BGH Urteil v. - I ZR 23/23

Kennzeichenrechtliche Unterlassungsansprüche bei Nutzung von VW "Bulli"-Miniaturfahrzeugen; Nachweis rechtserhaltender Benutzung im Verletzungsverfahren - VW Bulli

Leitsatz

VW Bulli

1. Bei der Verbindung einer Formmarke mit weiteren wörtlichen oder bildlichen Kennzeichnungen muss für die Beantwortung der Frage, ob der angesprochene Verkehr darin einen Herkunftshinweis versteht, geprüft werden, ob die Formmarke unter dem Gesichtspunkt der Mehrfachkennzeichnung als eigenständiger betrieblicher Herkunftshinweis aufzufassen ist. Eine solche Mehrfachkennzeichnung stellt nicht zwangsläufig die Wahrnehmung der Form als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren durch den angesprochenen Verkehr in Frage (vgl. , juris Rn. 47 - Klement/EUIPO [Form eines Ofens]).

2. Dem Tatbestandsmerkmal der Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der bekannten Marke im Sinn von § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG ist die Unlauterkeit außerhalb von "Trittbrettfahrer"-Konstellationen (vgl. dazu , Slg. 2009, I-5185 = GRUR 2009, 756 [juris Rn. 41 und 90] - L'Oréal u.a.) nicht bereits immanent. Die Ausnutzung des guten Rufs allein ist auch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union noch kein die Unlauterkeit begründender Umstand. Es kommt vielmehr auf den vom nationalen Gericht zu prüfenden konkreten Einzelfall an.

3. Der Vertrieb von Spielzeug- oder Modellautos, bei denen sich jeglicher Zusammenhang mit der (dreidimensionalen) Marke des Herstellers der Kraftfahrzeuge allein aus der spielzeughaft verkleinerten Nachbildung des Originals zwangsläufig wie beiläufig ergibt (vgl. , GRUR 2010, 726 [juris Rn. 29] = WRP 2010, 1039 - Opel-Blitz II; Urteil vom - I ZR 86/22, GRUR 2023, 808 [juris Rn. 25] = WRP 2023, 715 - DACHSER), ist mit den vom Gerichtshof der Europäischen Union entschiedenen "Trittbrettfahrer"-Konstellationen, die eine Unlauterkeit der Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der bekannten Marke begründen, nicht vergleichbar.

Gesetze: § 14 Abs 2 S 1 Nr 2 MarkenG, § 14 Abs 2 S 1 Nr 3 MarkenG, § 25 Abs 2 S 1 MarkenG, § 26 Abs 1 MarkenG, § 26 Abs 2 MarkenG

Instanzenzug: Hanseatisches Az: 5 U 61/21 Urteilvorgehend Az: 315 O 213/16 Urteil

Tatbestand

1Die Klägerin stellt Kraftfahrzeuge her und vertreibt diese weltweit unter den Marken "Volkswagen", "VW" und "VW im Kreis". Sie ist Inhaberin der am angemeldeten und am unter der Registernummer 30627911 eingetragenen deutschen dreidimensionalen Marke (Klagemarke), die den VW Bus T1, auch genannt "Bulli", in fünf Ansichten zeigt:

2Die Klagemarke beansprucht unter anderem Schutz in Klasse 12 für

Fahrzeuge zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft und/oder auf dem Wasser sowie deren Teile, soweit in Klasse 12 enthalten, einschließlich Kraftfahrzeuge und deren Teile (soweit in Klasse 12 enthalten)

sowie in Klasse 28 für

Spiele, Spielzeug, einschließlich Fahrzeugmodelle (verkleinert), insbesondere Modellautos und Spielzeugautos.

3Die Beklagte produziert und vertreibt hochpreisige Modellautos, darunter bevorzugt sogenannte Klassiker (Oldtimer) für Sammler und Werbekunden wie die im Unterlassungsantrag wiedergegebenen Modelle des VW Bus T1 ("Bulli"). Der VW Bus T1 wurde erstmals 1950 auf den Markt gebracht und findet sich bis heute im Straßenbild.

4Die Beklagte war Lizenznehmerin zunächst der Klägerin und später einer 100 %igen Konzerntochter der Klägerin, der V.     Z.   GmbH. Unter diesem Lizenzverhältnis vertrieb sie unter ihrer Marke "Premium ClassiXXs" das folgende Modell eines VW Bus T1:

5Auf der Verpackung dieses Modellautos brachte die Beklagte bis zum den folgenden Lizenzvermerk an:

6Die Beklagte kündigte die Lizenzbeziehungen mit der V.     Z.   GmbH zum .

7Die Klägerin hält das Anbieten, Bewerben, Einführen und Inverkehrbringen der "Bulli"-Modelle der Beklagten ohne Lizenzvereinbarung für eine Verletzung ihrer Rechte an der Klagemarke. Sie hat zuletzt beantragt, die Beklagte unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen,

es zu unterlassen, Modellautos gemäß den nachfolgenden Abbildungen

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, zu bewerben oder in die Bundesrepublik Deutschland einzuführen oder sonst wie in den Verkehr zu bringen.

8Die Klägerin hat außerdem Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Schadensersatz, Rückruf, Vernichtung und Urteilsbekanntmachung verlangt.

9Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (, juris). Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und der Klage vollumfänglich stattgegeben (OLG Hamburg, GRUR 2023, 491). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Gründe

10I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stünden gegen die Beklagte wegen des Anbietens, Bewerbens, Einführens und Inverkehrbringens der "Bulli"-Modelle kennzeichenrechtliche Unterlassungs- und Folgeansprüche zu. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

11Die von der Beklagten erhobene Einrede der Nichtbenutzung bleibe ohne Erfolg. Die Klägerin habe ihre Klagemarke sowohl für Spielzeug- und Modellautos als auch für Kraftfahrzeuge rechtserhaltend benutzt. Für Spielzeug- und Modellautos (Klasse 28) liege jedenfalls eine Drittbenutzung mit Zustimmung der Klägerin als Markeninhaberin durch die Beklagte als seinerzeitige Lizenznehmerin im Sinn von § 26 Abs. 2 MarkenG vor; dieser habe bis zum auch nicht der erforderliche Fremdbenutzungswille gefehlt. Die Benutzung der (auch) für Spielzeug- und Modellautos eingetragenen Klagemarke könne selbst bei einer originalgetreuen Fahrzeugnachbildung nicht als nicht (auch) herkunftshinweisend ausgeschieden werden. Durch den Vertrieb von Ersatz- und Zubehörteilen sowie das Anbieten originalgetreuer Werksrestaurierungen für den VW Bus T1 ("Bulli") durch die Klägerin habe diese die Klagemarke zudem für Kraftfahrzeuge (Klasse 12) rechtserhaltend benutzt.

