnis haben würden. Er habe stets klargestellt, dass er sich auf Meinungen Dritter berufe, die er auch teilweise konkret benannt habe. Zuweilen habe er lediglich ausgeführt, dass es im Internet frei zugängliche Berichte über andere Auffassungen gäbe. Auch als er am späten Abend von Oberleutnant C erneut angesprochen worden sei, habe er bestätigt, dass es diese Meinungen gebe. Anlass, sich von diesen Meinungen zu distanzieren, habe er nicht gesehen, da er sie zu keiner Zeit als seine Meinung dargestellt habe. Hätten ihm die Zeugen C und D darauf konkret angesprochen, wäre ihm aufgefallen, dass seine Äußerungen möglicherweise falsch verstanden würden und er hätte dieses Missverständnis ausräumen können. Somit stehe fest, dass er kein Leugner des Holocaust, des deutschen Angriffskrieges auf Polen oder ein Feind des deutschen Verfassungssystems sei. Dies ergebe sich auch aus einer detaillierteren Würdigung der Zeugenaussagen.
17Ungeachtet dessen hätte das Truppendienstgericht den Milderungsgrund der persönlichkeitsfremden Augenblickstat annehmen müssen. Auch der erhebliche Zeitraum seit der vorgeworfenen Handlung von mehr als acht Jahren sei mildernd einzustellen. Dabei falle vor allem ins Gewicht, dass es seither keine weiteren Verstöße gegeben habe, denn der Anschuldigungspunkt 2 sei schon in tatsächlicher Hinsicht unzutreffend.
185. Hinsichtlich der Einzelheiten zur Person des Soldaten, zur Anschuldigung und zur Begründung des erstinstanzlichen Urteils wird auf dieses verwiesen. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der im Berufungsverfahren eingeführten Unterlagen wird auf das Protokoll der Berufungshauptverhandlung Bezug genommen.
19Die zulässige Berufung ist unbegründet. Da sie unbeschränkt eingelegt ist, hat der Senat im Rahmen der Anschuldigung eigene Tat- und Schuldfeststellungen zu treffen, diese rechtlich zu würdigen und über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden. Die erstinstanzlich ausgeurteilte Entfernung aus dem Dienstverhältnis ist danach rechtmäßig.
201. Das erstinstanzliche Urteil weist keine schweren Verfahrensmängel nach § 121 Abs. 2 WDO auf, deretwegen die Sache zurückzuverweisen wäre.
21a) Soweit der Soldat rügt, er habe zu Beginn der Hauptverhandlung die ihm vorgeworfenen Handlungen im Beisein der Zeugen C und D bestätigt, ohne deren spätere Aussagen zu kennen, ist der erstinstanzlichen Sitzungsniederschrift nur zu entnehmen, dass lediglich dem als Leumundszeugen geladenen Disziplinarvorgesetzten Major A und nicht den Zeugen C und D die Anwesenheit für die gesamte Dauer der Hauptverhandlung entgegen § 105 Abs. 1 Satz 1 WDO gestattet worden ist.
22b) Insbesondere musste das Truppendienstgericht nicht in der Hauptverhandlung zu erkennen geben, inwieweit es den Aussagen des Soldaten folgen würde. Ungeachtet der nach § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i. V. m. § 265 StPO bestehenden Hinweispflichten besteht keine Pflicht zu einem Rechtsgespräch (vgl. - BGHSt 43, 212 <214>). Auch wenn § 257b StPO es zulässt, dass das Gericht Zeugenaussagen oder Beweiserhebungen einstweilen bewertet (BT-Drs. 16/12310 S. 13), kann ein Verfahrensbeteiligter nicht verlangen, dass sich das Gericht zum Inhalt und Ergebnis einzelner Beweiserhebungen erklärt (Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 67. Aufl. 2024, § 265 Rn. 7a m. w. N.; 257b Rn. 3; zu § 86 Abs. 3 VwGO: 9 B 33.22 - juris Rn. 25).
23c) Auch die des Weiteren behaupteten Verfahrensfehler liegen nicht vor. Selbst wenn dies der Fall wäre, hätte der Senat bei Ausübung des prozessualen Ermessens nach § 121 Abs. 2 WDO im Interesse der Beschleunigung des Verfahrens von einer Zurückverweisung abgesehen.
242. Zur Überzeugung des Senats steht als Ergebnis der Beweisaufnahme in tatsächlicher Hinsicht fest, dass der Soldat gemäß Anschuldigungspunkt 1 am etwa zwischen 18:00 Uhr und 18:30 Uhr im Wachlokal der ...-Kaserne in ... mit den Kameraden Oberleutnant (jetzt Major) C und Oberfeldwebel (jetzt Oberleutnant) D ein Gespräch geführt hat, indem er den Holocaust zu relativieren versuchte, indem er dessen Existenz oder jedenfalls seinen Umfang sowie den Überfall Nazideutschlands auf Polen leugnete. Die Äußerungen waren auch Ausdruck eigener Gesinnung und gaben nicht lediglich missverständlich Meinungen Dritter wieder.
