Instanzenzug: Az: AR 7/21 Not
Gründe
A.
1Die Parteien wenden sich mit ihren beidseitigen Zulassungsanträgen gegen ein Urteil des Kammergerichts, das aufsichtsrechtliche Maßnahmen nach dem Geldwäschegesetz zum Gegenstand hat.
2Der Kläger ist Notar in Berlin. Mit Verfügung vom kündigte der Präsident des Landgerichts Berlin (seit : Präsident des Landgerichts Berlin II – Landgericht für Zivilsachen, § 2 Abs. 2 LGZuWG Berlin i.V.m. § 1 Abs. 1 LGErrichtG Berlin; beide Behörden werden nachfolgend einheitlich als Beklagter bezeichnet) für den 16. und eine Prüfung der Amtsgeschäfte des Klägers nach dem Geldwäschegesetz an, die von einem Justizamtmann (Rechtspfleger) in der Geschäftsstelle des Klägers vollzogen werden sollte. Der Beklagte bat zu diesem Zweck um Bereitstellung der Generalakten, der Urkundenrollen mit Namensverzeichnis seit 2016 sowie der Urkundensammlung, des Verwahrungs- und des Massebuchs (Massekartei) - letzteres mit Namensverzeichnis - jeweils für die Zeit seit Anfang 2019. Nebenakten und Blattsammlungen zu den Verwahrungsgeschäften sollten bereitgehalten werden.
3Am Tag der Prüfung stellten die Beschäftigten des Beklagten dem mit der Prüfung betrauten Justizamtmann lediglich das Verwahrungs- und das Massebuch - jeweils in Karteiform - sowie den Abschnitt "Geldwäschegesetz" aus den Generalakten nebst Listen von Amtsgeschäften i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 10 a) bis e) GwG aus den Jahren 2016 bis 2021 in der Notargeschäftsstelle zur Verfügung und boten an, ihm diese Amtsgeschäfte betreffende Urkunden und Nebenakten vorzulegen. Die erbetene Vorlage der vollständigen Urkundenrolle und der Urkundensammlung für die benannten Zeiträume verweigerten sie unter Hinweis auf die Verschwiegenheitspflicht des Klägers nach § 18 BNotO und auf datenschutzrechtliche Bedenken. Der mit der Prüfung betraute Beamte brach darauf die Prüfung ab.
4Mit Verfügung vom gab der Beklagte dem Kläger sodann auf, die in der Verfügung vom bezeichneten Unterlagen für die Zeit bis einschließlich binnen zwei Wochen zwecks Prüfung an seine Dienststelle zu übermitteln. Dem kam der Kläger nicht nach.
5Mit seiner Klage hat der Kläger den Bescheid des Beklagten vom angefochten, soweit ihm darin aufgegeben wurde, seine gesamte Urkundensammlung sowie sein Verwahrungs- und sein Massebuch - jeweils für die Zeit seit 2019 bis zum - an die Dienststelle des Beklagten zu übersenden. Daneben hat er die Feststellung begehrt, dass die mit Verfügung vom ergangene Aufforderung, dem mit der Prüfung beauftragten Justizamtmann seine gesamte Urkundensammlung sowie sein Verwahrungs- und sein Massebuch - jeweils für die Zeit seit 2019 bis zum - in der Notargeschäftsstelle vorzulegen, rechtswidrig gewesen sei. In der mündlichen Verhandlung vor dem Kammergericht hat der Kläger den Feststellungsantrag dahin "berichtigt", dass dieser sich nicht auf die Anordnung der Vorlage des Verwahrungs- und des Massebuchs seit 2019 beziehe.
6Das Kammergericht hat den Bescheid des Beklagten vom aufgehoben, soweit dem Kläger hierdurch aufgegeben wurde, die Urkundensammlung, das Verwahrungs- sowie das Massebuch (Massekartei) mit Namensverzeichnis für die Zeit seit 2019 bis einschließlich zwecks Durchführung einer Prüfung gemäß § 51 Abs. 3 GwG an die Dienststelle des Beklagten zu übersenden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Berufung hat es nicht zugelassen.
7Hiergegen wenden sich der Kläger und der Beklagte jeweils mit einem Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Kläger verfolgt mit seinem Zulassungsantrag das Ziel, die Feststellung zu erwirken, dass die Anordnung des Beklagten vom , dem mit der Prüfung nach dem Geldwäschegesetz betrauten Justizamtmann seine gesamte Urkundensammlung seit 2019 bis zum sowie das Verwahrungs- und das Massebuch für diesen Zeitraum zur Einsicht zur Verfügung zu stellen, rechtswidrig war. Der Beklagte erstrebt weiterhin die vollständige Klageabweisung.
B.
8Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor.
