BGH Beschluss v. - 2 StR 416/23

Instanzenzug: LG Frankfurt Az: 5-28 KLs 13/22

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt. Zudem hat es die Einziehung eines Geldbetrages in Höhe von 17.650 Euro angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2Nach den Feststellungen organisierte der Angeklagte vom bis zum in elf Fällen unter Nutzung des kryptierten Messengerdienstes „A.    “ den Handel mit Kokain, Cannabis und Marihuana im Kilobereich. Ohne selbst bei den Abwicklungen der Drogengeschäfte vor Ort zu sein, betätigte er sich gleichsam als Makler, indem er gegen Provisionszahlungen Lieferanten und Käufer zusammenbrachte und gegebenenfalls Kuriere beauftragte. Abhängig von Art und Menge des gemakelten Rauschgifts hat das Landgericht den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen zu Einzelstrafen zwischen zehn Monaten und vier Jahren verurteilt und daraus eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten gebildet. Die Handelsmengen betrugen im Fall II. 4 der Urteilsgründe 5 kg Cannabis, in den Fällen II. 6 bis 8 der Urteilsgründe 4, 7 und 15 kg Marihuana und im Fall II. 9 der Urteilsgründe 5 kg Haschisch.

II.

31. Die erhobene Formalrüge bleibt aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwalts ohne Erfolg.

42. Die auf die Sachrüge gebotene Nachprüfung des Urteils führt zu der durch das Inkrafttreten des Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften vom (BGBl. I 2024, Nr. 109) erforderlich gewordenen Neufassung des Schuldspruchs in den Fällen II. 4 und II. 6 bis 9 der Urteilsgründe sowie zur Aufhebung der zugehörigen Einzelstrafen und der Gesamtstrafe.

5a) Die revisionsrechtliche Nachprüfung des Schuldspruchs hat gemäß § 2 Abs. 3 StGB i.V.m. § 354a StPO nach dem Maßstab des am in Kraft getretenen Cannabisgesetzes zu erfolgen (, juris Rn. 4).

6Das vom Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellte Tatgeschehen in den Fällen II. 4 und II. 6 bis 9 der Urteilsgründe unterfällt nicht mehr dem Betäubungsmittelgesetz. Vielmehr ist der Handel mit Cannabis nunmehr gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG strafbar. Anders als der Verbrechenstatbestand des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, der für den Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge einen Strafrahmen von einem bis 15 Jahren Freiheitsstrafe eröffnet, sieht der nunmehr als Regelbeispiel ausgestattete Vergehenstatbestand des § 34 Abs. 3 Nr. 4 KCanG für den Handel mit Cannabis in nicht geringer Menge lediglich noch einen Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe vor. Gemäß § 2 Abs. 3 StGB ist in den Fällen II. 4 und II. 6 bis 9 der Urteilsgründe das mildere Recht zu Grunde zu legen. Der Senat passt den Schuldspruch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 i.V.m. § 354a StPO an die am in Kraft getretenen rechtlichen Bestimmungen an.

7b) Die gesetzliche Neuregelung zwingt zur Aufhebung der Einzelstrafen in den Fällen II. 4 und II. 6 bis 9 der Urteilsgründe sowie zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs.

8Der Senat kann trotz des – angesichts der großen Cannabis-, Marihuana- und Haschischmengen – beachtlichen Schuldumfangs und des Umstands, dass das Landgericht die mindere Gefährlichkeit der gehandelten Betäubungsmittel ausdrücklich in den Blick genommen hat („weiche Droge“), nicht ausschließen, dass es bei Anwendung der Strafrahmen des KCanG niedrigere Einzel- und eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte.

9Die zum Strafausspruch gehörigen Feststellungen werden von der aufgrund der Gesetzesänderung notwendigen Aufhebung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe nicht berührt und können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO); sie können um solche ergänzt werden, die den bisher getroffenen nicht widersprechen.

10c) Die Einziehungsentscheidung bleibt von der Schuldspruchänderung unberührt.

113. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass für Cannabisprodukte der Grenzwert der nicht geringen Menge nach dem KCanG unverändert ab einer Wirkstoffmenge von 7,5 Gramm THC anzunehmen ist (BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 106/24, juris Rn. 7 ff.; vom – 5 StR 153/24, juris Rn. 11 ff. und vom – 2 StR 480/23, juris Rn. 27 ff.).

Menges                         Appl                           Zeng

                  Grube                        Schmidt

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:040624B2STR416.23.0

Fundstelle(n):
IAAAJ-73788