25a) Die Wiedergabe fremder Äußerungen sind dann als eigene zu werten, wenn sich der Äußernde sie sich ausdrücklich oder konkludent zu eigen macht. Ob dies der Fall ist, ist durch eine Auslegung zu ermitteln, die aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen ist. Die Bewertung des Inhalts einer Äußerung richtet sich ebenso wie die Frage des Zu-Eigen-Machens nach deren objektivem Sinngehalt, der nach dem Verständnis eines unbefangenen Durchschnittsempfängers zu ermitteln ist. Dabei können neben dem Wortlaut und dem Kontext der Äußerung auch außerhalb derselben liegende Umstände Bedeutung erlangen. Nicht erkennbar gewordene Umstände, beispielsweise eine weder in der Äußerung selbst noch in den Begleitumständen zum Ausdruck gekommene innere Einstellung des Äußernden sind aus Sicht des Empfängerhorizonts dagegen ohne Belang ( - juris Rn. 11; vgl. auch EGMR, Entscheidung vom - Nr. 65831/01 - NJW 2004, 3691 <3692>). Aus der Gesamtschau mehrerer Umstände folgt, dass der bei den Zeugen entstandene Eindruck, die Äußerungen des Soldaten spiegelten dessen eigene Auffassung wider, dem Verständnis auch eines unbefangenen Durchschnittsempfängers entspricht.
26b) Dies folgt zunächst aus den Aussagen der Zeugen C und D, an deren Glaubwürdigkeit zu zweifeln, kein Anlass besteht. Insbesondere war bei ihnen kein Belastungsmotiv und keine Belastungstendenz erkennbar. Dagegen spricht für die Richtigkeit der Aussage des Zeugen C nachdrücklich, dass er den Soldaten nach dem ersten Gespräch aufgesucht hat, um im Rahmen eines weiteren Gesprächs die Möglichkeit eines Missverständnisses gerade zur Vermeidung einer Meldung auszuräumen.
27Beide Zeugen haben sich angesichts des Zeitraums, der seit dem Gespräch vergangen ist, zwar nachvollziehbar nicht mehr an alle Details ihrer erstinstanzlichen oder vorgerichtlichen Aussagen erinnern können, insbesondere nicht an die Äußerung, 'Hitler sei vielleicht ein netter Mann gewesen'. Daher ist der Soldat von diesem Anschuldigungsaspekt insoweit freizustellen. Übereinstimmend hatten sie jedoch in Erinnerung, dass er den Holocaust geleugnet hat. Dabei konnte sich der Zeuge C auf sein zeitnah erstelltes Gedächtnisprotokoll vom stützen. Danach antwortete der Soldat auf die Frage, wie er sich die Filmaufnahmen mit den Leichenbergen in den Konzentrationslagern erkläre, dass die Alliierten Leichen verhungerter Menschen aus der Umgebung herangeschafft und aufgehäuft haben könnten. Auch sei in den Lagerbefehlen klar geregelt gewesen, dass die Häftlinge mit einer angemessenen Suppe zu verpflegen seien und dass keine Hand angelegt werden dürfe. Aus den Zeugenaussagen folgt des Weiteren, dass der Soldat die Schuld Deutschlands am Ausbruch des Zweiten Weltkrieges ebenfalls nicht anerkannt, sondern dort mit dem Hinweis auf gegenläufige historische Literatur - wie etwa von Schulze-Rohnhof - zumindest infrage gestellt und einen Angriff Polens auf Deutschland behauptet hat.
28Die Verweise auf gegenläufige Auffassungen sowohl bezogen auf die Kriegsschuld Deutschlands als auch und vor allem bezogen auf den Holocaust bildeten - nach dem Eindruck des Zeugen C - dabei lediglich ein verbales Feigenblatt, hinter dem der Soldat seine tatsächliche Gesinnung rhetorisch geschickt zu verbergen versuchte. Denn der Soldat habe auch in dem auf eine Beseitigung etwaiger Zweifel abzielenden zweiten Gespräch nicht geäußert, dass dies nicht seine Meinung sei. Damit übereinstimmend hat auch der Zeuge D ausgesagt, der Soldat habe seine Behauptungen zwar mit Quellen unterfüttert, jedoch auch bei ihm den Eindruck erweckt, damit nicht lediglich eine fremde Meinung wiederzugeben. Der Soldat habe gesagt, der Sieger schreibe die Geschichte und es sei keine Vernichtung von Menschen jüdischen Glaubens geplant gewesen.
29c) Dass die beiden Zeugen den Soldaten missverstanden hätten, ist auszuschließen. Dagegen spricht des Weiteren der Umstand, dass der 2016 zur Einheit des Soldaten zuversetzte Zeuge F ebenfalls ausgesagt hat, der Soldat habe anlässlich einer Reportage zum Zweiten Weltkrieg ihm gegenüber und ohne Hinweise auf die Meinung Dritter erklärt, es habe keinen Holocaust gegeben. Auch diese Aussagen sind frei von Belastungseifer, nachvollziehbar und glaubhaft. Die vom Zeugen F wiedergegebene Äußerung des Soldaten erfolgte auch nicht im Rahmen einer hitzigen Diskussion oder unter dem unmittelbaren Eindruck der Zuwanderungsereignisse 2015.
