BAG Urteil v. - 4 AZR 142/23

Eingruppierung eines Vorarbeiters bei den Stationierungsstreitkräften

Leitsatz

Für die Eingruppierung eines Vorarbeiters bei den Stationierungsstreitkräften nach § 57 Ziffer 2 Buchst. a TV AL II (juris: ALTV 2) ist als Mindesteingruppierung die zutreffende Lohngruppe des höchst eingruppierten Arbeiters maßgebend, mit dessen Einsatz nach einer von dem Arbeitgeber getroffenen Organisationsentscheidung in einer von dem Vorarbeiter geleiteten Arbeitsgruppe zu rechnen ist.

Gesetze: § 52 Ziff 1 Buchst a ALTV 2, § 51 Ziff 3 ALTV 2, § 56 ALTV 2, § 57 Ziff 2 Buchst a ALTV 2, § 1 TVG

Instanzenzug: ArbG Kaiserslautern Az: 2 Ca 770/21 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Az: 1 Sa 50/22 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.

2Die Beklagte ist die Bundesrepublik Deutschland in Prozessstandschaft für die Vereinigten Staaten von Amerika. Der Kläger, der die Gesellenprüfung im Ausbildungsberuf Straßenbauer bestanden hat, ist seit dem bei deren Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (US-Stationierungsstreitkräfte) als Straßenbauer beschäftigt. Für das Arbeitsverhältnis gilt kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der Tarifvertrag für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV AL II).

3Der Kläger ist in seiner Beschäftigungsdienststelle der Abteilung Operations Management Vertical Section zugeordnet, die Arbeiter unterschiedlicher Berufsgruppen umfasst. Er ist einer von zwei Vorarbeitern einer Gruppe von insgesamt 14 Beschäftigten, die für Straßenbauarbeiten herangezogen werden. Der Einsatz erfolgt abhängig vom jeweiligen Baustellenauftrag in wechselnden Baukolonnen von vier bis sechs Arbeitern und einem Vorarbeiter. Die Baukolonnen werden durch einen Meister zusammengestellt.

4In den vergangenen Jahren gehörte der Arbeitnehmer V zeitweise den vom Kläger geleiteten Baukolonnen an, und zwar im vierten Quartal 2019 an 22 Tagen, im Jahr 2020 an 87 Tagen und im Zeitraum von Januar bis Oktober 2021 an 69 Tagen. Dieser wird nach Lohngruppe 7 der Gewerbegruppe A 4 TV AL II (Lohngruppe 7 TV AL II) vergütet, die anderen Straßenbauer nach Lohngruppe 6 der Gewerbegruppe A 4 TV AL II (Lohngruppe 6 TV AL II). Der Kläger erhält eine Vergütung nach Lohngruppe 6 TV AL II und einen auf Grundlage dieser Vergütung berechneten Vorarbeiterzuschlag. Mit Schreiben vom machte er erfolglos eine Höhergruppierung in Lohngruppe 7 TV AL II geltend.

5Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei gemäß § 57 Ziffer 2 Buchst. a TV AL II ebenso wie der Arbeitnehmer V nach Lohngruppe 7 TV AL II zu vergüten und könne einen nach dieser Vergütung berechneten Vorarbeiterzuschlag beanspruchen. Zu seiner Arbeitsgruppe iSd. Tarifvorschrift zählten alle Straßenbauer. Im zweiten Rechtszug hat der Kläger weiterhin geltend gemacht, er erfülle die Anforderungen der Lohngruppe 7 auch nach § 56 TV AL II. Er habe den für mehrere Baustellen zuständigen Supervisor nicht nur im Urlaubs- oder Krankheitsfall auf der Baustelle zu vertreten, für die er die Vorarbeiterfunktion ausübe, sondern bei jeder Abwesenheit von dieser Baustelle und daher zeitlich überwiegend. In dieser Funktion obliege ihm das Aufschreiben der Arbeitsstunden, die Baustellenaufsicht, die Koordination der Baustelle einschließlich der Festlegung der Arbeitsabläufe und der Führung des Bautagebuchs, die Materialermittlung und -bestellung sowie die Ersatzteilbestellung und die Ersatzbeschaffung für defekte Maschinen, die Anforderung von zusätzlichem Personal, die Teilnahme an Baubesprechungen, das Eskortieren von Baustellenbesuchern und Fremdfirmen und schließlich die Bedienung und Wartung von Spezialmaschinen. Die fachlichen Anforderungen gingen über diejenigen mit seiner Tätigkeit als Facharbeiter verbundenen hinaus.

6Der Kläger hat zuletzt beantragt,

7Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und den Standpunkt eingenommen, Arbeitsgruppe sei die jeweilige Baukolonne. Der Arbeitnehmer V sei kein Arbeiter der Arbeitsgruppe des Klägers, da er dort nicht zeitlich überwiegend eingesetzt sei. Zudem sei er fehlerhaft in Lohngruppe 7 TV AL II eingruppiert und werde nur aus Gründen des Bestandsschutzes nach Lohngruppe 7 TV AL II vergütet. Für die Eingruppierung eines Vorarbeiters iSd. § 57 TV AL II sei die tariflich zutreffende Eingruppierung des Arbeiters maßgebend. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass die auszuübende Tätigkeit des Arbeitnehmers V die Anforderungen der Lohngruppe 7 TV AL II erfülle.

8Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und in den Entscheidungsgründen ausgeführt, die Eingruppierung des Klägers in Lohngruppe 7 TV AL II ergebe sich zwar nicht aus § 56 TV AL II, aber nach § 57 TV AL II. Die Beklagte verfolgt mit ihrer Revision ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger begehrt mit seiner Revision, hilfsweise Anschlussrevision, seiner Klage unter dem Gesichtspunkt des § 56 TV AL II zu entsprechen.

Gründe

9Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet, die der Beklagten überwiegend unbegründet.

