Verurteilung wegen Umgang mit Marihuana nach Konsumcannabisgesetz
Gesetze: § 34 Abs 1 Nr 4 KCanG, § 34 Abs 3 S 2 Nr 4 KCanG, § 34 Abs 4 Nr 3 KCanG
Instanzenzug: LG Chemnitz Az: 5 KLs 810 Js 34319/20
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten A. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren fünf Monaten, den Angeklagten K. wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren vier Monaten und die Angeklagte J. B. wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Geldstrafe verurteilt. Außerdem hat es Einziehungsentscheidungen getroffen; unter anderem hat es gegen den Angeklagten A. die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 74.750 Euro angeordnet.
2Dagegen wenden sich die Angeklagten mit ihren jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen, die Angeklagte J. B. erhebt zudem eine Verfahrensrüge. Die Rechtsmittel haben jeweils mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen erweisen sie sich als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I.
3Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4Der Angeklagte A. handelte zwischen April und September 2019 in insgesamt elf Fällen mit Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 7 % THC und Handelsmengen zwischen 500 g und 12 kg. Dabei war er in zwei Fällen als Allein- oder Mittäter mit dem gesondert Verurteilten C. tätig (Taten I.1 und 2 der Urteilsgründe), in den übrigen Fällen als Mitglied einer aus jeweils mindestens drei Mitgliedern bestehenden Gruppierung, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hatte (Taten II.1 bis 7 sowie III.1 und 2).
5Der Angeklagte K. erwarb in einem dieser Fälle eine Teilmenge von 2 kg Marihuana von der Bande, um sie seinerseits gewinnbringend zu veräußern (Tat II.6). Später schloss er sich in Kenntnis aller Umstände der Gruppierung an, um deren Handel als Depothalter zu unterstützen; in Umsetzung dessen lagerte er in einem Fall für die Bande 2 kg Marihuana für deren gewinnbringenden Weiterverkauf (Tat III.1).
6Die nicht revidierende Angeklagte R. B. nahm von dem Angeklagten A. am eine unbekannte Menge Marihuana im Gesamtwert von 5.000 Euro entgegen, die anschließend in der Wohnung der Angeklagten J. B. – die selbst nicht Bandenmitglied war – gelagert wurde; am Folgetag verbrachten die Nichtrevidentin R. B. und die sie begleitende Angeklagte J. B. im Auftrag des Angeklagten A. in einer Tasche knapp 1 kg von dem in der Wohnung gelagerten Marihuana zu einem Abnehmer in dessen Garage, wo die Angeklagte J. B. der Abwicklung des vom Angeklagten A. vereinbarten Geschäftes durch die Nichtrevidentin beiwohnte (Tat III.2). Zur subjektiven Tatseite hat das Landgericht ausgeführt: „Der Angeklagten J. B. war bewusst bzw. sie nahm zumindest billigend in Kauf, dass sie mit ihrer Handlung wenigstens psychische Unterstützung für den Betäubungsmittelhandel des A. , des C. und des K. leistet.“ Im Rahmen der rechtlichen Würdigung hat das Landgericht sodann zur subjektiven Tatseite weiter ausgeführt: „Selbst wenn man zu ihren Gunsten davon ausgeht, dass ihr der Inhalt der Tasche noch nicht bekannt war, als sie diese in ihrer Wohnung aufbewahrte, erlangte sie Kenntnis hiervon spätestens in dem Garagenkomplex. Denn dort wurde in ihrem Beisein die Tasche geöffnet. Anschließend fanden noch mündliche und telefonische Gespräche über den vereinbarten Preis und eine Ratenzahlung statt. [...] Sodann fand der Austausch Drogen gegen Geld statt. Die Angeklagte J. B. hat sich dennoch nicht vom Tatort entfernt, um sich von diesem Drogengeschäft zu distanzieren. Vielmehr unterstützte sie die R. B. weiter – zumindest psychisch –, indem sie als zweite Person auf Verkäuferseite neben ihr stand, damit der Verkauf wie vereinbart – Ware gegen Bargeld – ablaufen kann. Sie wusste dabei bzw. nahm zumindest billigend in Kauf, dass sie durch ihre Anwesenheit diese psychische Beihilfe leistet.“
II.
71. Betreffend die Angeklagten A. und K. führt die auf die Sachrüge jeweils gebotene Nachprüfung des Urteils zur Änderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung des Strafausspruchs; überdies hat die den Angeklagten A. betreffende Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen nur teilweise Bestand.