30d) Ferner führte der Soldat zur Überzeugung des Gerichts gemäß Anschuldigungspunkt 2 auch im Mai 2018 innerhalb der Liegenschaft mit dem Hauptfeldwebel E ein Gespräch, in dem er sinngemäß äußerte, den Holocaust habe es nie gegeben. Dies steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der bei mehreren Vernehmungen konsistenten Aussage des Zeugen E fest. Er konnte sich daran erinnern, dass der Soldat ihn schon kurz nach seinem Eintreffen in der Einheit auf das Thema Zweiter Weltkrieg angesprochen und dabei den Holocaust geleugnet hat. Die einprägsame Schilderung des Zeugen und sein sachliches Aussageverhalten sprechen mit erheblichem Gewicht für die Richtigkeit des Berichts. Zwar hat sich der Soldat dahingehend eingelassen, sich an ein solches Gespräch nicht erinnern zu können. Diese Erinnerungslücke dürfte aber ebenso wie das Schweigen des Soldaten zu den auf seinem Smartphone gefundenen Bild- und Sprachdateien rein prozesstaktisch motiviert sein.
31Der Zeuge ist auch nicht etwa deshalb unglaubwürdig, weil sich die von ihm wiederholt ausgesagte Mitteilung des Vorfalles an den Oberstabsfeldwebel G nicht verifizieren lässt. Der Zeuge G hat zwar behauptet, er könne sich nicht daran erinnern, dass der Zeuge E ihm eine entsprechende Äußerung des Soldaten gemeldet oder in einem Gespräch mitgeteilt habe. Daraus folgt aber nicht zwingend, dass es diese Mitteilung nicht gegeben hat. Da der Zeuge G von einem von Anfang an gespannten Verhältnis zwischen dem angeschuldigten Soldaten und dem Zeugen E gesprochen hat, ist nicht auszuschließen, dass er dieser Mitteilung damals keine Bedeutung beigemessen und sie darum vergessen hat. Auch ist die Aussage des Zeugen G insgesamt eher zweifelhaft, wenn er einerseits erklärt, mit dem angeschuldigten Soldaten befreundet zu sein, andererseits aber mit ihm nie über dessen Parteizugehörigkeit oder dessen politische Ansichten gesprochen und darüber auch sonst bis zum Beginn der Ermittlungen gegen den Soldaten nichts gehört zu haben. Die mangelnde Erinnerung des Zeugen G an das Gespräch kann auch auf dessen Bestreben beruhen, eigenes Wissen über meldepflichtige, aber nicht gemeldete Vorgänge nicht einzuräumen; jedenfalls begründet dieser Umstand keine durchgreifenden Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen E.
32e) Zwar haben die Zeugen G, H, I, J und K nichts über Gespräche mit dem Soldaten zum Thema Holocaust und Kriegsschuld berichtet. Ebenso konnte der Zeuge L lediglich aussagen, dass der Soldat ihm gegenüber geäußert habe, die AfD sei die einzig wählbare Partei, und nur andere hätten ihm von der Holocaustleugnung durch den Soldaten berichtet. Dies stellt die Richtigkeit der Zeugenaussagen zum Anschuldigungspunkt 1 und 2 jedoch nicht in Frage. Denn diese Zeugen waren bei den angeschuldigten Taten nicht zugegen. Ebenso wenig entlastet es den Soldaten, dass der Zeuge M von seiner Aussage, der Soldat habe auch ihm gegenüber von einer "Holocaustlüge" gesprochen, wieder Abstand genommen hat.
333. Die wiederholte Leugnung des Holocaust ist wissentlich und willentlich erfolgt. Sie beruht nach der Überzeugung des Gerichts auf einer den Nationalsozialismus befürwortenden, verfassungsfeindlichen Gesinnung des Soldaten.
34a) Für diese Annahme spricht bereits der durch die Zeugenvernehmung belegte, mehrfache Versuch des Soldaten, ihm völlig unbekannte Kameraden für ein dem Nationalsozialismus verharmlosendes Geschichtsbild zu gewinnen. Dieses werbende Auftreten lässt auf eine verfestigte nationalsozialistische Einstellung schließen.
35b) Dies entspricht auch der fachlichen Einschätzung des Bundesamtes für den Militärischen Abschirmdienst in seinem Schreiben vom . Darin wird der Soldat als "Verdachtsperson mit Erkenntnissen über fehlende Verfassungstreue" bezeichnet. Die Einstufung des Bundesamtes hat zwar als Behördenzeugnis einer Fachbehörde nur einen eingeschränkten Beweiswert. Denn die Verfassungsschutzbehörden legen regelmäßig die für ihre Bewertung maßgeblichen unmittelbaren Quellen nicht oder nicht vollständig offen. Das Behördenzeugnis einer Verfassungsschutzbehörde kann jedoch als sekundäres Beweismittel bei der richterlichen Überzeugungsbildung herangezogen werden, auch wenn es der vorsichtigen Würdigung und der Heranziehung weiterer Erkenntnisquellen zur Bestätigung der darin enthaltenen Einschätzung bedarf ( 2 WD 1.22 - juris Rn. 27 m. w. N. und Beschluss vom - 1 B 45.19 - juris Rn. 8). Im vorliegenden Fall ist die Einschätzung des Bundesamtes für den Militärischen Abschirmdienst, dass Erkenntnisse für eine verfassungsfeindliche Gesinnung des Soldaten vorliegen, nachvollziehbar und einleuchtend begründet worden.