10A. Die Revisionen beider Parteien sind aufgrund der Zulassung im Tenor der angefochtenen Entscheidung statthaft (§ 72 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) und auch im Übrigen zulässig. Die Anschlussrevision des Klägers fällt daher nicht zur Entscheidung an.

11I. Der Kläger hat seine Revision fristgerecht eingelegt und begründet.

121. Nach § 74 Abs. 1 Satz 1 ArbGG beträgt die Frist für die Einlegung der Revision einen Monat, die Frist für die Begründung der Revision zwei Monate. Die Frist beginnt nach § 74 Abs. 1 Satz 2 ArbGG mit Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Bei Zustellung eines Berufungsurteils ohne oder mit fehlerhafter Rechtsmittelbelehrung beginnt der Fristlauf mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung ( - Rn. 9; - 8 AZR 492/03 - zu B IV der Gründe, BAGE 112, 286).

132. Danach hat der Kläger mit der Einlegung und Begründung seiner am beim Bundesarbeitsgericht eingegangenen Revision gegen das am verkündete und ihm am zugestellte Berufungsurteil die Fristen des § 74 Abs. 1 ArbGG gewahrt. Das Berufungsurteil enthält keine Rechtsmittelbelehrung, sondern nur einen Hinweis auf den Rechtsbehelf der Nichtzulassungsbeschwerde. Damit begann der Fristlauf für die Einlegung und Begründung der Revision erst am .

14II. Die Revision ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere verfolgt der Kläger mit seiner Revision die Beseitigung einer Beschwer durch das angefochtene Berufungsurteil. Seine Anschlussrevision, die unter der zulässigen - aber nicht eingetretenen - innerprozessualen Bedingung der Zurückweisung der Revision als unzulässig steht, fällt daher nicht zur Entscheidung an.

151. Die Zulässigkeit eines Rechtsmittels setzt voraus, dass der Rechtsmittelführer durch die angefochtene Entscheidung beschwert ist und mit seinem Rechtsmittel gerade die Beseitigung dieser Beschwer begehrt ( - Rn. 11 mwN). Ob eine Beschwer vorliegt, bestimmt sich nach dem rechtskraftfähigen Inhalt der Entscheidung (vgl.  - Rn. 22;  - Rn. 5). Zur Bestimmung der materiellen Rechtskraft einer Entscheidung (§ 322 Abs. 1 ZPO) ist nicht nur auf den Urteilstenor abzustellen; dieser kann vielmehr unter Heranziehung der Entscheidungsgründe ausgelegt werden ( - zu II 1 der Gründe).

162. Mit seiner Revision wendet sich der Kläger gegen die Zurückweisung seiner Anschlussberufung, mit der er einen auf § 56 TV AL II gestützten weiteren prozessualen Anspruch in das Berufungsverfahren eingebracht hat. Durch dessen Abweisung ist der Kläger beschwert.

17a) Das Klagebegehren wird auf § 56 TV AL II und § 57 Ziffer 2 Buchst. a TV AL II und damit auf zwei Anspruchsgrundlagen mit unterschiedlichen Lebenssachverhalten gestützt. Damit liegen zwei Streitgegenstände vor.

18aa) Nach dem für den Zivil- und Arbeitsgerichtsprozess geltenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff wird der Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens durch den konkret gestellten Antrag (Klageantrag) und den ihm zugrundeliegenden Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt. Der Streitgegenstand iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erfasst alle Tatsachen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden, den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtungsweise zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens dem Gericht unterbreitet hat ( - Rn. 25; - 3 AZR 281/18 - Rn. 46, BAGE 168, 345). Eine Mehrheit von Streitgegenständen liegt vor, wenn die materiell-rechtliche Regelung die zusammentreffenden Ansprüche durch eine Verselbstständigung der einzelnen Lebensvorgänge erkennbar unterschiedlich ausgestaltet ( - Rn. 13, 15 mwN, BAGE 164, 201).

19bb) Die maßgebenden Tätigkeitsmerkmale - soweit hier von Bedeutung - lauten in der seit dem geltenden Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 49 zum TV AL II vom :

20cc) Die beiden Vorschriften sind strukturell unterschiedlich ausgestaltet und knüpfen an verschiedene Lebenssachverhalte an. § 56 TV AL II gilt für die Eingruppierung aller Arbeiter einschließlich der Vorarbeiter. Diese richtet sich nach den Anforderungen der Tätigkeit. Demgegenüber enthält § 57 Ziffer 2 Buchst. a TV AL II eine Sonderregelung, die - wie die Formulierung „zumindest“ zeigt - eine Mindesteingruppierung für Vorarbeiter bestimmt, die von der Eingruppierung des höchst eingruppierten Arbeiters der betreffenden Arbeitsgruppe abhängt.

21b) Das Landesarbeitsgericht hat - auch wenn dies im Tenor keinen Ausdruck gefunden hat - den im Wege einer zulässigen Anschlussberufung eingeführten und auf § 56 TV AL II gestützten prozessualen Anspruch zurückgewiesen. Der Kläger hatte im ersten Rechtszug, in dem er für sein Begehren allein § 57 Ziffer 2 Buchst. a TV AL II herangezogen hatte, obsiegt. Er konnte daher sein weiteres Klagebegehren, ihm stehe auch nach § 56 TV AL II ein Entgelt nach Lohngruppe 7 TV AL II zu, im Berufungsrechtszug nur im Wege der Anschlussberufung in das Verfahren einbringen (zu dieser Anforderung sh. etwa  - Rn. 15). Sein Schriftsatz vom , mit dem er die Klage zusätzlich auf § 56 TV AL II gestützt hat, ist daher als Anschlussberufung iSv. § 524 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu verstehen (vgl.  - Rn. 42 ff.). Eine ausdrückliche Erklärung, es werde Anschlussberufung eingelegt, ist nach § 524 Abs. 1 ZPO nicht erforderlich ( - Rn. 16).