12Es liege auch eine Markenverletzung vor. Die angegriffenen Modelle stellten eine markenmäßige Benutzung für Modellautos (Klasse 28) dar und es bestehe Verwechslungsgefahr im Sinn von § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 MarkenG. Daneben seien die geltend gemachten Ansprüche aus dem Gesichtspunkt des Bekanntheitsschutzes gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG wegen einer unlauteren Ausnutzung der Wertschätzung und Unterscheidungskraft der für Kraftfahrzeuge (Klasse 12) bekannten Klagemarke begründet. Ob außerdem Ansprüche aus Identitätsschutz nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 MarkenG bestünden, könne offenbleiben.

13II. Die zulässige Revision der Beklagten hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klagemarke sei im relevanten Benutzungszeitraum sowohl für Kraftfahrzeuge in Klasse 12 als auch für Modell- und Spielzeugautos in Klasse 28 gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1, § 26 Abs. 1 und 2 MarkenG rechtserhaltend benutzt worden, wird von seinen Feststellungen nicht getragen.

141. Nach § 25 Abs. 2 Satz 1 MarkenG muss der Kläger im Verletzungsverfahren auf Einrede des Beklagten nachweisen, dass die Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor Erhebung der Klage für die Waren oder Dienstleistungen, auf die er sich zur Begründung seines Anspruchs beruft, gemäß § 26 MarkenG benutzt worden ist oder dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen, sofern zum Zeitpunkt der Klageerhebung seit mindestens fünf Jahren kein Widerspruch mehr gegen die Marke möglich war. Eine rechtserhaltende Benutzung im Sinn von § 26 Abs. 1 MarkenG setzt voraus, dass die Marke von ihrem Inhaber für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, im Inland ernsthaft benutzt worden ist. Nach § 26 Abs. 2 MarkenG gilt die Benutzung der Marke mit Zustimmung des Inhabers als Benutzung durch den Inhaber.

152. Das Berufungsgericht hat die Nichtbenutzungseinrede der Beklagten zurückgewiesen. Der relevante Benutzungszeitraum laufe unter Berücksichtigung der Klagezustellung am vom bis zum . Für Waren der Warenklasse 28 (Spielzeug- und Modellautos) liege eine Drittbenutzung mit Zustimmung der Klägerin als Markeninhaberin durch die Beklagte mit Fremdbenutzungswillen vor. Auch für Kraftfahrzeuge (Klasse 12) sei die Klagemarke rechtserhaltend benutzt worden, indem die Klägerin Ersatz- und Zubehörteile für den VW Bus T1 ("Bulli") weiter vertrieben und originalgetreue Werksrestaurierungen für den Klassiker VW Bus T1 ("Bulli") angeboten habe. Die Benutzungen seien jeweils als auch auf die Herkunft aus dem Unternehmen der Klägerin hinweisend anzusehen. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.

163. Das Berufungsgericht hat zur Bestimmung des maßgeblichen Benutzungszeitraums auf die Klagezustellung am abgestellt und in entsprechender Anwendung von § 187 Abs. 1 BGB, der auch für solche Fristen Anwendung findet, für die von einem bestimmten Zeitpunkt an in die Vergangenheit zurückgerechnet werden muss (vgl. , NJW 2013, 2199 [juris Rn. 11]; MünchKomm.BGB/Grothe, 9. Aufl., § 187 Rn. 4), einen maßgeblichen Benutzungszeitraum vom bis zum ermittelt.

17Ob der Begriff der Klageerhebung in § 25 Abs. 2 Satz 1 MarkenG - wie vom Berufungsgericht angenommen - die Zustellung der Klage erfordert, wie § 253 Abs. 1 ZPO dies vorschreibt, oder ob die Einreichung der Klageschrift bei Gericht genügt, wie Art. 32 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) 1215/2012 (Brüssel Ia-Verordnung) dies vorsieht (vgl. dazu BeckOK.Markenrecht/Bogatz, 37. Edition [Stand: ], § 25 MarkenG Rn. 21.1; Thiering in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 14. Aufl., § 25 Rn. 22; Hackbarth in Fezer, MarkenG, 5. Aufl., § 25 Rn. 9; vgl. auch , GRUR 2022, 985 [juris Rn. 60] = WRP 2022, 840 - HEITEC), kann im Streitfall offenbleiben. Die vom Berufungsgericht festgestellten Benutzungshandlungen fanden jedenfalls ab dem bis zum statt und damit auch innerhalb des bei Maßgeblichkeit der Einreichung der Klageschrift am relevanten Benutzungszeitraums vom bis zum .

184. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des Lizenzvertrags L 0851 vom 12./ und der Korrespondenz vom dahingehend, dass sich die Lizenzierung auch auf die Klagemarke bezogen und bis zur Beendigung des Lizenzverhältnisses ein Fremdbenutzungswille der Beklagten vorgelegen habe (dazu II 4 a). Weder hat das Berufungsgericht bei der Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt (dazu II 4 b) noch sind ihm revisionsrechtlich erhebliche Auslegungsfehler unterlaufen (dazu II 4 c).