36c) Die nationalsozialistische Gesinnung des Soldaten wird schließlich durch die vom Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst vorgelegten Beweismittel eindeutig belegt. Dessen Ermittler haben bei Durchsicht des Smartphones des Soldaten ein Hitler-Bild abfotografiert und mehrere WhatsApp-Sprachnachrichten aufgezeichnet, die als Augenscheinsobjekte in das Verfahren eingeführt worden sind. In dem in der Berufungshauptverhandlung abgespielten Tondokumenten ist die Stimme des Soldaten klar erkennbar. Daraus ergibt sich, dass er gegenüber E. H. per Sprachnachricht geäußert hat: "Ich sage es immer wieder, es wird Zeit für die NSDAP. Das ist und war das einzig wahre, aber leider sind die Leute alle so dämlich in diesem Land. ..." und wenig später: "ein Führer, wie Du schon gesagt hast, Reichskanzler, ne, ja und ja, das ist schon der richtige Ansatz. Adolf hat damals auch gesagt, dass ganze Parteisystem ist Blödsinn." Diese Äußerungen machen in einer jeden Zweifel entzogenen Weise deutlich, dass der Soldat Adolf Hitler, dessen Bild er ständig bei sich führt, bewundert, dessen Partei unterstützt und eine Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zugunsten eines neuen Führerstaates nationalsozialistischer Prägung befürwortet.
37d) Eine Verwertung der vom Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst vorgelegten Bild- und Tonaufnahmen als Beweismittel ist entgegen der Ansicht der Verteidigung zulässig. Sie ist nicht schon deswegen ausgeschlossen, weil das Truppendienstgericht die Anschuldigungspunkte 3 bis 5 mit diesen Aussagen nach § 107 Abs. 2 Satz 1 WDO ausgeklammert hat. Denn § 107 Abs. 2 Satz 3 WDO verbietet nur die Verfolgung der ausgeklammerten Pflichtverletzungen; vorliegend geht es jedoch um die Würdigung eines im Zusammenhang mit einem anderen, weiterhin angeschuldigten Anschuldigungspunkt stehenden Tatumstandes, nicht aber um dessen separate disziplinarische Ahndung als Tatvorwurf.
38e) Darüber hinaus besteht auch kein Beweisverwertungsverbot bezüglich des vom Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst vorgelegten Bild- und Tonmaterials. Dies wurde dem Soldaten bereits in der mündlichen Berufungshauptverhandlung vom Vorsitzenden erläutert und nicht nach § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i. V. m. § 238 Abs. 2 StPO beanstandet. Ein Beweisverwertungsverbot setzt regelmäßig ein Beweiserhebungsverbot voraus. Im vorliegenden Fall hat das Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst die Beweismittel jedoch auf der Grundlage der damals geltenden Vorschriften rechtmäßig erlangt und die Daten rechtmäßig an die Wehrdisziplinaranwaltschaft für Zwecke des gerichtlichen Disziplinarverfahrens übermittelt. Dabei waren die Bestimmungen des Gesetzes über den Militärischen Abschirmdienst vom (BGBl. I S. 2954), zuletzt geändert durch Art. 18 der Elften Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom (BGBl. I S. 1328 - im Folgenden: MAD-Gesetz 2020) sowie die Vorschriften des Bundesverfassungsschutzgesetzes vom (BGBl. I S. 2954), zuletzt geändert durch Art. 16 der Elften Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom (BGBl. I S. 1328 - im Folgenden: BVerfSchG 2020) zu beachten.
39Es lag eine rechtmäßige offene Datenerhebung durch die Ermittler des Bundesamtes für den Militärischen Abschirmdienst vor, die den Soldaten unter Bekanntgabe des Ermittlungszwecks befragt haben. Der Soldat ist ausweislich der erstinstanzlichen Aussage des Zeugen N über die Freiwilligkeit seiner Aussage gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 MAD-Gesetz 2020 i. V. m. § 8 Abs. 4 Satz 2 BVerfSchG 2020 informiert worden. Er sei jedoch nicht unter Hinweis auf die disziplinarrechtliche Verwertbarkeit seiner Angaben, Fotos und WhatsApp Sprachnachrichten belehrt worden. An der Glaubwürdigkeit der Aussage zu zweifeln, besteht kein Anlass, zumal der Verteidiger des Soldaten diese Belehrung nicht dezidiert in Abrede gestellt hat.
40Eine gesetzliche Regelung, die das BAMAD verpflichtete, einen Soldaten nach einer entsprechenden Belehrung über die Freiwilligkeit seiner Informationserteilung zusätzlich darüber zu belehren, dass eine Verwertung auch zu disziplinarischen Zwecken erfolgen kann, bestand und besteht nicht, so dass die Informationsgewinnung nach den Vorschriften des MAD-Gesetzes ordnungsgemäß erfolgt ist.
