Artikel 10 Verhinderung potenzieller negativer Auswirkungen
(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Unternehmen geeignete Maßnahmen ergreifen, um potenzielle negative Auswirkungen, die nach Artikel 8 ermittelt wurden oder hätten ermittelt werden müssen, im Einklang mit Artikel 9 und dem vorliegenden Artikel zu verhindern oder, falls sie nicht oder nicht unmittelbar verhindert werden können, angemessen zu mindern.
Bei der Festlegung der in Unterabsatz 1 genannten geeigneten Maßnahmen wird Folgendes gebührend berücksichtigt:
ob die potenziellen negativen Auswirkungen lediglich vom Unternehmen verursacht werden können, ob sie vom Unternehmen gemeinsam mit einem Tochterunternehmen oder einem Geschäftspartner durch Handlungen oder Unterlassungen verursacht werden können oder ob sie lediglich von einem Geschäftspartner des Unternehmens in der Aktivitätskette verursacht werden können;
ob die potenziellen negativen Auswirkungen im Zuge der Geschäftstätigkeit eines Tochterunternehmens, eines direkten Geschäftspartners oder eines indirekten Geschäftspartners eintreten können; und
ob das Unternehmen in der Lage ist, Einfluss auf den Geschäftspartner zu nehmen, der die potenziellen negativen Auswirkungen allein oder gemeinsam mit anderen verursachen kann.
(2) Die Unternehmen sind verpflichtet, erforderlichenfalls die folgenden geeigneten Maßnahmen zu ergreifen:
unverzügliche Entwicklung und Umsetzung eines Präventionsaktionsplans mit angemessenen und klar festgelegten Zeitplänen für die Umsetzung geeigneter Maßnahmen und mit qualitativen wie quantitativen Indikatoren für die Messung der Verbesserung, falls dies aufgrund der Art oder Komplexität der für die Verhinderung erforderlichen Maßnahmen notwendig ist; die Unternehmen können ihre Aktionspläne in Zusammenarbeit mit Industrieinitiativen bzw. Multi-Stakeholder-Initiativen entwickeln; der Präventionsaktionsplan wird an die Geschäftstätigkeit und die Aktivitätskette der Unternehmen angepasst;
Einholung vertraglicher Zusicherungen eines direkten Geschäftspartners, dass er die Einhaltung des Verhaltenskodexes des Unternehmens und erforderlichenfalls eines Präventionsaktionsplans sicherstellt, auch durch Einholung entsprechender vertraglicher Zusicherungen von dessen Partnern, soweit deren Tätigkeiten Teil der Aktivitätskette des Unternehmens sind; werden solche vertraglichen Zusicherungen gemacht, so findet Absatz 5 Anwendung;
Tätigung der erforderlichen finanziellen oder nichtfinanziellen Investitionen bzw. Vornahme der erforderlichen Anpassungen oder Verbesserungen, etwa bei den Einrichtungen, Produktionsprozessen oder anderen operativen Prozessen und bei der Infrastruktur;
Vornahme der erforderlichen Anpassungen oder Verbesserungen des eigenen Geschäftsplans, der Gesamtstrategien und Geschäftstätigkeit des Unternehmens, einschließlich der Beschaffungs-, Entwurfs- und Vertriebspraxis;
Leistung gezielter und angemessener Unterstützung für ein KMU, das ein Geschäftspartner des Unternehmens ist, indem unter anderem der Zugang zu Kapazitätsaufbau, Schulungen oder die Modernisierung von Managementsystemen bereitgestellt bzw. ermöglicht werden, sofern dies angesichts der Ressourcen, des Wissens und der Beschränkungen des KMU erforderlich ist, und indem gezielte und angemessene finanzielle Unterstützung geleistet wird, beispielsweise durch direkte Finanzierung, zinsgünstige Darlehen, Garantien für die fortgesetzte Beschaffung und Mitwirkung bei der Sicherstellung von Finanzierung, sofern durch die Einhaltung des Verhaltenskodexes oder des Präventionsaktionsplans die Tragfähigkeit des KMU gefährdet würde;
Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen im Einklang mit dem Unionsrecht, einschließlich des Wettbewerbsrechts, auch um erforderlichenfalls die Fähigkeit des Unternehmens zu verbessern, die negativen Auswirkungen zu verhindern oder zu mindern, insbesondere wenn keine andere Maßnahme geeignet oder wirksam ist.
(3) Unternehmen können erforderlichenfalls neben den in Absatz 2 aufgeführten Maßnahmen zusätzliche geeignete Maßnahmen ergreifen, etwa die Verständigung mit einem Geschäftspartner hinsichtlich der Erwartungen des Unternehmens in Bezug auf die Verhinderung und Minderung der potenziellen negativen Auswirkungen oder die Bereitstellung oder Ermöglichung des Zugangs zu Kapazitätsaufbau, Beratung, administrativer und finanzieller Unterstützung, etwa Darlehen oder Finanzierung, wobei die Ressourcen, das Wissen und die Beschränkungen des Geschäftspartners zu berücksichtigen sind.
