BGH Beschluss v. - 6 StR 73/24

Instanzenzug: LG Ansbach Az: KLs 1102 Js 3941/23

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall 1 der Urteilsgründe) und wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall 2 der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt; es hat ferner die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt und einen Vorwegvollzug von zwei Jahren angeordnet. Die gegen das Urteil gerichtete, auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist das Rechtsmittel im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.

I.

2Das Landgericht hat Folgendes festgestellt:

3Am führte der Angeklagte 3,96 Gramm Heroin (Wirkstoffgehalt 0,96 Gramm Heroinhydrochlorid) und 13,18 Gramm Kokain (Wirkstoffgehalt 10,9 Gramm Kokainhydrochlorid) bei sich.

4Am trug er in seiner Hosentasche 18,63 Gramm Kokain (Wirkstoffgehalt 18 Gramm Kokainhydrochlorid) und in einem Rucksack 367,3 Gramm Marihuana (Wirkstoffgehalt 37,3 Gramm THC) nebst einem Zimmermannshammer bei sich. Von dem Kokain waren fünf Gramm (Wirkstoffgehalt 4,8 Gramm) und von dem Marihuana 300 Gramm (Wirkstoffgehalt 30,4 Gramm) zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt, der Rest war für den eigenen Konsum vorgesehen.

II.

51. Der Schuldspruch im Fall 2 der Urteilsgründe ist zu ändern. Zwar lässt das Urteil nach dem zur Zeit der Entscheidung geltenden Recht keinen Rechtsfehler erkennen; die Revision wäre insoweit unbegründet. Allerdings ist am das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (BGBl. I Nr. 109; Konsumcannabisgesetz – KCanG) in Kraft getreten; dies ist nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 StGB i.V.m. § 354a StPO bei der Revisionsentscheidung zu berücksichtigen. Mit der Gesetzesänderung wurde Cannabis aus dem Anwendungsbereich des BtMG entfernt und der Umgang mit Konsumcannabis abschließend im neuen KCanG geregelt (vgl. BT-Drucks. 20/8704, S. 130). Hiernach gilt Cannabis nicht mehr als Betäubungsmittel und sind damit im Zusammenhang stehende Straftaten allein nach § 34 KCanG zu bewerten (vgl. BT-Drucks. aaO).

6Das vom Landgericht zu Fall 2 der Urteilsgründe festgestellte Tatgeschehen führt wie aus der Beschlussformel ersichtlich zu einer Änderung des Schuldspruchs. Bei der Bezeichnung der Tatbestände ist nunmehr zwischen denen des BtMG und des § 34 KCanG zu differenzieren. Eine Addition von Betäubungsmitteln und Cannabis zur Bestimmung der „nicht geringen Menge“ im Sinne des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG und anderer Regelungen ist damit ausgeschlossen (vgl. zur früheren Rechtslage , NStZ-RR 2024, 22 mwN). Der für den Handel vorgesehene Teil des Kokains erreichte mit einem Wirkstoffgehalt von 4,8 Gramm den maßgeblichen Grenzwert von fünf Gramm (vgl. , BGHSt 33, 133) nicht. Folglich hat sich der Angeklagte, soweit es den Umgang mit dieser Droge betrifft, allein nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 Variante 4 in Tateinheit mit § 29 Abs. 1 Nr. 1 Variante 3 BtMG strafbar gemacht; eine Verurteilung wegen bewaffneten Handeltreibens nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 Variante 1 (in Tateinheit mit § 29a Abs. 1 Nr. 2 Variante 4) BtMG scheidet nach neuer Rechtslage aus. Zudem hat der Angeklagte die Tatbestände aus § 34 Abs. 4 Nr. 4 Variante 1 und § 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a KCanG verwirklicht. Der Grenzwert der nicht geringen Menge für Tetrahydrocannabinol im Sinne des § 34 Abs. 4 Nr. 4 Variante 1 KCanG beträgt auch nach neuer Rechtslage 7,5 Gramm (vgl. , Rn. 7 ff.) und ist damit überschritten.

7Der Änderung des Schuldspruchs steht § 265 StPO nicht entgegen. Der Senat schließt aus, dass sich der Angeklagte wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

82. Angesichts der geringeren Strafandrohung kann die für die Tat vom verhängte Strafe von fünf Jahren und sechs Monaten keinen Bestand haben. Mit dem Wegfall der Einsatzstrafe ist auch dem Gesamtstrafausspruch und hierdurch wiederum dem Ausspruch über den Vorwegvollzug im Sinne des § 67 Abs. 2 StGB die Grundlage entzogen. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht (§ 353 Abs. 2 StPO). Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, die den bisherigen nicht widersprechen. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass dem Umstand, Cannabis sei eine „weiche Droge“ (vgl. , NStZ-RR 2016, 313), aus gesetzessystematischen Gründen keine strafmildernde Wirkung mehr beigemessen werden darf, weil das KCanG Regelungen allein zu dieser Droge enthält.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:150524B6STR73.24.0

Fundstelle(n):
KAAAJ-68411