8a) Der Schuldspruch kann nicht bestehen bleiben, weil die Angeklagten für ihren Umgang mit Marihuana nach dem Betäubungsmittelgesetz verurteilt worden sind, dieser aber nunmehr – nach dem insoweit am in Kraft getretenen Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Cannabisgesetz) vom (BGBl. 2024 I Nr. 109) – dem Konsumcannabisgesetz unterfällt (vgl. § 1 Nr. 8 KCanG).
9aa) Die Neuregelung sieht sowohl für das Handeltreiben mit Cannabis (in nicht geringer Menge) im Sinne des § 34 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 4 KCanG als auch für den Regel- und den minder schweren Fall des bandenmäßigen Handeltreibens mit Cannabis (in nicht geringer Menge) im Sinne des § 34 Abs. 4 Nr. 3 KCanG gegenüber den vom Landgericht der Bemessung der Strafen zu Grunde gelegten Bestimmungen des § 29a Abs. 1 sowie des § 30a Abs. 1 und 3 BtMG geringere Strafrahmen vor und ist deshalb das mildere Gesetz im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB; dies hat das Revisionsgericht auf die Sachrüge hin zu beachten (vgl. mwN).
10bb) Das vom Landgericht festgestellte Tatgeschehen ist für den Angeklagten A. nunmehr als bandenmäßiges Handeltreiben mit Cannabis gemäß § 34 Abs. 4 Nr. 3 KCanG in neun Fällen (Taten II.1 bis 7 sowie III.1 und 2) in Tatmehrheit mit Handeltreiben mit Cannabis gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG in zwei Fällen (Taten I.1 und 2) und für den Angeklagten K. als Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Cannabis gemäß § 34 Abs. 4 Nr. 3 KCanG, § 27 StGB (Tat III.1) in Tatmehrheit mit Handeltreiben mit Cannabis gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG (Tat II.6) zu würdigen.
11Der Grenzwert der nicht geringen Menge liegt auch für das Konsumcannabisgesetz bei einem Wirkstoffgehalt von 7,5 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC) in der Cannabismenge (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 5 StR 153/24; vom – 1 StR 106/24). Dass sich die Taten jeweils auf Cannabis in nicht geringer Menge bezogen, bedarf keiner Kennzeichnung in der Urteilsformel. Der Qualifikationstatbestand des Bandenhandels mit Cannabis nach § 34 Abs. 4 Nr. 3 KCanG setzt stets voraus, dass die Tat eine nicht geringe Menge betrifft; in solchen Fällen ist der Zusatz zur rechtlichen Bezeichnung des Qualifikationstatbestandes entbehrlich (vgl. etwa [zum bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG]). Für die Fälle des einfachen Handeltreibens mit Cannabis stellt der Umstand, dass sie sich auf eine nicht geringe Menge beziehen, lediglich ein Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall nach § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG dar, der im Schuldspruch keinen Ausdruck findet (). Ein Zusatz unerlaubter oder verbotener Tatbegehung ist im Urteilstenor auch für die Tatbestände nach dem Konsumcannabisgesetz entbehrlich (vgl. ).
12cc) Die konkurrenzrechtliche Beurteilung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden. Insbesondere hat es die Taten II.1 und II.2 zutreffend als zwei tatmehrheitliche und die Taten II.3 bis 5 zutreffend als drei tatmehrheitliche Fälle des bandenmäßigen Handeltreibens durch den Angeklagten A. bewertet. Für die Annahme jeweils nur einer einheitlichen Tat (Taten II.1 und 2 einerseits sowie Taten II.3 bis 5 andererseits) nach den Grundsätzen der Bewertungseinheit war kein Raum, denn auch aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergeben sich keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die bei den Einkaufstaten II.1 und II.3 jeweils erworbenen 10 kg Marihuana tatsächlich geliefert wurden (zumal vor den nachfolgenden Verkaufshandlungen) und die Handelsmengen der Verkaufstaten II.2 bzw. II.4 und 5 aus diesen Einkaufsmengen stammten. Vielmehr lässt sich der Kommunikation des Angeklagten zu den beiden Ankäufen entnehmen, dass die Lieferung der jeweils bestellten Drogen zwar erörtert, eine konkrete Absprache darüber indes in keinem der Fälle getroffen wurde. Es ist aber auch nach dem Zweifelssatz nicht geboten, von einer Tat im Sinne einer Bewertungseinheit auszugehen, wenn lediglich eine nicht näher konkretisierte Möglichkeit besteht, dass mehrere veräußerte Kleinmengen aus einer einheitlich erworbenen Gesamtmenge oder sonst aus einem Verkaufsvorrat herrühren (vgl. ; Beschluss vom – 4 StR 345/12 jeweils mwN).