9I. Zulassungsantrag des Klägers
10Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist gemäß § 111d Satz 2 BNotO i.V.m. § 124a Abs. 4 Satz 1 bis 5 VwGO zulässig, aber nicht begründet.
111. Soweit der Kläger mit seinem Zulassungsantrag das Ziel verfolgt, die Feststellung zu erwirken, dass die Verfügung des Beklagten vom hinsichtlich der Anordnung einer Vorlage des Verwahrungs- und des Massebuchs für die Zeit seit 2019 bis zum rechtswidrig war, bleibt dies bereits deshalb ohne Erfolg, weil dieser Antrag nur schriftsätzlich angekündigt, aber ausweislich des Sitzungsprotokolls und des Tatbestands des in der mündlichen Verhandlung nicht mehr gestellt worden ist und er damit auch nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidung war. Eine Klageänderung (§ 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO i.V.m. § 91 VwGO) - hierum handelt es sich bei dem mit der Antragsbegründung erneut aufgegriffenen Begehren - ist im Berufungszulassungsverfahren nicht möglich (vgl. z.B. AnwZ (Brfg) 50/14, NJOZ 2015, 1804 Rn. 29 mwN; , BauR 2013, 1668 = juris Rn. 10 mwN).
122. Im Übrigen ist ein Zulassungsgrund im Sinne von § 124 Abs. 2 VwGO, § 111d Satz 2 BNotO nicht den Anforderungen entsprechend dargetan. Den Ausführungen des Klägers in der Antragsbegründung ist weder zu entnehmen, dass und warum die Sache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweisen sollte (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, § 111d Satz 2 BNotO) noch dass dieser grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 111d Satz 2 BNotO zukommen könnte.
13a) Eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 111d Satz 2 BNotO) ist nicht veranlasst.
14aa) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und die deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (st. Rspr. z.B. Senat, Beschluss vom - NotZ (Brfg) 6/22, juris Rn. 38 mwN; vgl. auch Senat, Beschluss vom - NotZ (Brfg) 2/19, NJOZ 2020, 1435 Rn. 5 mwN). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dabei nur dann, wenn sie zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen (z.B. Senat, Beschlüsse vom - NotZ (Brfg) 11/21, WM 2023, 1102 Rn. 20 mwN und vom - NotZ (Brfg) 5/15, DNotZ 2016, 879 Rn. 15 mwN).
15Um die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache ordnungsgemäß darzulegen, ist es erforderlich, die durch das angefochtene Urteil aufgeworfene Rechtsfrage konkret zu benennen sowie ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre Bedeutung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen im Einzelnen aufzuzeigen. Hierfür bedarf es insbesondere auch Ausführungen dazu, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die Rechtsfrage umstritten ist. Weiterhin ist die Entscheidungserheblichkeit für den konkreten Rechtsstreit darzulegen (Senat, Beschlüsse vom - NotZ (Brfg) 9/20, NJOZ 2021, 762 Rn. 23 mwN und vom aaO).
16bb) Diesen Anforderungen entspricht die Antragsbegründung nicht.
17(1) Der Kläger hat insbesondere nicht dargetan, dass die von ihm aufgeworfene Frage, ob im Rahmen einer Prüfung der Notaraufsicht nach dem Geldwäschegesetz auch solche Geschäftsvorgänge nebst personenbezogenen Daten der beteiligten Mandanten gegenüber nichtrichterlichem Personal offenzulegen sind, die keinerlei Bezug zu den Kataloggeschäften des § 2 Abs. 1 Nr. 10 a) bis e) GwG haben, oder ob insoweit Datenschutz- und Verschwiegenheitsrechte der Mandanten entgegenstehen, im vorgenannten Sinne klärungsbedürftig ist. Er führt lediglich aus, dass im Geschäftsbereich des Beklagten bei Prüfungen nach dem Geldwäschegesetz - anders als bei turnusmäßigen Geschäftsprüfungen nach der Bundesnotarordnung - nichtrichterliches Personal mit einer weitgehend selbständigen und unbeaufsichtigten Prüfung betraut werde und hierdurch die Rechtsuchenden, die Leistungen des Notars wegen anderer als der in § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG genannten Kataloggeschäfte in Anspruch nähmen, in ihrem Anspruch auf Verschwiegenheit des Notars beeinträchtigt seien. Die allgemeine Pflicht der Beamten zur Amtsverschwiegenheit und zur Wahrung des Datenschutzes könne in derartigen Fällen die Übermittlung personenbezogener Daten der Mandanten der Notare an die Notaraufsicht nicht rechtfertigen.