41Auch die Weitergabe des Ermittlungsberichts und der Beweismittel an die Wehrdisziplinaranwaltschaft für Zwecke der disziplinaren Verfolgung ist von der Vorschrift des § 11 Abs. 1 MAD-Gesetze 2020 i. V. m. § 19 Abs. 1 Satz 2 BVerfSchG 2020 gedeckt. Danach durfte das Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst an inländische öffentliche Stellen personenbezogene Daten übermitteln, wenn der Empfänger - wie die Wehrdisziplinaranwaltschaft - die Daten zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung benötigt. Diese im Ermächtigungsumfang sehr weitgehende Befugnis zur Datenübertragung war allerdings im Lichte des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG) einschränkend auszulegen. Denn in der Übermittlung personenbezogener Daten liegt ein neuer Grundrechtseingriff, der zur Erreichung eines legitimen Zwecks geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein muss. Dabei kommt es darauf an, ob die entsprechenden Daten für den geänderten Zweck mit vergleichbar schwerwiegenden Mitteln neu erhoben werden dürften ( - BVerfGE 162, 1 Rn. 230 f.). Geht es - anders als hier - nicht um offen ermittelte, sondern um mit nachrichtendienstlichen Mitteln verdeckt erlangte persönliche Daten, ist die Übermittlung nur unter der zusätzlichen Voraussetzung zulässig, dass eine im Einzelfall konkretisierte Gefahr für ein Rechtsgut von besonderem Gericht vorliegt (vgl. - BVerfGE 162, 1 Rn. 255 ff.).
42Diese Voraussetzungen liegen hier vor, weil die Datenübermittlung dem legitimen Zweck der Überprüfung der Verfassungstreue staatlicher Hoheitsträger (jetzt § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BVerfSchG) und damit einem Rechtsgut von besonderem Gewicht - dem öffentlichen Interesse an der demokratischen Integrität der Staatsorgane - dient (vgl. BT-Drs. 20/9345 S. 24). Die Übermittlung der Erkenntnisse an die für das Disziplinarverfahren zuständige Wehrdisziplinaranwaltschaft ist zur Bekämpfung verfassungsfeindlicher Bestrebungen innerhalb der Bundeswehr geeignet und erforderlich gewesen. Die Wehrdisziplinaranwaltschaft wäre auch berechtigt gewesen, die Daten in vergleichbarer Weise zu erlangen. Denn sie sind bei offenen Ermittlungen freiwillig herausgegeben worden, nicht durch Anwendung spezifisch nachrichtendienstlicher Mittel. Zudem hätte auch die für die Übermittlung nachrichtendienstlich erlangter personenbezogener Daten erforderliche weitere Voraussetzung einer konkretisierten Gefahr für ein Rechtsgut von besonderem Gewicht vorgelegen. Es liegt also keine rechtswidrige Datenübermittlung vor, die unter Umständen ein Beweisverwertungsverbot nach sich ziehen kann (vgl. OVG Bautzen, Beschluss vom - 6 B 55/23 - NVwZ-RR 2024, 313 Rn. 52).
43f) Ein Beweisverwertungsverbot kann auch nicht darauf gestützt werden, dass der Soldat in unfairer Weise nicht über die Möglichkeit einer disziplinarrechtlichen Verwertung der vom Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst sichergestellten Beweise belehrt worden ist. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Grundsatz des fairen Verfahrens nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK, der als Erscheinungsform des Rechtsstaatsprinzips in Verbindung mit den Freiheitsrechten und Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG ( - BVerfGE 130, 1 Rn. 111) zu werten ist, eine solche Belehrung geboten hätte.
44Zwar enthalten für das wehrdisziplinargerichtliche Verfahren § 92 Abs. 2 i. V. m. § 97 Abs. 2 Satz 3 WDO, vor allem aber § 32 Abs. 4 Satz 5 WDO, der bei einem Verstoß ausdrücklich ein Verwertungsverbot statuiert, Belehrungspflichten dahingehend, sich nicht zur Sache äußern zu müssen; die Belehrung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 MAD-Gesetz 2020 i. V. m. § 8 Abs. 4 Satz 2 BVerfSchG 2020 über die Freiwilligkeit der dem BAMAD erteilten Angaben weist den Soldaten jedoch gleichermaßen darauf hin, dass er zu Mitwirkungshandlungen nicht verpflichtet ist. Dabei kann auch keine Arglosigkeit bzgl. der disziplinarischen Verwertbarkeit der bei der finalen Befragung durch den BAMAD erteilten Angaben angenommen werden, weil jene (Bundes-)Behörde - wie jedem Soldaten bekannt - eine spezifische Schutzfunktionen zugunsten der Bundeswehr wahrnimmt und sie im Rahmen dessen insbesondere auch Informationen über Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, sammelt und auswertet (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 MAD-Gesetz 2020) und sie an Sicherheitsüberprüfungen mitwirkt (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 MAD-Gesetz 2020). Angesichts der ausdrücklichen Belehrung über die Freiwilligkeit und des eindeutig erkennbaren Ermittlungscharakters der Befragung ist der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit (Art. 14 Abs. 3 IPBPR) nicht verletzt. Der Soldat ist nicht in eine Zwangslage gebracht worden, sich selbst disziplinarisch relevanter Verfehlungen zu bezichtigen ( u. a. - BVerfGE 156, 63 Rn. 309).