13dd) Der Senat hat in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO iVm § 354a StPO die Schuldsprüche in der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Weise geändert. Die Regelung des § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich die Angeklagten nicht wirksamer als geschehen hätten verteidigen können.
14b) Die gesetzliche Neuregelung zwingt indes zur Aufhebung der die Angeklagten A. und K. betreffenden Strafaussprüche.
15Der Senat kann trotz der ausdrücklichen strafmildernden Berücksichtigung der herabgesetzten Gefährlichkeit von Cannabis durch das Landgericht („weiche Droge“), nicht ausschließen, dass es bei Anwendung der milderen Strafrahmen des Konsumcannabisgesetzes niedrigere Strafen gegen die Angeklagten verhängt hätte (§ 337 Abs. 1 StPO).
16Die zum jeweiligen Strafausspruch gehörigen Feststellungen können bestehen bleiben, denn sie werden von der aufgrund der Gesetzesänderung notwendigen Aufhebung nicht berührt (§ 353 Abs. 2 StPO); sie können um solche ergänzt werden, die den bisher getroffenen nicht widersprechen.
17c) Die den Angeklagten A. betreffende Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen (§ 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB) hält rechtlicher Überprüfung nur teilweise stand.
18aa) Sie ist aufzuheben, soweit sie einen Betrag von 46.150 Euro übersteigt.
19(1) Die Urteilsgründe belegen für Tat I.1 eine tatsächliche Verfügungsgewalt des Angeklagten A. am Tatertrag im Sinne des § 73 StGB lediglich für die von ihm durch Veräußerung von 6 kg Marihuana unmittelbar erzielten Erlöse in Höhe von insgesamt mindestens 18.600 Euro, nicht aber für die vom Mittäter durch die Veräußerung weiterer 6 kg Marihuana erlangten Erlöse in Höhe von nochmals mindestens 18.600 Euro.
20Allein die mittäterschaftliche Tatbeteiligung des Angeklagten belegt oder begründet für sich betrachtet keine tatsächliche Verfügungsgewalt im Sinne von § 73 StGB. Einem Tatbeteiligten kann die Gesamtheit des aus der Tat Erlangten mit der Folge einer gesamtschuldnerischen Haftung nur dann zugerechnet werden, wenn sich die Beteiligten einig sind, dass jedem die Mitverfügungsgewalt hierüber zukommen soll, und er diese auch tatsächlich hatte. Dabei genügt es, dass der Tatbeteiligte zumindest faktische oder wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt über den Vermögensgegenstand erlangte. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn er im Sinne eines rein tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses ungehinderten Zugriff auf den betreffenden Vermögensgegenstand nehmen konnte (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 2 StR 3/20; vom – 5 StR 154/20 jeweils mwN).
21Daran fehlt es hier im Hinblick auf die vom Mittäter bei Tat I.1 durch die Veräußerung weiterer 6 kg Marihuana erlangten Erlöse. Den Feststellungen lässt sich auch unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der Urteilsgründe nicht entnehmen, dass der Angeklagte A. faktische oder wirtschaftliche Verfügungsgewalt auch über diesen Teil des Gesamterlöses erlangt hat. Vielmehr ist ausdrücklich festgestellt, dass der Lieferant vom Angeklagten und seinem Mittäter jeweils aus den Veräußerungserlösen bezahlt wurde, wobei der Mittäter insgesamt sogar 20.000 Euro an ihn entrichtete. Weitergehende Feststellungen, die eine zwischenzeitliche Verfügungsgewalt des Angeklagten A. auch an den Erlösen des Mittäters begründeten, hat das Landgericht zu Tat I.1 nicht getroffen.
22(2) Die Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen hält der rechtlichen Nachprüfung auch im Fall II.7 nicht stand, weil die Feststellungen zur Höhe des der tatrichterlichen Einziehungsentscheidung als Mindestveräußerungserlös zu Grunde gelegten Einkaufspreises nicht auf einer tragfähigen Beweiswürdigung beruhen.
23Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist auch unter Berücksichtigung des eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabes (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom – 5 StR 169/23; vom – 4 StR 447/23) nicht rechtsfehlerfrei, denn sie ist widersprüchlich.
