BAG Urteil v. - 4 AZR 196/23

Instanzenzug: ArbG Chemnitz Az: 3 Ca 895/21 Urteilvorgehend Sächsisches Landesarbeitsgericht Az: 3 Sa 486/21 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Geltung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD/VKA) für ihr Arbeitsverhältnis und sich daraus ergebende Vergütungsansprüche der Klägerin.

2Die Klägerin, die über eine abgeschlossene Berufsausbildung als Bankkauffrau sowie eine solche als Köchin verfügt und seit 2010 Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft - ver.di ist, ist seit April 2011 bei der Beklagten als Badhelferin und Servicekraft beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wird zum enden. Arbeitsvertraglich war ein Festgehalt iHv. 1.800,00 Euro brutto sowie die Zahlung einer Leistungszulage iHv. 100,00 Euro brutto vereinbart.

3Die Beklagte ist Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband Sachsen e.V. Sie betreibt ein Eissportzentrum mit einer Eissporthalle und einer Eisschnelllaufbahn, das Golfbad „Gesundheitspark“ und verwaltet das Naherholungsgebiet am Stausee R. Für alle drei Liegenschaften hat sie den Betrieb eines Gaststättengewerbes der zuständigen Behörde angezeigt. Im Eissportzentrum und am Stausee R unterhält sie je eine Großküche. Die dort hergestellten Speisen werden über die gastronomischen Einrichtungen der Liegenschaften vertrieben. Im Eissportzentrum sind dies während der Wintersaison drei Imbissstände sowie drei Gasträume, die für Veranstaltungen genutzt werden können. Am Stausee R betreibt die Beklagte in der Sommersaison vier verschiedene Imbiss-, Grill- und Bareinrichtungen, die von den Badegästen genutzt werden können. Darüber hinaus existiert ein Bistro, welches sowohl von Gästen als auch von Dritten besucht werden kann und saisonunabhängig geöffnet ist. An den Imbisseinrichtungen können dort erworbene Speisen vor Ort verzehrt werden. Die Beklagte beschäftigt ca. 39 festangestellte Arbeitnehmer sowie einige Saisonkräfte.

4Die Klägerin wird in den Wintermonaten im Eissportzentrum als Kassiererin an der Einlasskasse, in der Gästeinformation, bei der Einlasskontrolle und für die Aufsicht der Besucher eingesetzt. Zudem ist sie für die Schlittschuhausleihe inklusive deren technischer und hygienischer Kontrolle sowie Reinigung zuständig. In den Sommermonaten ist sie im Bereich des Stausees R in der dortigen Gastronomie und Küche mit der Zubereitung und dem Verkauf dort angebotener Speisen beschäftigt. Im April jeden Jahres verrichtet sie Hauswirtschaftstätigkeiten in Form von Spülen, Bügeln, Waschen und Putzen. Sie ist im Jahresdurchschnitt zu mindestens 60 vH ihrer Arbeitszeit in den Bistros und Imbissen der Beklagten beschäftigt.

5Mit der Beklagten am zugegangenem Schreiben forderte die Klägerin die Beklagte unter Berufung auf die Geltung des TVöD/VKA auf, sie ab dem nach Entgeltgruppe 3 Stufe 6 TVöD/VKA zu vergüten.

6Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der TVöD/VKA gelte im Arbeitsverhältnis kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit. Sie könne daher eine Vergütung nach Entgeltgruppe 2 Stufe 5 TVöD/VKA beanspruchen.

7Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

8Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, Sie hat die Auffassung vertreten, der TVöD/VKA gelte nicht für die Klägerin, da sie in einer „Gaststätte“ iSd. Bereichsausnahme nach § 1 Abs. 2 Buchst. r TVöD/VKA tätig sei. Der Begriff „Gaststätte“ sei unter Berücksichtigung der Regelungen in den Gaststättengesetzen weit auszulegen. Ausreichend sei, wenn hinsichtlich des gastronomischen Angebots eine abgrenzbare Organisationseinheit im Unternehmen bestehe, deren wirtschaftlicher Zweck über die Eigenversorgung, zB in Form einer Kantine, hinausgehe. Eine solche sei im Unternehmen der Beklagten unter der Leitung von Herrn S vorhanden. Dieser sei für die Gestaltung der Dienstpläne, den Einsatz der Mitarbeiter und die Gewährung von Urlaub zuständig. Es erfolge für die Organisationseinheit „Gastronomie/Service“ eine eigene betriebswirtschaftliche Kostenerfassung. Die Organisationseinheit werde wie ein externer Dienstleister der Gastronomiebranche tätig.

9Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit Gegenstand der Revision - stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Entscheidung abgeändert und die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision.

Gründe

10Die zulässige Revision ist begründet. Mit der gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht die Klage nicht abweisen. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

11I. Die Klage ist - nach gebotener Auslegung - zulässig.

121. Der Feststellungsantrag ist als allgemein üblicher Eingruppierungsfeststellungsantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO zu verstehen (vgl. hierzu  - Rn. 13; - 4 AZR 666/19 - Rn. 12). Die Klägerin verfolgt ersichtlich das Ziel, die Vergütungsverpflichtung der Beklagten nach einer bestimmten Entgeltgruppe feststellen zu lassen. Soweit die Klägerin neben der Entgeltgruppe auch eine bestimmte Stufe benennt, ist dies lediglich als Klarstellung bezogen auf den im Antrag genannten Zeitpunkt und nicht als selbstständiges Feststellungsbegehren zu verstehen. Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass die Klägerin im Falle eines Obsiegens mit dem Feststellungsantrag hinsichtlich der Entgeltgruppe 2 TVöD/VKA ab dem die Stufe 5 zustehen würde.

132. Der Zahlungsantrag ist ebenfalls zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin begehrt für die Monate August 2019 bis August 2021 die Zahlung der Differenz zwischen der durch die Beklagte gezahlten Vergütung und einer sich aus Entgeltgruppe 2 Stufe 5 TVöD/VKA ergebenden Vergütung. Die monatlichen Beträge hat sie im Einzelnen beziffert.

14II. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, der TVöD/VKA habe für das Arbeitsverhältnis der Parteien trotz beiderseitiger Tarifgebundenheit (§ 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 TVG) nicht gegolten, da die Klägerin nach § 1 Abs. 2 Buchst. r TVöD/VKA vom Geltungsbereich des TVöD/VKA nicht erfasst sei. Die Klägerin ist keine Beschäftigte in einer Gaststätte iSd. tariflichen Bereichsausnahme.

151. Nach § 1 Abs. 2 Buchst. r TVöD/VKA gilt der TVöD/VKA nicht für „Beschäftigte in Bergbaubetrieben, Brauereien, Formsteinwerken, Gaststätten, Hotels, Porzellanmanufakturen, Salinen, Steinbrüchen, Steinbruchbetrieben und Ziegeleien“. „Beschäftigter in Gaststätten“ ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nur, wer in einem Betrieb tätig wird, bei dem es sich seinem arbeitstechnischen Zweck nach um eine Gaststätte handelt. Das ergibt die Auslegung der Vorschrift (zu den Maßstäben der Tarifauslegung  - Rn. 35 mwN, BAGE 164, 326).

16a) Die Herausnahme aus dem tariflichen Geltungsbereich betrifft nicht die Tätigkeit der Beschäftigten, sondern deren Einsatzort und damit den fachlich-betrieblichen Geltungsbereich. Hierfür spricht bereits der Wortlaut der Vorschrift. Danach sollen Beschäftigte „in“ Gaststätten vom Geltungsbereich ausgenommen sein, nicht aber solche mit einer bestimmten Tätigkeit. Zudem zeigt der Vergleich mit den weiteren Ausnahmetatbeständen, dass die Tarifvertragsparteien zwischen Tätigkeiten und Tätigkeitsorten differenziert haben. So sind zB aufgrund ihrer Tätigkeit „leitende Angestellte“ (Buchst. a), „künstlerisches Theaterpersonal“ (Buchst. n) und „Seelsorger“ (Buchst. o) vom Geltungsbereich ausgenommen. Mithin sind nicht alle Beschäftigten mit „gaststättentypischer Tätigkeit“ unabhängig von ihrem Arbeitsort vom Geltungsbereich ausgenommen, sondern alle „in einer Gaststätte“ tätigen Beschäftigten unabhängig von ihrer Tätigkeit (so auch Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand März 2024 Teil B 1 § 1 Erl. 4.16 Rn. 170 f.). Dies wird dadurch bestätigt, dass einige Tätigkeiten, die „typischerweise“ in Gaststätten anfallen, von den Tarifvertragsparteien ausdrücklich als Tätigkeitsbeispiele in der Entgeltgruppe 1 TVöD/VKA aufgeführt sind (zB Essens- und Getränkeausgeber, Spülen, Gemüse putzen, Servierer). Hierfür gäbe es kein Bedürfnis, wenn Beschäftigte mit solchen Tätigkeiten vom Geltungsbereich des TVöD/VKA ausgenommen wären.

