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FG Berlin-Brandenburg Urteil v. - 7 K 7123/23

Gesetze: AO § 5, AO § 149 Abs. 3, AO § 152 Abs. 1 S. 1, AO § 152 Abs. 2, AO § 152 Abs. 3 Nr. 2, AO § 152 Abs. 5 S. 2, AO § 152 Abs. 9 S. 1, AO § 152 Abs. 8, AO § 152 Abs. 10, AO § 152 Abs. 12 S. 2, FGO § 102 S. 1, FGO § 102 S. 2

Anforderungen an die Ermessensausübung in den Fällen des § 152 Abs. 1 AO neue Fassung bei Ersetzung eines bisher gebundenen Verspätugszuschlags durch einen nunmehr im Ermessen stehenden Verspätungszuschlag nach § 152 Abs. 1 AO neue Fassung.

Leitsatz

1. Eine Finanzbehörde ist befugt, gebundene Verwaltungsakte in Ermessensentscheidungen zu ändern, ohne zuvor den gebundenen Verwaltungsakt aufzuheben, um danach unmittelbar eine Ermessensentscheidung zu treffen.

2. Wird ein zu einer Nachzahlung führender geschätzter Umsatzsteuerbescheid geändert, ergibt sich nunmehr eine Erstattung und will die Finanzbehörde den ursprünglich festgesetzten Verspätungszuschlag beibehalten, so darf die Finanzbehörde von der ursprünglich gesetzlich gebundenen Festsetzung eines Verspätungszuschlags gemäß § 152 Abs. 2 AO zur ermessensgeleiteten Festsetzung des Verspätungszuschlags nach § 152 Abs. 1 AO übergehen.

3. Bringt die Behörde dabei zum Ausdruck, dass ihr die Wahlfreiheit zur Beibehaltung des Verspätungszuschlags bekannt ist und sie ihr Ermessen zur Beibehaltung ausüben will, und stellt sie die Erwägungen, die aus ihrer Sicht Anlass für die Festsetzung/Beibehaltung des Verspätungszuschlags geben, nämlich die eingetretene Verspätung bei der Steuererklärungsabgabe, dar, so ist die Ermessensausübung ausreichend begründet. Es wird nicht der Auffassung gefolgt, dass im Rahmen des § 152 Abs. 1 AO neue Fassung der § 152 Abs. 2 AO alte Fassung in der Weise weiterhin anwendbar bleibt, dass nunmehr die Finanzbehörde im Rahmen des Entschließungsermessens alle zuvor in § 152 Abs. 2 AO alte Fassung vorgegebenen Begründungselemente beachten und auf diese eingehen muss (gegen FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil v. , 4 K 394/21, EFG 2024 S. 257).

4. Weitere Erwägungen können allenfalls dann erforderlich werden, wenn angesichts der Höhe des Verspätungszuschlags und der wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen dazu Anlass besteht, etwa, wenn offensichtlich ist, dass es sich um einen wirtschaftlich nicht leistungsfähigen Steuerpflichtigen handelt.

5. Da § 152 Abs. 1 AO die Festsetzung eines Verspätungszuschlags auch in den Fällen des § 152 Abs. 3 AO ermöglicht, lässt der Gesetzgeber erkennen, dass ein Verspätungszuschlag auch ohne einen wirtschaftlichen Vorteil des Steuerpflichtigen festgesetzt werden kann, um den zeitgerechten und effektiven Ablauf des Veranlagungsgeschäfts sicherzustellen.

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

Fundstelle(n):
AO-StB 2024 S. 299 Nr. 10
AO-StB 2024 S. 299 Nr. 10
VAAAJ-68883

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