24Die Feststellung, der Angeklagte A. habe die später veräußerten 5 kg Marihuana zum Gesamtpreis von 10.000 Euro erworben, stützt die Strafkammer auf die Angabe der Ermittlungsführerin, der Angeklagte habe in einem Telefonat mit dem Lieferanten mitgeteilt, „dass er 10 € übergeben könne, also 10.000,- €“. Diese Zeugenaussage wird aus Sicht der Strafkammer durch das abgehörte Telefonat bestätigt. Tatsächlich ergibt sich daraus aber etwas anderes. Zwar wird darin der Satz geäußert: „Nein nein Onkel, ich gebe dir 10 Euro Onkel.“ Dieser stammt allerdings nicht vom Angeklagten, sondern vom Lieferanten. Überdies wird der Begriff „Euro“ in der Kommunikation des Angeklagten und seines Lieferanten nach den Feststellungen des Landgerichts allgemein und auch im Fall II.7 nicht in seiner eigentlichen Bedeutung, sondern als Codewort für das Gewicht an Marihuana verwandt. Hinzu kommt, dass der sich aus der Annahme eines Einkaufspreises von 10.000 Euro ergebende Kilogrammpreis von 2.000 Euro erheblich von dem im Verhältnis zwischen der Bande und diesem Lieferanten für Marihuana dieser Qualität üblicherweise vereinbarten Kilogrammpreis von 800 Euro abweicht. Der Widerspruch bleibt unaufgelöst.
25(3) Die aufgezeigten Rechtsfehler nötigen zur Aufhebung der Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von insgesamt 28.600 Euro. Die der Einziehungsentscheidung zu Grunde liegenden Feststellungen – mit Ausnahme derjenigen zur Höhe des Einkaufspreises bei Tat II.7 – sind von den aufgezeigten Rechtsfehlern nicht berührt; sie bleiben deshalb insoweit aufrechterhalten (§ 353 Abs. 2 StPO). Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen zu den Einziehungsvoraussetzungen treffen, die den bisherigen nicht widersprechen.
26bb) Hinsichtlich der verbleibenden Einziehung des Wertes von Taterträgen (§ 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB) haftet der Angeklagte A. in Höhe der Taterträge des Bandenhandels von insgesamt 23.350 Euro als Gesamtschuldner, da die Bande über eine gemeinsame Kasse für die Taterträge verfügte und somit weitere Tatbeteiligte Mitverfügungsgewalt daran erlangt hatten. Die gesamtschuldnerische Haftung ist in der Entscheidungsformel zu kennzeichnen; der individuellen Benennung der anderen Gesamtschuldner bedarf es dabei nicht (vgl. etwa ). Der Senat holt dies entsprechend § 354 Abs. 1 StPO nach. Dabei geht er – um jede Beschwer für den Angeklagten auszuschließen – davon aus, dass das sichergestellte und rechtsfehlerfrei als Tatertrag gemäß § 73 StGB eingezogene Bargeld in Höhe von 3.000 Euro nicht aus den Banden-, sondern aus einer der beiden anderen Taten stammt.
272. Die Verurteilung der Angeklagten J. B. im Fall III.2 wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (nunmehr: mit Cannabis) kann keinen Bestand haben, denn die Feststellungen tragen den Schuldspruch nicht.
28Die Strafbarkeit wegen Beihilfe nach § 27 Abs. 1 StGB setzt in objektiver Hinsicht eine von einem anderen vorsätzlich begangene rechtswidrige Haupttat sowie deren Förderung durch den Gehilfen voraus. Hinsichtlich der subjektiven Tatseite muss sich der Vorsatz des Gehilfen auf die Haupttat beziehen und sowohl die Verwirklichung der nach ihren wesentlichen Merkmalen oder Grundlagen hinreichend konkretisierten Tat des anderen als auch die Förderung dieser Tat durch einen eigenen Unterstützungsbeitrag umfassen (vgl. Rn. 11 mwN).
29Gemessen daran belegen die Feststellungen eine Strafbarkeit der Angeklagten J. B. wegen Beihilfe nicht. Im Einzelnen:
30a) Es bleibt bereits unklar, worin das Landgericht objektiv die Beihilfehandlung der Angeklagten gesehen hat. Zwar würde das Verwahren der Betäubungsmittel in ihrer Wohnung und das Verbringen eines Teils davon gemeinsam mit der Nichtrevidentin zum Abnehmer eine die Haupttat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln fördernde physische Unterstützungshandlung darstellen können. Es ist allerdings den Feststellungen nicht zu entnehmen, dass die Angeklagte J. B. im Zeitpunkt der Einlagerung oder des Transports der Betäubungsmittel Kenntnis davon erhielt. Vielmehr hat das Landgericht in der rechtlichen Würdigung zu Gunsten der Angeklagten nicht auszuschließen vermocht, dass sie erst anlässlich des Öffnens der Tasche beim Abnehmer Kenntnis von deren Inhalt erlangte.