22B. Das Landesarbeitsgericht hat die Anschlussberufung des Klägers zu Recht und die Berufung der Beklagten ganz überwiegend zutreffend zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist mit dem Hauptbegehren unbegründet und hinsichtlich des Hilfsbegehrens bis auf einen geringen Betrag begründet.

23I. Die Klage ist zulässig.

241. Die Klage ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Es liegt kein Fall einer unzulässigen alternativen Klagehäufung vor (dazu  - Rn. 18 mwN; grdl.  - Rn. 13, BGHZ 189, 56). Der Kläger hat in der Verhandlung vor dem Senat klargestellt, dass er seine Klage vorrangig auf § 56 TV AL II und nur hilfsweise auf § 57 Ziffer 2 Buchst. a TV AL II stützt.

252. Der Feststellungsantrag ist als übliche Eingruppierungsfeststellungsklage (vgl.  - Rn. 10 mwN) zulässig.

263. Das auf § 56 TV AL II gestützte Klagebegehren konnte durch die zulässige Anschlussberufung in das Verfahren eingeführt werden.

27a) Nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist eine Anschlussberufung bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung zulässig. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren ist § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO nach § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG entsprechend anwendbar. Für die Berufungsbeantwortung gilt anstelle der „gesetzten“ die durch § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG bestimmte gesetzliche Frist ( - Rn. 27, BAGE 175, 257).

28b) Die am eingelegte Anschlussberufung war nicht verspätet. Dem Kläger wurde zwar die Berufungsbegründung der Beklagten am zugestellt. Fristen zur Berufungsbeantwortung und zur Einlegung der Anschlussberufung sind aber nicht in Lauf gesetzt worden. Das Berufungsgericht hat dem berufungsbeklagten Kläger nicht mit der Zustellung der Berufungsbegründung den nach § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG gebotenen Hinweis auf die Berufungsbeantwortungsfrist erteilt (vgl.  - Rn. 27, BAGE 175, 257). Mit dem vom Landesarbeitsgericht vorgefertigten Empfangsbekenntnis hat der Kläger nur bestätigt, die Berufungsbegründungsschrift erhalten zu haben. Die Erteilung eines Hinweises nach § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG (vgl. zu dieser Anforderung  - Rn. 19 mwN) ergibt sich weder aus dem Empfangsbekenntnis noch ist dies sonst ersichtlich.

29c) Das Landesarbeitsgericht hat über den Antrag in der Sache entschieden. In entsprechender Anwendung von § 268 ZPO ist in der Revisionsinstanz nicht mehr zu prüfen, ob die Klageerweiterung iSv. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG iVm. § 533 ZPO zulässig ist (vgl.  - Rn. 20 mwN).

30II. Der Kläger ist nicht nach § 56 TV AL II, aber gemäß § 57 Ziffer 2 Buchst. a TV AL II nach Lohngruppe 7 der Gewerbegruppe A 4 TV AL II zu vergüten. Damit steht ihm für die Monate Januar bis September 2021 jeweils eine Differenzvergütung iHv. 192,58 Euro brutto nebst Zinsen zu. Das weitergehende Zahlungsbegehren ist unbegründet.

311. Für das Arbeitsverhältnis der Parteien gelten kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit die Vorschriften des Tarifvertrags für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV AL II) (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG).

322. Der Kläger kann nicht auf Grundlage der Lohngruppe 7 des § 56 TV AL II eine entsprechende Vergütung verlangen.

33a) Nach § 51 Ziffer 2 TV AL II wird der Arbeitnehmer in diejenige Lohn- oder Gehaltsgruppe eingruppiert, die durch Vergleich seiner Tätigkeit mit den zu jeder Gruppe tarifvertraglich vereinbarten Tätigkeitsmerkmalen ermittelt wird. Aus der Erfüllung der tariflichen Tätigkeitsmerkmale folgt unmittelbar ein entsprechender tariflicher Vergütungsanspruch (sog. Tarifautomatik, vgl. dazu zB  - Rn. 12; - 4 AZR 468/14 - Rn. 22 mwN, BAGE 154, 83; implizit zum TV AL II etwa  - Rn. 10). Entgegen dem Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bedarf es neben der Zuweisung der Tätigkeit keines „kommunikativen Akts“ als gestaltende und konstitutive Handlung des Arbeitgebers, um die Eingruppierung und damit den Vergütungsanspruch herbeizuführen. Zwar ist der Wortlaut des § 51 Ziffer 2 TV AL II, in dem es - anders als etwa in § 12 Abs. 2 TVöD/VKA oder § 12 Abs. 1 Satz 3 TV-L („ist … eingruppiert“) - heißt, der „Arbeitnehmer wird … eingruppiert“, nicht eindeutig. Der Grundsatz der Tarifautomatik kommt aber in anderen Bestimmungen des TV AL II deutlich zum Ausdruck. Gemäß § 51 Ziffer 3 Buchst. b TV AL II ist für die Eingruppierung nach Ziffer 2 die überwiegende Tätigkeit des Arbeitnehmers maßgebend. Danach ist mit der nicht nur vorübergehenden Zuweisung einer Tätigkeit die Eingruppierung als bloßer Akt der Rechtsanwendung unmittelbar verbunden. Weiterhin ergibt sich aus § 52 Ziffer 1 Buchst. a TV AL II, wonach der Arbeitnehmer in seinem Lohntarif/Gehaltstarif höhergruppiert oder herabgruppiert wird, wenn er eine höher oder niedriger zu bewertende Tätigkeit nicht nur vorübergehend ausübt, dass für die Umgruppierung - ebenso wie für die Eingruppierung - allein die auszuübende Tätigkeit maßgebend ist. Ein abweichendes Verständnis folgt nicht aus § 64 Satz 1 TV AL II. Diese Vorschrift räumt dem Arbeitnehmer lediglich die Möglichkeit ein, die vom Arbeitgeber angenommene Eingruppierung überprüfen zu lassen.

