BGH Beschluss v. - 4 StR 1/24

Instanzenzug: LG Paderborn Az: 8 KLs 12/23

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit Diebstahl zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer zuungunsten des Angeklagten eingelegten Revision gegen die Beweiswürdigung, mit der das Landgericht eine bandenmäßige Begehung des Diebstahls abgelehnt hat, sowie gegen die unterbliebene tateinheitliche Verurteilung wegen Sachbeschädigung. Darüber hinaus erhebt die Staatsanwaltschaft Einwände gegen die Strafzumessung. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es – wie die Revision des Angeklagten – unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Darüber hinaus hat die von der Staatsanwaltschaft eingelegte sofortige Beschwerde gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung Erfolg.

I.

2Der Senat hat gemäß § 154a Abs. 2 StPO mit Zustimmung des Generalbundesanwalts die Gesetzesverletzung eines Diebstahls mit Waffen nach § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) StGB aus prozessökonomischen Gründen von der Verfolgung ausgenommen (vgl. zu diesem Vorgehen Rn. 3; Teßmer in MüKo-StPO, 2. Aufl., § 154a Rn. 16 mwN; Mavany in Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl., § 154a Rn. 7).

II.

3Die Revision der Staatsanwaltschaft führt unter Berücksichtigung der beschränkten Strafverfolgung zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Schuldspruchänderung. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.

41. Dass die Strafkammer den Angeklagten nicht auch wegen schweren Bandendiebstahls gemäß § 244a Abs. 1 StGB verurteilt hat, hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die Beweiserwägungen, mit denen die Strafkammer ihre fehlende Überzeugung von einer Bandenabrede begründet hat, sind – gemessen an dem beschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstab (st. Rspr.; vgl. nur Rn. 19; Beschluss vom – 4 StR 96/22 Rn. 3) – rechtsfehlerfrei. Dabei ist die Strafkammer von zutreffenden rechtlichen und tatsächlichen Anforderungen an eine Bandentat ausgegangen. Die Revisionsbegründung erschöpft sich letztlich in dem Versuch, die eigene Würdigung der Gesamtumstände an die Stelle jener des Tatgerichts zu setzen. Damit vermag die Revision nicht durchzudringen. Im Hinblick auf ihre Einzelangriffe nimmt der Senat Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Zuschrift vom .

52. Der Senat hat den Schuldspruch jedoch auf die Revision der Staatsanwaltschaft – wie vom Generalbundesanwalt unter Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses beantragt – dahin neu gefasst, dass der Angeklagte tateinheitlich (§ 52 StGB) auch wegen Sachbeschädigung gemäß § 303 Abs. 1 StGB verurteilt wird. Nach den Feststellungen führten die beiden Explosionen, durch die der Angeklagte und seine Mittäter einen Geldautomaten aufsprengten und sich sodann das darin befindliche Bargeld verschafften, zu massiven vorsätzlich bewirkten Sachschäden. Die hierdurch begangene Sachbeschädigung geht über die von § 308 Abs. 1 StGB geforderte konkrete Sachgefahr hinaus und tritt daher nicht hinter diesem Delikt zurück (vgl. Krack in MüKo-StGB, 4. Aufl., § 308 Rn. 24 mwN; Fischer, StGB, 71. Aufl., § 308 Rn. 13). Der somit veranlassten Verschärfung des Schuldspruchs steht auch § 265 StPO nicht entgegen. Denn der weitgehend geständige Angeklagte hätte sich insoweit nicht wirksamer als geschehen verteidigen können. Im Hinblick auf seine mögliche weitere Strafbarkeit nach § 40 SprengG hat bereits die Staatsanwaltschaft die Strafverfolgung gemäß § 154a StPO beschränkt.

63. Der Strafausspruch bleibt von der Schuldspruchänderung unberührt, weshalb diese ebenso wie bei einer Angeklagtenrevision im Beschlusswege erfolgen kann (vgl. dazu Rn. 6; Franke in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 349 Rn. 14, 25). Das Landgericht hat den „erheblichen Schaden an dem Gebäude mit dem Bankautomaten und der darin befindlichen Einrichtung“ ohnehin strafschärfend bedacht. Der Senat kann daher ausschließen, dass das Landgericht zu einer höheren Strafe gelangt wäre, hätte es den Angeklagten zusätzlich wegen Sachbeschädigung verurteilt.

7Auch die weiteren Einwände der Staatsanwaltschaft gegen die Strafzumessung der Strafkammer greifen nicht durch. Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Ein Eingriff des Revisionsgerichts ist nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, von unzutreffenden Tatsachen ausgehen, das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, so weit löst, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatgericht eingeräumten Spielraums liegt (vgl. Rn. 7; Urteil vom – 4 StR 481/16 Rn. 17). Dabei ist das Tatgericht nur verpflichtet, in den Urteilsgründen die für die Strafzumessung bestimmenden Umstände darzulegen (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO). Dies hat das Landgericht rechtsfehlerfrei getan, um so die innerhalb seines Beurteilungsspielraums liegende Strafhöhe zu begründen. Für die zusätzliche Berücksichtigung eines generalpräventiven Aspekts (vgl. zu den Voraussetzungen Rn. 6 mwN) boten die getroffenen Feststellungen keinen Anlass. Den von der Staatsanwaltschaft darüber hinaus vermissten Erwägungen kam aus den vom Generalbundesanwalt genannten Gründen jedenfalls kein strafbestimmender Charakter zu, der das Landgericht zu ihrer ausdrücklichen Berücksichtigung verpflichtet hätte.

III.

8Die Revision des Angeklagten ist unbegründet. Die Nachprüfung des Urteils auf die Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Senat hat angesichts des entsprechenden Teilerfolgs der Revision der Staatsanwaltschaft davon abgesehen, auch auf das Rechtsmittel des Angeklagten eine Verböserung des Schuldspruchs vorzunehmen.

IV.

9Die frist- und formgerecht eingelegte und damit zulässige sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung ist begründet. Der Generalbundesanwalt weist mit Recht darauf hin, dass das vom Landgericht verkündete Urteil keine Kostenentscheidung enthielt. Eine solche wäre jedoch notwendiger Bestandteil der Urteilsformel gewesen. Für die nachträglich erfolgte Aufnahme der Kosten- und Auslagenentscheidung in das schriftliche Urteil war daher kein Raum (vgl. ). Eine § 465 Abs. 1 Satz 1 StPO entsprechende Ergänzung hat nunmehr durch den Senat als das zuständige Beschwerdegericht (§ 464 Abs. 3 Satz 3 StPO) zu erfolgen. Zugleich erscheint es sachgerecht, durch die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft veranlasste Kosten und gerichtliche Auslagen nicht zu erheben (§ 21 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 GKG; vgl. hierzu etwa Rn. 6 f. mwN; Beschluss vom – 2 StR 490/99 Rn. 7 f.).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:270324B4STR1.24.0

Fundstelle(n):
DAAAJ-68688