19a) Das Berufungsgericht hat angenommen, der im Berufungsverfahren vorgelegte Lizenzvertrag L 0851 vom 12./ (Anlage K 26) beziehe sich auf den VW Bus T1 ("Bulli"). Er nenne die Klagemarke zwar nicht, für eine nicht abschließende Markenaufzählung spreche aber der Zusatz in Anlage 1, wonach die Lizenz weitere Länder, in denen entsprechende Marken(anmeldungen) eingereicht/registriert seien, umfasse. Die von der Beklagten unterzeichnete Vertragsanpassung vom mit Wirkung zum - und damit zu einem Zeitpunkt, als die Klagemarke bereits eingetragen gewesen sei - betreffend die Stücklizenzen für Modellautos (auch) des VW Bus T1 ("Bulli") (Anlage K 27) zeige, dass die Beklagte die Form des VW Bus T1 ("Bulli") für Modellautos im Rahmen einer Lizenzbeziehung genutzt habe. Die Beklagte sei hiernach unstreitig ab dem Lizenznehmerin der V.     Z.   GmbH auch für verschiedene originalgetreue Miniaturmodelle des VW Bus T1 ("Bulli") gewesen. Ihr habe es hinsichtlich der Klagemarke auch nicht am Fremdbenutzungswillen gefehlt. Von einem solchen könne bei einem wirksamen Lizenzvertrag regelmäßig ausgegangen werden. Die Beklagte habe das Modellauto VW Bus T1 ("Bulli") bis zum unter dem Lizenzvertrag hergestellt. Dabei habe sich auch die zulässige Form der unter dem Vertrag lizenzierten Waren nach dem Lizenzvertrag gerichtet; die Form sei ebenfalls Gegenstand des Vertrags gewesen. Da nach der Anlage zum Lizenzvertrag auch Urheberrechte für den VW T1 (Bus und Kastenwagen) Gegenstand der Lizenzierung gewesen seien, sei auch die Formnutzung lizenziert gewesen. Bei dieser Sachlage habe die Beklagte gewusst, dass sie die Form bis zum in Lizenz genutzt habe.

20Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision bleiben ohne Erfolg.

21b) Dem Berufungsgericht fällt entgegen der Annahme der Revision keine gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßende Verletzung der Hinweispflicht zur Last.

22aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs verstößt ein Gericht gegen Art. 103 Abs. 1 GG und das Gebot eines fairen Verfahrens, wenn es bei einer Entscheidung ohne vorherigen Hinweis auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellt, mit dem auch gewissenhafte und kundige Prozessbeteiligte nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchten (vgl. , GRUR 2018, 740 [juris Rn. 7] = WRP 2018, 824 - Gewohnt gute Qualität, mwN). Die Gewährleistung des rechtlichen Gehörs vor Gericht schützt dabei auch das Vertrauen der in erster Instanz siegreichen Partei darauf, vom Berufungsgericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Vorinstanz nicht folgen will und aufgrund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Sachvortrags erforderlich sein kann (vgl. , juris Rn. 13 mwN).

23bb) Nach diesen Maßstäben ist eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG schon nicht hinreichend dargelegt. Wie die Revision selbst einräumt, hat das Berufungsgericht in der mündlichen Verhandlung seine von der Vorinstanz abweichende Auffassung zur rechtserhaltenden Benutzung der Klagemarke erläutert und den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Revision zeigt nicht auf, dass und gegebenenfalls warum sich die Beklagte dazu nicht in der mündlichen Verhandlung oder im Anschluss bis zu dem - über zwei Monate - später anberaumten Verkündungstermin schriftsätzlich hätte äußern können.

24c) Die Auslegung des Lizenzvertrags aus dem Jahr 2003 sowie der Vertragsanpassung aus dem Jahr 2010 durch das Berufungsgericht ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden.

25aa) Die Auslegung von Individualvereinbarungen ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Dessen Auslegung unterliegt im Revisionsverfahren nur einer eingeschränkten Überprüfung im Hinblick darauf, ob gesetzliche Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht, etwa, weil wesentliches Auslegungsmaterial unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen worden ist (st. Rspr.; vgl. , GRUR 2020, 57 [juris Rn. 20] = WRP 2020, 74 - Valentins, mwN). Solche Fehler sind dem Berufungsgericht nicht unterlaufen.

26bb) Das Berufungsgericht hat sich mit den Einwänden der Beklagten, Gegenstand des Lizenzvertrags hätten nur die in Anlage 1 aufgeführten Marken und Markenschutzrechte sein sollen, etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Vertragsanpassung aus August 2010 und "Urheberrechte für Volkswagen-Bus und Kastenwagen" seien einer Formmarke nicht gleichzusetzen, umfassend auseinandergesetzt. Auch ein Verstoß gegen Denkgesetze ist nicht ersichtlich. Vielmehr versucht die Revision, ihre eigene Sichtweise an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts zu setzen, ohne dabei revisible Auslegungsfehler darzulegen.

275. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Benutzungen der Klagemarke im Bereich der Modellautos (Klasse 28) und der Kraftfahrzeuge (Klasse 12) seien jedenfalls als auch auf die Herkunft aus dem Unternehmen der Klägerin hinweisend anzusehen, hält der rechtlichen Nachprüfung dagegen nicht stand. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen getroffen, die seine Annahme einer zum Rechtserhalt geeigneten Benutzung der Klagemarke tragen.

28a) Eine Benutzung der für Waren oder Dienstleistungen eingetragenen Marke wirkt nur rechtserhaltend, wenn die Verwendung der Hauptfunktion der Marke entspricht, dem Verkehr die Ursprungsidentität der Ware oder Dienstleistung zu garantieren, indem sie ihm ermöglicht, diese Ware oder Dienstleistung von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. , Slg. 2003, I-2439 = GRUR 2003, 425 [juris Rn. 36 und 43] - Ansul; , GRUR 2021, 1389 [juris Rn. 15] = WRP 2021, 149 - Bewässerungsspritze II). Hierzu ist es ausreichend, aber auch erforderlich, dass die Marke in üblicher und wirtschaftlich sinnvoller Weise für die Ware oder Dienstleistung verwendet wird, für die sie eingetragen ist. Der angesprochene Verkehr muss die Benutzung des Kennzeichens zumindest auch als Unterscheidungszeichen für die Ware oder Dienstleistung ansehen. Das ist dann der Fall, wenn das Zeichen als Herkunftshinweis für das beworbene Produkt verstanden wird (vgl. , GRUR 2009, 60 [juris Rn. 22] = WRP 2008, 1544 - LOTTOCARD, mwN).

