BGH Urteil v. - 3 StR 286/23

Instanzenzug: LG Trier Az: 8033 Js 9105/22 - 5 KLs

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten S.       W.      wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es gegen ihn auf „Wertersatzverfall“ in Höhe von 1.249 € erkannt. Den Angeklagten V.      W.      hat es der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen, ihn mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten belegt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.

2Dagegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihren zu Ungunsten beider Angeklagter eingelegten, vom Generalbundesanwalt vertretenen Revisionen, die sie jeweils auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts und hinsichtlich des Angeklagten S.      W.      zusätzlich auf Verfahrensbeanstandungen gestützt hat. Die Rechtsmittel haben jeweils mit der Sachbeschwerde betreffend den Angeklagten S.      W.     weitgehend, betreffend den Angeklagten V.            W.      vollumfänglich Erfolg. Der Angeklagte V.       W.      hat mit seiner Revision die allgemeine Sachrüge erhoben. Das Rechtsmittel ist insgesamt begründet.

I.

31. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen lebten die Angeklagten in verschiedenen Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus in Hi.        . Der Angeklagte S.      W.      konsumierte täglich 3 Gramm Cannabis und wöchentlich bis zu 4 Gramm Amphetamin. Zur Sicherstellung und Finanzierung dieses Eigenbedarfs erwarb er von Mitte Juli bis Anfang September 2022 beide Drogenarten mehrfach in He.       von einem Händler „auf Kommission“. Der Angeklagte V.       W.     , der Vater des S.      W.     , wusste um den Zweck der Fahrten und fuhr ihn mit dem Auto zu „insgesamt drei Gelegenheiten, insbesondere am “ (UA S. 11), beziehungsweise „mindestens einmal“ (UA S. 20) dorthin.

4Die in He.       bezogenen Drogen verbrauchte S.       W.      teilweise selbst. Zum überwiegenden Teil veräußerte er sie gewinnbringend. Um den Handel vor seiner Ehefrau zu verheimlichen, lagerte er sie in der Wohnung des V.              W.      und verkaufte sie dort in dessen Anwesenheit an die regelmäßig erscheinende Kundschaft, die eine Vielzahl von Personen umfasste. Damit war V.         W.      einverstanden und machte hierdurch den Handel seines Sohnes erst möglich.

5Etwa eine Woche vor dem erwarb S.       W.      in He.      500 Gramm Amphetamin und 250 Gramm Marihuana. Anfang August 2022 bezahlte er diesen Einkauf und bezog zugleich ein weiteres Kilogramm Amphetamin sowie erneut 250 Gramm Marihuana. Aus der ersten Einkaufsmenge veräußerte er an eine Vertrauensperson der Polizei (VP) am 10 Gramm Amphetamin (1,3 Gramm Base) und 5 Gramm Marihuana (mit gut 16 % Tetrahydrocannabinol [THC]) für 150 € sowie am weitere 50 Gramm Amphetamin (etwa 4,5 Gramm Base) und 10 Gramm Marihuana mit einem zumindest durchschnittlichen THC-Gehalt für 210 €. Ohne nach dem nochmals nach He.       gefahren zu sein, verkaufte er aus einer der beiden Ankaufsmengen am 163 Gramm Amphetamin (Wirkstoffgehalt 25,7 Gramm Base) für 489 € an einen nicht öffentlich ermittelnden Polizeibeamten, 50 Gramm Amphetamin und 5 Gramm Marihuana jeweils durchschnittlicher Qualität für 200 € an die VP sowie 20 Gramm Marihuana für 200 € an einen weiteren Abnehmer.

6Alle Verkaufsgeschäfte fanden in der Wohnung des V.        W.      statt. Zur Sicherung der Drogen lagerte S.       W.      in deren Griffweite ein Spring- und mehrere Einhandmesser, Wurfäxte, eine Druckluft- sowie eine unterladene Schreckschusswaffe. Diese Gegenstände, von denen sein Vater wusste, wurden nebst weiteren 1.108 Gramm Amphetamin (117 Gramm Base), insgesamt 131 Gramm Marihuana (gut 17 Gramm THC) sowie 1.300 € Bargeld, das aus Drogenverkäufen stammte, am sichergestellt.