34b) Das Landesarbeitsgericht hat keine Feststellungen getroffen, ob der Kläger eine einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit oder mehrere getrennt zu bewertende Teiltätigkeiten auszuüben hat (zu den Maßstäben zur Bestimmung  - Rn. 27 f. [zum TVöD-NRW]) und in welchem zeitlichen Umfang er den Supervisor auf der Baustelle, auf der er die Vorarbeitertätigkeit wahrnimmt, vertritt. Das kann jedoch dahinstehen, da der Kläger unter keinem denkbaren Zuschnitt eine Entlohnung nach der Lohngruppe 7 TV AL II iVm. § 56 TV AL II beanspruchen kann.

35c) Die tariflichen Anforderungen der Ausgangslohngruppe 6 des § 56 TV AL II, auf denen die Merkmale der Lohngruppe 7 TV AL II aufbauen (sh. dazu  - Rn. 22; - 4 AZR 534/07 - Rn. 17 mwN), liegen vor. Das Landesarbeitsgericht konnte sich auf eine pauschale, summarische Prüfung beschränken. Eine solche ist ausreichend, wenn - wie vorliegend - über die Tätigkeit eines Arbeiters zwischen den Parteien kein Streit besteht und sie das maßgebende Tätigkeitsmerkmal übereinstimmend als erfüllt ansehen (st. Rspr., zuletzt zB  - Rn. 32 mwN; zum TV AL II vgl.  - aaO). Der Kläger hat eine dreijährige Ausbildung als Straßenbauer (vgl. § 2 Abs. 1 iVm. § 1 Abs. 1 Nr. 4a der Verordnung über die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft vom , BGBl. I S. 1102) abgeschlossen und ist in dem erlernten Beruf länger als zwei Jahre eingesetzt. Er übt seine Tätigkeit selbstständig aus; davon ist aufgrund seiner Vorarbeiterstellung auszugehen.

36d) Das Landesarbeitsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, der Kläger habe nicht dargelegt, seine Tätigkeiten erfüllten die tariflichen Anforderungen der Lohngruppe 7 des § 56 TV AL II.

37aa) Die Lohngruppe 7 des § 56 TV AL II setzt voraus, dass die vom Arbeiter auszuübende Tätigkeit über die fachlichen Anforderungen der Lohngruppe 6 TV AL II hinausgeht.

38(1) Ein Hinausgehen „über die fachlichen Anforderungen der Lohngruppe 6“ TV AL II kann nicht nur dann vorliegen, wenn der Arbeiter Tätigkeiten ausführt, die nicht zum Berufsbild des von ihm erlernten Berufs gehören, sondern auch dann, wenn er in seinem Beruf besondere Leistungen erbringt und hierbei erhöhten Anforderungen gerecht zu werden hat ( - Rn. 12; - 4 AZR 534/88 -; - 4 AZR 769/87 -). Weiterhin können besondere Leistungen innerhalb des erlernten Berufs, die über die Selbstständigkeit iSd. Lohngruppe 6 TV AL II hinausgehen, eine Zuordnung zur Lohngruppe 7 TV AL II begründen. Damit wird inhaltlich auch auf den Schwierigkeitsgrad der ausgeführten Arbeiten abgestellt. Unter schwierigen Aufgaben in diesem Sinne sind solche zu verstehen, die in herausgehobener und über die entsprechenden Erfordernisse der niedrigeren Lohngruppe hinausreichender Weise fachliche Anforderungen stellen. Diese können etwa in der Breite des geforderten fachlichen Wissens und Könnens, den erforderlichen Spezialkenntnissen, außergewöhnlichen Erfahrungen oder sonstigen Qualifizierungen vergleichbarer Wertigkeit bestehen ( - aaO; - 4 AZR 534/88 -).

39(2) Das Urteil des Landesarbeitsgerichts unterliegt, soweit es sich um die Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs des „Hinausgehens“ handelt, lediglich einer eingeschränkten Überprüfung. Es kann in der Revisionsinstanz nur dahingehend überprüft werden, ob es den Rechtsbegriff als solchen erkannt und ihn bei der Subsumtion beibehalten hat, ob es Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat sowie darauf, ob es in sich widerspruchsfrei ist (BAG - 4 AZR 534/88 -; - 4 AZR 769/87 -; zur Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe  - Rn. 35, BAGE 174, 179).

40bb) Im Eingruppierungsrechtsstreit obliegt dem klagenden Arbeiter nach den allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen die Darlegungslast. Vertritt er die Auffassung, seine Tätigkeit erfülle die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals einer höheren als der vom Arbeitgeber angenommenen Lohngruppe, hat er, je nach Lage und Erfordernissen des Einzelfalls, diejenigen Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfall zu beweisen, die den rechtlichen Schluss zulassen, die tariflichen Anforderungen des beanspruchten Tätigkeitsmerkmals seien erfüllt. Hierzu hat der Arbeiter die ihm übertragenen Aufgaben im Einzelnen darzustellen. Das ist allerdings dann nicht ausreichend, wenn dieses Vorbringen aufgrund der tariflichen Tätigkeitsmerkmale noch keine Rückschlüsse darauf zulässt, ob und inwieweit der Arbeiter über die Merkmale der Ausgangslohngruppe hinaus auch qualifizierende tarifliche Anforderungen der von ihm begehrten höheren Lohngruppe erfüllt. Das ist ua. dann der Fall, wenn das Tätigkeitsmerkmal dieser höheren Lohngruppe - wie hier - auf dem einer niedrigeren aufbaut und eine zusätzliche tarifliche Anforderung - „Qualifikationsmerkmal“ - vorsieht und sich deren genauer Inhalt erst durch eine Darstellung der Tätigkeit in der Ausgangslohngruppe und deren Anforderungen erschließt. Dann ist über die Darstellung der übertragenen Aufgaben hinaus ein Vorbringen erforderlich, das erkennen lässt, wodurch sich eine bestimmte Tätigkeit von der in der Ausgangslohngruppe bewerteten „Normaltätigkeit“ unterscheidet. Dieses muss dem Gericht einen Vergleich zwischen der „Normaltätigkeit“ und der unter das höher bewertete Tarifmerkmal fallenden erlauben (vgl.  - Rn. 42; ausf. - 4 AZR 252/19 - Rn. 30 bis 33 mit umfangr. Nachw.).

