BVerwG Beschluss v. - 1 WB 68/22

Tatbestand

1Der Antragsteller wendet sich gegen die aus Anlass eines Konkurrentenstreits erstellte Sonderbeurteilung und Personalentwicklungsbewertung.

2Der ... geborene Antragsteller ist Stabsoffizier Recht. Er wurde im Februar ... zum Oberstleutnant befördert und zum November ... in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 eingewiesen. Er war lange Zeit als Referatsleiter ... beim ... in ... tätig. Im März 2021 wurde der Referatsleiterposten neu zugeschnitten und mit der Besoldungsgruppe A 16 höher bewertet. Der Antragsteller wurde unter Beibehaltung seiner Besoldungsgruppe auf ein dienstpostenähnliches Konstrukt im selben Referat versetzt und nahm für ein Jahr kommissarisch die Leitung des Referats wahr. Im März 2022 wurde er für sein letztes Dienstjahr in einer anderen Unterabteilung des ... seiner Besoldungsstufe entsprechend verwendet. Seine Dienstzeit endete mit Ablauf des .

3Der Antragsteller wurde altersbedingt zuletzt am planmäßig dienstlich beurteilt. Am bewarb er sich um den nach Besoldungsgruppe A 16 dotierten Dienstposten des Gruppenleiters ... im ... Im Hinblick auf diese Bewerbung wurden für ihn eine Sonderbeurteilung und eine Personalentwicklungsbewertung für den Beurteilungszeitraum vom bis erstellt. Der Sonderbeurteilung liegt eine vergleichende Betrachtung des Antragstellers mit den Oberstleutnanten der Besoldungsgruppe A 15 mit Leitungsfunktion in der Abteilung ... des ... zugrunde. Das Gesamtergebnis der Sonderbeurteilung lautet auf C+, die Entwicklungsprognose in der Personalentwicklungsbewertung auf "Potential bis Besoldungsgruppe A 16". Die Anteile des Erstbeurteilers vom und des Zweitbeurteilers vom wurden dem Antragsteller jeweils am selben Tage eröffnet.

4Mit Schreiben vom 10. und erhob der Antragsteller Beschwerden gegen die Anteile Erstbeurteiler bzw. Zweitbeurteiler der Sonderbeurteilung und der Personalentwicklungsbewertung. Er beanstandete, dass für diese Personalmaßnahmen keine hinreichende gesetzliche Rechtsgrundlage bestehe. Seine Sonderbeurteilung sei zudem mit den planmäßigen Beurteilungen der ebenfalls für die Dienstpostenbesetzung betrachteten Soldaten zum Stichtag nicht vergleichbar, weil er als einziger der Oberstleutnante A 15 mit Leitungsfunktion über die Befähigung zum Richteramt verfüge. Die Sonderbeurteilung spiegele auch nicht seinen aktuellen Leistungsstand wieder. Es bleibe unbeachtet, dass er von März 2021 bis März 2022 das A 16-dotierte Justiziariat als Referatsleiter geführt habe.

5Am erhob der Antragsteller eine weitere Beschwerde in Form der Untätigkeitsbeschwerde, weil das Bundesamt für das Personalmanagement nicht binnen eines Monats über seine Beschwerden entschieden habe. Mit Bescheid vom wies die Vizepräsidentin des Bundesamts für das Personalmanagement die Beschwerden zurück. Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben vom weitere Beschwerde mit der Begründung ein, dass der Beschwerdebescheid von einer nicht mehr zuständigen Stelle erlassen worden sei.

6Zugleich stellte er einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung; der Generalinspekteur der Bundeswehr habe nicht binnen eines Monats über seine Untätigkeitsbeschwerde vom entschieden, weshalb mit dem weiteren Untätigkeitsrechtsbehelf die Zuständigkeit auf das Bundesverwaltungsgericht übergehe. Der Generalinspekteur legte daraufhin den Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit einer Stellungnahme vom vor.