72. Rechtlich hat das Landgericht das Geschehen für beide Angeklagte als eine einheitliche Tat im materiellrechtlichen Sinne bewertet, für S.       W.      als bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG), für V.       W.      als Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, § 27 Abs. 1 StGB). Dieser habe das strafbare Verhalten seines Sohnes dadurch gefördert, dass er ihm seine Wohnung als Lager- und Verkaufsort zur Verfügung gestellt und ihn nach He.        gefahren habe.

8Im Rahmen der Strafzumessung hat die Strafkammer für die Angeklagten mildernd erwogen, „dass die Betäubungsmittel insgesamt sichergestellt werden konnten“ und „es sich bei der Tat überwiegend um Geschäfte mit einer Vertrauensperson“ (S.       W.     ) beziehungsweise „um VP-Geschäfte gehandelt hat“ (V.          W.      ).

9Die Einziehungsentscheidung hat das Landgericht auf der Grundlage der § 73 Abs. 1, § 73c StGB getroffen. Den eingezogenen Betrag hat es aus einer Addition der konkret festgestellten Verkaufserlöse errechnet.

II.

Revision der Staatsanwaltschaft betreffend den Angeklagten S.       W.         

101. Die Verfahrensbeanstandungen dringen aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts aufgezeigten Gründen nicht durch.

112. Die Sachrüge führt für den Angeklagten S.      W.      zur Änderung des Schuldspruchs und weitgehenden Aufhebung der Rechtsfolgenentscheidung.

12a) Der Angeklagte S.       W.      ist auf der Grundlage der - wie der Generalbundesanwalt zutreffend dargelegt hat - rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zweier tateinheitlicher Fälle des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG) in Tateinheit mit zwei tateinheitlichen Fällen des bewaffneten Handeltreibens mit Cannabis (§ 34 Abs. 4 Nr. 4 KCanG) schuldig.

13aa) Das Landgericht hat den Angeklagten S.       W.       nach der zum Urteilszeitpunkt geltenden Rechtslage vor Inkrafttreten des Gesetzes zum Umgang mit Konsumcannabis (Konsumcannabisgesetz - KCanG, BGBl. 2024 I Nr. 109) am richtigerweise lediglich wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und nicht wegen weiterer Delikte verurteilt.

14(1) Die Strafkammer hat ihre Kognitionspflicht (§ 264 Abs. 1 StPO) erfüllt. Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts ist es unschädlich, dass sich das Urteil nicht dazu verhält, ob der Angeklagte S.      W.      wegen der zum Eigenkonsum bestimmten Drogenmengen die gesetzlichen Tathandlungen des Erwerbs beziehungsweise des Besitzes von Betäubungsmitteln beging oder sich durch die Sachherrschaft über das Springmesser wegen Besitzes eines waffenrechtlich verbotenen Gegenstandes strafbar machte.

15In ihrer Abschlussverfügung hat die Staatsanwaltschaft die Strafverfolgung nach § 154 Abs. 1, § 154a Abs. 1 StPO auf den in der Anklageschrift geschilderten Sachverhalt und die dort angeführten Straftatbestände begrenzt. Der angeklagte tatsächliche Lebensvorgang umfasst die Geschehnisse am 22. Juli, 16. August und . Als vom Angeklagten S.       W.      verletzte Strafgesetze benennt der Anklagesatz allein das bewaffnete Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Andere nach dem Betäubungsmittelgesetz strafbare Handlungsformen - wie den Erwerb oder den Besitz - und strafbewehrte Verstöße gegen das Waffengesetz hat die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung ausgenommen.