41cc) Nach den vorstehenden Grundsätzen ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

42(1) Das Landesarbeitsgericht ist von dem richtigen Rechtsbegriff ausgegangen und hat ihn auch bei der Subsumtion beibehalten. Hinsichtlich einer Leitungsfunktion des Klägers als Vorarbeiter hat es ausgeführt, dieser habe nicht dargelegt, welchen über die Lohngruppe 6 TV AL II hinausgehenden fachlichen Anforderungen er gerecht werden müsse. Der Umstand, dass das Landesarbeitsgericht sich in diesem Zusammenhang ausdrücklich nur zu berufsfachlichen Qualifikationen verhalten hat, rechtfertigt entgegen der Auffassung des Klägers nicht die Annahme, es habe den Begriff „Hinausgehen“ dementsprechend eingeengt und sonstige Anforderungen unberücksichtigt gelassen. Dagegen spricht auch, dass das Berufungsgericht hinsichtlich der mit der Vertretung des Supervisors verbundenen Aufsichts-, Planungs- und Organisationsaufgaben ausgeführt hat, der Kläger habe nicht dargelegt, dass die damit verbundenen Anforderungen fachlich über die schon nach Lohngruppe 6 TV AL II zu erfüllenden hinausgingen.

43(2) Das Landesarbeitsgericht hat auch keine Denkgesetze oder allgemeinen Erfahrungssätze verletzt. Der Kläger macht insoweit ohne Erfolg geltend, es könne kein Zweifel daran bestehen, dass Tätigkeiten, die dem Berufsbild des Meisters zuzuordnen seien, eine Qualifizierung gegenüber dem Berufsbild eines Straßenbauers darstellten. Es ist schon nicht erkennbar, dass die vom Kläger behaupteten, mit der Wahrnehmung der Vorarbeiterfunktion und der Vertretung des Supervisors verbundenen Tätigkeiten diesem Berufsbild zuzuordnen sind. Jedenfalls ist von dem Kläger nicht dargetan, die Anforderungen gingen fachlich über die schon nach Lohngruppe 6 TV AL II zu erfüllenden hinaus oder seien besondere Leistungen. Es ergibt sich nicht, welche konkreten Tätigkeiten und Anforderungen mit den Aufgaben verbunden sind und inwiefern sich diese von der „Normaltätigkeit“ der Lohngruppe 6 TV AL II unterscheiden.

443. Der Kläger ist allerdings gemäß § 57 Ziffer 2 Buchst. a TV AL II nach der Lohngruppe 7 TV AL II zu vergüten.

45a) Der Kläger ist nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts als Vorarbeiter iSv. § 57 Ziffer 2 Buchst. a TV AL II tätig. An diese Rechtstatsache ist der Senat gebunden, § 559 Abs. 2 ZPO (vgl. dazu  - Rn. 31, BAGE 167, 264). Die Tätigkeit als Vorarbeiter hat der Kläger unabhängig davon, in welchem zeitlichen Umfang er den Supervisor auf der Baustelle zu vertreten hat, während seiner gesamten Arbeitszeit auszuüben. Sollte der Kläger den Supervisor nur im Urlaubs- und Krankheitsfall vertreten, wäre für die Eingruppierung des Klägers nur die Tätigkeit als Vorarbeiter von Bedeutung. Hätte der Kläger - wie er geltend macht - den Supervisor zeitlich überwiegend zu vertreten, wären die Zeiten, in denen der Kläger ausschließlich die Aufgabe des Vorarbeiters wahrnimmt, und die Zeiten, in welchen der Kläger über die fachliche Anleitung der Arbeitsgruppe hinaus Aufgaben des Supervisors auf der Baustelle wahrnimmt, ggf. als Teiltätigkeiten getrennt zu beurteilen (vgl. zum Arbeitsvorgang  - Rn. 19 ff.). Dies änderte aber nichts daran, dass dem Kläger nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die Tätigkeit als Vorarbeiter während der gesamten Dauer seiner Arbeitszeit zugewiesen ist. Er muss während seiner gesamten Arbeitszeit damit rechnen, die Vorarbeitertätigkeit ausüben zu müssen.

46b) Der Kläger ist wie der höchst eingruppierte Arbeiter seiner Arbeitsgruppe - der Arbeitnehmer V - in Lohngruppe 7 TV AL II eingruppiert.

47aa) Eine Arbeitsgruppe iSv. § 57 Ziffer 2 Buchst. a TV AL II ist die Gruppe von Personen, die gemeinsam unter der Leitung eines Vorarbeiters eine Aufgabe erledigt.

48(1) Der Tarifvertrag definiert den Begriff „Arbeitsgruppe“ nicht. Bei der Auslegung ist anzunehmen, dass ein Begriff in dem Sinne verwendet wird, der dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem der beteiligten Kreise entspricht, wenn nicht sichere Anhaltspunkte für eine abweichende Auslegung gegeben sind ( - Rn. 35 mwN). Nach dem allgemeinen Sprachverständnis ist unter Arbeitsgruppe eine Personengruppe zu verstehen, die gemeinsam (und arbeitsteilig) an etwas arbeitet oder etwas bearbeitet (vgl. Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Stichwort: „Arbeitsgruppe“; sh. auch  - zu II 2 a der Gründe).