7Der Antragsteller wiederholt und vertieft sein Vorbringen, dass keine hinreichende gesetzliche Grundlage für die Erstellung der Sonderbeurteilung und der Personalentwicklungsbewertung im Soldatengesetz bestehe. Der Beurteilungszeitraum der Sonderbeurteilung vom bis zum enthalte fehlerhaft zwei Monate, die bereits von seiner letzten planmäßigen Beurteilung erfasst seien. Zwar datiere seine letzte planmäßige Beurteilung vom , da diese aufgrund des Wechsels des Disziplinarvorgesetzten vorgezogen worden sei. Stichtag sei jedoch der gewesen, so dass der Zeitraum von August bis September 2019 doppelt beurteilt worden sei. Auch nach Versetzung in den Ruhestand habe er ein rechtliches Interesse an der Aufhebung der Sonderbeurteilung, da sie Bestandteil seiner Personalakte sei und bei Auswahlentscheidungen noch ergänzend herangezogen werden könne. Er wolle in der Reserve aktiv sein, so dass eine dortige nachteilige Nutzung nicht ausgeschlossen werden könne. Zusätzlich betreibe er seine Schadlosstellung, da er im Auswahlverfahren um den A 16-Dienstposten beim ... zu Unrecht unterlegen sei. Durch eine Aufhebung der Sonderbeurteilung werde die Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung evident.

8Der Antragsteller beantragt,

die Sonderbeurteilung und die Personalentwicklungsbewertung aufzuheben.

9Der Generalinspekteur der Bundeswehr beantragt,

den Antrag abzulehnen.

10Die Sonderbeurteilung beruhe auf einer ausreichenden normativen Grundlage. Für ihre Erstellung habe ein dienstlicher Grund bestanden, da der Antragsteller nicht wie die anderen Bewerber im Auswahlverfahren zum Stichtag planmäßig beurteilt worden sei. Um eine möglichst exakte Vergleichbarkeit herzustellen, sei für die Sonderbeurteilung der Beurteilungszeitraum bis gewählt worden. Die Festlegung dieses Zeitraums sei rechtmäßig erfolgt, da nach der alten Vorschriftenlage keine Beurteilung nach Stichtagen, sondern nach Vorlagedaten erfolgt sei. Der Beurteilungszeitraum der letzten planmäßigen Beurteilung sei daher im März 2019 zu Ende gegangen. Der Antragsteller sei somit nicht doppelt beurteilt worden.

11Auch wenn der Antragsteller als einziger Oberstleutnant seiner Vergleichsgruppe die Befähigung zum Richteramt besitze, sei eine Vergleichbarkeit mit den anderen Oberstleutnanten der Besoldungsgruppe A 15 mit Leitungsfunktion seiner Abteilung möglich. Beurteilt werde nicht die konkrete Fachtätigkeit, sondern die allgemeine Leistung, Eignung und Befähigung einer Person auf ihrem Dienstposten. Bei der Vergleichsgruppenbildung seien nur die Dotierungshöhe und die Leitungsfunktion maßgeblich. Im Übrigen werde auf die Begründung des Beschwerdebescheids verwiesen.

12Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Generalinspekteurs der Bundeswehr und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen. Seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Nutzung der Sonderbeurteilung und Personalentwicklungsbewertung hat der Senat mit Beschluss vom (1 W-VR 25.22) mangels Anordnungsgrundes abgelehnt.

Gründe

13Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

141. Er war anfangs auf die Aufhebung der Sonderbeurteilung und der Personalentwicklungsbewertung vom gerichtet. Dieses ursprüngliche Anfechtungsbegehren hat sich mit Eintritt des Antragstellers in den Ruhestand erledigt. Seither kann er nicht mehr als Berufssoldat auf einen regulären Dienstposten versetzt oder befördert werden (vgl. 1 WB 6.13 - juris Rn. 19). Das Ziel der Sonderbeurteilung und der Personalentwicklungsbewertung, ein aussagefähiges, widerspruchsfreies und möglichst objektiv vergleichbares Bild über Leistung, Befähigung und Eignung für eine konkrete Auswahlentscheidung über eine künftige Verwendung zu gewinnen (vgl. Nr. 102 AR A-1340/50), kann nicht mehr erreicht werden.

152. Hat sich ein Antrag auf eine truppendienstliche Maßnahme vor der gerichtlichen Entscheidung erledigt, so entscheidet das Wehrdienstgericht gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 WBO (hier i. V. m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO), ob deren Ablehnung oder Unterbleiben rechtswidrig gewesen ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Ein solches berechtigtes Interesse an der Überprüfung einer Personalmaßnahme besteht nicht generell und kann darum nicht allein damit begründet werden, dass die Personalmaßnahme - was stets der Fall ist - Bestandteil der Personalakte geworden ist. Es kann auch nicht mit der bloßen Möglichkeit einer Reservedienstleistung oder Reaktivierung und einer in diesem Fall theoretisch nicht auszuschließenden nachteiligen Nachwirkung begründet werden. Denn für einen solchen hypothetischen Geschehensablauf gibt es keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte.