29Da die rechtserhaltende Benutzung eine Verwendung der Marke für die Waren voraussetzt, kann allerdings die Feststellung der markenmäßigen Benutzung Probleme aufwerfen, wenn die Marke und die Ware identisch sind. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang allein die Auffassung des Verkehrs. Erkennen die maßgeblichen Verkehrskreise in der Gestaltung nicht nur die Ware selbst, sondern fassen sie die Gestaltung auch als Hinweis auf die Herkunft der Waren aus einem Unternehmen auf, ist von einer rechtserhaltenden Benutzung der mit der Ware identischen Marke auszugehen (, GRUR 2002, 1072 [juris Rn. 25] = WRP 2002, 1284 - SYLT-Kuh; zur markenmäßigen Benutzung vgl. , BGHZ 205, 1 [juris Rn. 28] - BMW-Emblem).

30Bei dreidimensionalen Marken ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr nach der Lebenserfahrung die Formgestaltung einer Ware regelmäßig nicht in gleicher Weise wie Wort- und Bildmarken als Herkunftshinweis auffasst, weil es bei der Warenform zunächst um eine funktionelle und ästhetische Ausgestaltung der Ware selbst geht. Auch eine besondere Gestaltung der Ware selbst wird danach eher diesem Umstand zugeschrieben werden als der Absicht, auf die Herkunft der Ware hinzuweisen (vgl. , BGHZ 171, 89 [juris Rn. 26] - Pralinenform I; Urteil vom - I ZR 23/14, GRUR 2016, 197 [juris Rn. 27] = WRP 2016, 199 - Bounty).

31Bei der Verbindung einer Formmarke mit weiteren wörtlichen oder bildlichen Kennzeichnungen muss zudem geprüft werden, ob die Formmarke als eigenständiger betrieblicher Herkunftshinweis aufzufassen ist (vgl. Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering aaO § 26 Rn. 253; Schmitz-Fohrmann in Ingerl/Rohnke/Nordemann, MarkenG, 4. Aufl., § 26 Rn. 90 und 103; BeckOK.MarkenR/Bogatz aaO § 26 MarkenG Rn. 159 f.). Allerdings kann eine dreidimensionale Marke unter dem Gesichtspunkt der Mehrfachkennzeichnung auch in Verbindung mit einem Wortbestandteil benutzt werden, ohne dass dies zwangsläufig die Wahrnehmung der Form als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren durch den Verbraucher in Frage stellt (vgl. , juris Rn. 47 - Klement/EUIPO [Form eines Ofens]; Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering aaO § 26 Rn. 254).

32Die Tatsache, dass ein Zeichen vom angesprochenen Verkehr als Herkunftshinweis für die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen und damit als Marke erkannt wird, muss anhand der Umstände des Einzelfalls positiv festgestellt werden (, GRUR 2019, 522 [juris Rn. 41] = WRP 2019, 749 - SAM).

33b) An den danach erforderlichen Feststellungen einer rechtserhaltenden Benutzung der dreidimensionalen Klagemarke fehlt es sowohl für Waren der Klasse 12 (Kraftfahrzeuge) (dazu II 5 b aa) als auch für Waren der Klasse 28 (Modell- und Spielzeugautos) (dazu II 5 b bb).

34aa) Bei der Frage der rechtserhaltenden Benutzung der Klagemarke für Kraftfahrzeuge in Klasse 12 ist das Berufungsgericht im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass bei einer Marke, die für eine Gruppe von Waren und - wie hier - für deren Einzelteile eingetragen ist, davon auszugehen ist, dass sie für alle zu dieser Gruppe gehörenden Waren und für deren Einzelteile "ernsthaft benutzt" worden ist, wenn sie nur für bestimmte Waren oder nur für die Einzelteile oder das Zubehör einiger der genannten Waren benutzt worden ist, es sei denn, aus relevanten Tatsachen und Beweisen ergibt sich, dass der Verbraucher, der solche Waren erwerben möchte, in ihnen eine selbständige Untergruppe der Gruppe von Waren sieht, für die die betreffende Marke eingetragen wurde (vgl. , GRUR 2020, 1301 [juris Rn. 53] - Ferrari/DU [testarossa]; vgl. auch EuGH, GRUR 2003, 425 [juris Rn. 40 bis 42] - Ansul). Auch der Umstand, dass die Benutzung der betreffenden Marke keine Waren betrifft, die auf dem Markt neu angeboten werden, sondern bereits vertriebene Waren, nimmt ihr nicht den Charakter der Ernsthaftigkeit, wenn dieselbe Marke von ihrem Inhaber für Einzelteile, die zur Zusammensetzung oder Struktur dieser Waren gehören, oder für Waren oder Dienstleistungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit bereits vertriebenen Waren stehen und die Bedürfnisse der Abnehmer dieser Waren befriedigen sollen, tatsächlich benutzt wird (vgl. EuGH, GRUR 2003, 425 [juris Rn. 43] - Ansul; GRUR 2020, 1301 [juris Rn. 34] - Ferrari/DU [testarossa]).

35Voraussetzung für eine solche Zuordnung der Benutzung zu einer bereits vertriebenen Hauptware der gleichen Marke ist jedoch, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen überhaupt unter der betreffenden Marke - im Streitfall der (dreidimensionalen) Klagemarke - angeboten worden sind. Geschieht dies nicht, kann von einer "ernsthaften Benutzung" der Marke offenkundig keine Rede sein (vgl. EuGH, GRUR 2020, 1301 [juris Rn. 63 f.] - Ferrari/DU [testarossa]). Das Berufungsgericht hat lediglich ausgeführt, Angebot und Vertrieb von Ersatz- und Zubehörteilen für den VW Bus T1 ("Bulli") sowie die angebotenen originalgetreuen Werksrestaurierungen (Anlage K 25) seien als solche unstreitig. Feststellungen zur tatsächlichen Verwendung der (dreidimensionalen) Klagemarke im Rahmen dieses Angebots hat es dagegen nicht getroffen.

36bb) Auch für eine rechtserhaltende Benutzung der Klagemarke für Spielzeug- und Modellautos in Klasse 28 fehlt es an Feststellungen.