49(2) Der Regelungszusammenhang mit § 57 Ziffer 1 TV AL II bestätigt, dass die Tarifvertragsparteien von diesem Begriff der Arbeitsgruppe ausgegangen sind. Vorarbeiter sind danach Arbeiter, die einem Meister oder einem anderen Aufsichtführenden unterstellt sind und eine Arbeitsgruppe in fachlicher Hinsicht verantwortlich leiten, oder die mit der fachlichen Leitung einer Arbeitsgruppe in eigener Verantwortung beauftragt sind. Zum Aufgabenbereich des Vorarbeiters gehören die Arbeitszuweisung und die Aufsicht. Er ist damit für die Arbeitsleistung der gesamten Gruppe verantwortlich, dh. er hat die Verpflichtung, dafür Sorge zu tragen, dass die zu erledigenden Arbeiten von der Arbeitsgruppe pünktlich und in fachlicher, handwerklicher Hinsicht ordnungsgemäß durchgeführt werden ( -). Diese Aufgaben und die damit einhergehende Verantwortung beziehen sich auf die Arbeiter, die gemeinsam eine Aufgabe erledigen.

50bb) „Arbeiter der Arbeitsgruppe“ des Vorarbeiters iSv. § 57 Ziffer 2 Buchst. a TV AL II ist derjenige, mit dessen Einsatz in einer von dem Vorarbeiter geleiteten Arbeitsgruppe nach einem bei dem Arbeitgeber umgesetzten Organisationskonzept zu rechnen ist.

51(1) Aus der Formulierung „Arbeiter der Arbeitsgruppe“ ergibt sich, dass es einer Zuordnung des Arbeiters zu der Arbeitsgruppe des Vorarbeiters bedarf. Danach könnte ein tatsächlicher Einsatz des Arbeiters in der Arbeitsgruppe des Vorarbeiters und damit die jeweils stattfindende Ausübung der Vorarbeiterfunktion erforderlich sein. Der Wortlaut ermöglicht aber auch das Verständnis, dass bereits eine organisatorische Zuordnung, die einen solchen Einsatz erwarten lässt, ausreichend ist.

52(2) Der Gesamtzusammenhang der Regelung spricht gegen die Annahme, es sei ein tatsächlicher Einsatz erforderlich. Ein solches Verständnis würde in der Praxis zu einer dynamischen, ggf. öfter wechselnden Eingruppierung eines Vorarbeiters in Abhängigkeit von dem Einsatz eines höher eingruppierten Arbeiters in der jeweiligen Arbeitsgruppe führen. Zwar ist eine solche Regelung theoretisch möglich. Hierfür bedürfte es aber besonderer Hinweise im Tarifvertrag, die vorliegend nicht ersichtlich sind. Zudem wäre - wenn der tatsächliche Einsatz maßgebend sein soll - eine Regelung zu dessen Umfang erforderlich. Daran fehlt es. Die Eingruppierungsbestimmung des § 51 Ziffer 3 Buchst. b TV AL II, nach der die überwiegende Tätigkeit des Arbeitnehmers maßgebend ist (sh. auch Rn. 33), findet - entgegen der Ansicht der Beklagten - keine Anwendung. Zwar gilt diese Tarifnorm als allgemeine Bestimmung über die Eingruppierung und Einstufung auch für die spezielleren Regelungen zu der Lohngruppeneinteilung A für Arbeiter und damit für § 57 TV AL II. Das Tätigkeitsmerkmal des § 57 Ziffer 2 Buchst. a TV AL II ist jedoch auf die Vorarbeitertätigkeit beschränkt. Die Eingruppierung des Arbeiters betrifft nicht das Tätigkeitsmerkmal „Vorarbeiter“, sondern allein die Rechtsfolge. Die in § 57 Ziffer 1 TV AL II beschriebene Leitungstätigkeit eines Vorarbeiters fällt in allen Arbeitsgruppen gleichermaßen unabhängig von der Eingruppierung der dort eingesetzten Arbeiter an. Die Eingruppierung der zugewiesenen Arbeiter stellt insbesondere kein qualifizierendes Tätigkeitsmerkmal dar. Ein Vorarbeiter ist - wie jeder Arbeiter - in Abhängigkeit von den Anforderungen an seine Tätigkeit nach § 56 TV AL II eingruppiert. Bei der Eingruppierung nach § 56 TV AL II sind etwaige mit der Vorgesetztentätigkeit - als solcher - verbundene Anforderungen zu berücksichtigen. § 57 Ziffer 2 Buchst. a TV AL II regelt demgegenüber eine Mindesteingruppierung des Vorarbeiters in Abhängigkeit von der des höchst eingruppierten Arbeiters der Arbeitsgruppe. Für die Eingruppierung kommt es damit - wie der Gesamtzusammenhang zeigt - nicht auf die mit der Leitungstätigkeit verbundenen Anforderungen an. Da der Tarifvertrag keine Regelung zum zeitlichen Erfordernis des Einsatzes enthält, ist der Vorarbeiter wie der höchst eingruppierte Arbeiter eingruppiert, mit dessen Einsatz in der betreffenden Arbeitsgruppe nach einem beim Arbeitgeber umgesetzten Organisationskonzept zu rechnen ist.

53(3) Dieses Verständnis entspricht dem Zweck der Regelung. Mit § 57 Ziffer 2 Buchst. a TV AL II soll sichergestellt werden, dass der Vorarbeiter nicht niedriger eingruppiert ist als ein Arbeiter einer von ihm geleiteten Arbeitsgruppe. Die hierarchische Stellung des Vorarbeiters soll sich in der zumindest gleichen Eingruppierung widerspiegeln. Das ist gewährleistet, wenn der Vorarbeiter so eingruppiert ist wie der höchst eingruppierte aller Arbeiter, die ihm nach der Organisationsentscheidung des Arbeitgebers zugewiesen werden können.

54cc) Für die Eingruppierung des Vorarbeiters nach § 57 Ziffer 2 Buchst. a TV AL II ist die nach den tariflichen Vorschriften zutreffende Lohngruppe des „höchst eingruppierten“ Arbeiters der Arbeitsgruppe entscheidend, nicht diejenige, nach welcher der Arbeiter tatsächlich vergütet wird.

