Instanzenzug: LG Gera Az: 7 KLs 412 Js 5879/23 jug
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in 90 Fällen, des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in 213 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Jugendlichen, des Sichverschaffens jugendpornografischer Inhalte in 37 Fällen sowie des Besitzes jugendpornografischer Inhalte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine auf die Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützte Revision hat lediglich den aus der Beschlussformel ersichtlichen geringen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.
21. Die Verfahrensrüge versagt aus den in der Zuschrift des Generalbundesanwalts dargestellten Gründen.
32. Der Schuldspruch bedarf lediglich in den Fällen 339 und 341 der Urteilsgründe der Korrektur. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
4a) Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen forderte der Angeklagte in den Fällen 304 bis 341 der Urteilsgründe in der Zeit vom bis zum von der im Fall 304 der Urteilsgründe 15-jährigen, in den Fällen 305 bis 340 der Urteilsgründe 17-jährigen Nebenklägerin über einen Messengerdienst in insgesamt 37 Fällen, ihm von ihr gefertigte Nacktbilder mit jugendpornografischen Inhalten zu übersenden. In 16 dieser Fälle verschloss sich die Nebenklägerin der Aufforderung nicht. Letztmalig übersandte sie dem Angeklagten am zwei Bilder mit jugendpornografischen Inhalten (Fall 339 der Urteilsgründe). Die weitere Aufforderung des Angeklagten an die Nebenklägerin, ihm weitere jugendpornografische Bilder von sich zu schicken, blieb am erfolglos (Fall 340 der Urteilsgründe). Am 24. bzw. verfügte der Angeklagte auf seinen Mobiltelefonen wissentlich und willentlich über 85 weitere Bilddateien mit jugendpornografischen Inhalten, die die Nebenklägerin teils unbekleidet, teils mit entblößten Brüsten in sexualbezogenen Haltungen posierend abbildeten (Fall 341 der Urteilsgründe).
5b) Die Strafkammer ist zunächst rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass es der Angeklagte in den Fällen 304 bis 340 der Urteilsgründe durch 37 selbständige Handlungen unternahm, sich jugendpornografische Inhalte, die ein tatsächliches Geschehen wiedergeben, zu verschaffen (§ 184c Abs. 3 Var. 1 StGB), wodurch er in den Besitz von insgesamt 17 Bildern der Nebenklägerin mit jugendpornografischen Inhalten gelangte. Hingegen hält ihre weitere Wertung, der am 24. bzw. festgestellte Besitz von weiteren 85 Bildern der Nebenklägerin mit jugendpornografischen Inhalten (§ 184c Abs. 3 Var. 2 StGB) trete tatmehrheitlich neben die vorstehenden Verschaffungshandlungen, der revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand.
6aa) Zwar tritt der Besitztatbestand des § 184c Abs. 3 Var. 2 StGB konkurrenzrechtlich hinter dem Sichverschaffen jugendpornografischer Inhalte nach § 184c Abs. 3 Var. 1 StGB zurück (vgl. , juris Rn. 10). Jedoch stellt der gleichzeitige Besitz mehrerer kinderpornografischer Inhalte – für jugendpornografische Inhalte gilt nichts anderes – nur eine Tat dar, selbst wenn sich die Inhalte auf verschiedenen Datenträgern befinden (vgl. , NStZ-RR 2020, 172, 174 mwN). Dies hat zur Konsequenz, dass bei gleichzeitigem Besitz von sich verschafften jugendpornografischen Inhalten und weiteren, darüberhinausgehenden gespeicherten verbotenen Inhalten für eine tatmehrheitliche Verurteilung wegen Besitzes jugendpornografischer Inhalte kein Raum ist. Vielmehr tritt der weitergehende Besitz jugendpornografischer Inhalte in diesem Fall tateinheitlich neben die selbständigen Verschaffungstaten. Dabei hat der Besitz als Auffangtatbestand nicht die Kraft, die erfolgreichen Verschaffungsvorgänge zu einer Tat zu verklammern (vgl. hierzu , BGHR StGB § 184b Konkurrenzen 1).
7bb) Um jede Beschwer des Angeklagten auszuschließen, ändert der Senat den Schuldspruch dahingehend, dass die letzte erfolgreiche Verschaffungstat vom (Fall 339 der Urteilsgründe), anlässlich derer die Nebenklägerin dem Angeklagten auf dessen Aufforderung zwei Bilder mit jugendpornografischem Inhalt übersandte, mit dem am 24. bzw. festgestellten und – mangels weiterer Verschaffungstaten – naheliegenderweise bereits am bestehenden Besitz von 85 weiteren jugendpornografischen Inhalten tateinheitlich zusammenfällt. § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. Auch die Vorschrift des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO hindert die partielle Verböserung des Schuldspruchs nicht (vgl. , juris Rn. 53 mwN). Gleichzeitig hat die tatmehrheitliche Verurteilung wegen Besitzes jugendpornografischer Inhalte (Fall 341 der Urteilsgründe) und die hierfür zugemessene Einzelstrafe von 100 Tagessätzen zu je einem Euro zu entfallen.
83. Die Schuldspruchänderung berührt den Gesamtstrafenausspruch nicht. Der Senat kann bei einer Einsatzstrafe von fünf Jahren und den verbleibenden 339 weiteren Einzelstrafen, davon 89 Einzelstrafen zu je vier Jahren und sechs Monaten, 213 Einzelstrafen zwischen zwei Jahren und zwei Jahren sechs Monaten und 37 Geldstrafen ausschließen, dass das Tatgericht bei Wegfall der Einzelstrafe im Fall 341 der Urteilsgründe in Höhe von 100 Tagessätzen auf eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
94. Der geringfügige Erfolg der Revision lässt es nicht unbillig erscheinen, den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels und den hierdurch entstandenen Auslagen zu belasten (§ 473 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4, § 472 Abs. 1 StPO).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:040624B2STR101.24.0
Fundstelle(n):
LAAAJ-73158