45g) Ein Beweisverwertungsverbot kann auch nicht darauf gestützt werden, dass der Soldat nicht - wie bei Ermittlungen im gerichtlichen Disziplinarverfahren vorgeschrieben - auf sein Recht zur Beiziehung eines Verteidigers hingewiesen worden ist (§ 92 Abs. 2 i. V. m. § 97 Abs. 2 Satz 5 WDO). Denn für die Ermittlungen des Bundesamtes für den Militärischen Abschirmdienst ist eine entsprechende Belehrung ebenso wenig vorgesehen wie bei Ermittlungen im einfachen Disziplinarverfahren. Der Schutzzweck der speziell für das gerichtliche Disziplinarverfahren umfassend ausgestalteten Belehrung über Schweigerecht und Verteidigerkonsultation greift zwar auch, wenn die Wehrdisziplinaranwaltschaft die Vorermittlungen aufgenommen und der Disziplinarvorgesetzte danach noch Vernehmungen in dieser Sache durchführt ( 2 WD 34.10 - juris Rn. 36 m. w. N.). Denn es würde eine Umgehung der speziell für das gerichtliche Disziplinarverfahren vorgesehenen Schutzvorschriften darstellen, wenn nach dessen Beginn noch Vernehmungen anderer disziplinarisch ermittelnder Stellen ohne entsprechende umfassende Belehrung zulässig wären und verwertet werden könnten.
46Dieses Beweisverwertungsverbot dürfte zwar zumindest dann entsprechend gelten, wenn das Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst nach Einleitung der Vorermittlungen mit Wissen und Wollen der Wehrdisziplinaranwaltschaft Ermittlungen durchführt. Im vorliegenden Fall hat aber erst die Mitteilung des Bundesamtes für den Militärischen Abschirmdienst vom zur Aufnahme von disziplinarischen Vorermittlungen geführt, so dass eine Umgehung der umfassenden Belehrungspflicht im gerichtlichen Disziplinarverfahren nicht vorliegt. Im Übrigen führt die unterbliebene oder nicht ordnungsgemäß erfolgte Belehrung grundsätzlich nur zur Unverwertbarkeit der bei der Vernehmung gemachten Aussage (vgl. § 32 Abs. 4 Satz 5 WDO) und hat keine Fernwirkung auf andere Beweismittel (vgl. 2 C 12.17 - NVwZ-RR 2018, 493 Rn. 24 ff.). Denn selbst wenn ein etwaiger Belehrungsmangel bestanden haben sollte, würde dies zur Unverwertbarkeit entsprechender Aussagen des Soldaten (vgl. 2 WD 8.11 - juris Rn. 17 ff.), nicht aber auch zur Unverwertbarkeit der Sprachaufnahmen führen, die er als Folge der Aussagen zur Verfügung gestellt hat und die in die Berufungshauptverhandlung eingeführt worden sind.
474. Mit den festgestellten Handlungen zu den Anschuldigungspunkten 1 und 2 hat der Soldat schuldhaft gegen § 8 sowie § 17 Abs. 2 Satz 1 SG verstoßen, so dass ein Dienstvergehen nach § 23 Abs. 1 SG vorliegt.
48a) Die unabhängig vom Dienstgrad bestehende Verfassungstreuepflicht eines Soldaten verlangt von diesem zwar nicht, sich mit den Zielen oder einer bestimmten Politik der jeweiligen Bundesregierung oder der im Bundestag vertretenen Parteien zu identifizieren und sie zu unterstützen ( 2 WD 15.19 - BVerwGE 169, 66 Rn. 22 und vom - 2 WD 9.23 - Rn. 37); ebenso zulässig ist, dass ein Soldat seine Freiheit des weltanschaulichen Bekenntnisses (Art. 4 Abs. 1 GG) und seine Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) in Anspruch nimmt, um an Erscheinungen oder Entwicklungen in Staat und Gesellschaft Kritik zu üben und für Änderungen der bestehenden Verhältnisse einschließlich - mit den verfassungsrechtlich zulässigen Mitteln des Verfassungsrechts - zu werben ( 2 WD 11.22 - BVerwGE 179, 118 Rn. 38). Sie verpflichtet ihn jedoch, die freiheitliche demokratische Grundordnung des Grundgesetzes zum einen anzuerkennen und zum anderen, für ihre Erhaltung einzutreten ( 2 WD 17.19 - BVerwGE 168, 323 Rn. 44 sowie vom - 2 WD 9.23 - Rn. 37).
49Der Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in § 8 SG ist identisch mit dem gleichlautenden Begriff wie er bezogen auf Art. 21 Abs. 2 GG konturiert worden ist. Daraus folgt eine Konzentration auf wenige, zentrale Grundprinzipien, die für den freiheitlichen Verfassungsstaat schlechthin unentbehrlich sind. Ausgangspunkt für die Bestimmung des Begriffsinhalts ist danach die Würde des Menschen und das Demokratieprinzip, für das die Möglichkeit gleichberechtigter Teilnahme aller am politischen Willensbildungsprozess sowie die Rückbindung der Ausübung von Staatsgewalt an das Volk maßgeblich ist. Schließlich erfasst der Begriff den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit ( 2 WDB 13.22 - NVwZ 2023, 1591 Rn. 30).