(4) Im Hinblick auf potenzielle negative Auswirkungen, die durch die in Absatz 2 aufgeführten geeigneten Maßnahmen nicht verhindert oder angemessen gemindert werden konnten, kann das Unternehmen vertragliche Zusicherungen von einem indirekten Geschäftspartner einholen, um die Einhaltung des Verhaltenskodexes des Unternehmens oder eines Präventionsaktionsplans zu erreichen. Werden solche vertraglichen Zusicherungen gemacht, so findet Absatz 5 Anwendung;
(5) Die in Absatz 2 Buchstabe b und in Absatz 4 genannten vertraglichen Zusicherungen oder der Vertrag müssen von geeigneten Maßnahmen zur Überprüfung der Einhaltung flankiert werden. Zur Überprüfung der Einhaltung kann das Unternehmen eine Überprüfung durch unabhängige Dritte, einschließlich im Rahmen von Industrieinitiativen bzw. Multi-Stakeholder-Initiativen, in Anspruch nehmen.
Erteilt ein KMU vertragliche Zusicherungen oder wird ein Vertrag mit einem KMU geschlossen, so müssen die angewandten Bedingungen fair, angemessen und diskriminierungsfrei sein. Das Unternehmen muss ferner bewerten, ob die von einem KMU erteilten vertraglichen Zusicherungen von in Absatz 2 Buchstabe e genannten geeigneten Maßnahmen für KMU begleitet werden sollten. Werden Maßnahmen zur Überprüfung der Einhaltung in Bezug auf KMU durchgeführt, so trägt das Unternehmen die Kosten für die Überprüfung durch unabhängige Dritte. Wenn das KMU um Übernahme zumindest eines Teils der Kosten der Überprüfung durch unabhängige Dritte ersucht oder wenn das Unternehmen dem zustimmt, kann das KMU anderen Unternehmen die Ergebnisse einer solchen Überprüfung weitergeben.
(6) Im Hinblick auf die in Absatz 1 genannten potenziellen negativen Auswirkungen, die durch in den Absätzen 2, 4 und 5 festgelegte Maßnahmen nicht verhindert oder angemessen gemindert werden konnten, ist das Unternehmen verpflichtet, als letztes Mittel mit einem Geschäftspartner, von dem bzw. von dessen Aktivitätskette die Auswirkungen ausgehen, keine neuen Beziehungen mehr einzugehen bzw. bestehende Beziehungen nicht mehr auszubauen, und hat — wenn das für ihre Beziehungen maßgebende Recht dies vorsieht — als letztes Mittel folgende Maßnahmen zu ergreifen:
Es nimmt unverzüglich einen verstärkten Präventionsaktionsplan für die spezifischen negativen Auswirkungen an und setzt ihn um, indem die Geschäftsbeziehungen in Bezug auf die betreffenden Tätigkeiten vorübergehend ausgesetzt werden und so der Druck seitens des Unternehmens genutzt oder erhöht wird, sofern berechtigterweise davon auszugehen ist, dass diese Bemühungen kurzfristig erfolgreich sein werden; der Aktionsplan enthält für die Annahme und Umsetzung aller darin enthaltenen Maßnahmen einen spezifischen und angemessenen Zeitplan, innerhalb dessen das Unternehmen auch alternative Geschäftspartner suchen kann;
wenn berechtigterweise nicht davon auszugehen ist, dass diese Bemühungen erfolgreich sein würden, oder wenn die negativen Auswirkungen durch die Umsetzung des verstärkten Präventionsaktionsplans nicht verhindert oder gemindert wurden, beendet es die Geschäftsbeziehung in Bezug auf die betreffenden Tätigkeiten, wenn die potenziellen negativen Auswirkungen schwerwiegend sind.
Vor der vorübergehenden Aussetzung oder Beendigung der Geschäftsbeziehung bewertet das Unternehmen, ob berechtigterweise davon ausgegangen werden kann, dass die dadurch verursachten negativen Auswirkungen offensichtlich schwerwiegender ausfallen als die negativen Auswirkungen, die nicht verhindert oder angemessen gemindert werden konnten. Sollte dies der Fall sein, ist das Unternehmen nicht verpflichtet, die Geschäftsbeziehung auszusetzen oder zu beenden, und muss in der Lage sein, der zuständigen Aufsichtsbehörde eine hinreichende Begründung für diese Entscheidung vorzulegen.
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die ihrem Recht unterliegenden Verträge im Einklang mit Unterabsatz 1 die Möglichkeit der vorübergehenden Aussetzung oder der Beendigung der Geschäftsbeziehung vorsehen, es sei denn, es handelt sich um Verträge, zu deren Abschluss die Parteien gesetzlich verpflichtet sind.
Entscheidet das Unternehmen, die Geschäftsbeziehung vorübergehend auszusetzen oder zu beenden, so ergreift es Maßnahmen, um die Auswirkungen der Aussetzung oder Beendigung zu verhindern, zu mindern oder abzustellen, informiert den betroffenen Geschäftspartner in angemessener Weise und überprüft diese Entscheidung fortlaufend.
Entscheidet das Unternehmen im Einklang mit dem vorliegenden Artikel, die Geschäftsbeziehung nicht vorübergehend auszusetzen bzw. nicht zu beenden, so überwacht das Unternehmen die potenziellen negativen Auswirkungen und überprüft regelmäßig seine Entscheidung und ob weitere geeignete Maßnahmen zur Verfügung stehen.
Fundstelle(n):
zur Änderungsdokumentation
DAAAJ-72864