17b) Gaststätte iSv. § 1 Abs. 2 Buchst. r TVöD/VKA ist ein Betrieb iSd. allgemeinen Betriebsbegriffs, dessen arbeitstechnischer Zweck darauf gerichtet ist, Gästen Speisen und Getränke zum Verzehr vor Ort gegen Entgelt anzubieten.

18aa) Der Wortlaut der tariflichen Regelung ließe sowohl ein enges Verständnis zu, nach dem es sich bei einer Gaststätte um einen „Betrieb“ handeln muss, als auch ein weitergehendes Verständnis im Sinne einer abgrenzbaren Organisationseinheit innerhalb eines Betriebs.

19(1) Die Tarifvertragsparteien haben den Begriff der „Gaststätte“ nicht definiert. Es ist daher anzunehmen, dass sie ihn in dem Sinne verwendet haben, der dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem der beteiligten Kreise entspricht, wenn nicht sichere Anhaltspunkte für eine abweichende Auslegung gegeben sind ( - Rn. 50; - 4 AZR 363/18 - Rn. 47, BAGE 167, 78). Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist eine Gaststätte ein „Haus, in dem man gegen Entgelt Mahlzeiten einnehmen kann“ (Wahrig Deutsches Wörterbuch 9. Aufl. Stichwort „Gaststätte“) oder ein „Betrieb mit einem oder mehreren Räumen für den Aufenthalt von Gästen, die dort gegen Entgelt Speisen und Getränke erhalten und verzehren können“ (Duden Deutsches Universalwörterbuch 10. Aufl. Stichwort „Gaststätte“). Damit ist allerdings nicht festgelegt, ob und inwieweit eine Gaststätte eigenständig organisiert sein muss, um als eine solche iSd. § 1 Abs. 2 Buchst. r TVöD/VKA zu gelten.

20(2) Entgegen der Auffassung der Beklagten lässt sich dem Wortlaut der tariflichen Regelung nicht entnehmen, dass unter „Gaststätte“ jedes „Gaststättengewerbe“ iSd. § 1 GastG oder § 1 SächsGastG zu verstehen ist. Die Tarifvertragsparteien haben weder diese Begrifflichkeit verwendet noch ist sonst erkennbar, dass sie an den öffentlich-rechtlichen Begriff eines „Gaststättengewerbes“, welches zur Erlaubnispflicht führt, hätten anknüpfen wollen.

21(3) Die Verwendung des Begriffs „Betrieb“ bei anderen Ausschlusstatbeständen in § 1 Abs. 2 Buchst. r TVöD/VKA - zB „Bergbaubetriebe“ - schließt nicht aus, „Gaststätten“ als „Gaststättenbetriebe“ zu verstehen. Der Tarifvertrag fasst unter diesem Unterpunkt verschiedene Tätigkeitsorte zusammen. Die unterschiedliche Bezeichnung kann daher auf rein sprachlichen Gründen zur Vermeidung von Wiederholungen und Verbesserung der Lesbarkeit beruhen. Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien unter demselben Unterpunkt zum Teil auf einen „Betrieb“ und zum Teil auf eine anders geartete „abgrenzbare Einheit“ hätten abstellen wollen, sind nicht ersichtlich. Ein unterschiedliches Verständnis ergibt sich nicht daraus, dass sowohl „Steinbrüche“ als auch „Steinbruchbetriebe“ genannt sind. Dies erklärt sich aus der Historie der Vorschrift. In § 1 Abs. 2 TVöD/VKA sind die früher in den verschiedenen Tarifwerken vorhandenen Ausnahmetatbestände zusammengefasst, aber nicht vereinheitlicht worden. Der Begriff des Steinbruchs entstammt § 3 Buchst. a Bundes-Angestelltentarifvertrag, der Begriff des Steinbruchbetriebs § 3 Abs. 1 Buchst. b Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II).

22bb) Aus Sinn und Zweck der Regelung ergibt sich, dass unter den Begriff „Gaststätten“ nur Betriebe fallen, deren arbeitstechnischer Zweck darauf gerichtet ist, eine solche zu betreiben.

