BGH Beschluss v. - XIII ZB 25/21

Instanzenzug: LG Krefeld Az: 7 T 38/21vorgehend AG Krefeld Az: 29 XIV(B) 57/21

Gründe

1I. Der Betroffene, ein ghanaischer Staatsangehöriger, reiste 2015 in das Bundesgebiet ein. Seinen Asylantrag lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit zwischenzeitlich bestandskräftigem Bescheid vom als offensichtlich unzulässig ab und drohte ihm die Abschiebung nach Ghana an. Nachdem der Betroffene mehrfach vergeblich zur Mitwirkung bei der Beschaffung eines Identitätsnachweises aufgefordert worden war, tauchte er unter.

2Mit Beschluss vom hat das Amtsgericht gegen den Betroffenen Abschiebungshaft bis zum angeordnet. Das Landgericht hat seine Beschwerde mit Beschluss vom zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, die nach Ende der Haft noch auf Feststellung der Rechtswidrigkeit gerichtet ist.

3II. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

41. Das Beschwerdegericht hat angenommen, die Haftanordnung sei rechtmäßig. Der Haftantrag erweise sich als zulässig, die Haft sei auf die kürzest mögliche Dauer beschränkt und auch verhältnismäßig gewesen.

52. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der Beschluss des Amtsgerichts leidet im Hinblick auf die Dauer der angeordneten Haft, anders als die Rechtsbeschwerde meint, unter keinem Begründungsmangel.

6a) Die Haftgerichte sind nach Art. 20 Abs. 3, Art. 104 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 GG verfassungsrechtlich und nach § 26 FamFG einfachrechtlich verpflichtet, das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung von Sicherungshaft in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht umfassend zu prüfen. Die Freiheitsgewährleistung des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG setzt auch insoweit Maßstäbe für die Aufklärung des Sachverhalts und damit für die Anforderungen in Bezug auf die tatsächliche Grundlage der richterlichen Entscheidungen. Es ist unverzichtbare Voraussetzung eines rechtsstaatlichen Verfahrens, dass Entscheidungen, die den Entzug der persönlichen Freiheit betreffen, auf zureichender richterlicher Sachaufklärung beruhen und eine in tatsächlicher Hinsicht genügende Grundlage haben, die der Bedeutung der Freiheitsgarantie entspricht. Das Gericht hat nach Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG die Verantwortung für das Vorliegen der Voraussetzungen der von ihm angeordneten oder bestätigten Haft zu übernehmen. Dazu muss es die Tatsachen feststellen, die die Freiheitsentziehung rechtfertigen (, NVwZ-RR 2020, 801 Rn. 48 ff.; BGH, Beschlüsse vom - XIII ZB 14/19, juris Rn. 14; vom - XIII ZB 5/20, juris Rn. 12 mwN). Die wörtliche Übernahme von Teilen eines Haftantrags durch den Haftrichter erlaubt (allein) nicht die Annahme, eine eigenverantwortliche Prüfung durch den Richter habe nicht stattgefunden. Durch seine Unterschrift bezeugt der Haftrichter vielmehr, dass er den von der Unterschrift gedeckten Text geprüft und in seinen Willen aufgenommen hat und damit als Richter verantwortet. Die gegenteilige Annahme kann nur bei Vorliegen hinreichender und konkreter Anhaltspunkte - etwa der nicht korrigierten Übernahme sinnentstellender sprachlicher Fehler oder sonst offenkundiger Mängel - begründet sein (, NJW 2015, 851 Rn. 18 f. zu einer Durchsuchungsanordnung; vgl. auch LG Paderborn, NZWiSt 2021, 366 Rn. 11). Nicht hinnehmbar ist es, wenn sich im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände die Notwendigkeit der Erörterung eines offensichtlichen Problems aufdrängen musste und gleichwohl eine Prüfung vollständig fehlt (, NJW 2009, 2516 Rn. 29 zu einer Durchsuchungsanordnung; , z.Veröff.best. Rn. 16 f.).

7b) Nach diesen Maßstäben ist der Beschluss des Amtsgerichts nicht zu beanstanden. Zureichende Anhaltspunkte dafür, dass eine eigenständige Prüfung nicht stattgefunden hat, sind nicht ersichtlich. Solche zeigt auch die Rechtsbeschwerde nicht auf. Sie macht lediglich geltend, die Amtsrichterin habe den Antrag der beteiligten Behörde nahezu wortgleich mit nur wenigen Änderungen und die Ausführungen zur Durchführbarkeit der Abschiebung wortwörtlich übernommen. Das rechtfertigt weder für sich genommen noch unter Berücksichtigung der nicht konsequent durchgehaltenen Ersetzung einzelner sprachlicher Formulierungen des Haftantrags die Annahme, das Gericht habe sich inhaltlich nicht mit dem Haftantrag auseinandergesetzt und diesen nicht gewürdigt.

83. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 36 Abs. 2 und 3 GNotKG.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:260324BXIIIZB25.21.0

Fundstelle(n):
HAAAJ-67975