31b) Soweit das Landgericht eine Beihilfe der Angeklagten darin gesehen haben sollte, dass sie sich nach Kenntniserlangung vom Inhalt der Tasche nicht vom Tatort entfernte, um sich von dem Drogengeschäft zu distanzieren, sondern die Nichtrevidentin R. B. weiter „zumindest psychisch“ unterstützte, „indem sie als zweite Person auf Verkäuferseite neben ihr stand, damit der Verkauf wie vereinbart – Ware gegen Bargeld – ablaufen kann“, wird durch diese Formulierung eine taugliche Beihilfehandlung nicht hinreichend belegt.
32Zwar kann Beihilfe auch dadurch geleistet werden, dass der Gehilfe seinerseits die Tatförderung eines (weiteren) Gehilfen unterstützt (sogenannte „Beihilfe zur Beihilfe”, vgl. , NStZ 2016, 463, 464; Urteil vom – 4 StR 453/00, NJW 2001, 2409, 2410; oder auch „Kettenbeihilfe“, vgl. ; vom – 3 StR 561/18, NStZ-RR 2020, 184, 186 mwN). Voraussetzung wäre aber, dass die Angeklagte die weitere Tatbestandsverwirklichung nach Kenntniserlangung durch ein strafrechtlich relevantes Verhalten in irgendeiner Weise objektiv gefördert hätte. Die bloß einseitige Kenntnisnahme von der Tat eines anderen und deren subjektive Billigung ohne einen die Tatbegehung objektiv fördernden Beitrag reichen grundsätzlich als (auch nur psychische) Beihilfe nicht aus. Feststellungen dazu, dass die Angeklagte J. B. die Billigung der Tat dem Täter oder auch nur der gegebenenfalls von ihr unterstützten Gehilfin R. B. gegenüber zum Ausdruck gebracht und dadurch in ihrem Tatentschluss bestärkt hätte (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 178/12; vom – 3 StR 455/09 jeweils mwN), hat die Strafkammer nicht getroffen.
33c) Solche weitergehenden Feststellungen zu einer möglichen Beihilfestraf-barkeit der Angeklagten erscheinen indes nicht ausgeschlossen. Die bisherigen Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen sind rechtsfehlerfrei getroffen; sie können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO) und um solche ergänzt werden, die den bisherigen nicht widersprechen.
343. Im Umfang der Aufhebungen bedarf die Sache der neuen Verhandlung und Entscheidung.
354. Die Abfassung der Urteilsgründe gibt dem Senat Anlass, darauf hinzuweisen, dass die Beweiswürdigung keine umfassende Dokumentation der Beweisaufnahme enthalten, sondern lediglich belegen soll, warum bestimmte bedeutsame Umstände so festgestellt worden sind. Den gesetzlichen Anforderungen (§ 267 Abs. 1 Satz 2 StPO) an eine aus sich heraus verständliche Beweiswürdigung genügt es, klar und bestimmt die für die Überzeugungsbildung des Tatgerichts maßgeblichen Gesichtspunkte im Rahmen einer strukturierten, verstandesmäßig einsichtigen Darstellung hervorzuheben. Als Ergebnis einer wertenden Auswahl des Tatgerichts zwischen Wesentlichem und Unwesentlichem ist das Beweisergebnis daher nur so weit zu erörtern, wie es für die Entscheidung von Bedeutung ist. Eine Dokumentation des Ermittlungsverfahrens und der Beweisaufnahme ist damit ebenso wenig angezeigt wie die Angabe eines Belegs für jede Feststellung, mag diese in Bezug auf den Tatvorwurf auch noch so unwesentlich sein. Die umfangreiche Wiedergabe von Chatnachrichten, deren Beweisbedeutung sich nicht ohne Weiteres erschließt, ist regelmäßig verfehlt. Eine derart ausufernde Abfassung der schriftlichen Gründe kann die Würdigung der Beweise nicht ersetzen und unter Umständen sogar den Bestand des Urteils gefährden (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 188/23; vom – 6 StR 249/22; Urteil vom – 5 StR 18/22).
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:240424B5STR4.24.0
Fundstelle(n):
XAAAJ-68505