BGH Beschluss v. - 5 StR 53/24

Instanzenzug: LG Lübeck Az: 9 KLs 713 Js 1142/22

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

21. Nach den Feststellungen des Landgerichts unterstützte der Angeklagte – teilweise im Zusammenwirken mit dem nicht revidierenden Mitangeklagten – unbekannt gebliebene Hintermänner (Fälle 1 und 2 der Urteilsgründe), in zwei Fällen auch den Mitangeklagten selbst (Fälle 5 und 6 der Urteilsgründe) bei deren Geschäften mit Betäubungsmitteln. In drei der Fälle bezogen sich die Geschäfte allein auf Marihuana im – zum Teil zweistelligen – Kilobereich (Fälle 1, 2 und 5 der Urteilsgründe), in einem Fall auf 800 g Marihuana und 50 g Kokain (Fall 6 der Urteilsgründe). Im Fall 1 der Urteilsgründe hatte der Angeklagte die Drogen – 850 Dosen mit je 3,5 g Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 20 % THC – in seinem Besitz, während er sie im Auftrag seines Hintermanns zum Abnehmer transportierte.

32. Der Schuldspruch kann in den Fällen 1, 2 und 5 der Urteilsgründe, in denen sich die festgestellten Tathandlungen des Angeklagten allein und im Fall 6 der Urteilsgründe, soweit sie sich auf den Umgang mit Marihuana bezogen, keinen Bestand haben. Denn am ist das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (Konsumcannabisgesetz – KCanG) in Kraft getreten (BGBl. I Nr. 109), was der Senat nach § 2 Abs. 3 StGB zu berücksichtigen hat; nach der Neuregelung unterfällt jeglicher Umgang mit Cannabis nicht mehr dem BtMG, sondern allein dem – hier milderen – KCanG (; vgl. insoweit zur nicht geringen Menge und zur Tenorierung ). Das vom Landgericht festgestellte Tatgeschehen ist im Fall 6 der Urteilsgründe mit Blick auf das tatgegenständliche Kokain zwar weiterhin als Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, nunmehr aber in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, § 2 Abs. 1 Nr. 4, § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG, § 52 Abs. 1 StGB) zu würdigen. In den Fällen 1, 2 und 5 der Urteilsgründe ist jeweils eine Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis verwirklicht (§ 2 Abs. 1 Nr. 4, § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG), im Fall 1 in Tateinheit mit Besitz von insgesamt mehr als 60 Gramm Cannabis (§ 2 Abs. 1 Nr. 1, § 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b KCanG). Dass sich die Taten auf Cannabis in nicht geringer Menge bezogen, stellt lediglich ein Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall dar (§ 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG), das im Schuldspruch keinen Ausdruck findet (KK-StPO/Tiemann, 9. Aufl., § 260 Rn. 31 mwN).

4Der Senat stellt den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 iVm § 354a StPO um. Die Regelung des § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der teilweise geständige und im Übrigen anhand von EncroChat-Protokollen und weiteren Beweismitteln überführte Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

53. In den Fällen 1, 2 und 5 der Urteilsgründe haben die Einzelstrafen keinen Bestand, weil der Strafrahmen des § 34 Abs. 3 KCanG gegenüber § 29a Abs. 1 BtMG milder ist. Im Fall 6 der Urteilsgründe ist die Strafe zwar weiterhin aus dem Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG zuzumessen (§ 52 Abs. 2 Satz 1 StGB). Der Senat kann angesichts des Verhältnisses der festgestellten Drogenmengen von 50 g Kokain zu 800 g Marihuana aber nicht ausschließen, dass die Tathandlungen der Angeklagten in Bezug auf Cannabis für das Landgericht bei der Bestimmung des Schuldumfangs und damit bei der Findung der verhängten Strafe mitentscheidend waren. Aufgrund der gesetzgeberischen Wertung, die sich mit Blick auf die in § 34 Abs. 3 KCanG gegenüber § 29a Abs. 1 BtMG vorgesehene mildere Strafdrohung ergibt, ist mithin auch dieser Strafe die Basis entzogen.

6Der Wegfall der Einzelstrafen zieht die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe nach sich. Die Feststellungen zum Strafausspruch sind von der Aufhebung nicht betroffen; sie können deshalb bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO) und gegebenenfalls durch solche ergänzt werden, die zu den getroffenen nicht in Widerspruch stehen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:210524B5STR53.24.0

Fundstelle(n):
NAAAJ-69259