Instanzenzug: LG Hildesheim Az: 20 KLs 6031 Js 31652/23
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 30 Fällen unter Freispruch im Übrigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 483.517 Euro angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Der nach dem zur Zeit der Entscheidung geltenden Recht rechtsfehlerfreie Schuldspruch bedarf in den Fällen B.I.1, B.I.3 bis B.I.5, B.I.7, B.I.11 bis B.I.14, B.I.16 bis B.I.21, B.I.26, B.I.27, B.I.29 und B.I.30 der Urteilsgründe der Änderung. Da der Verurteilung des Angeklagten in diesen Fällen teilweise oder ausschließlich der Umgang mit Cannabis zugrundeliegt, findet bei der Revisionsentscheidung nach § 2 Abs. 3 StGB i.V.m. § 354a StPO das am in Kraft getretene Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis vom (KCanG; BGBl. I Nr. 109) Anwendung. Seit der Gesetzesänderung ist der Umgang mit Konsumcannabis abschließend im KCanG – und nicht mehr im BtMG – geregelt, so dass damit im Zusammenhang stehende Straftaten allein nach § 34 KCanG zu bewerten sind (vgl. BT-Drucks. 20/8704, S. 130).
3Der Angeklagte hat sich in den vorgenannten Fällen – in den Fällen B.I.3, B.I.11, B.I.21 und B.I.30 tateinheitlich zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) – des Handeltreibens mit Cannabis gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG schuldig gemacht. Dieser Tatbestand stellt gegenüber § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, auch bei der Annahme eines besonders schweren Falls gemäß § 34 Abs. 3 Satz 1, Satz 2 Nr. 1, Nr. 4 KCanG, das mildere Gesetz dar. Das Handeltreiben mit „nicht geringen Mengen“ Cannabis ist nicht in die Urteilsformel aufzunehmen, weil es sich bei § 34 Abs. 3 Satz 2Nr. 4 KCanG – anders als § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG – um keinen Qualifikationstatbestand, sondern um ein gesetzliches Regelbeispiel handelt (vgl. KK-StPO/Tiemann, 9. Aufl., § 260 Rn. 31).
42. Angesichts der im Vergleich zu § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG geringeren Strafandrohung können die Strafen, die im Zusammenhang mit dem Handeltreiben mit Cannabis (Fälle B.I.1, B.I.3 bis B.I.5, B.I.7, B.I.11 bis B.I.14, B.I.16 bis B.I.21, B.I.26, B.I.27, B.I.29 und B.I.30 der Urteilsgründe) verhängt worden sind, keinen Bestand haben. Zwar ist in den Fällen B.I.3, B.I.11, B.I.21 und B.I.30 aufgrund des tateinheitlich verwirklichten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge der Strafrahmen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG weiterhin anzuwenden (§ 52 Abs. 2 Satz 1 StGB). Der Senat kann aber nicht ausschließen, dass sich die in § 34 KCanG zum Ausdruck kommende mildere Bewertung des Umgangs mit Cannabis in niedrigeren Strafen niedergeschlagen hätte. Die Aufhebung entzieht auch dem Gesamtstrafausspruch die Grundlage.
5Die zugehörigen Feststellungen können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, die den bisherigen nicht widersprechen. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass dem Umstand, Cannabis sei eine „weiche Droge“ (vgl. , NStZ-RR 2016, 313), aus gesetzessystematischen Gründen keine strafmildernde Wirkung mehr beigemessen werden darf, weil das KCanG Regelungen allein zu dieser Droge enthält.
63. Der Senat setzt die Einziehungsanordnung in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO auf einen Betrag in Höhe von 483.017 Euro herab. Aus der geständigen Einlassung des Angeklagten ergibt sich, dass dieser im Fall B.I.9 der Urteilsgründe aus dem Verkauf eines Kilogramms Methamphetamin lediglich 11.000 Euro – und nicht 11.500 Euro – erlangte.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:290524B6STR174.24.0
Fundstelle(n):
BAAAJ-69733