55(1) Dafür spricht bereits die Verwendung des Begriffs der Eingruppierung. Wird ein bestimmter Begriff mehrfach in einem Tarifvertrag verwendet, ist im Zweifel davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien dem Begriff im Geltungsbereich dieses Tarifvertrags stets die gleiche Bedeutung beimessen wollen ( - Rn. 15; - 3 AZR 936/07 - Rn. 15, BAGE 133, 62). Die Formulierung „in der sich der höchst eingruppierte Arbeiter der Arbeitsgruppe befindet“ rechtfertigt nicht die Annahme, abweichend von § 51 TV AL II („Eingruppierung“) sei der tatsächlich geleistete Tabellenlohn maßgebend. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch kann sich „befinden“ iSv. „sich an einem bestimmten Ort aufhalten“ oder „in einem bestimmten Zustand sein“ zu verstehen sein (vgl. Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Stichwort: sich „befinden“). In diesem Sinn befindet sich ein Arbeiter hinsichtlich seiner Eingruppierung in der Lohngruppe, deren tarifliche Merkmale er erfüllt.

56(2) Der Gesamtzusammenhang bestätigt dieses Verständnis.

57(a) Die Regelung zur Berechnung des Vorarbeiterzuschlags in § 57 Ziffer 2 Buchst. b TV AL II verweist hinsichtlich des Tabellenlohns auf § 16 Ziffer 1 Buchst. a TV AL II. Danach gehört zur Grundvergütung ua. „(1) der Tabellenlohn - ggf. unter Berücksichtigung der Lohngruppe (§ 56, § 57 Ziffer 2a)“. Damit ist für den Tabellenlohn und für die Berechnung des Vorarbeiterzuschlags - wie der Klammerzusatz zeigt - die sich aus §§ 56, 57 Ziffer 2 Buchst. a TV AL II ergebende Eingruppierung maßgebend. Für die Eingruppierung nach § 57 Ziffer 2 Buchst. a TV AL II gilt nichts anderes, zumal mit dem „höchst eingruppierte[n] Arbeiter der Arbeitsgruppe“ derselbe gemeint ist wie mit dem „Arbeiter[s] der Arbeitsgruppe mit dem höchsten Tabellenlohn“ iSv. § 57 Ziffer 2 Buchst. b TV AL II.

58(b) Weiterhin enthalten Ziffer 8 Buchst. b (2) und (3) des Anhangs H Teil I zum TV AL II und Ziffer 4 des Anhangs T Teil III zum TV AL II vergleichbare Regelungen für aufsichtführendes Personal und Geschäftsführer. Daraus ergibt sich, dass die Tarifvertragsparteien zwischen „höchst eingruppiert“ und „höchst bezahlt“ unterscheiden. Die höchste Bezahlung ist für die Ermittlung des Entgelts des Vorgesetzten heranzuziehen, wenn der unterstellte Arbeitnehmer nicht dem Geltungsbereich des TV AL II unterfällt. Andernfalls ist für die Berechnung der Mindestvergütung des Geschäftsführers die des höchst eingruppierten von ihm beaufsichtigten Arbeitnehmers maßgebend.

59(3) Das entspricht im Übrigen auch dem Zweck der Vorschrift. Die Regelung soll der hierarchischen Stellung des Vorarbeiters im Rahmen der tariflichen Ordnung Rechnung tragen. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass abweichend von der tariflichen Ordnung eine zumindest gleiche Zahlung gewährleistet werden soll, bestehen nicht. Dagegen spricht auch der Umstand, dass übertarifliche Leistungen keine Berücksichtigung finden.

60(4) Dem steht die Entscheidung des Zehnten Senats vom (- 10 AZR 498/98 -) nicht entgegen. In dieser ging es nicht um die hier streitgegenständliche Frage, ob es im Rahmen von § 57 Ziffer 2 Buchst. a TV AL II auf die zutreffende oder auf die vom Arbeitgeber praktizierte Eingruppierung des Arbeiters der Arbeitsgruppe ankommt, sondern um den Begriff der „Arbeitsgruppe“.

61dd) Danach ist der Kläger in Lohngruppe 7 TV AL II eingruppiert.

62(1) Der Arbeitnehmer V ist Arbeiter der Arbeitsgruppe des Klägers iSv. § 57 Ziffer 2 Buchst. a TV AL II. Der Einsatz der Straßenbauer erfolgt in wechselnden Baukolonnen unter der Leitung eines der beiden Vorarbeiter. Es ist daher stets damit zu rechnen, dass der Arbeitnehmer in einer Arbeitsgruppe des Klägers eingesetzt wird. So war er im vierten Quartal 2019 an 22 Tagen, 2020 an 87 Tagen und von Januar bis Oktober 2021 an 69 Tagen in Arbeitsgruppen des Klägers tätig.

63(2) Der Arbeitnehmer V ist in Lohngruppe 7 TV AL II eingruppiert. Die Beklagte hat insoweit ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt. Das hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt.

64(a) Allerdings trägt der Kläger im Grundsatz die Darlegungs- und Beweislast für die Eingruppierung des Arbeitnehmers V. Die Grundsätze der korrigierenden Rückgruppierung finden entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts keine Anwendung.

65(aa) Im Fall einer sog. korrigierenden Rückgruppierung, dh. bei einer beabsichtigten Zuordnung zu einer niedrigeren als der bisher als zutreffend angenommenen Vergütungsgruppe, obliegt der Arbeitgeberin, wenn sich der Arbeitnehmer auf die ihm von ihr zuvor als maßgebend mitgeteilte Vergütungsgruppe beruft, die Darlegungs- und Beweislast für die objektive Fehlerhaftigkeit der bisherigen Eingruppierung ( - Rn. 27 mwN, BAGE 177, 338). Die spezifische Darlegungs- und Beweislast bei einer korrigierenden Rückgruppierung setzt einen „begrenzten Vertrauensschutz“ um, den der Arbeitnehmer aufgrund der Mitteilung der von der Arbeitgeberin vorgenommenen ursprünglichen Eingruppierung in Anspruch nehmen kann ( - Rn. 27).

