Instanzenzug: LG Erfurt Az: 2 KLs 840 Js 18699/20
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit Diebstahl und Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Außerdem hat es eine Einziehungsentscheidung getroffen. Dagegen richtet sich die auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel führt mit der Sachrüge zur Aufhebung der Maßregelentscheidung. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
21. Die Maßregelanordnung ist an der Neufassung des § 64 StGB durch Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Überarbeitung des Sanktionenrechts vom (BGBl. I Nr. 203) in der ab dem geltenden Fassung zu messen; denn gemäß § 2 Abs. 6 StGB sind Maßregeln der Besserung und Sicherung nach dem Gesetz anzuordnen, das zur Zeit der Entscheidung gilt. Eine den Maßregelausspruch betreffende nachträgliche Gesetzesänderung ist gemäß § 354a StPO auch vom Revisionsgericht zu berücksichtigen (vgl. , NStZ-RR 2024, 45, 46).
32. Den Anforderungen des neu gefassten § 64 StGB, die das Landgericht im Zeitpunkt seiner Entscheidung noch nicht zu beachten hatte, werden die Erwägungen zu der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nicht gerecht.
4a) Nach der Neufassung setzt die Maßregelanordnung nach § 64 StGB voraus, dass die Tat zumindest überwiegend auf den Hang zum Konsum im Übermaß zurückgehen muss (vgl. BT-Drucks 20/5913, S. 47 f.). Überwiegend ursächlich ist der Hang, wenn er mehr als andere Umstände für die Begehung der Tat ausschlaggebend war; eine bloße Mitursächlichkeit genügt danach nicht mehr. Die Annahme des symptomatischen Zusammenhangs scheidet insbesondere in Fällen aus, in denen die Anlasstat dazu begangen wird, um – neben dem Drogenkonsum – den eigenen, womöglich aufwendigen Lebensbedarf zu finanzieren (vgl. , NStZ-RR 2024, 45, 47). Das Tatgericht muss das Vorliegen eines überwiegenden Zusammenhangs zwischen Hang und Tat positiv feststellen (BT-Drucks. 20/5913, S. 70). Für die Anwendung des Zweifelssatzes ist kein Raum.
5b) Die überwiegende Ursächlichkeit des Hangs für die Begehung der abgeurteilten Tat ist den Feststellungen im angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen. Das Landgericht ist vielmehr den Ausführungen des von ihm vernommenen Sachverständigen gefolgt, wonach ein symptomatischer Zusammenhang zwischen Hang und Tatbegehung durch den Angeklagten bereits daraus folge, dass die Tatbegehung „auch der Beschaffung und Finanzierung seines eigenen Suchtmittelkonsums gedient habe“. Selbst wenn eine dissoziale Persönlichkeitsakzentuierung dabei ebenfalls eine Rolle gespielt haben sollte, schließe dies den symptomatischen Zusammenhang nicht aus, weil es „ausreichend sei, wenn der Hang neben anderen Umständen zur Begehung der Tat beigetragen habe, was vorliegend erfüllt sei“.
63. Die Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt bedarf somit erneuter Prüfung und Entscheidung. Der Senat hebt die zugehörigen Feststellungen auf, um dem Tatgericht widerspruchsfreie neue Feststellungen zu ermöglichen.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:140324B2STR240.23.0
Fundstelle(n):
UAAAJ-67508