Instanzenzug: Az: 12 KLs 26/23
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „gewerbsmäßigen“ Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahre an eine Person unter 18 Jahren zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Hiergegen wendet er sich mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I.
2Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen verschaffte sich der Angeklagte spätestens ab Juni 2022 durch den Handel mit Drogen eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang. Am verkaufte er im öffentlichen Raum aus einem knapp 6 Gramm Marihuana umfassenden Depot gewinnbringend zunächst 0,9 Gramm an einen Erwachsenen und sodann weitere 0,9 Gramm an einen 17-Jährigen und dessen 15-jährigen Begleiter, deren Minderjährigkeit er erkannte.
II.
3Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende materiellrechtliche Prüfung des Urteils führt zur Änderung des Schuld- und Aufhebung des Strafausspruchs.
41. Der Schuldspruch hat keinen Bestand, weil das Landgericht den Angeklagten für seinen Umgang mit Marihuana - entsprechend der zum Urteilszeitpunkt geltenden Rechtslage - nach dem Betäubungsmittelgesetz verurteilt hat. Am ist jedoch das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (Konsumcannabisgesetz - KCanG) vom in Kraft getreten (BGBl. I Nr. 109). Diese Rechtsänderung ist nunmehr gemäß § 2 Abs. 3 StGB in Verbindung mit § 354a StPO zu berücksichtigen. Nach der Neuregelung unterfällt Cannabis nicht mehr dem Betäubungsmittelgesetz, sondern bestimmt sich die Strafbarkeit der hier zu beurteilenden Tat nach dem Konsumcannabisgesetz (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 5 StR 1/24, juris Rn. 4; vom - 6 StR 24/24, juris Rn. 5; Patzak/Möllinger, NStZ 2024, 321).
5Die vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen belegen unter der Geltung des Konsumcannabisgesetzes ein Handeltreiben mit Cannabis gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG. Dadurch, dass der Angeklagte gewerbsmäßig agierte und Marihuana als Erwachsener an einen Jugendlichen verkaufte, verwirklichte er jeweils ein Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall (§ 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 und 3 Buchst. a KCanG), der im Schuldspruch allerdings nicht zum Ausdruck zu bringen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 5 StR 481/23, juris Rn. 7; vom - 5 StR 1/24, juris Rn. 5; KK-StPO/Tiemann, 9. Aufl., § 260 Rn. 31 mwN).
6Die neue Rechtslage unter dem Konsumcannabisgesetz ist bei dem nach § 2 Abs. 3 StGB gebotenen konkreten Gesamtvergleich im Einzelfall (st. Rspr.; vgl. , NZWiSt 2024, 187 Rn. 70; vom - 5 StR 372/21, BGHSt 67, 130 Rn. 12 f. mwN; Patzak/Möllinger, NStZ 2024, 321, 327) für den Angeklagten günstiger als diejenige nach dem Tatzeitrecht; sie ist daher gemäß § 2 Abs. 3 StGB in Verbindung mit § 354a StPO maßgeblich. Denn die Strafkammer hat § 29 Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 1 BtMG zur Anwendung gebracht und ihrer Strafzumessung den dort normierten Rahmen von einem Jahr bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe zugrunde gelegt. § 34 Abs. 3 KCanG sieht demgegenüber Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren vor.
7Der Senat ändert den Schuldspruch in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO wie aus der Beschlussformel ersichtlich. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
82. Der Strafausspruch unterliegt angesichts der nunmehr gebotenen Anwendung des milderen Strafrahmens der Aufhebung. Die Feststellungen sind dagegen rechtsfehlerfrei getroffen und können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Soweit die Strafkammer zu Gunsten des Angeklagten gewertet hat, dass es sich bei Marihuana um eine weiche Droge handelt, und damit einen unter der Geltung des Konsumcannabisgesetzes nicht mehr statthaften Strafzumessungsgrund herangezogen hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 154/24, juris Rn. 10; vom - 6 StR 116/24, juris Rn. 5; vom - 6 StR 132/24, juris Rn. 5), liegt darin keine Tatsachenfeststellung. Das zur neuen Verhandlung und Entscheidung berufene Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:090724B3STR220.24.0
Fundstelle(n):
YAAAJ-72831