Instanzenzug: Az: 3 U 65/22vorgehend Az: 30 O 191/19
Gründe
I.
1Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung von unzulässigen Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch.
2Der vorsteuerabzugsberechtigte Kläger erwarb im Oktober 2016 von der ehemaligen Beklagten zu 1 einen durch die Beklagte zu 2 (nachfolgend: Beklagte) hergestellten gebrauchten PKW Audi A6 3.0 TDI mit einem Kilometerstand von 42.306 km für netto 36.117,65 € (brutto 42.980 €). Der Kläger finanzierte den Kaufpreis überwiegend mithilfe eines Darlehens. Im Juni 2018 übte der Kläger gegenüber der ehemaligen Beklagten zu 1 ein verbrieftes Rückgaberecht aus und vollzog die Rückveräußerung des PKW gegen einen Rücknahmepreis von netto 18.256,64 € (brutto 21.725,40 €). Im Zeitpunkt der Rückveräußerung betrug die Laufleistung des Fahrzeugs 90.075 km.
3Das Landgericht hat die Beklagte - unter Zurückweisung der weitergehenden Klage - verurteilt, an den Kläger 10.505,51 € (Nettokaufpreis abzüglich des Bruttoverkaufserlöses und einer Nutzungsentschädigung sowie zuzüglich weiterer Kosten der Finanzierung) nebst Zinsen zu zahlen. Das Berufungsgericht hat unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels auf die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 1.180,38 € - mithin insgesamt 11.685,89 € - nebst Zinsen zu zahlen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Schlussantrag aus der Berufungsinstanz insoweit weiter, als er eine weitere Zahlung in Höhe von 1.272,07 € nebst Zinsen begehrt.
II.
4Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, wie folgt begründet:
5Der vorsteuerabzugsberechtigte Kläger habe gegen die Beklagte einen Anspruch aus §§ 826, 31 BGB auf Schadensersatz in Höhe des von ihm gezahlten Nettokaufpreises (36.117,65 €) abzüglich des Nettoverkaufspreises (18.256,64 €) und einer Nutzungsentschädigung für erlangte Gebrauchsvorteile (7.967,24 €). Die Nutzungsvorteile seien gemäß § 287 ZPO nach der linearen Berechnungsmethode unter Zugrundelegung einer Gesamtlaufleistung von 300.000 km und - trotz der Vorsteuerabzugsberechtigung des Klägers - ausgehend vom Bruttokaufpreis zu schätzen.
III.
6Die Revision des Klägers hat keine Aussicht auf Erfolg. Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält der rechtlichen Prüfung, soweit sie aufgrund des beschränkten Umfanges der Revisionszulassung eröffnet ist, stand.
71. Das Berufungsgericht hat die Revisionszulassung wirksam - und von der Revision nicht angegriffen - auf die Höhe der auf den klägerischen Schadensersatzanspruch im Wege der Vorteilsausgleichung anzurechnenden Nutzungsentschädigung beschränkt. Steht zwischen den Parteien - wie hier - allein die Anspruchshöhe im Streit, so ist auch die Beschränkung der Revision auf einzelne abgrenzbare Schadenspositionen zulässig (vgl. , NJW 1992, 1769, 1770; Beschluss vom - VIa ZR 673/23, zVb, Rn 7 ff.). Das ist vorliegend der Fall, weil die Höhe der Nutzungsentschädigung ziffernmäßig bestimmbar und als Teil der Vorteilsausgleichung (vgl. , BGHZ 225, 316 Rn. 65 ff.) von anderen Schadenspositionen abgrenzbar ist.
82. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor und diese hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).
9a) Ein Zulassungsgrund ist nicht (mehr) gegeben. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Frage, ob das Tatgericht bei der Bemessung der Nutzungsvorteile, wenn es sie nach der linearen Berechnungsmethode schätzt und der Geschädigte vorsteuerabzugsberechtigt ist, vom Brutto- oder Nettokaufpreis auszugehen hat, ist höchstrichterlich durch die Entscheidung des Senats vom (VIa ZR 752/22, NJW 2023, 3010 Rn. 19 f.; Beschluss vom - VIa ZR 673/23 Rn. 14 ff., zVb; vgl. auch BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom - 2 BvR 2192/22, juris) geklärt.
10b) Die Revision ist auch nicht begründet. Das Berufungsgericht hat die Höhe der anzurechnenden Nutzungsentschädigung ohne Rechtsfehler bestimmt und insbesondere die Grundsätze richterlicher Schadensschätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO nicht verkannt.
11aa) Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters und revisionsrechtlich lediglich daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Acht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (, NJW 2020, 144 Rn. 8; Urteil vom - VI ZR 533/20, NJW 2021, 3594 Rn. 31; Urteil vom - VI ZR 731/20, NJW 2022, 472 Rn. 10; Urteil vom - KZR 42/20, BGHZ 235, 168 Rn. 40). Dies gilt insbesondere auch für die Bemessung der Höhe der anzurechnenden Vorteile ( VIa ZR 752/22, NJW 2023, 3010 Rn. 12). In diesem Sinne hat der Senat mit Urteil vom (VIa ZR 752/22, aaO, Rn. 19 f.) entschieden, dass das Tatgericht gemäß dem ihm tatrichterlich eingeräumten Ermessen selbst zu entscheiden hat, ob es bei der Berechnung der durch einen Fahrzeugkäufer gezogenen Nutzungen von dem Brutto- oder dem Nettokaufpreis ausgeht. Insoweit ergeben sich weder aus dem Gesetz noch aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung verbindliche Vorgaben.
12bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht die Nutzungsvorteile nach der linearen Berechnungsmethode geschätzt (vgl. , BGHZ 226, 332 Rn. 12 f. und - VI ZR 397/19, NJW 2020, 2806 Rn. 35 f.) und im Rahmen seiner tatrichterlichen Schätzung der gezogenen Nutzungsvorteile den Bruttokaufpreis zugrunde gelegt, ohne dass ein Verstoß gegen § 287 ZPO oder ein sonstiger Rechtsfehler ersichtlich wäre. Die Einwände der Revision hiergegen greifen nicht durch. Insbesondere stehen sich Kaufpreiszahlung und die Nutzung des Fahrzeugs auch dann ohne Systembruch gegenüber, wenn der Nutzungsvorteil aus dem Bruttokaufpreis berechnet wird (vgl. umgekehrt , NJW 2021, 2362 Rn. 19 f., 21 ff.). Weiterhin begegnet auch die Schätzung der Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs auf 300.000 km keinen revisionsrechtlichen Bedenken. Insoweit erhebt die Revision auch keine Einwendungen.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:190324BVIAZR436.23.0
Fundstelle(n):
KAAAJ-67708