16Der Beachtlichkeit dieses Vorgehens steht nicht entgegen, dass die Staatsanwaltschaft die nach § 154a Abs. 1 StPO ausgeschiedenen Tatteile und Gesetzesverletzungen nicht konkret („positiv“) bezeichnet, sondern lediglich die Feststellung getroffen hat, das Verfahren werde vorläufig im Sinne der Anklage beschränkt. Zwar ist eine solche Formulierung in der Regel zu ungenau (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 232/80, NStZ 1981, 23; vom - 1 StR 321/11, NStZ-RR 2012, 50, 51; vom 3. De­zember 2013 - 4 StR 461/13, juris Rn. 6; Urteil vom - 4 StR 481/22, juris Rn. 34; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl., § 154a Rn. 18). Für die Wirksamkeit der Beschränkungsverfügung kommt es jedoch nicht auf ihren Wortlaut an, sondern darauf, ob sie im konkreten Fall Zweifel darüber lässt, welche Tatteile oder Gesetzesverletzungen die Strafverfolgungsbehörde weiterverfolgen will und welche ausscheiden sollen (vgl. , juris Rn. 35 mwN). Solche Zweifel bestehen hier nicht. Am Ende des Anklagesatzes ist klargestellt, dass sich die Beschränkungsverfügung auf den Besitz von Betäubungsmitteln bezogen hat, mithin auf den strafbaren Umgang mit denjenigen Drogen, die nicht zur Veräußerung bestimmt waren. Dem ist ein entsprechender Wille zur Verfolgungsbeschränkung zu entnehmen, auch wenn sich die Eigenkonsummenge bei Anklageerhebung noch als geringer dargestellt hat. Dass die Staatsanwaltschaft keine Waffendelikte hat verfolgen wollen, versteht sich von selbst. Dies gilt umso mehr, als sich aus der Anklageschrift ebenso wenig wie aus der Urteilsurkunde ergibt, dass es sich bei dem Springmesser („Einhandmesser“) um einen waffenrechtlich verbotenen Gegenstand im Sinne des § 52 Abs. 3 Nr. 1 WaffG in Verbindung mit Abschnitt 1 Nr. 1.4.1 der Anlage 2 (Waffenliste) zu § 2 Abs. 2 bis 4 WaffG handelte. So läge es nur, wenn der aus dem Griff herausragende Teil der Klinge derart beschaffen gewesen wäre, dass er 8,5 Zentimeter überschreitet oder zweiseitig geschliffen ist.

17(2) Die Urteilsfeststellungen tragen eine Strafbarkeit des Angeklagten S.           W.       wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln. Aus den Urteilsgründen geht hinreichend deutlich hervor, dass die am sichergestellten Drogen aus den beiden Einkaufsmengen von Mitte Juli und Anfang August 2022 stammten, die jedenfalls größtenteils zum Handel bestimmt waren, und dass die Waffen schon griffbereit in der Wohnung des Vaters lagerten, bevor die erste der beiden Mengen vollständig abverkauft war.

18Soweit die Urteilsgründe nicht die Wirkstoffgehalte sämtlicher in He.       erworbener Betäubungsmittel mitteilen und offenlassen, welche Teile der beiden Einkaufsmengen der Angeklagte für die Veräußerung und welche er zum Konsum vorgesehen hatte, gefährdet dies den Bestand des Schuldspruchs nicht. Denn das Urteil gibt Auskunft sowohl über Wirkstoffgehalte von wesentlichen Teilmengen als auch über den gewöhnlichen Eigenbedarf des Angeklagten im Tatzeitraum. Dadurch ist ausreichend belegt, dass die nicht geringe Menge im Sinne von § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG hinsichtlich beider Handelsmengen des Amphetamins (10 Gramm Amphetaminbase; s. etwa , BGHSt 33, 169; Beschluss vom - 3 StR 340/22, NStZ-RR 2023, 51, 52) sowie - im Urteilszeitpunkt - des Marihuanas (7,5 Gramm THC; s. , BGHSt 33, 8; Beschluss vom - 3 StR 245/95, BGHSt 42, 1) erreicht war.

