BGH Beschluss v. - 6 StR 52/24

Verurteilung wegen Handeltreiben mit Cannabis; Anordnung des Vorwegvollzugs

Gesetze: § 34 Abs 3 S 2 Nr 4 KCanG, § 67 Abs 2 StGB

Instanzenzug: LG Magdeburg Az: 21 KLs 10/23

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen unter Einbeziehung einer durch ein früheres Urteil gegen ihn verhängten Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Außerdem hat es die in dem früheren Urteil angeordnete Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt aufrechterhalten und angeordnet, dass ein Jahr und neun Monate der Gesamtfreiheitsstrafe vor der Maßregel zu vollstrecken sind. Die auf Verfahrensbeanstandungen und die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2Der Schuldspruch bedarf in den Fällen II.1, 2, 5, 6 und 7 der Urteilsgründe, in denen der Angeklagte nach den Feststellungen mit Marihuana handelte, in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Änderung, weil am das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis vom (KCanG; BGBl. I Nr. 109) in Kraft getreten und nach § 2 Abs. 3 StGB i.V.m. § 354a StPO bei der Revisionsentscheidung zu berücksichtigen ist. Da der Umgang mit Konsumcannabis nunmehr abschließend im KCanG geregelt ist, sind damit im Zusammenhang stehende Taten allein nach § 34 KCanG zu bewerten (vgl. BT-Drucks. 20/8704, S. 130). Das Handeltreiben mit Cannabis „in nicht geringer Menge“ ist im Schuldspruch nicht zum Ausdruck zu bringen, weil es sich insoweit – anders als im Fall des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG – nicht um ein Qualifikationsmerkmal, sondern ein Regelbeispiel eines besonders schweren Falles im Sinne von § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG handelt (vgl. ).

3Angesichts der geringeren Strafandrohung können die in den betreffenden Fällen verhängten Strafen keinen Bestand haben. Dies zieht die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe nach sich. Die jeweils zugehörigen Feststellungen können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO) und um ihnen nicht widersprechende ergänzt werden.

4Die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe entzieht auch demjenigen über den Vorwegvollzug die Grundlage. Die Anordnung des Vorwegvollzugs hätte im Übrigen deshalb keinen Bestand, weil das Landgericht nicht erkennbar geprüft hat, ob Anlass besteht, ausnahmsweise davon abzusehen (§ 67 Abs. 2 Satz 2 StGB). Diese Prüfung war hier geboten, weil sich der Angeklagte im Urteilszeitpunkt aufgrund der früheren Unterbringungsentscheidung bereits im Maßregelvollzug befand und eine bereits begonnene Behandlung in einer Entziehungsanstalt eine aktuell dringende Therapiebedürftigkeit begründen kann, um die schon angelaufenen therapeutischen Maßnahmen durch eine Verlegung in den Strafvollzug nicht wieder zunichtezumachen (vgl. , BGHR StGB § 67 Abs. 2 Vorwegvollzug, Absehen 1, Rn. 11 mwN).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:280524B6STR52.24.0

Fundstelle(n):
HAAAJ-69530