66(bb) Diese Grundsätze finden vorliegend keine Anwendung. Es fehlt an einer Abkehr von einer dem Kläger früher mitgeteilten und praktizierten Eingruppierung. Eine an den Arbeitnehmer V gerichtete Mitteilung und die damit verbundene Lohnzahlung an diesen kann kein Vertrauen des Klägers in die Richtigkeit dieser Bewertung begründen.

67(b) Der Beklagten obliegt allerdings hinsichtlich der Eingruppierung des Arbeitnehmers V eine sekundäre Darlegungslast.

68(aa) Ist der darlegungspflichtigen Partei ein näheres Vorbringen zu den erforderlichen Tatsachen nicht möglich oder zumutbar, während der bestreitende Prozessgegner alle wesentlichen Tatsachen kennt und ihm nähere Angaben zuzumuten sind, kann von diesem nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast das substantiierte Bestreiten einer durch die darlegungspflichtige Partei behaupteten Tatsache unter Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände und damit der Vortrag positiver Gegenangaben verlangt werden (st. Rspr., vgl. nur  - Rn. 20 mwN; - 5 AZR 359/21 - Rn. 29 mwN, BAGE 178, 25). Kommt der sekundär Darlegungspflichtige seiner Vortragslast nicht nach, gilt die Behauptung des primär Darlegungspflichtigen iSv. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden.

69(bb) So verhält es sich vorliegend. Der Kläger kann keinen Vortrag zu den vertraglichen Vereinbarungen des Arbeitnehmers V mit den US-Stationierungsstreitkräften über die von diesem auszuübende Tätigkeit leisten. Ferner kann er auf Grundlage seiner eigenen Tätigkeit keine Angaben machen, aus denen sich die zutreffende Eingruppierung des Arbeitnehmers V folgern lässt. Die US-Stationierungsstreitkräfte als Arbeitgeberin kennen dagegen alle wesentlichen Tatsachen. Nichts anderes gilt für die als Prozessstandschafterin auftretende beklagte Bundesrepublik. Entgegen ihrer Auffassung kann sie sich - als Prozessstandschafterin - nicht auf eigene Unkenntnis berufen, sondern muss sich die Kenntnisse der US-Stationierungsstreitkräfte zurechnen lassen (vgl.  - zu B II 2 b aa der Gründe, BAGE 114, 299).

70(c) Danach gilt die Behauptung des Klägers, der Arbeitnehmer V erfülle die Anforderungen der Lohngruppe 7 TV AL II nach § 56 TV AL II, als zugestanden.

71(aa) Der Kläger hat seiner Darlegungslast auf der ersten Stufe genüge getan. Er hat unter Hinweis auf die dem Arbeitnehmer V mitgeteilte sowie von den US-Stationierungsstreitkräften praktizierte Eingruppierung - und damit nicht ins Blaue hinein (dazu  - Rn. 29 mwN) - behauptet, dessen auszuübende Tätigkeit gehe über die fachlichen Anforderungen der Lohngruppe 6 TV AL II hinaus.

72(bb) Die Beklagte ist ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen. Sie hat die Behauptung des Klägers nicht substantiiert unter Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände bestritten, sondern lediglich vorgetragen, der Arbeitnehmer V führe im Wesentlichen die gleichen Arbeiten wie die übrigen Straßenbauer aus und damit keine, deren Anforderungen über die der Lohngruppe 6 TV AL II hinausgingen.

73(cc) Einer Zurückverweisung der Sache, um der Beklagten Gelegenheit zur Ergänzung ihres Sachvortrags zu geben, bedarf es nicht. Bereits das Arbeitsgericht hatte auf den fehlenden Sachvortrag hingewiesen.

744. Der Kläger kann für die Monate Januar bis September 2021 jeweils die Zahlung des Differenzlohns von 192,58 Euro brutto nebst Zinsen beanspruchen. Die weitergehende Klageforderung iHv. monatlich 0,20 Euro ist unbegründet.

75a) Der Zahlungsbetrag errechnet sich aus der Differenz zwischen dem Tabellenlohn der Lohngruppe 7 TV AL II und dem Tabellenlohn von Lohngruppe 6 TV AL II iHv. 178,33 Euro brutto sowie dem Vorarbeiterzuschlag bei einer Vergütung nach Lohngruppe 7 (Gewerbegruppe A 4 TV AL II) abzüglich des bislang geleisteten Vorarbeiterzuschlags iHv. 14,25 Euro brutto.

76b) Der Kläger hat die sechsmonatige tarifliche Ausschlussfrist des § 49 TV AL II für die Vergütungsansprüche ab Januar 2021 mit seinem Schreiben vom gewahrt. Der Arbeitsverdienst wird nach § 22 Ziffer 1 TV AL II für den Kalendermonat berechnet und ist zum letzten Arbeitstag des Monats zu zahlen.

77c) Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB. Durch die Geltendmachung des Lohnanspruchs hat der Kläger die tarifliche Ausschlussfrist auch für Ansprüche auf Zahlung der Verzugszinsen gewahrt. Bei diesen handelt es sich um Nebenforderungen, die von der Hauptforderung abhängig sind ( - Rn. 74 mwN, BAGE 177, 129).

78C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 iVm. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Von den Kosten des Rechtsstreits in der Berufungs- und Revisionsinstanz hat gemäß § 92 Abs. 1 ZPO jede Partei die Hälfte zu tragen. Der Kläger hat sein Klagebegehren insoweit auf zwei verschiedene Streitgegenstände gestützt, von denen lediglich der hilfsweise geltend gemachte - fast vollständig - Erfolg hatte.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2024:200324.U.4AZR142.23.0

Fundstelle(n):
BB 2024 S. 2036 Nr. 36
GAAAJ-72315