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NWB-EV Nr. 7 vom Seite 204

Die Anrechnung von Vorausempfängen auf den Zugewinnausgleich

§ 1380 Satz 1 BGB als steuerliches Gestaltungsinstrument

Dr. Rüdiger Werner

Die Güterstandsschaukel ist ein häufig eingesetztes Instrument, um Vermögen schenkungsteuerfrei auf den ausgleichsberechtigten Ehegatten zu transferieren. Gemäß § 1380 Abs. 1 Satz 1 BGB wird auf die Ausgleichsforderung eines Ehegatten angerechnet, was ihm von dem anderen Ehegatten durch Rechtsgeschäft unter Lebenden mit der Bestimmung zugewendet ist, dass es auf die Ausgleichsforderung angerechnet werden soll. Während des Bestands der Zugewinngemeinschaft getätigte Zuwendungen erfolgen aus steuerrechtlicher Perspektive unentgeltlich und können daher Schenkungsteuer auslösen. Gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG führt ein Güterstandswechsel zum Wegfall der Schenkungsteuerpflicht. Die Güterstandschaukel kann hier dazu eingesetzt werden, den Vorwurf der Steuerhinterziehung abzuwenden. Da Vorausempfänge unentgeltlich erfolgen, können sie eingesetzt werden, um eine Entstehung von Ertragsteuer im Rahmen der Erfüllung des Zugewinnausgleichsanspruchs zu vermeiden.

Kernaussagen
  • Die Anrechnung von Vorausempfängen auf den Zugewinnausgleich nach § 1380 Abs. 1 BGB kann i. V. mit § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG dazu eingesetzt werden, eine Schenkungsteuerpflicht unbenannter ehebedingter Zuwendungen zu vermeiden.

  • Auf diese Weise kann auch eine durch Nichtanzeige des Vorgangs eingetretene Strafbarkeit nach § 378 AO bzw. § 370 AO beseitigt werden.

  • Sie kann dazu eingesetzt werden, Sachmittel im Rahmen einer Güterstandsschaukel ertragsteuerfrei zu übertragen, indem diese vor dem Güterstandswechsel übertragen werden.

I. Schenkungsteuerpflicht

1. Grundlagen

Zivilrechtlich sind Zuwendungen des einen an den anderen Ehegatten während des Bestandes der Zugewinngemeinschaft keine Schenkung i. S. der §§ 615 ff. BGB, weil sie zumeist der ehelichen Lebensgemeinschaft dienen. Eine Schenkung soll zwar auch unter Ehegatten möglich sein, wenn beide Vertragsparteien sich darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt. Unentgeltlich ist eine Zuwendung aber nur, wenn sie nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts von keiner Gegenleistung abhängig ist. Eine Zuwendung unter Ehegatten, der die Vorstellung oder die Erwartung zugrunde liegt, dass die eheliche Lebensgemeinschaft Bestand haben wird oder die sonst um der Ehe willen und als Beitrag zur Verwirklichung oder Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft erbracht wird und darin ihre Geschäftsgrundlage hat, ist keine Schenkung, sondern eine ehebedingte unbenannte Zuwendung.

Der BFH sieht unbenannte Zuwendungen dagegen regelmäßig als Schenkungen an, die an den allgemeinen Anforderungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gemessenen werden müssen, ohne dass besondere güterrechtliche Motivation einen Unterschied macht. Die spezifisch erbschaftsteuerliche Begründung für diese Abweichung von der zivilrechtlichen Rechtslage in § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG, dass mit der Anrechnung einer Zuwendung auf den Zugewinnausgleich die Schenkungsteuer nachträglich erlösche, mache keinen Sinn, wenn die Zuwendung zuvor nicht schenkungsteuerbar gewesen wäre. Dem folgt die Finanzverwaltung und betont, dass weder die Art des zugewendeten Vermögensgegenstands noch die der Angemessenheit der Zuwendung hierbei von Bedeutung sei.

Aus Sicht des BFH steht die Rechtsprechung des BGH zur Einordnung unbenannter Zuwendungen als entgeltlich dem nicht entgegen. Die diesen Urteilen zugrunde liegenden Fälle hätten ausschließlich vermögensrechtliche Streitigkeiten in Ehescheidungssachen betroffen, also Sachverhalte, in denen es allein um einen sachgerechten Interessenausgleich im Verhältnis der geschiedenen Ehegatten untereinander gegangen sei. In diesem internen Konfliktbereich habe der BGH es für sinnvoll und notwendig gehalten, Zuwendungen unter Ehegatten während der intakten Ehe im Regelfall als nicht unentgeltliche Verfügung i. S. der §§ 516 ff. BGB zu qualifizieS. 205ren und diese insbesondere den regelmäßig nicht passenden weil zu engen und starren Vorschriften der §§ 528, 530 BGB zu entziehen, um sie in den umfassenden güterrechtlichen Ausgleich einzubeziehen und/oder dem auf § 242 BGB basierenden Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage unterstellen zu können.