19bb) Allerdings bedarf die rechtliche Würdigung des Geschehens durch das Landgericht in zweierlei Hinsicht der Korrektur:

20(1) Zum einen ist gemäß § 2 Abs. 3 StGB, § 354a StPO für den Marihuanaanteil der Umsatzgeschäfte die seit dem geltende Strafvorschrift des § 34 Abs. 4 Nr. 4 KCanG als milderes Gesetz in Anwendung zu bringen, so dass der Angeklagte bewaffneten Handel nicht nur mit Betäubungsmitteln gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG, sondern tateinheitlich auch mit Cannabis nach § 34 Abs. 4 Nr. 4 KCanG trieb (zur nicht geringen Menge vgl. BGH, Beschlüsse vom - 1 StR 106/24, NJW 2024, 1968 Rn. 7 ff.; vom - 5 StR 153/24, NStZ-RR 2024, 216; vom - 6 StR 164/24, juris Rn. 6; vom - 3 StR 154/24, juris Rn. 8 f.).

21(2) Zum anderen liegen zwei tateinheitliche Fälle, nicht nur ein einheitlicher Fall des bewaffneten Handeltreibens vor; denn der Angeklagte S.       W.      verwirklichte die Tatbestände des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG und des § 34 Abs. 4 Nr. 4 KCanG durch eine Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB jeweils zweimal. Das Landgericht hat angesichts der Abwicklung auf Kommissionsbasis zwar zutreffend für das gesamte Geschehen nur eine Strafe festgesetzt (zur Überschneidung der tatbestandlichen Ausführungshandlungen in diesen Fällen vgl. BGH, Beschlüsse vom - GSSt 4/17, BGHSt 63, 1 Rn. 28 ff.; vom 10. Ja­nuar 2019 - 3 StR 448/18, NStZ-RR 2019, 250, 251). Es verbleibt jedoch bei zwei Umsatzgeschäften, die in gleichartiger Tateinheit zueinanderstehen (s. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 95/18, BGHR BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 2 Konkurrenzen 4 Rn. 7; vom - 3 StR 88/18, NStZ 2020, 42 Rn. 7; vom - 3 StR 378/22, NStZ-RR 2023, 78, 79; vom - 5 StR 408/22, juris Rn. 7; zur Kennzeichnung im Tenor vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 287/23, juris Rn. 8; vom - 1 StR 92/24, juris Rn. 16).

22Dafür, dass der Angeklagte die beiden Einkaufsmengen zu einem einheitlichen Verkaufsvorrat verschmolz, besteht kein Anhalt. Im Übrigen führt selbst der Umstand, dass ein solcher Vorrat aufgrund einer - hier bestehenden - anhaltenden Lieferbeziehung zu einem Dritten wiederholt vor Entleerung aufgefüllt wird, grundsätzlich nicht zur Verklammerung der Erwerbsakte zu einer rechtlichen Bewertungseinheit (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 162/00, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 20; vom - 1 StR 587/09, NStZ-RR 2011, 25, 26; vom - 2 StR 480/23, juris Rn. 14 mwN).

23(3) § 265 Abs. 1 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, weil sich der Angeklagte auch bei einem entsprechenden Hinweis nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

24b) Bereits aufgrund der Schuldspruchänderung hat der Strafaus­spruch keinen Bestand.

25Die Aufhebung der gegen den Angeklagten S.       W.      verhängten Strafe ergeht sowohl zu seinen Gunsten (§ 301 StPO) als auch zu seinen Lasten. Einerseits sieht § 34 Abs. 4 KCanG mildere Strafrahmen vor als § 30a Abs. 1 und 3 BtMG. Die Anteile an den beiden Handelsmengen, die dem Betäubungsmittelgesetz unterfallen, sind durch das Ausscheiden des nach dem Konsumcannabisgesetz zu beurteilenden Marihuanaanteils insgesamt reduziert. Andererseits ist die gleichartige Tateinheit aufgrund der zwei Umsatzgeschäfte mit dem ihr infolge dessen im Vergleich zu einem einheitlichen Fall des bewaffneten Handeltreibens innewohnenden erhöhten Unrechts- und Schuldgehalt bisher nicht in die Strafzumessung eingeflossen (vgl. MüKoStGB/v. Heintschel-Heinegg, 4. Aufl., § 52 Rn. 113).