37(1) Das Berufungsgericht hat seine Annahme einer markenmäßigen Benutzung der dreidimensionalen Klagemarke für Spielzeug- und Modellautos mit der Erwägung begründet, die Benutzung der (auch) für Spielzeug- und Modellautos eingetragenen Klagemarke könne selbst bei einer originalgetreuen Fahrzeugnachbildung nicht als nicht (auch) herkunftshinweisend ausgeschieden werden, weil etwa Anknüpfungspunkt der Herkunftsvorstellungen des Verkehrs die Verwendung der Marke für Kraftfahrzeuge und nicht für Spielzeug sei und dies außerhalb des Schutzbereichs des § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 MarkenG liege. Dies hätte zur Konsequenz, dass die Klageformmarke im Bereich der Spielzeug- und Modellautos von vornherein eine Schutzlücke hätte. Das könne unter Berücksichtigung der Bindung an die Eintragung nicht richtig sein.

38(2) Diese allgemeinen Überlegungen ersetzen nicht die erforderliche Feststellung einer markenmäßigen und damit rechtserhaltenden Benutzung der Klagemarke für Spielzeug- und Modellautos. Die Annahme, eine Gestaltung werde markenmäßig benutzt, folgt nicht bereits aus der Bindung an die Eintragung der Klagemarke. Die Eintragung verwehrt es dem Tatgericht lediglich, vom Vorliegen von Eintragungshindernissen auszugehen und der Klagemarke jeden Schutz zu versagen. Die Markeneintragung hat dagegen nicht zur Folge, dass das Zeichen in jedweder Verwendungsform die Funktion eines Herkunftshinweises erfüllt. Es ist vielmehr Aufgabe des Tatgerichts zu prüfen - und anhand der Umstände positiv festzustellen (vgl. BGH, GRUR 2019, 522 [juris Rn. 41] - SAM) -, ob eine herkunftshinweisende Verwendung vorliegt (vgl. BGHZ 171, 89 [juris Rn. 24] - Pralinenform I; BGH, GRUR 2016, 197 [juris Rn. 31] - Bounty, mwN). Eine solche Prüfung hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen.

39cc) Für einen Rückgriff auf die bei der Prüfung einer rechtsverletzenden Benutzung getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts fehlt es schon an einer entsprechenden Bezugnahme im Berufungsurteil. Zudem können die Begriffe der rechtserhaltenden Benutzung und der rechtsverletzenden Benutzung nicht gleichgesetzt werden (vgl. , GRUR 2000, 1038 [juris Rn. 16] = WRP 2000, 1161 - Kornkammer; Urteil vom - I ZR 91/13, GRUR 2015, 685 [juris Rn. 29] = WRP 2015, 874 - STAYER; BeckOK.Markenrecht/Bogatz aaO § 26 MarkenG Rn. 41; Schmitz-Fohrmann in Ingerl/Rohnke/Nordemann aaO § 26 Rn. 32; vgl. auch EuGH, GRUR 2020, 1301 [juris Rn. 59] - Ferrari/DU [testarossa]). Außerdem beziehen sich die Feststellungen zur rechtsverletzenden Benutzung auf die im Tenor des angefochtenen Urteils abgebildeten unverpackten Modelle; die rechtserhaltende Benutzung begründet das Berufungsgericht dagegen allein mit dem von der Beklagten angebotenen verpackten Modellauto. Dabei sind über eine etwaige Mehrfachkennzeichnung mit der Marke "VW im Kreis" auf dem Modell selbst noch weitere Zusätze auf der Verpackung angebracht - nämlich "Premium ClassiXXs", "VW T1 Bus" und "Limited Edition: 500 pieces" sowie ein Lizenzvermerk "Officially licensed by Volkswagen" -, die einen Einfluss auf die Verkehrswahrnehmung haben können und mit denen es deshalb einer gesonderten Auseinandersetzung bedarf.

406. Das angegriffene Urteil ist danach aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

41III. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

421. Bei der Prüfung der rechtserhaltenden Benutzung der Klagemarke wird das Berufungsgericht für die Beurteilung, ob das Zeichen als Herkunftshinweis für das beworbene Produkt verstanden wird, neben der Gewöhnung des Verkehrs an spielzeughaft verkleinerte Nachbildungen realer Kraftfahrzeuge als Abbildungen der Wirklichkeit (vgl. , GRUR 2023, 808 [juris Rn. 13] = WRP 2023, 715 - DACHSER) auch die für dreidimensionale Marken sowie Marken, die mit der Ware identisch sind, geltenden Besonderheiten einschließlich einer eventuellen Mehrfachkennzeichnung berücksichtigen müssen (vgl. oben Rn. 29 bis 31).

432. Kommt das Berufungsgericht erneut zu dem Ergebnis, die Klagemarke sei für Spielzeug- und Modellautos in Klasse 28 rechtserhaltend benutzt worden, weist der Senat für die Prüfung einer Markenverletzung wegen kennzeichenrechtlicher Verwechslungsgefahr (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 MarkenG) darauf hin, dass die Feststellungen des Berufungsgerichts zum Verkehrsverständnis nicht frei von Rechtsfehlern sind.

44a) Eine Verletzungshandlung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 MarkenG setzt voraus, dass das beanstandete Zeichen markenmäßig oder - was dem entspricht - als Marke verwendet wird, also im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer dient (vgl. , GRUR 2021, 1199 [juris Rn. 55] = WRP 2021, 1295 - Goldhase III). Ob ein Zeichen in diesem Sinn als Hinweis auf die Herkunft von Waren oder Dienstleistungen verstanden und somit markenmäßig verwendet wird, beurteilt sich aus der Sicht eines normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers (vgl. , GRUR 2015, 1201 [juris Rn. 68] = WRP 2015, 1487 - Sparkassen-Rot/Santander-Rot, mwN). Zur Bestimmung der angesprochenen Verkehrskreise ist auf diejenigen Abnehmer abzustellen, die die konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen nachfragen (, GRUR 2015, 587 [juris Rn. 21] = WRP 2015, 732 - PINAR).

45b) Das Berufungsgericht hat gemeint, es könne die Feststellungen zum Verkehrsverständnis selbst treffen, weil seine Mitglieder zum angesprochenen Verkehrskreis der Gesamtheit der Verbraucher zählten. Ergänzend seien die als qualifizierter Parteivortrag vorgelegten GfK-Gutachten aus Oktober und November 2015 (Anlagen K 6 und K 7) zu berücksichtigen, deren Inhalt unbestritten sei. Hinzu kämen die Branchengewohnheiten und das Verkehrsverständnis bei Merchandising-Artikeln. Diese Beurteilung ist nicht frei von Rechtsfehlern.

