Maßgeblicher Liegenschaftszinssatz /maßgebliche Bewirtschaftungskosten für die Bedarfsbewertung eines Mietwohngrundstücks
in Berlin im typisierten Ertragswertverfahren auf einen Bewertungsstichtag im Juni 2019
keine Rundung der von einem örtlichen Gutachterausschuss auf vier Nachkommastellen ermittelten Umrechnungskoeffizienten für
die Geschossflächenzahl
1. Bei der Bedarfsbewertung eines Mietwohnungsgrundstücks in Berlin für Zwecke der Erbschaftsteuer auf einen Bewertungsstichtag
im Juni 2019 sind für den Liegenschaftszinssatz (LZS) und die Höhe der Bewirtschaftungskosten (§ 187 BewG) die Werte anzusetzen,
die sich aus der Veröffentlichung der allgemeinen – den streitigen Bewertungsstichtag umfassenden – LZS 2020 des örtlichen
Gutachterausschusses ergeben, nicht aber die Werte aus der Veröffentlichung der steuerlichen LZS 2018 des örtlichen Gutachterausschusses.
Der Geeignetheit der auf Betreiben der Finanzbehörden erstellten steuerlichen LZS steht es entgegen, wenn ihnen eine Restnutzungsdauer
zugrunde gelegt wurde, die den Vorgaben von § 185 Abs. 3 Satz 3 BewG und Anlage 22 BewG alte Fassung entspricht.
2. § 188 Abs. 2 Satz 1 BewG, der auf von den örtlichen Gutachterausschüssen im Sinne der §§ 192 ff. BauGB ermittelte örtliche
LZS verweist, geht davon aus, dass der örtliche Gutachterausschuss bei der Ermittlung der LZS für die Restnutzungsdauer die
Bestimmungen der ImmoWertV 2010 und nicht § 185 Abs. 3 Satz 3 BewG anwendet. Allgemeine LZS sind daher für die Bewertung für
Zwecke der Erbschaftsteuer geeignet im Sinne des § 188 Abs. 2 Satz 2 BewG, wenn der örtliche Gutachterausschuss bei deren
Ermittlung die Restnutzungsdauer des Gebäudes nach der ImmoWertV 2010 und nicht nach § 185 Abs. 3 Satz 3 BewG bestimmt hat.
3. LZS des örtlichen Gutachterausschusses müssen für einen Zeitraum berechnet worden sein, der den Bewertungsstichtag umfasst;
der Auswertungszeitraum muss also den Bewertungsstichtag umfassen. Auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung oder der Veröffentlichung
der LZS durch den örtlichen Gutachteausschuss kommt es für ihre zeitliche Anwendung hingegen nicht an.
4. Hat der örtliche Gutachterausschuss für die Umrechnung von Geschossflächenzahlen Umrechnungskoeffizienten mit vier Nachkommastellen
ausgewiesen, muss das Finanzamt bei der Ermittlung des Bodenwerts auch mit diesen vier Nachkommastellen rechnen und darf nicht
stattdessen mit auf zwei Nachkommastellen gerundeten Werten rechnen.
5. Ein Sachverständigengutachten ist nicht zum Nachweis des gemeinen Werts (§ 198 BewG) geeignet, wenn darin der Verkehrswert
nicht nach Maßgabe von §§ 194 ff. BauGB und den Vorschriften der ImmoWertV 2010 ermittelt, sondern lediglich das typisierte
Ertragswertverfahren nach den §§ 184-188 BewG alte Fassung durchgeführt worden ist, und wenn darin zudem abweichend von den
gesetzlichen Vorgaben nicht die vom örtlichen Gutachterausschuss veröffentlichten Bewirtschaftungskosten und LZS angewendet
worden sind, sondern die gesetzlich nur für den Fall fehlender LZS des örtlichen Gutachterausschusses vorgesehenen Auffangwerte,
und wenn ferner bei der Geschossflächenzahl-Anpassung nicht die tatsächlich vorhandene und baurechtlich legale Bebauung berücksichtigt
worden ist.
Fundstelle(n): BB 2024 S. 1237 Nr. 22 AAAAJ-70159
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