26Auf weitere Fehler, die dem Landgericht bei der Strafzumessung unterlaufen sind, kommt es danach nicht mehr an. Das neue Tatgericht wird allerdings die Handelsmengen präziser als bisher zu bestimmen haben, weil Art, Umfang und Wirkstoffgehalt maßgeblich den Unrechtsge­halt von Betäubungsmittel- und Cannabisdelikten prägen und deshalb regelmäßig „bestimmend“ in die Strafzumessung einzustellen sind (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 28/11, NStZ-RR 2011, 284 f.; vom - 3 StR 217/23, StV 2024, 427 Rn. 11 mwN). Das betrifft zum einen die Eigenkonsumanteile des Angeklagten, die von den Einkaufsmengen in Abzug zu bringen sind (s. etwa BGH, Beschlüsse vom - 5 StR 400/18, juris Rn. 6; vom - 3 StR 295/23, juris Rn. 2 f.), zum anderen die Wirkstoffgehalte, die in den Urteilsgründen nur für Teile der Rauschmittel erörtert sind (vgl. etwa , NStZ 2023, 46 Rn. 3 f. mwN; zur ggf. notwendigen Schätzung s. etwa , NStZ 2023, 46 Rn. 4; Urteil vom - 3 StR 154/22, juris Rn. 25, jeweils mwN). Außerdem wird darauf hingewiesen, dass die strafmildernde Erwägung der Strafkammer, es habe sich „überwiegend“ um VP-Geschäfte gehandelt, von den getroffenen Feststellungen nicht getragen wird; denn der Angeklagte S.      W.      veräußerte von den in He.       erworbenen 500 Gramm Marihuana lediglich 20 Gramm an die VP. Entsprechendes gilt - auch eingedenk einer Eigenkonsummenge - für den zu seinen Gunsten angeführten Gesichtspunkt, dass „die Betäubungsmittel insgesamt sichergestellt“ worden seien.

27c) Die Nichtanordnung der Unterbringung des Angeklagten S.      W.      in eine Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) hat entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin Bestand. Es erweist sich nicht als durchgreifend rechtsfehlerhaft, dass sich die Urteilsgründe zu der Maßregel nicht verhalten. Denn die Feststellungen legen nach der gemäß § 2 Abs. 6 StGB, § 354a StPO anzuwendenden, am in Kraft getretenen Neufassung des § 64 StGB (s. hierzu etwa , juris Rn. 10 mwN) keinen Hang nahe.

28Nach § 64 Satz 1 Halbsatz 2 StGB nF ist eine Substanzkonsumstörung erforderlich, infolge derer eine dauernde und schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung, der Gesundheit, der Arbeits- oder der Leistungsfähigkeit eingetreten ist und fortdauert. Beide Merkmale - schwerwiegend und dauernd - müssen im betroffenen Lebensbereich kumulativ erfüllt sein (vgl. , juris Rn. 18 mwN).

29Für einen derartigen Schweregrad bestehen keine Anhaltspunkte. Zwar konsumierte der Angeklagte täglich Cannabis und regelmäßig Amphetamin, trieb deshalb Drogenhandel, ist wegen Betäubungsmitteldelikten vorbestraft und therapieerfahren. Gravierende Beeinträchtigungen des Funktionsniveaus in einem der genannten Lebensbereiche sind jedoch nicht ersichtlich. Vielmehr war der Angeklagte seit 2019 durchgehend bei einer Reinigungsfirma beschäftigt. Nach seiner Inhaftierung litt er nicht an Entzugserscheinungen.

30d) Die Einziehung des Wertes von Taterträgen nach § 73c StGB - sie hat das Landgericht mit dem „Wertersatzverfall“ ersichtlich gemeint - unterliegt zugunsten des Angeklagten der Aufhebung (§ 301 StPO). Ihr steht entgegen, dass die Tatbeute gegebenenfalls noch im Vermögen des Angeklagten vorhanden gewesen ist und deshalb gegenständlich nach § 73 Abs. 1 StGB hätte eingezogen werden müssen. Denn die in seiner Wohnung am aufgefundenen 1.300 € stammten nach den getroffenen Feststellungen „aus Betäubungsmittelverkäufen“. Der Betrag übersteigt die Erlöse aus den abgeurteilten Taten, weshalb zu erörtern gewesen wäre, aus welchen Geschäften er herrührte - den urteilsgegenständlichen oder weiteren Veräußerungen (vgl. etwa , NStZ 2018, 333; vom - 6 StR 403/20, juris Rn. 8 mwN). In diesem Zusammenhang ist insbesondere der Verbleib der vom Angeklagten am Tag der Durchsuchung vereinnahmten 889 € bedeutsam.