46c) Die Ermittlung der Verkehrsauffassung unterliegt nur einer eingeschränkten revisionsgerichtlichen Überprüfung dahingehend, ob das Berufungsgericht den Tatsachenstoff verfahrensfehlerfrei ausgeschöpft hat und die Beurteilung mit den Denkgesetzen und den allgemeinen Erfahrungssätzen in Einklang steht. Da es sich nicht um eine Tatsachenfeststellung im eigentlichen Sinn, sondern um die Anwendung spezifischen Erfahrungswissens handelt, kann ein Rechtsfehler auch darin bestehen, dass die festgestellte Verkehrsauffassung erfahrungswidrig ist (, GRUR 2023, 831 [juris Rn. 37] = WRP 2023, 820 - Hautfreundliches Desinfektionsmittel, mwN). Ein solcher Rechtsfehler liegt hier vor, weil die Annahme des Berufungsgerichts, das Angebot der streitgegenständlichen Modelle richte sich an den allgemeinen Verkehr, nicht von seinen Feststellungen getragen wird.

47aa) Nach den tatbestandlichen Feststellungen richten sich die (hochpreisigen) Modelle der Beklagten an Sammler und Werbekunden und damit an einen informierten Verkehrskreis. Demgegenüber ist das Berufungsgericht von der Gesamtheit der Verbraucher ausgegangen, ohne festzustellen, dass das Verständnis der informierten Verkehrskreise mit dem der allgemeinen Verkehrskreise übereinstimmt. Soweit es ergänzend auf das Verkehrsverständnis bei Merchandising-Artikeln abgestellt hat, ist eine Gleichsetzung der von der Beklagten angebotenen hochpreisigen Modellautos mit Merchandising-Artikeln, bei denen der Verkehr keinen besonderen Wert auf die Zuordnung zu einem bestimmten Hersteller legt, erfahrungswidrig.

48bb) Das Berufungsgericht wird für den im Streitfall nach seinen Feststellungen maßgeblichen Verkehrskreis der Sammler und Werbekunden zu prüfen haben, ob den Eigenmarken des Modellherstellers eine tragende(re) Rolle zukommt. Die langjährige Tradition detailgetreuer Nachbildungen in Form von Miniaturmodellen könnte zu einer eigenständigen Reputation der Modellhersteller in den entsprechenden Abnehmerkreisen geführt haben, die unabhängig von derjenigen des Automobilherstellers besteht (vgl. Lerach, MarkenR 2007, 303, 308). Insoweit könnte auch zu berücksichtigen sein, dass sich insbesondere Sammler hochpreisiger Modellautos im Gegensatz zu Käufern von Spielzeug oder Merchandising-Artikeln intensiver mit der betrieblichen Herkunft der von ihnen favorisierten Miniaturen beschäftigen.

49d) Die vom Berufungsgericht ergänzend herangezogenen demoskopischen Parteigutachten sind, unabhängig davon, dass nicht der im Streitfall maßgebliche informierte Verkehr befragt wurde, nicht geeignet, eine markenmäßige Benutzung zu belegen.

50aa) Das als Anlage K 6 vorgelegte Gutachten trifft zwar Feststellungen zur Bekanntheit und zur Kennzeichnungskraft der unter anderem für "Kraftfahrzeuge" (Klasse 12) und "Spielzeug- und Modellautos" (Klasse 28) geschützten Klagemarke als solcher. Es differenziert aber nicht zwischen den beiden Warenklassen und ist daher unergiebig für die zu beantwortende Frage der Kennzeichnungskraft und damit einhergehend einer markenmäßigen Benutzung der dreidimensionalen Klagemarke für Modellautos.

51bb) Dem Gutachten gemäß Anlage K 7 lässt sich nichts dazu entnehmen, worauf sich die dort festgestellten Lizenzerwartungen des Verkehrs stützen. Zudem ist der Gegenstand der Befragung, das von der Beklagten in Lizenz vertriebene und im Tatbestand abgebildete Modellauto, mit einer Vielzahl weiterer Zusätze versehen - nämlich der VW im Kreis-Marke auf dem Modell selbst und "Premium ClassiXXs" mit und ohne ® sowie "Limited Edition: 500 pieces" auf der Verpackung - und stimmt damit nicht mit den im Streitfall angegriffenen (unverpackten) Modellen überein.

52Soweit nach der als Anlage K 7 vorgelegten Verkehrsbefragung 38,9 % aller Befragten und 47,8 % der Befragten des engeren Verkehrskreises (Personen die Spielzeug- oder Modellautos kaufen oder verwenden, beziehungsweise für die der Kauf oder die Verwendung dieser Ware infrage kommt) der Auffassung waren, dass Spielzeug- oder Modellautos wie das gezeigte von einem ganz bestimmten Hersteller stammten, und 18,5 % aller Befragten und 19,8 % der Befragten des engeren Verkehrskreises solche Spielzeug- oder Modellautos spontan "Volkswagen" (inklusive der Nennung "VW Bulli") zuordneten, könnte dies zwar für einen Herkunftshinweis auf die Klägerin sprechen. Allerdings nimmt dieses Gutachten - wie ausgeführt - weder die konkret angegriffenen Modelle noch den maßgeblichen Verkehrskreis der Sammler in den Blick.

533. Kommt das Berufungsgericht erneut zu dem Ergebnis, die Klagemarke sei (auch) für Kraftfahrzeuge in Klasse 12 rechtserhaltend benutzt worden, weist der Senat darauf hin, dass seine Annahme, der Klägerin stünden die Ansprüche auch aus Bekanntheitsschutz gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG zu, von seinen Feststellungen nicht getragen wird.

54a) Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen ein mit der Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, wenn es sich bei der Marke um eine im Inland bekannte Marke handelt und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt. Die rechtsverletzende Benutzung eines mit der bekannten Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG erfordert keine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion. Ausreichend ist, dass die beteiligten Verkehrskreise die einander gegenüberstehenden Zeichen gedanklich miteinander verknüpfen (BGH, GRUR 2023, 808 [juris Rn. 18] - DACHSER, mwN).