23(1) Die Herausnahme bestimmter Einsatzorte aus dem Geltungsbereich des TVöD/VKA dient der Vermeidung von Tarifkonkurrenz und Tarifpluralität (vgl. hierzu allgemein  - Rn. 16, BAGE 132, 283). Dies kann nur erreicht werden, wenn der Ausschluss aus dem Geltungsbereich sich auf Betriebe bezieht. Für das Bestehen von Tarifkonkurrenz und Tarifpluralität wird nach § 4a TVG für die Geltung eines Tarifvertrags ebenso an einen „Betrieb“ angeknüpft (vgl. BT-Drs. 18/4062 S. 13) wie nach der früheren Rechtsprechung zum Grundsatz der Tarifeinheit (vgl. hierzu und zu dessen Aufgabe  - Rn. 17, BAGE 135, 80). Zudem wird in Tarifverträgen üblicherweise zur Festlegung des fachlichen Geltungsbereichs auf einen „Betrieb“ abgestellt (vgl. zB den fachlichen Geltungsbereich des zwischen dem Hotel- und Gaststättenverband Sachsen e.V. und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten geschlossenen Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Hotel- und Gaststättengewerbe im Land Sachsen vom ; allgemein  - Rn. 20). Anhaltspunkte dafür, die Tarifvertragsparteien hätten abweichend von diesem Grundsatz an ein Unternehmen oder - wie vom Landesarbeitsgericht angenommen - an eine „abgrenzbare Einheit“ ohne eigenen Leitungsapparat anknüpfen wollen, bestehen nicht. Sie ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass die Tarifvertragsparteien zB in § 1 Abs. 1 Buchst. d TVöD/VKA ausdrücklich auf einen „rechtlich selbstständigen, dem Betriebsverfassungsgesetz unterliegenden ... Betrieb“ abgestellt haben. Die Formulierung dient ersichtlich ausschließlich der Abgrenzung zum Tarifvertrag für Versorgungsbetriebe (TV-V) und zum Tarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen der Wasserwirtschaft in Nordrhein-Westfalen (TV-WW/NW) als spezielleren Spartentarifverträgen.

24(2) Aufgrund dessen ist davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien den Fachbegriff Betrieb in seiner allgemeinen rechtlichen Bedeutung anwenden wollten. Dieser allgemeine Betriebsbegriff ist geprägt durch den betriebsverfassungsrechtlichen Betriebsbegriff iSd. § 1 BetrVG (vgl.  - Rn. 17, BAGE 129, 257; - 4 AZR 17/89 -). Danach ist der Betrieb die organisatorische Einheit von Arbeitsmitteln, mit deren Hilfe die Arbeitgeberin allein oder in Gemeinschaft mit ihren Arbeitnehmern mit Hilfe von technischen und immateriellen Mitteln einen bestimmten arbeitstechnischen Zweck fortgesetzt verfolgt, der nicht nur in der Befriedigung von Eigenbedarf liegt ( - Rn. 21; - 4 AZR 622/04 - Rn. 20).

25cc) Ob ein Betrieb eine „Gaststätte“ ist, bestimmt sich nach dem in dieser organisatorischen Einheit verfolgten arbeitstechnischen Zweck und dessen Zuordnung zur Gaststättenbranche (vgl. zum „Wirtschaftszweig“  - Rn. 21; sh. auch  -). Dabei kann die Erteilung einer Erlaubnis nach dem Gaststättengesetz zwar ein Anhaltspunkt für das Vorliegen einer Gaststätte sein (vgl. zur Eintragung in die Handwerksrolle  - Rn. 15), entscheidend ist aber, ob der Betrieb in seiner Gesamtheit seinem arbeitstechnischen Zweck nach eine Gaststätte darstellt.

262. Nach diesen Grundsätzen ist die Klägerin keine Beschäftigte „in Gaststätten“.

27a) Die von der Beklagten so bezeichnete „Organisationseinheit Gastronomie/Service“ ist kein eigenständiger Betrieb iSd. § 1 Abs. 2 Buchst. r TVöD/VKA. Die Einheit ist zwar nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts räumlich abgrenzbar. Mit ihr wird aber, auch wenn sie organisatorisch einheitlich geleitet wird und ihr gesondert Betriebsmittel zugewiesen sind, kein eigener arbeitstechnischer Zweck verfolgt. Vielmehr sind die gastronomischen Einrichtungen darauf ausgerichtet, das Angebot des Eissportzentrums, des Naherholungsgebiets und des Gesundheitsparks abzurunden und aufzuwerten. Gegen diese Wertung sowohl des Arbeits- als auch des Landesarbeitsgerichts hat sich die Beklagte nicht gewendet.

