BGH Beschluss v. - 3 StR 214/24

Instanzenzug: LG Kleve Az: 120 KLs 29/23

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt und die tatbetroffenen Rauschmittel eingezogen. Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen fuhr der Angeklagte am mit einem PKW von Amsterdam nach Deutschland. In dem Fahrzeug befanden sich - versteckt im Benzintank und jeweils zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt - 1.005 Gramm Kokain mit einer Wirkstoffmenge von 903 Gramm Kokainhydrochlorid und 11.333 Gramm Haschisch mit einer Wirkstoffmenge von 2.745 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC), was der Angeklagte für möglich hielt und des in Aussicht gestellten Kurierlohns wegen billigend in Kauf nahm.

II.

31. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und damit unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

42. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende materiellrechtliche Nachprüfung des Urteils führt zur Änderung des Schuldspruchs und der Aufhebung des Strafausspruchs.

5a) Der Schuldspruch hat keinen Bestand, da am das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (Konsumcannabisgesetz - KCanG) vom in Kraft getreten ist (BGBl. 2024 I Nr. 109). Die Rechtsänderung hat der Senat gemäß § 2 Abs. 3 StGB in Verbindung mit § 354a StPO zu berücksichtigen. Nach der Neuregelung unterfällt Cannabis nicht mehr dem Betäubungsmittelgesetz, sondern bestimmt sich die Strafbarkeit der hier zu beurteilenden Tat, soweit es das Haschisch betrifft, nach dem Konsumcannabisgesetz (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 142/24, juris Rn. 5; vom - 5 StR 115/24, juris Rn. 9).

6Die Tat ist in Bezug auf das verfahrensgegenständliche Kokain rechtsfehlerfrei als Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30 Abs. 1 Nr. 4, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, § 27 Abs. 1 StGB) bewertet worden. Nach nunmehr geltender Rechtslage tritt tateinheitlich eine Strafbarkeit wegen Einfuhr von Cannabis (§ 34 Abs. 1 Nr. 5 KCanG) und Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis (§ 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG, § 27 Abs. 1 StGB) hinzu.

7Die neue Rechtslage unter der Geltung des Konsumcannabisgesetzes ist bei dem nach § 2 Abs. 3 StGB gebotenen konkreten Gesamtvergleich im Einzelfall (vgl. hierzu , juris Rn. 5 mwN) für den Angeklagten günstiger als die nach dem Tatzeitrecht; sie ist daher gemäß § 2 Abs. 3 StGB in Verbindung mit § 354a StPO maßgeblich. Zwar ist nach ihr der Schuldspruch um eine tateinheitliche Verurteilung wegen Einfuhr von Cannabis und Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis zu ergänzen. Jedoch lässt die Herausnahme des tatgegenständlichen Haschischs aus der Strafbarkeit nach dem Betäubungsmittelgesetz und dessen gesonderte Erfassung durch eine entsprechende tateinheitliche Bestrafung nach dem Konsumcannabisgesetz aufgrund des geringeren Unrechts- und Schuldgehalts von Taten nach diesem Gesetz vorliegend Raum für eine mildere Bestrafung (vgl. , juris Rn. 7; zur Bedeutung des Günstigkeitsvergleichs auch für den Schuldspruch s. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 167/24; vom - 6 StR 150/22, NStZ-RR 2022, 200).

8Der Senat ändert den Schuldspruch deshalb in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO wie aus der Beschlussformel ersichtlich. Die Regelung des § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

9b) Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Es ist schon mit Blick auf die - auch im Vergleich zu dem tatbetroffenen Kokain große - Menge des tatbetroffenen Haschischs und dessen Wirkstoffanteil nicht auszuschließen, dass die hierauf bezogene Tathandlung des Angeklagten für das Landgericht bei der Zumessung der verhängten Strafe mitentscheidend gewesen ist. Auch wenn die Strafe gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 StGB weiterhin dem Strafrahmen des § 30 BtMG zu entnehmen ist, entzieht die gesetzgeberische Wertung eines reduzierten Unrechtsgehalts, die sich nicht zuletzt aus der in § 34 Abs. 1 und 3 KCanG vorgesehenen und gegenüber § 30 Abs.1 BtMG deutlich milderen Strafandrohung ergibt, der Strafe die Grundlage (vgl. , juris Rn. 9).

103. Die zugrundeliegenden Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen; sie können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).

114. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grundlage der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:100724B3STR214.24.0

Fundstelle(n):
CAAAJ-73161