Gesetze: § 546a BGB, § 23 RVG, § 32 RVG
Instanzenzug: LG München I Az: 14 S 7828/22vorgehend Az: 432 C 4443/21
Gründe
I.
1Die Beklagten zu 1. bis 3. sind erstinstanzlich gesamtschuldnerisch von den Klägern nach einer ordentlichen Kündigung zum auf Räumung und Herausgabe einer Wohnung in Anspruch genommen worden (Klageantrag 1), die Beklagten zu 1. und 2. zudem gesamtschuldnerisch auf Zahlung von 5.373,00 € nebst Zinsen und auf Zahlung von 2.537,44 € nebst Zinsen (Klageanträge 2 und 3) sowie auf Zahlung einer monatlich um 158,59 € erhöhten "Nettokaltmiete" ab Oktober 2021 (Klageantrag 4). Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten zu 1. bis 3., mit der diese ihren Klageabweisungsantrag vollumfänglich weiterverfolgt haben, hat vor dem Landgericht keinen Erfolg gehabt.
2Die Beklagten zu 1. bis 3. haben den Antragsteller mit ihrer Vertretung im Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beauftragt. Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerdebegründung hat er für den Fall der Revisionszulassung angekündigt, lediglich die Räumungsverurteilung zu Fall bringen zu wollen.
3Mit Beschluss vom hat der Senat die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zurückgewiesen und den Wert des Beschwerdeverfahrens auf bis 22.000 € festgesetzt.
4Der Antragsteller hat beantragt, den Gegenstandswert seiner anwaltlichen Tätigkeit gemäß § 33 RVG festzusetzen. Er hat hierzu ausgeführt, dass sich das ihm übertragene Mandat auf die vollumfängliche Prüfung der Verteidigungsmöglichkeiten der Beklagten gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts bezogen habe. Die hierzu angehörten Beklagten haben keine Stellungnahme abgegeben.
II.
5Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit des Antragstellers für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren der Beklagten ist auf 29.128,60 € festzusetzen.
61. Gemäß § 33 Abs. 1 RVG setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbständig fest, wenn sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert berechnen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben, da der Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens und der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit des Antragstellers im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht übereinstimmen.
7a) Der für die Gerichtskosten maßgebende gerichtliche Streitwert im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist gemäß § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 GKG der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert. Er bestimmt sich nach dem Antrag des Rechtsmittelführers, also danach, inwiefern der Rechtsmittelführer für den Fall der Zulassung des Rechtsmittels eine Abänderung der Entscheidung begehrt (vgl. Senatsbeschlüsse vom - VIII ZR 325/18, juris Rn. 6; vom - VIII ZR 160/20, juris Rn. 7).
8Die Beklagten haben mit der Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde zum Ausdruck gebracht, dass sie für den Fall der Revisionszulassung die Entscheidung des Berufungsgerichts allein im Hinblick auf die Räumungsverurteilung zur Überprüfung stellen wollen. Den Wert des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens hat der Senat dementsprechend auf bis 22.000 € festgesetzt.
9b) Für den Gebührenanspruch des Rechtsanwalts bestimmt sich der Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG grundsätzlich nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gerichtlich festgesetzt, ist nach § 32 Abs. 1 RVG die Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend. Dies gilt allerdings nur, wenn der Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens mit dem der anwaltlichen Tätigkeit identisch ist (, NJW-RR 2018, 700 Rn. 21 f.; Beschluss vom - V ZR 299/14, juris Rn. 3; jeweils mwN). Fehlt es daran, etwa weil der Wert der bei der Einlegung des Rechtsmittels entfalteten anwaltlichen Tätigkeit höher als der Wert des später durchgeführten Rechtsmittelverfahrens liegt, ist der Rechtsanwalt nicht gehindert, für seine auf einem umfassenderen Auftrag beruhende Tätigkeit entsprechende Gebühren gegenüber seinem Mandanten geltend zu machen (, aaO Rn. 22; Beschlüsse vom - VI ZR 299/14, aaO Rn. 5; vom - VIII ZR 160/20, juris Rn. 9; vom - VIII ZR 136/22, juris Rn. 9).
10Vorliegend weicht der anwaltliche Gegenstandswert von dem gerichtlichen Streitwert ab. Er richtet sich nach dem Wert, der die Grundlage für den Auftrag der Beklagten zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde bildete (, aaO Rn. 29; Beschlüsse vom - VII ZR 228/16, juris Rn. 4; vom - VIII ZR 160/20, aaO Rn. 10). Da sich das von den Beklagten übertragene Mandat nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Antragstellers auf die vollumfängliche Prüfung der Verteidigungsmöglichkeiten der Beklagten bezogen hat und dem Antragsteller somit ein Rechtsmittelauftrag unbeschränkt erteilt worden war, bemisst sich der Wert seiner anwaltlichen Tätigkeit nach dem Streitwert bei Zugrundelegung der sich aus der Entscheidung des Berufungsgerichts insgesamt ergebenden Beschwer der Beklagten (Senatsbeschluss vom - VIII ZR 227/22, juris Rn. 10 mwN).
11Dieser Wert beläuft sich auf 29.128,60 €. Er setzt sich zusammen aus 19.315,08 € für die Räumung (§ 41 Abs. 2 Satz 1 GKG: 12 x 1.609,59 €), 5.373,00 € und 2.537,44 € für die bezifferten Zahlungsanträge und 1.903,08 € für die Klage auf künftige Zahlung einer um monatlich 158,59 € erhöhten "Nettokaltmiete" in Form einer Nutzungsentschädigung gemäß § 546a Abs. 1 BGB (§ 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO; 12 x 158,59 €).
122. Über den Antrag auf Festsetzung entscheidet nach dem Inkrafttreten von § 1 Abs. 3 RVG auch beim Bundesgerichtshof gemäß § 33 Abs. 8 Satz 1 Halbs. 1 RVG der Einzelrichter (BGH - Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom - GSZ 1/20, juris Rn. 8).
III.
13Die Nebenentscheidungen folgen aus § 33 Abs. 9 RVG.
Dr. Böhm
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:040624BVIIIZR292.22.0
Fundstelle(n):
NJW 2024 S. 8 Nr. 30
NJW-RR 2024 S. 884 Nr. 14
AAAAJ-70373