50Ein Soldat muss diese zentralen Verfassungsprinzipien nach § 8 Alt. 1 SG anerkennen und durch sein gesamtes Verhalten für sie eintreten (§ 8 Alt. 2 SG). Die Verpflichtung zum Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung wird bereits verletzt, wenn ein Soldat sich nicht eindeutig von Bestrebungen distanziert, die diesen Staat und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren. Ein Soldat darf daher auch nicht entgegen seiner inneren verfassungstreuen Gesinnung aus Solidarität zu Freunden, aus Übermut, aus Provokationsabsicht oder aus anderen Gründen nach außen hin verfassungsfeindliche Bestrebungen unterstützen und sich objektiv betrachtet illoyal verhalten. Mit der politischen Treuepflicht ist demnach ein Verhalten unvereinbar, das objektiv geeignet oder gar darauf angelegt ist, die Ziele des NS-Regimes zu verharmlosen sowie Kennzeichen, Symbole oder sonstige Bestandteile der NS-Ideologie (wieder) gesellschaftsfähig zu machen. Dies gilt unabhängig davon, ob das Verhalten die Strafbarkeitsschwelle erreicht.
51Ein Verhalten, das den Eindruck einer hohen Identifikation mit dem Nationalsozialismus erweckt, stellt insbesondere nicht nur das Erweisen des - unter den Bedingungen des § 86a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StGB strafbaren - Hitlergrußes oder die - unter den Voraussetzungen des § 86a Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB strafbare - Präsentation von Hakenkreuzen dar, sondern auch die Leugnung oder Verharmlosung des Holocaust ( 2 WDB 13.22 - NVwZ 2023, 1591 Rn. 31 f.).
52Die Leugnung des Holocaust ist der Versuch, das "Dritte Reich" von dem Makel des organisierten Judenmordes zu entlasten und die nationalsozialistische Gewaltherrschaft zu verharmlosen. Es steht fest, dass die systematische wie massenhafte Ermordung jüdischer Menschen und damit die Negierung ihrer Lebens- und Würderechte - wie ausweislich des Besprechungsprotokolls der Wannsee-Konferenz über die "Endlösung der Judenfrage" vom (S. 1) ersichtlich (vgl. Weber, SchlHA 2005, 207) - ein zentrales Anliegen des rassistisch ausgerichteten Nationalsozialismus war (Safferling/Dauner-Lieb, NJW 2023, 1038 <1041 f.>; Essner-Conte, SchlHA 2005, 201; LG Frankfurt a. M., Urteil vom 19./ - 4 Ks 2/63 -, veröffentlicht in: Justiz und NS-Verbrechen, Sammlung deutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Tötungsverbrechen 1945 - 1966, Bd. XXI, 361 <417 - 424>). In der Folgezeit kam es innerhalb und außerhalb der von den Nationalsozialisten errichteten Konzentrationslager zur massenhaften und grausamen Ermordung von Millionen von Juden. Die besondere Verwerflichkeit der Leugnung oder Verharmlosung dieser auch vom Bundesverfassungsgericht festgestellten historischen Tatsache folgt schon daraus, dass der Gesetzgeber ein solches Verhalten in der Öffentlichkeit oder in einer Versammlung durch § 130 Abs. 3 StGB für jedermann für strafbar erklärt hat, wenn dies geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören (zur Gesetzesgenese: BT-Drs. 12/7421; Stegbauer, NStZ 2000, 281 <281 ff.>). Die Einführung des § 130 Abs. 5 StGB hat an dieser gesetzgeberischen Wertung nichts geändert (BT-Drs. 20/4085 S. 14 f.; 2 WDB 13.22 - NVwZ 2023, 1591 Rn. 33).
53Ein Soldat, der mit dem Leugnen der Judenvernichtung die nationalsozialistische Gewaltherrschaft vom Vorwurf des Massenmords reinzuwaschen versucht und dadurch nationalsozialistisches Gedankengut wieder gesellschaftsfähig macht, verletzt seine Verfassungstreuepflicht aus § 8 SG auch dann schwerwiegend, wenn dies nicht öffentlich oder außerhalb einer Versammlung erfolgt. Denn mit der Pflicht, die freiheitliche demokratische Grundordnung anzuerkennen und durch sein gesamtes Verhalten für ihre Erhaltung einzutreten, sind Äußerungen nicht vereinbar, die aus Sicht eines neutralen Betrachters der Verharmlosung oder Verherrlichung der Gewalt- und Willkürherrschaft des Nationalsozialismus dienen. Die Ideologie des Nationalsozialismus ist mit den Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, insbesondere mit der Achtung der Menschenwürde, der Anerkennung der Menschenrechte, der parlamentarischen Demokratie und dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar. Eine Verletzung der Verfassungstreuepflicht liegt darum schon dann vor, wenn Soldaten als auf die freiheitliche demokratische Grundordnung nach § 8 SG ausdrücklich Verpflichtete den Nationalsozialismus charakterisierende Fakten objektiv in Abrede stellen und damit nicht mehr die "gegenbildlich identitätsprägende Bedeutung" des Grundgesetzes als "Gegenentwurf zu dem Totalitarismus des nationalsozialistischen Regimes" anerkennen ( - BVerfGE 124, 300 <328 f.>). Dies gilt insbesondere bezogen auf den Holocaust, der eine Tatsache darstellt, womit dessen Leugnung schon nicht vom Schutz der Meinungsfreiheit erfasst wird. Denn geschützt werden von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG auf (wahre) Tatsachen gestützte Wertungen ( - NJW 2018, 2858 Rn. 28 f.).