16Hingegen kann sich das berechtigte Feststellungsinteresse aus der Absicht ergeben, einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen, sofern dieser nicht von vornherein als aussichtslos erscheint (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 60.11 - NVwZ 2013, 1227 Rn. 26 und vom - 1 WB 6.13 - juris Rn. 24). Voraussetzung ist in diesen Fällen, dass die Erledigung erst nach Rechtshängigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung eingetreten ist; nur in einem solchen Fall entspricht es dem Gedanken der Prozessökonomie, das ursprünglich anhängige Anfechtungs- oder Verpflichtungsbegehren mit dem Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme fortzusetzen, um die im Verfahren vor dem Wehrdienstgericht gewonnenen Erkenntnisse für das nachfolgende Schadensersatzverfahren zu erhalten (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 13.11 - Rn. 21 und vom - 1 WB 54.13 - juris Rn. 19 m. w. N.).

17Diese Voraussetzungen liegen hier teilweise vor. Der Rechtsstreit um die Sonderbeurteilung hat sich erst nach Vorlage des Antrags beim Bundesverwaltungsgericht am durch das Dienstzeitende des Antragstellers am erledigt. Der Antragsteller hat einen Antrag auf laufbahn-, besoldungs- und versorgungsrechtliche Schadlosstellung mit der Begründung gestellt, dass er zu Unrecht nicht für den Aufstiegsdienstposten beim ... ausgewählt worden sei. Für den Ausgang dieses Schadlosstellungsverfahrens kann es entscheidungserheblich auf die hier umstrittene Frage der Rechtmäßigkeit seiner Sonderbeurteilung ankommen. Dieser Antrag auf Schadlosstellung ist auch nicht offensichtlich aussichtslos.

18Hingegen kommt es für das Schadlosstellungsverfahren nicht auf die Rechtmäßigkeit der Personalentwicklungsbewertung an. Die Auswahlentscheidung des Bundesamts für das Personalmanagement vom stellt für die Ablehnung des Antragstellers allein darauf ab, dass er im Leistungsvergleich mit der Note "C+" deutlich hinter dem ausgewählten Kandidaten ("A+") rangiert. Daher kam es auf den Vergleich der Personalentwicklungsbewertungen nicht mehr an. Auch der Antragsteller hat zur Entscheidungserheblichkeit seiner Personalentwicklungsbewertung für das Schadlosstellungsverfahren nichts vorgetragen. Ebenso wenig kommt es für den Antrag auf Schadlosstellung auf die formelle Rechtmäßigkeit des ebenfalls erledigten Beschwerdebescheids an, durch den der Antragsteller nicht zusätzlich mit Kosten belastet worden ist und dessen Überprüfung der Antragsteller im gerichtlichen Verfahren nicht beantragt hat. Das gerichtliche Verfahren ist daher insoweit unzulässig.

193. Der Antrag ist im Übrigen unbegründet. Die Sonderbeurteilung des Antragstellers vom Juni 2022 war nicht in entscheidungserheblicher Weise rechtswidrig.

20a) Dienstliche Beurteilungen sind gerichtlich nur beschränkt nachprüfbar, weil den Vorgesetzten bei ihrem Werturteil über die Eignung, Befähigung und Leistung ein Beurteilungsspielraum zusteht (stRspr, vgl. - auch zum Folgenden - BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 43.12 - juris Rn. 38, vom - 1 WB 6.18 - juris Rn. 28 und vom - 1 WRB 2.19 - juris Rn. 24 m. w. N.). Die Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob der Vorgesetzte den anzuwendenden Begriff der Beurteilung oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Hat das Bundesministerium der Verteidigung Richtlinien für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen, an denen sich die Beurteilungspraxis im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) ständig orientiert, kann das Gericht ferner prüfen, ob diese Richtlinien eingehalten worden sind und ob sie mit den normativen Regelungen für Beurteilungen in Einklang stehen ( 1 WB 48.07 - BVerwGE 134, 59 Rn. 30 m. w. N.).