55b) Die Annahme des Berufungsgerichts, es handle sich bei der Klagemarke um eine für Kraftfahrzeuge bekannte Marke im Sinn von § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG, im Angebot und Vertrieb der angegriffenen Modellautos liege eine rechtsverletzende Benutzung in Gestalt der gedanklichen Verknüpfung der einander gegenüberstehenden Zeichen und die Beklagte nutze durch die Verwendung der bekannten Klagemarke deren Wertschätzung und Unterscheidungskraft aus, wird von der Revision nicht angegriffen und lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

56c) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Wertschätzung und Unterscheidungskraft der bekannten Klagemarke werde in unlauterer Weise ausgenutzt, hält einer rechtlichen Nachprüfung dagegen nicht stand.

57aa) Bei der Prüfung, ob die Benutzung eines Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt, ist eine umfassende Beurteilung aller relevanten Umstände des konkreten Falls vorzunehmen. Versucht ein Dritter, sich durch die Verwendung eines mit einer bekannten Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens in den Bereich der Sogwirkung dieser Marke zu begeben, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen zu profitieren und, ohne jede finanzielle Gegenleistung und ohne dafür eigene Anstrengungen machen zu müssen, die wirtschaftlichen Anstrengungen des Markeninhabers zur Schaffung und Aufrechterhaltung des Images dieser Marke auszunutzen, so ist der sich aus dieser Verwendung ergebende Vorteil als eine unlautere Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der Marke anzusehen (vgl. , Slg. 2009, I-5185 = GRUR 2009, 756 [juris Rn. 44 und 49] - L'Oréal u.a.; BGH, GRUR 2023, 808 [juris Rn. 22] - DACHSER, mwN).

58bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Tatbestandsmerkmal des Ausnutzens der Unterscheidungskraft sei die Unlauterkeit bereits immanent, weshalb eine Markennutzung unter Verwirklichung dieser Eingriffstatbestandsmerkmale regelmäßig als unlauter zu qualifizieren sei. So liege der Fall auch hier. Die Beklagte nutze identische oder ähnliche Gestaltungen der bekannten Klageformmarke für ihre Modellautos aus und begebe sich hierdurch in den Sog der geschützten bekannten (Kraftfahrzeug-)Formmarke. Die Beklagte habe auch sonst kein berechtigtes Interesse, die Klageformmarke ohne Gegenleistung zu nutzen. Eine (Bereichs-)Ausnahme für eine Nachbildung von Kraftfahrzeugen als Modell- oder Spielzeugauto außerhalb der gesetzlich vorgesehenen Schranken, insbesondere des § 23 MarkenG, erscheine nicht begründbar. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

59cc) Nach der Rechtsprechung des Senats ist, wenn ein von einem Dritten detailgetreu nachgebildetes Kfz-Modell an der entsprechenden Stelle die Abbildung der Marke des Herstellers trägt, eine Ausnutzung des Rufs der bekannten Herstellermarke "in unlauterer Weise" im Sinn von § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG nur dann gegeben, wenn über die bloße wirklichkeitsgetreue Abbildung hinaus in anderer Weise versucht wird, den Ruf dieser Marke werblich zu nutzen. Unterbleibt dies und wird beim Vertrieb solcher Spielzeugautos allein die eigene Marke des Spielzeugherstellers verwendet und ergibt sich jeglicher Zusammenhang mit der Marke des Herstellers der Kraftfahrzeuge allein aus der spielzeughaft verkleinerten Nachbildung des Originals zwangsläufig wie beiläufig, fehlt es an dem Merkmal der Rufausnutzung "in unlauterer Weise" (vgl. , GRUR 2010, 726 [juris Rn. 29 f.] = WRP 2010, 1039 - Opel-Blitz II; BGH, GRUR 2023, 808 [juris Rn. 25] - DACHSER).

60dd) Diese Erwägungen zu Abbildungen von Wort- oder Wort-Bildzeichen auf Modellfahrzeugen sind auf die Übernahme der Form der dreidimensionalen Klagemarke uneingeschränkt übertragbar. Auch in diesem Fall ergibt sich jeglicher Zusammenhang mit der Marke des Herstellers der Kraftfahrzeuge allein aus der spielzeughaft verkleinerten Nachbildung des Originals zwangsläufig wie beiläufig. Angesichts der jahrzehntelangen Üblichkeit detailgetreuer Nachbildungen im Modellspielzeugbau und der Erwartung, die der Verkehr hieran stellt, besteht - jenseits aller wirtschaftspolitischen Erwägungen zur Abgrenzung und Freihaltung von Primär- und Sekundärmärkten - auch ein berechtigtes Interesse der Beklagten, ein in der Realität vorkommendes Fahrzeug nachzubauen (vgl. BGH, GRUR 2010, 726 [juris Rn. 30] - Opel-Blitz II; GRUR 2023, 808 [juris Rn. 27] - DACHSER). Eine darüberhinausgehende Ausnutzung des Rufs der Klagemarke hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.

61ee) Diese Rechtsprechung steht, wie der Senat in der Entscheidung "DACHSER" ausgeführt hat (vgl. BGH, GRUR 2023, 808 [juris Rn. 28 bis 32]), mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Entscheidung "Adam Opel" (Urteil vom - C-48/05, Slg. 2007, I-1017 = GRUR 2007, 318) in Einklang (aA Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 14. Aufl., § 14 Rn. 266; Hasselblatt in Festschrift Fezer, 2016, S. 441, 451; Hackbarth in Festschrift Ströbele, 2019, S. 103, 116; Hackbarth, GRUR-Prax 2023, 363).

62ff) Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung der Begründung des Berufungsgerichts und den Ausführungen der Revisionserwiderung fest.

63(1) Insbesondere wird ein mit einer bekannten Marke identisches oder ähnliches Zeichen nicht stets in unlauterer Weise ohne rechtfertigenden Grund benutzt, wenn die Voraussetzungen des § 23 MarkenG nicht vorliegen. Eine solche Verengung des Prüfungsstoffs auf die Schrankenbestimmungen des § 23 MarkenG ergibt sich weder aus dem Wortlaut noch aus der Systematik des Bekanntheitsschutzes (vgl. Kur, GRUR 2023, 813, 814; vgl. auch Corte Suprema di Cassazione, GRUR Int. 2023, 1076, 1078).