54b) Im vorliegenden Fall hat der Soldat mit den in tatsächlicher Hinsicht festgestellten Äußerungen zum Anschuldigungspunkt 1 und 2 den Holocaust geleugnet und nicht lediglich verharmlost. Dies ergibt die im Wehrdisziplinarrecht gebotene Auslegung der in Rede stehenden Äußerungen des Soldaten nach dem objektiven Erklärungsgehalt, wie ihn ein unbefangener Dritter verstehen musste (vgl. 2 WDB 2.20 - juris Rn. 21 m. w. N.). Ein Leugnen ist nicht nur bei dem in der zweiten Anschuldigung dargestellten Gespräch vom Mai 2018 gegeben, in dem der Soldat die Judenvernichtung im Dritten Reich schlicht abgestritten hat. Sie ist auch bei dem in der ersten Anschuldigung bezeichneten Gespräch vom September 2015 erfolgt. Auch wenn der Soldat sich hier etwas vorsichtiger auf abweichende historische Quellen bezogen hat, stellt doch das hartnäckige Beharren auf der alternativen Denkmöglichkeit, dass die Alliierten für Propagandazwecke andere Kriegsleichen in die Konzentrationslager geschafft und gefilmt hätten, nicht nur ein Verharmlosen, sondern ein Leugnen des Holocaust dar. Dabei konnten und mussten die Zeugen - wie bereits ausgeführt - aufgrund des Beharrens auf dieser Theorie trotz mehrfacher Nachfrage davon ausgehen, dass der Soldat nicht nur Zitate, sondern seine eigene Meinung wiedergab.
55Da der Soldat somit den Holocaust wiederholt gegenüber Kameraden geleugnet und auf diese Weise das nationalsozialistische Unrechtsregime verharmlost hat, liegt eine schwerwiegende Verletzung der Verfassungstreuepflicht vor. Mit dem Verstoß gegen § 8 SG geht ein solcher gegen § 10 Abs. 6 und § 17 Abs. 2 Satz 1 SG einher. Ob auch ein Verstoß gegen § 15 Abs. 1 SG vorliegt oder dieser durch den Verstoß gegen § 8 SG konsumiert ist, kann dahingestellt bleiben, weil dies auf die Maßnahmebemessung keinen Einfluss mehr hat ( 2 WD 17.19 - BVerwGE 168, 323 Rn. 41).
565. Bei der konkreten Bemessung der Disziplinarmaßnahme geht der Senat in seiner gefestigten Rechtsprechung von einem zweistufigen Prüfungsschema aus:
57a) Auf der ersten Stufe bestimmt er im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine Regelmaßnahme für die in Rede stehende Fallgruppe als "Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen". Vermittelt ein Soldat beispielsweise durch das Verwenden nationalsozialistischer Kennzeichen im Sinne des § 86a StGB oder durch das Leugnen des Holocaust den Eindruck einer hohen Identifikation mit dem Nationalsozialismus und ist das Verhalten eines Soldaten - wie vorliegend festgestellt - Ausdruck einer tatsächlich nationalsozialistischen Gesinnung, ist regelmäßig die Höchstmaßnahme zu verhängen ( 2 WD 35.01 - NVwZ 2003, 350 <351> und vom - 2 C 25.17 - BVerwGE 160, 370 Rn. 25 f.; Beschluss vom - 2 WDB 13.22 - NVwZ 2023, 1591 Rn. 35). Dies ist bei einem Soldaten im aktiven Dienst gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 5 i. V. m. § 63 Abs. 1 Satz 1 WDO die Entfernung aus dem Dienstverhältnis.
58b) Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob im konkreten Einzelfall im Hinblick auf die in § 38 Abs. 1 WDO normierten Bemessungskriterien und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts Umstände vorliegen, die eine Milderung oder ein Absehen von der Höchstmaßnahme gebieten. Dabei müssen die Milderungsgründe umso gewichtiger sein, je schwerer das Dienstvergehen wiegt ( 2 WD 3.17 - Die Bundeswehr 2020, Nr. 9, 80 <81>). Derart gewichtige Milderungsgründe sind kaum denkbar, wenn eine verfassungstreue Gesinnung fehlt. Jedenfalls im vorliegenden Fall gebietet kein Grund, von der Höchstmaßnahme abzuweichen.
59Dass bei dem Soldaten weder Reue noch Unrechtseinsicht vorhanden sind, darf zwar nicht als erschwerender, kann ihm aber auch nicht als mildernder Umstand zugerechnet werden ( 2 WD 9.19 - juris Rn. 39). Erschwerend ist als Folge des Dienstvergehens indes einzustellen, dass er seit Juli 2021 des Dienstes vorläufig enthoben ist, als Vorgesetzter ein schlechtes Vorbild gewesen ist (§ 10 SG) und auch ansonsten unterdurchschnittliche dienstliche Leistungen erbracht hat. Ist danach die Höchstmaßnahme geboten, würde selbst eine etwaige überlange Verfahrensdauer keine Abweichung davon veranlassen (vgl. 2 WD 3.22 - juris Rn. 40).
606. Die Kostenentscheidung beruht auf § 139 Abs. 2, § 140 Abs. 5 Satz 2 WDO.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2024:230524U2WD13.23.0
Fundstelle(n):
CAAAJ-74172