28b) Das Eissportzentrum, das Naherholungsgebiet und der Gesundheitspark als solche sind, unabhängig davon, ob es sich um einen oder mehrere Betriebe handelt, ihrem arbeitstechnischen Zweck nach keine Gaststätten.

29III. Dies führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts und zur Zurückverweisung der Sache (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Ob und in welchem Umfang die Klage begründet ist, kann der Senat nicht beurteilen. Es fehlt - aus Sicht des Landesarbeitsgerichts konsequent - an den für die Bewertung der Tätigkeit der Klägerin erforderlichen Feststellungen.

301. Das Landesarbeitsgericht wird zunächst zu prüfen haben, ob sich die Eingruppierung der Klägerin nach §§ 12, 13 TVöD/VKA iVm. der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA oder den früheren Eingruppierungsregelungen (§§ 22, 23 BAT-O oder BMT-G-O iVm. landesbezirklichen Vorschriften, jeweils iVm. § 29a Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA iVm. Anlage 3 TVÜ-VKA in der bis zum geltenden Fassung) richtet. Das ist davon abhängig, ob sich ihre Tätigkeit nach dem geändert oder sie fristgerecht einen Antrag nach § 29b Abs. 1 Satz 1 TVÜ-VKA gestellt hat (vgl. hierzu ausf.  - Rn. 15 ff.). Sodann wird es die Tätigkeit der Klägerin anhand der maßgebenden Eingruppierungsbestimmungen zu bewerten haben. Soweit die Parteien übereinstimmend - ggf. nach Überleitung - von einer Eingruppierung in Entgeltgruppe 2 TVöD/VKA ausgehen sollten, wäre insoweit eine summarische Prüfung ausreichend (vgl. hierzu  - Rn. 27).

312. Soweit danach Ansprüche der Klägerin auf Vergütung nach Entgeltgruppe 2 TVöD/VKA bestehen, wird das Landesarbeitsgericht bei der Berechnung der Differenzvergütung zu beurteilen haben, ob die an die Klägerin gezahlte Leistungszulage hierbei zu berücksichtigen ist.

323. Soweit danach Ansprüche der Klägerin entstanden sein sollten, wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, ob diese rechtzeitig iSd. § 37 Abs. 1 TVöD/VKA geltend gemacht worden sind. Nach dessen Abs. 1 verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von dem Beschäftigten schriftlich geltend gemacht werden. Für denselben Sachverhalt reicht nach § 37 Abs. 1 Satz 2 TVöD/VKA die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällige Leistungen aus.

33a) Macht eine Arbeitnehmerin einen Anspruch auf Vergütung nach einer bestimmten Entgeltgruppe innerhalb einer tariflichen Ausschlussfrist gegenüber ihrer Arbeitgeberin geltend und verlangt sie nicht zugleich hilfsweise Vergütung nach einer anderen, niedrigeren Entgeltgruppe, wahrt sie die tarifliche Ausschlussfrist für den Anspruch auf Vergütung nach der niedrigeren Entgeltgruppe grundsätzlich nicht. Etwas anderes gilt, wenn es sich bei den Entgeltgruppen um echte Aufbaufallgruppen handelt, die Begründetheit des Anspruchs nach der höheren Entgeltgruppe also denknotwendig die Erfüllung der Voraussetzungen der niedrigeren Entgeltgruppe voraussetzt. In einem solchen Fall ist der Anspruch auf Vergütung nach der niedrigeren Entgeltgruppe ein vom Anspruch auf Vergütung nach der höheren Entgeltgruppe umfasster Teilanspruch. Die Ausschlussfrist ist damit bei rechtzeitiger Geltendmachung einer Vergütung nach der höheren Entgeltgruppe auch für die Vergütung nach der niedrigeren Entgeltgruppe gewahrt ( - Rn. 53; ausf.  - zu II 1 c aa der Gründe).

34b) Vorliegend hat die Klägerin mit ihrem Geltendmachungsschreiben eine Vergütung nach Entgeltgruppe 3 TVöD/VKA verlangt. Das Landesarbeitsgericht wird - unter Berücksichtigung der maßgebenden Eingruppierungsvorschriften - festzustellen haben, ob darin auch die Geltendmachung einer Vergütung nach Entgeltgruppe 2 TVöD/VKA lag.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2024:240424.U.4AZR196.23.0

Fundstelle(n):
GAAAJ-73822