64(2) Der Verweis der Revisionserwiderung auf die Entscheidung "L'Oréal u.a." des Gerichtshofs der Europäischen Union (GRUR 2009, 756 [juris Rn. 49 f.]) führt ebenfalls nicht weiter.

65Dort hat der Gerichtshof zwar ausgeführt, dass der Vorteil, der sich aus der Verwendung eines Zeichens, das einer bekannten Marke ähnlich ist, durch einen Dritten ergibt, als unlautere Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der Marke durch den Dritten anzusehen ist, wenn dieser durch die Verwendung versucht, sich in den Bereich der Sogwirkung dieser Marke zu begeben, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen zu profitieren und, ohne jede finanzielle Gegenleistung und ohne dafür eigene Anstrengungen machen zu müssen, die wirtschaftlichen Anstrengungen des Markeninhabers zur Schaffung und Aufrechterhaltung des Images dieser Marke auszunutzen. Daraus folgt aber nicht, dass dem Tatbestandsmerkmal der Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der Marke auch außerhalb der klassischen "Trittbrettfahrer"-Konstellation (vgl. dazu EuGH, GRUR 2009, 756 [juris Rn. 41] - L'Oréal u.a.; , Slg. 2011, I-8625 = GRUR 2011, 1124 [juris Rn. 74 und 90] - Interflora), die Unlauterkeit immanent ist (vgl. auch EuGH, GRUR 2009, 756 [juris Rn. 50] - L'Oréal u.a., wo die Unlauterkeit [nur] für den Fall des "Trittbrettfahrens" bejaht wird; vgl. BeckOK.UMV/Müller-Broich, 32. Edition [Stand ], Art. 8 Rn. 543; aA BeckOK.MarkenR/Mielke aaO § 14 MarkenG Rn. 560; Nordemann-Schiffel in Ingerl/Rohnke/Nordemann aaO § 14 Rn. 1280). Die Ausnutzung des guten Rufs allein ist auch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union noch kein die Unlauterkeit begründender Umstand. Es kommt vielmehr auf den konkreten Einzelfall an.

66Es bleibt deshalb Sache des nationalen Gerichts zu prüfen, ob durch die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Klagemarke "in unlauterer Weise" ausgenutzt wird (zu Art. 9 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 über die Gemeinschaftsmarke und Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2008/95/EG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken vgl. , GRUR 2019, 621 [juris Rn. 52] = WRP 2019, 863 - ÖKO-Test Verlag; vgl. auch EuGH, GRUR 2007, 318 [juris Rn. 36] - Adam Opel; GRUR 2011, 1124 [juris Rn. 92] - Interflora). Der Vertrieb von Spielzeug- oder Modellautos, bei denen sich jeglicher Zusammenhang mit der Marke des Herstellers der Kraftfahrzeuge allein aus der spielzeughaft verkleinerten Nachbildung des Originals zwangsläufig wie beiläufig ergibt, ist mit den vom Gerichtshof der Europäischen Union entschiedenen Konstellationen des "Trittbrettfahrens" oder des "parasitären Verhaltens" (vgl. EuGH, GRUR 2009, 756 [juris Rn. 41 und 90] - L'Oréal u.a.), nicht vergleichbar.

67Der Zusammenhang mit der Marke des Kraftfahrzeugherstellers lässt sich beim Modellbau, der sich üblicherweise an reale Vorbilder anlehnt und bei dem weitgehend Wert auf absolute Originaltreue gelegt wird (vgl. EuGH, GRUR 2007, 318 [juris Rn. 23] - Adam Opel; Schlussanträge des Generalanwalts in der Rechtssache C-48/05 vom Rn. 38), nicht vermeiden, weil andernfalls - im Gegensatz zu Merchandising-Artikeln wie beispielsweise einem Schlüsselanhänger - der Charakter eines Modellautos verlorenginge (vgl. OLG Nürnberg, WRP 2008, 1257 [juris Rn. 49]). Darüber hinaus geht es - anders als im Verfahren "L'Oréal u.a." (EuGH, GRUR 2009, 756), in dem die dortigen Beklagten Imitationen der Luxusparfüms der Markeninhaberin vertrieben - nicht darum, dass die Beklagte mit Imitaten in den originären (Kraftfahrzeug-)Markt der Klägerin eindringt. Vielmehr handelt es sich beim Modellbau um einen separaten Markt (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts in der Rechtssache C-48/05 vom Rn. 38), den sich die Beklagte erschlossen hat und den sich auch die Klägerin (weiter) erschließen möchte. In diesem Markt ist (auch) die Reputation der Hersteller der Modellautos von Bedeutung, wie der deutliche Hinweis auf die Marke der Beklagten - "Premium ClassiXXs" - auf der Verpackung des von ihr angebotenen Modellautos zeigt.

68Eine nochmalige Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist deshalb nicht veranlasst (vgl. auch Kur, GRUR 2023, 813, 814 f.; Corte Suprema di Cassazione, GRUR Int. 2023, 1076, 1078).

694. Gegebenenfalls wird das Berufungsgericht noch zu prüfen haben, ob die Klage aus § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 MarkenG (Identitätsschutz) begründet ist, was es bislang offengelassen hat.

705. Sollte das Berufungsgericht erneut zu dem Ergebnis gelangen, dass eine Markenverletzung vorliegt, sowie erneut von der Verhältnismäßigkeit einer Urteilsbekanntmachung ausgehen, wird es gemäß § 19c Satz 2 MarkenG Art und Umfang der Urteilsbekanntmachung zu bestimmen haben. Diese Bestimmung liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen (vgl. , GRUR 2024, 543 [juris Rn. 42] = WRP 2024, 588 - PIERRE CARDIN; zu den maßgeblichen Kriterien vgl. Thiering in Ströbele/Hacker/Thiering aaO § 19c Rn. 17 bis 20 und 23).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:020524UIZR23.23.0

Fundstelle(n):
BB 2024 S. 1410 Nr. 25
QAAAJ-68315