Zulässigkeit der Tonaufzeichnung der Verhandlung über die Revision einer ehemaligen Zivilangestellten im Konzentrationslager
Gesetze: § 169 Abs 2 S 1 GVG, § 169 Abs 2 S 4 GVG, § 3 BArchG
Instanzenzug: Az: 5 StR 326/23 Beschlussvorgehend Az: 5 StR 326/23 Beschlussvorgehend LG Itzehoe Az: 3 KLs 315 Js 15865/16 jugnachgehend Az: 5 StR 326/23 Beschlussnachgehend Az: 5 StR 326/23 Urteilnachgehend Az: 5 StR 326/23 Beschluss
Gründe
1Nach § 169 Abs. 2 Satz 1 GVG kann das Gericht Tonaufnahmen der Verhandlung zu wissenschaftlichen und historischen Zwecken zulassen, wenn es sich um ein Verfahren von herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland handelt. Eine solche Bedeutung kann Verfahren zukommen, die Vorgänge von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung berühren; insbesondere dann, wenn sich hierzu ein besonders großes und überregionales öffentliches Interesse zeigt, von dem zu erwarten ist, dass sich dies auch noch auf künftige Generationen erstrecken wird, oder die Aufklärung gerade der Nachwelt über Einzelheiten von gerichtlich aufgearbeiteten Geschehnissen für bedeutsam gehalten wird. Die Entscheidung steht im Ermessen des Gerichts (vgl. BT-Drucks. 18/10144, S. 27 f.).
2Die Tonaufzeichnung der Verhandlung über die Revision einer ehemaligen Zivilangestellten im Konzentrationslager S. ist danach zuzulassen. Die gerichtliche Aufarbeitung der in den Konzentrationslagern begangenen Verbrechen und die für die Revisionshauptverhandlung zu erwartende Erörterung einer möglichen strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Zivilangestellten sind von herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung. Das vom Senat zur Vorbereitung seiner Entscheidung eingebundene Bundesarchiv (vgl. hierzu BT-Drucks. 18/10144, S. 28) teilt die Auffassung, dass einer Aufzeichnung deshalb bleibender Wert (§ 169 Abs. 2 Satz 4 GVG, § 3 BArchG) zukommt. Auch das Landgericht hatte die Aufzeichnung angeordnet.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:240724B5STR326.23.0
Fundstelle(n):
NJW 2024 S. 3249 Nr. 44
WAAAJ-72152