BGH Beschluss v. - 6 StR 220/24

Instanzenzug: LG Frankfurt (Oder) Az: 22 Ks 6/23

Gründe

1Das Landgericht hat die Angeklagte wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit vorsätzlichem unerlaubten Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt; außerdem hat es die Einziehung zweier Tatwaffen angeordnet und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Die auf die Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Die Verurteilung der Angeklagten wegen versuchten Mordes begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Der Generalbundesanwalt hat dazu in seiner Antragsschrift ausgeführt:

„Nach den durch die Strafkammer getroffenen Feststellungen gab die Angeklagte, die in jeder Hand eine Pistole hielt und sich der Geschädigten bis auf etwa 1,50 m näherte, unter billigender Inkaufnahme einer tödlichen Verletzung der Geschädigten zunächst einen Schuss in deren Richtung ab, der die Geschädigte verfehlte. Daraufhin brachte die Geschädigte die Angeklagte zu Boden und lösten sich in dem anschließenden Gerangel aus den Pistolen drei weitere Schüsse, von denen zwei Schüsse die Geschädigte verschiedentlich verletzten. Nachdem es der Geschädigten gelungen war, der Angeklagten eine Pistole zu entwinden, ließ die Angeklagte bei dem Gerangel die zweite ‚Waffe – infolge des festen Griffes der Geschädigten – schließlich fallen‘; zu weiteren Tätlichkeiten kam es nicht.

Die Strafkammer hat die Möglichkeit eines strafbefreienden Rücktritts (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 StGB) nicht in Betracht gezogen (…). Der Umstand, dass die Angeklagte, nachdem ihr durch die Geschädigte die erste Pistole entwunden worden war, auch die zweite Pistole fallen ließ, begründet für sich genommen weder einen Fehlschlag des Versuchs noch dessen Beendigung oder bei fehlender Beendigung dessen Aufgabe. Die Strafkammer hätte die insofern allein maßgebliche subjektive Sicht der Angeklagten nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung feststellen müssen (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Urteil vom – 6 StR 43/20; Beschlüsse vom – 6 StR 485/21 und vom – 6 StR 99/22).“

3Dem schließt sich der Senat an.

42. Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen versuchten Mordes entzieht der für sich genommen rechtsfehlerfreien Verurteilung der Angeklagten wegen der tateinheitlich verwirklichten Taten sowie dem Strafausspruch und der Einziehungsentscheidung die Grundlage. Die nur im Hinblick auf den Rücktrittshorizont unvollständigen, im Übrigen aber zum äußeren und inneren Tatgeschehen, insbesondere zum bedingten Tötungsvorsatz, rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO) und tragen die Adhäsionsentscheidung, die von der Aufhebung des Schuldspruchs unberührt bleibt (vgl. , BGHSt 52, 96; vom – 3 StR 470/14, Rn. 56; Beschlüsse vom – 5 StR 373/18, Rn. 7 ff.; vom – 4 StR 408/21, Rn. 9).

53. Das neue Tatgericht wird in den Blick zu nehmen haben, ob der Angeklagten als Ruhestandsbeamtin aufgrund der Verurteilung nicht unerhebliche beamtenrechtliche Folgen drohen, die regelmäßig strafmildernd zu berücksichtigen sind (vgl. etwa , Rn. 6; Urteil vom – 6 StR 299/22, NStZ-RR 2023, 365 mwN).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:100724B6STR220.24.0

Fundstelle(n):
TAAAJ-73297