21b) Der Antragsteller beanstandet zwar mit Recht, dass es zum Zeitpunkt der Erstellung der Sonderbeurteilung an einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage für das Beurteilungswesen der Bundeswehr fehlte. Denn das Soldatengesetz enthielt im Juni 2022 keine eigenen Bestimmungen über das militärische Beurteilungswesen und genügte damit den verfassungsrechtlichen Vorgaben aus Art. 20 Abs. 3, 80 Abs. 1 GG nicht. Jedoch konnten die damals geltenden Vorschriften der §§ 2, 3 SLV und die hierzu ergangenen Allgemeinen Regelungen A-1340/50 "Beurteilungen der Soldatinnen und Soldaten" für eine Übergangszeit weiter angewandt werden. Denn eine Aufhebung aller darauf beruhenden dienstlichen Beurteilungen hätte zu einem noch verfassungsferneren Zustand geführt als die weitere Anwendung der vorhandenen untergesetzlichen Beurteilungsvorschriften für eine Übergangszeit und die damit verbundene rechtliche Anerkennung der auf dieser Grundlage erlassenen dienstlichen Beurteilungen ( 1 WB 60.22 - juris Rn. 35 ff., 44 ff.).

22c) Auf der Grundlage dieser untergesetzlichen Vorschriften war es zulässig, für den Antragsteller eine Sonderbeurteilung zu erstellen. Die personalbearbeitende Stelle konnte nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SLV a. F., Nr. 209 Satz 1 AR A-1340/50 (nunmehr: § 27a Abs. 1 Nr. 2 SG) eine Sonderbeurteilung anfordern, wenn sie dies aus dienstlichen Gründen für erforderlich hielt. Eine solche Erforderlichkeit ergab sich aus dem Umstand, dass der Antragsteller zum Stichtag wegen seines am bevorstehenden Eintritts in den Ruhestand nicht mehr beurteilt wurde (Nr. 208 Nr. 1 AR A-1340/50) und durch die Bewerbung zur Besetzung eines höherwertigen Dienstpostens andernfalls kein Leistungsvergleich möglich gewesen wäre.

23Die Anforderung war auch geboten, denn die letzte für den Antragsteller zum Vorlagetermin erstellte planmäßige dienstliche Beurteilung vom war nicht mehr aktuell und erstreckte sich nicht auf den gleichen Beurteilungszeitraum und Beurteilungsstichtag wie die der übrigen Bewerber. Hinzu kam, dass zwischen den Beurteilungen zum Vorlagetermin und den Beurteilungen zum Stichtag ein Wechsel des Beurteilungssystems stattgefunden hatte, der einen Vergleich der Wertungen ausschloss. Im Ergebnis hätte der Antragsteller ohne Sonderbeurteilung in dem Auswahlverfahren zur Besetzung des höherwertigen Dienstpostens beim ... nicht mehr rechtmäßig mitbetrachtet werden können.

24d) Der Beurteilungszeitraum der Sonderbeurteilung des Antragstellers ist nicht zu beanstanden. Nr. 209 AR A-1340/50 sieht vor, dass die personalbearbeitende Stelle im Fall der Anforderung einer Sonderbeurteilung einen Beurteilungszeitraum und Stichtag festlegen kann. Ermessensfehlerfrei wurde als Stichtag der Beurteilungszeitraum bis gewählt, um eine möglichst hohe zeitliche Übereinstimmung der Sonderbeurteilung des Antragstellers mit den Regelbeurteilungen der anderen Bewerber im Auswahlverfahren herbeizuführen. Die Wahl eines im Wesentlichen gleichen Beurteilungszeitraums entsprach dem Gebot der Chancengleichheit der Bewerber (vgl. 1 W-VR 20.22 - juris Rn. 36 m. w. N.).

25Dem stand im vorliegenden Fall nicht entgegen, dass der Vorlagetermin für die letzte planmäßige Beurteilung des Antragstellers am war. Denn nach den alten Beurteilungsbestimmungen bestimmte der Vorlagetermin lediglich den Zeitpunkt, an dem eine planmäßige Beurteilung spätestens bei der personalbearbeitenden Stelle vorliegen musste (Nr. 202 Buchst. c ZDv 1340/50 Version 3.3). Das alte Beurteilungssystem knüpfte bei der Bestimmung des Beurteilungszeitraums an das Datum der Unterschrift des Beurteilers an (Nr. 406 Buchst. a ZDv A-1340/50 Version 3.3.). Diese datieren für den Erst- und Zweitbeurteiler auf den sowie auf den . Eine doppelte Beurteilung des Antragstellers ist somit mit der Festlegung des Beurteilungszeitraums ab dem nicht erfolgt. Die Einführung von Stichtagen mit starren Beurteilungszeiträumen (Nr. 408 AR A-1340/50 Version 4) erfolgte erst im neuen Beurteilungssystem der AR A-1340/50 Version 4 und hat keine Entsprechung in der Vorgängervorschrift.