31e) Die dem Strafausspruch sowie der Einziehungsentscheidung jeweils zugehörigen Feststellungen sind von der Gesetzesänderung und den aufgezeigten Wertungsfehlern nicht betroffen; sie können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende Feststellungen, die den bisherigen nicht widersprechen, sind möglich und im dargelegten Umfang geboten.

III.

Revision der Staatsanwaltschaft betreffend den Angeklagten V.          W.      

32Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge im vollen Umfang Erfolg.

331. Die gebotene Auslegung der Revisionsrechtfertigung (vgl. etwa , NStZ-RR 2022, 201) ergibt, dass die Beschwerdeführerin, soweit es den Angeklagten V.        W.      betrifft, das Urteil nicht nur im Rechtsfolgenausspruch angefochten hat. So hat sie den Antrag auf vollständige Urteilsaufhebung hinsichtlich beider Angeklagter gestellt. Zwar thematisiert die Revisionsbegründung den Schuldspruch für den Angeklagten V.       W.     nicht ausdrücklich. Sie führt die Sachrüge aber nur „insbesondere“ zur aus Sicht der Anklagebehörde fehlerhaften Strafrahmenwahl aus. Zudem ist die Rechtsmittelschrift insgesamt zu betrachten. Der gegen den Angeklagten S.       W.      ergangene Schuldspruch ist ausdrücklich angegriffen. Da die vom Angeklagten V.        W.      geleistete Beihilfe im Kern akzessorisch zu dessen Strafbarkeit ist, sind die entsprechenden Beanstandungen grundsätzlich auch für ihn beachtlich. Es drängt sich auf, dass die Staatsanwaltschaft einen aufgezeigten Rechtsfehler, soweit er sich zum Vorteil des Angeklagten V.         W.       auswirkt, nicht hat hinnehmen wollen.

34Danach kommt es nicht mehr darauf an, ob eine solche Beschränkung der Revision auf den Rechtsfolgenausspruch angesichts des am in Kraft getretenen Konsumcannabisgesetzes wirksam und inwieweit bejahendenfalls eine Schuldspruchänderung gleichwohl möglich gewesen wäre (s. hierzu , BGHSt 20, 116, 117 ff.; Beschluss vom - 5 StR 153/24, NStZ-RR 2024, 216 mwN).

352. Der Schuldspruch hat mit den zugehörigen Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO) zugunsten (§ 301 StPO) und zulasten des Angeklagten keinen Bestand.

36a) Das Landgericht hat für den Angeklagten V.        W.      ebenfalls nicht das nunmehr einschlägige, mildere Konsumcannabisgesetz anwenden können, das hinsichtlich des Marihuanaanteils der beiden Umsatzgeschäfte den Unrechts- und Schuldgehalt vermindert (s. oben unter II. 2. a) bb) (1)).

37b) Die Strafkammer hat ihre Kognitionspflicht (§ 264 Abs. 1 StPO) verletzt, indem sie nicht geprüft hat, ob sich der Angeklagte V.          W.      wegen Beihilfe zum bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln - und nach aktueller Rechtslage auch mit Cannabis - strafbar machte. Sie hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Angeklagte von den zur Sicherung der Drogen in seiner Wohnung deponierten Waffen und gefährlichen Gegenständen wusste. Weshalb gleichwohl eine strafbare vorsätzliche Hilfeleistung ausscheiden sollte, geht aus dem Urteil nicht hervor.

