Darlegung der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage
Leitsatz
NV: Wird im Rahmen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Rechtsfrage als klärungsbedürftig aufgeworfen, ob Vertretungs-Apotheker gewerbliche oder selbständige Einkünfte erzielen und gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes einen Gewerbebetrieb unterhalten, wird den Begründungsanforderungen nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht nachgekommen, wenn Ausführungen dazu fehlen, worin sich die Tätigkeit des Vertretungs-Apothekers von der berufsbildtypischen Tätigkeit des Apothekers unterscheiden soll und warum dies zu einer unterschiedlichen Beurteilung bei der Zuordnung beider Tätigkeiten zu einer Einkunftsart Anlass geben könnte.
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; FGO § 116 Abs. 3 Satz 3; EStG § 15 Abs. 2; EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1; GewStG § 2 Abs. 1 Satz 2
Instanzenzug:
Gründe
1 Die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) ist unzulässig.
2 1. Die Revision ist nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) im Hinblick auf die vom Kläger aufgeworfene und für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Rechtsfrage zuzulassen. Der Kläger legt nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Form dar, dass die Voraussetzungen des Zulassungsgrunds erfüllt sein könnten.
3 a) Macht ein Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO geltend, so hat er zunächst eine bestimmte, für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche, abstrakte Rechtsfrage herauszustellen. Dafür ist erforderlich, dass er die entscheidungserhebliche Rechtsfrage hinreichend konkretisiert; nicht ausreichend ist eine Fragestellung, deren Beantwortung von den Umständen des Einzelfalls abhängt. Des Weiteren muss die Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen darlegen, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. Dazu muss ausgeführt werden, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchem Grunde die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig ist (vgl. z.B. , BFH/NV 2022, 926, Rz 4).
4 b) Der Kläger formuliert die Frage, ob Vertretungs-Apotheker gewerbliche oder selbständige Einkünfte erzielen und gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) einen Gewerbebetrieb unterhalten, der zur sachlichen Gewerbesteuerpflicht führt. Seine Frage zielt darauf ab, dass er die Kriterien, nach denen die Tätigkeit des Vertretungs-Apothekers als gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG und nicht als selbständige Tätigkeit eingeordnet wird, für grundsätzlich klärungsbedürftig und im Streitfall für klärungsfähig hält.
5 Es fehlt für eine ordnungsgemäße Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung dieser Rechtsfrage jedenfalls an einer Darlegung, warum die Tätigkeit als Vertretungs-Apotheker eine einem Katalogberuf ähnliche Tätigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG sein und damit der Annahme eines Gewerbebetriebs im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG entgegenstehen könnte (vgl. hierzu S. 6 f. des Urteils des Finanzgerichts —FG— mit Verweisen auf die Rechtsprechung).
6 Des Weiteren fehlen für eine ordnungsgemäße Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung dieser Rechtsfrage Ausführungen dazu, aus welchem Grund die aufgeworfene Frage nicht schon deshalb als geklärt anzusehen sein soll, weil die Tätigkeit des Apothekers von der Rechtsprechung als gewerbliche Tätigkeit eingeordnet wird. Insoweit fehlen Ausführungen, worin sich die Tätigkeit des Vertretungs-Apothekers von der berufsbildtypischen Tätigkeit des Apothekers unterscheiden soll und warum dies zu einer unterschiedlichen Beurteilung bei der Zuordnung beider Tätigkeiten zu einer Einkunftsart Anlass geben könnte (vgl. hierzu , BFH/NV 1998, 706, unter 1. [Rz 15], m.w.N.; , juris, Rz 23 f. unter Verweis auf , BVerfGE 5, 25, unter B.II.1 [Rz 12]; vgl. des Weiteren zu nichtselbständigen Apotheker-Vertretern , BFHE 127, 201, BStBl II 1979, 414).
7 Der Vortrag des Klägers, die Tätigkeit des Vertretungs-Apothekers sei bei Bestehen einer Gewerbesteuerpflicht unwirtschaftlich und erfordere keine Gewerbeanmeldung, genügt zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der aufgeworfenen Frage nicht. Auch wird die pauschale Bezugnahme auf den Vortrag im Klageverfahren grundsätzlich dem Zweck des Begründungszwangs bei der Nichtzulassungsbeschwerde nicht gerecht (, BFH/NV 2012, 1331, Rz 13).
8 2. Eine Zulassung der Revision zur Rechtsfortbildung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO kommt ebenfalls nicht in Betracht. Bei dem Zulassungsgrund der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts handelt es sich um einen Spezialtatbestand der Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung. Die Revision ist zur Fortbildung des Rechts zuzulassen, wenn davon auszugehen ist, dass im Einzelfall Veranlassung besteht, Grundsätze und Leitlinien für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen (z.B. , BFH-PR 2023, 546, Rz 3). Hierzu ist der Beschwerdebegründung kein Vortrag zu entnehmen.
9 3. Von einer Darstellung des Tatbestands und einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO abgesehen.
10 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2024:B.210524.VIIIB3.23.0- 3 -
Fundstelle(n):
BFH/NV 2024 S. 942 Nr. 8
NJW 2024 S. 10 Nr. 26
PAAAJ-68243