26Der Zeitraum der Sonderbeurteilung musste auch nicht deswegen über den Zeitraum der Regelbeurteilung der anderen Bewerber hinausgehen, weil der Antragsteller insgesamt ein Jahr als Vertreter die Aufgaben eines mit der Besoldungsgruppe A 16 dotierten Dienstpostens wahrgenommen hatte. Zwar kann ein Beamter bei einer mehrjährigen Wahrnehmung eines höherwertigen Dienstpostens aufgrund seines Bewerbungsverfahrensanspruchs aus Art. 33 Abs. 2 GG unter Umständen eine Anlassbeurteilung für diesen Zeitraum beanspruchen. Dies setzt jedoch eine mindestens zweijährige höherwertige Verwendung voraus und gilt nicht, wenn der Regelbeurteilungszeitraum nur zwei Jahre umfasst. Denn dann kann die höherwertige Verwendung in die nächste Regelbeurteilung einfließen, so dass eine Durchbrechung des planmäßigen Beurteilungszeitraums nicht geboten ist (vgl. 2 C 1.18 - BVerwGE 165, 305 Rn. 50). Für Soldaten gilt nichts Anderes. Folglich kann auch der Antragsteller wegen der von ihm geleisteten einjährigen Vakanzvertretung keine Änderung des Beurteilungszeitraums beanspruchen.

27e) Die Sonderbeurteilung war auch nicht wegen der Heranziehung einer falschen Vergleichsgruppe rechtswidrig. Zwar muss die für die Beurteilung maßgebliche Vergleichsgruppe so hinreichend homogen sein, dass für alle Gruppenmitglieder im Wesentlichen dieselben Anforderungen an Eignung, Befähigung und Leistung gelten. § 3 Abs. 2 SLV a. F. (nunmehr § 3 Abs. 2 SLV) lässt dabei das Abstellen auf dieselbe Funktionsebene zu. Damit übereinstimmend fordert Anlage 15.1 zur AR A-1340/50 eine Trennung von Soldaten mit und ohne Leitungsfunktion (vgl. 1 WB 51.10 - BVerwGE 141, 113 Rn. 40).

28Ausgehend von diesen Vorgaben erweist sich die hier zugrunde gelegte Vergleichsgruppe von Oberstleutnanten mit Leitungsfunktion derselben Abteilung als ausreichend homogen. Bei allen Mitgliedern handelt es sich um Offiziere des Truppendienstes, für die dieselben Anforderungen gelten und die grundsätzlich zumindest um einzelne Dienstposten miteinander konkurrieren können. Entgegen der Ansicht des Antragstellers kommt es nicht auf die konkrete Qualifikation bzw. Fachlichkeit der einzelnen Offiziere an, da dies zu sehr kleinteiligen Differenzierungen zwänge und zu nicht hinnehmbar kleinen Vergleichsgruppen führen würde (vgl. 1 WB 60.22 - juris Rn. 76). Der Antragsteller weist selbst darauf hin, dass er der einzige Stabsoffizier Recht der Abteilung ist, der eine Leitungsfunktion innehat. Dies zeigt, dass sein Erst- und sein Zweitbeurteiler beim Abstellen auf die fachliche Ausbildung keine überzeugende Vergleichsgruppenbildung vornehmen könnten.

29f) Schließlich hat der Antragsteller auch keine Umstände aufgezeigt, die auf einen Beurteilungsfehler schließen lassen und die Annahme nahelegen, dass das Gesamturteil von "C+" unangemessen wäre. Insbesondere wird die Tatsache, dass der Antragsteller im gesamten Beurteilungszeitraum die Referatsleitung innehatte, in der Sonderbeurteilung ausreichend gewürdigt. Soweit darin nicht explizit ausgewiesen ist, dass der Soldat in den letzten Monaten des Beurteilungszeitraums faktisch einen höherwertigen Dienstposten wahrgenommen hat, ist dies unschädlich. Denn der Antragsteller hatte bis zum Ende des Beurteilungszeitraums am den für eine besondere Berücksichtigung der höherwertigen Tätigkeit zu fordernden beurteilungsrelevanten Zeitraum von mehr als sechs Monaten nicht erreicht (vgl. 1 W-VR 20.22 - juris Rn. 22 m. w. N.).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2024:240424B1WB68.22.0

Fundstelle(n):
VAAAJ-69132