38Die Staatsanwaltschaft hat den Vorwurf der Beihilfe zum bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nicht von der Strafverfolgung ausgenommen. Zwar hat sie lediglich eine Beihilfe zum (einfachen) Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge angeklagt und zugleich - wie unter II. 2. a) aa) (1) dargelegt - die Strafverfolgung gemäß § 154a Abs. 1 StPO auf die angeklagten Straftatbestände begrenzt. Es ist jedoch auszuschließen, dass sie hiervon die Beihilfe zum bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln als erfasst angesehen hat. Denn zum einen hat sie in der Anklageschrift im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen ausgeführt, dass dem Angeklagten ein solcher Vorwurf nicht nachgewiesen werden könne; für eine Beschränkung nach § 154a Abs. 1 StPO hat für sie insoweit mithin kein Anlass bestanden. Zum anderen ist bei der Auslegung der Abschlussverfügung der Staatsanwaltschaft zu beachten, dass die Voraussetzungen des § 154a Abs. 1 Satz 1 StPO für den Vorwurf der Beihilfe zum bewaffneten Handeltreiben ersichtlich nicht vorgelegen haben. Denn dafür müsste hier die Beihilfe zum mehrfach qualifizierten Delikt (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG) gegenüber derjenigen zum einfach qualifizierten Delikt (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) als „nicht beträchtlich ins Gewicht“ fallend bewertet werden, was sich bereits in Anbetracht der unterschiedlichen Strafrahmen als nicht vertretbar erweist.

39c) Für die konkurrenzrechtliche Würdigung gelten wegen der Akzessorietät der Teilnahme im Ansatz die Ausführungen zur Revision betreffend den Angeklagten S.      W.     entsprechend (s. oben unter II. 2. a) bb) (2); vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 65/19, juris Rn. 13; vom - 3 StR 6/22, juris Rn. 9). Denn die Frage der Konkurrenzen beim Gehilfen hängt in erster Linie von der Anzahl der von ihm geförderten Haupttaten und seinem hierauf bezogenen Vorsatz ab. Darüber hinaus ist relevant, wie viele Unterstützungshandlungen vorliegen. Wer durch nur eine Handlung mehrere Taten des Haupttäters fördert, begeht nur eine Beihilfe im Rechtssinne (s. BGH, Beschlüsse vom - 1 StR 267/19, NStZ 2020, 403 Rn. 9; vom - 5 StR 353/20, juris Rn. 6; Patzak/Fabricius, BtMG, 11. Aufl., § 29 Rn. 524 mwN). Insbesondere zum Vorsatz des Angeklagten V.       W.       sind die getroffenen Feststellungen lückenhaft.

40d) Der Senat hat hinsichtlich des Angeklagten V.       W.      die Feststellungen aufgehoben, um der nunmehr zur Entscheidung berufenen Strafkammer in sich stimmige Entscheidungen zum Schuld- und Strafausspruch zu ermöglichen.

41e) Für die neue Hauptverhandlung wird darauf hingewiesen, dass die Tatunterstützung durch ein bis drei vom Angeklagten V.        W.      erbrachte Fahrdienste im ersten Rechtsgang nicht widerspruchsfrei festgestellt und beweiswürdigend belegt worden ist. Die Urteilsgründe lassen überdies nicht erkennen, weshalb eine Fahrt am das abgeurteilte Tatgeschehen gefördert haben könnte, das einen anderen Tatzeitraum betrifft. Im Hinblick auf die Strafzumessung sind die Urteilsfeststellungen zum Gesamtumfang der Handelsmengen auch für diesen Angeklagten unzureichend. Sie tragen außerdem nicht die mildernd eingestellten Aspekte, dass es sich gänzlich um VP-Geschäfte handelte und die Drogen insgesamt sichergestellt wurden (s. oben unter II. 2. b)).

IV.

Revision des Angeklagten V.        W.      

42Auf die Revision des Angeklagten V.        W.      ist das Urteil ebenfalls aufzuheben. Die Ausführungen zur Revision der Staatsanwaltschaft ihn betreffend gelten entsprechend, soweit sie ihn beschwerende Rechtsfehler aufzeigen. Für eine gebotene Schuldspruchänderung infolge des Inkrafttretens des Konsumcannabisgesetzes gilt dies ebenso (s. oben unter II. 2. a) bb) (1)).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:290524U3STR286.23.0

Fundstelle(n):
YAAAJ-73962