18Mit diesen Ausführungen ist den an einen Zulassungsantrag zu stellenden Darlegungsanforderungen nicht Genüge getan, weil sich der Kläger nicht, wie erforderlich, mit den gesetzlichen Bestimmungen des Geldwäschegesetzes auseinandergesetzt und auch nicht ausgeführt hat, warum (im Gegensatz zur Rechtslage bei richterlichen Bediensteten) die allgemeine Pflicht zur Amtsverschwiegenheit der mit der Prüfung betrauten Beamten, deren Bindung an die Bestimmungen des Datenschutzes und die besondere Verschwiegenheitsverpflichtung nach § 54 Abs. 1 Satz 1 und 2 GwG dem Recht der Rechtsuchenden auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) nicht ausreichend Rechnung tragen sollten. Der Kläger geht im Rahmen seiner Antragsbegründung bereits nicht auf die ausdrückliche Regelung im Geldwäschegesetz ein, wonach die Durchführung der Aufsicht vertraglich auf "sonstige Personen und Einrichtungen" übertragen werden kann (§ 51 Abs. 3 Satz 3 GwG). Mit dem Verhältnis dieser Regelung zur Bundesnotarordnung setzt er sich nicht auseinander. Auch die Regelung in § 54 Abs. 1 Satz 1 und 2 GwG, wonach mit der Aufsicht nach dem Geldwäschegesetz betraute Personen einer besonderen Verschwiegenheitspflicht unterworfen sind, die selbst nach Beendigung ihres Dienstes oder ihrer Tätigkeit fortgilt, nimmt er nicht in den Blick. Dass hinsichtlich der Frage, ob auch nichtrichterliches Personal für die Prüfung der Notaraufsicht nach dem Geldwäschegesetz eingesetzt werden darf, unterschiedliche Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur vertreten werden und es daher einer Klärung durch den Bundesgerichtshof bedarf, wird mit der Antragsbegründung gleichfalls nicht aufgezeigt.
19(2) Ebenso wenig hat der Kläger in der Antragsbegründung dargetan, dass und gegebenenfalls warum nach dem Geldwäschegesetz zweifelhaft sein könnte und in Rechtsprechung und Literatur umstritten ist, ob nur Urkunden und sonstige Unterlagen mit unmittelbarem Bezug zu einem Kataloggeschäft nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 GwG im Rahmen der Prüfung nach dem Geldwäschegesetz vorzulegen sind und durch die Notaraufsicht eingesehen werden dürfen. Insbesondere ist er auf die Regelung in § 51 Abs. 2 GwG, wonach die Aufsichtsbehörden im Rahmen der ihnen gesetzlich zugewiesenen Aufgaben die geeigneten und erforderlichen Maßnahmen und Anordnungen treffen (Satz 1) und auch die ihnen für sonstige Aufsichtsaufgaben eingeräumten Befugnisse ausüben können (Satz 3), um die Einhaltung der im Geldwäschegesetz und der auf seiner Grundlage ergangenen Verordnungen sicherzustellen, nicht eingegangen. Gleiches gilt für die Regelung in § 52 Abs. 1 Satz 1 GwG, wonach ein Verpflichteter auf Verlangen der Aufsichtsbehörde Auskunft über alle Geschäftsangelegenheiten und Transaktionen zu erteilen und Unterlagen vorzulegen hat, die für die Einhaltung der im Geldwäschegesetz festgelegten Anforderungen von Bedeutung sind. Dass und gegebenenfalls warum Zweifel daran bestehen könnten, dass der Beklagte als für die Notaraufsicht zuständige Behörde die Einsicht in die Generalakte und alle notariellen Geschäftsvorgänge einschließlich der Urkundenrolle, der Urkundensammlung sowie des Masse- und des Verwahrungsbuchs nebst Nebenakten und Blattsammlungen verlangen kann, um die Einhaltung der geldwäscherechtlichen Bestimmungen durch den Notar effektiv überprüfen zu können, lässt sich der auch insoweit nur rudimentären Antragsbegründung nicht entnehmen.
20b) Die Berufung ist auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, § 111d Satz 2 BNotO zuzulassen, denn der Kläger hat nicht dargelegt, warum die Sache besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten aufweisen sollte.
21Dies ist nur dann der Fall, wenn die Sache wegen einer erheblich über dem Durchschnitt liegenden Komplexität des Verfahrens oder der ihr zugrundeliegenden Rechtsmaterie in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht und sich damit von den üblichen Streitigkeiten deutlich abhebt (vgl. z.B. Senat, Beschlüsse vom - NotZ (Brfg) 6/22, juris Rn. 35 mwN und vom - NotZ (Brfg) 7/21, NJOZ 2022, 1179 Rn. 18 mwN). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist mit der auch insoweit unzureichenden Antragsbegründung, die jeglicher Ausführung hierzu entbehrt, ebenfalls nicht dargetan.
22II. Zulassungsantrag des Beklagten
23Der zulässige Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung ist ebenfalls nicht begründet. Ein Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 VwGO, § 111d Satz 2 BNotO liegt auch insoweit nicht vor. Die Zulassung der Berufung ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 111d Satz 2 BNotO wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geboten.
241. Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 111d Satz 2 BNotO) ist gegeben, wenn der Antragsteller im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat und sich dies auf die Richtigkeit des Ergebnisses auswirken kann (st. Rspr. z.B. Senat, Beschluss vom - NotZ (Brfg) 7/21, NJOZ 2022, 1179 Rn. 8 mwN).
252. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die angefochtene Entscheidung ist, soweit der Beklagte diese mit seinem Zulassungsantrag zur Überprüfung durch den Senat stellen möchte, nicht zu beanstanden. Das Kammergericht hat mit tragfähiger Begründung angenommen, dass die mit Verfügung vom an den Kläger gerichtete Anordnung des Beklagten, die im einzelnen benannten Urkunden, Verzeichnisse und Akten in seiner Dienststelle zur Prüfung nach dem Geldwäschegesetz vorzulegen, zwar zur Erreichung des mit § 51 Abs. 2 und § 52 Abs. 1 und 3 GwG verfolgten Zwecks, die Einhaltung der Vorgaben des Geldwäschegesetzes durch die Notare sicherzustellen und Geldwäschevorgänge zu unterbinden (vgl. zum Zweck des Geldwäschegesetzes in der Fassung vom : BayVGH, BayVBl 2023, 752 Rn. 39; vgl. auch VG Gelsenkirchen, NJW 2021, 1028 Rn. 26), geeignet, aber nicht erforderlich war.
26a) Zu Recht ist das Kammergericht zunächst davon ausgegangen, dass die dem Beklagten als mit der Notaraufsicht nach dem Geldwäschegesetz betrauter Stelle gemäß § 51 Abs. 3 Satz 2 GwG eingeräumte Befugnis, die Prüfung außerhalb der Geschäftsstelle des Notars durchzuführen, wie jedes staatliche Handeln im Verhältnis zum Grundrechtsträger (vgl. hierzu z.B. BVerfGE 135, 90 Rn. 57; BVerfG, NVwZ 2017, 1526 Rn. 41; Gaier in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl., 2. Materielle Anforderungen für die Rechtfertigung von Beeinträchtigungen der engeren Berufsfreiheit [Stufenlehre und Verhältnismäßigkeit Rn. 41 ff., 47 f.]) dem Gebot der Verhältnismäßigkeit unterliegt (vgl. z.B. auch Wende/Breit in Zentes/Glaab, Frankfurter Kommentar zum Geldwäschegesetz; Stand August 2022 § 51 Rn. 12).
27b) Ebenfalls zutreffend hat das Kammergericht angenommen, dass die an den Kläger gerichtete Anordnung des Beklagten, die angeforderten Unterlagen in seiner Dienststelle vorzulegen, nicht auf einer fehlerfreien Ausübung des dem Beklagten durch § 51 Abs. 3 Satz 2 GwG eingeräumten Ermessens beruht, weil sie dem Gebot der Verhältnismäßigkeit nicht hinreichend Rechnung trägt.
28Danach dürfen Aufsichtsbehörden nur geeignete und erforderliche Maßnahmen ergreifen, die die Unabhängigkeit des Notars respektieren und nicht außer Verhältnis zum Zweck der Aufsichtsmaßnahme stehen. Dies gilt auch, wenn der Notaraufsicht ein Ermessen bei der Auswahl der Mittel der Dienstaufsicht eingeräumt ist (vgl. Senat, Beschluss vom - NotZ 24/94, DNotZ 1997, 233, 236 mwN; vgl. zum Geldwäschegesetz auch Wende/Breit in Zentes/Glaab, Frankfurter Kommentar zum Geldwäschegesetz, Stand August 2022 § 52 Rn. 12 f.).
29(1) Diesen Anforderungen wird die Anordnung des Beklagten vom nicht gerecht, weil die Vorlage der im Einzelnen angeforderten Unterlagen in der Dienststelle des Beklagten nicht erforderlich zur Erreichung des damit verfolgten Zwecks - der Prüfung der Einhaltung der Vorgaben des Geldwäschegesetzes - ist.
30Erforderlich in diesem Sinne ist grundsätzlich nur diejenige Maßnahme, die das mildeste zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignete Mittel darstellt (vgl. hierzu z.B. , juris Rn. 26 mwN; vgl. auch Senat, Beschluss vom - NotZ 26/03, BGHZ 158, 310, 320 mwN). Dies ist bei der Anordnung, die angeforderten Unterlagen in der Dienststelle des Beklagten vorzulegen, nicht der Fall.
31Zu Recht hat das Kammergericht insbesondere darauf hingewiesen, dass die Anordnung der Vorlage der Unterlagen in der Dienststelle des Beklagten - dies stellt auch dieser letztlich nicht in Frage - mit einem erheblich höheren Organisationsaufwand für den Kläger sowie einer erschwerten Zugriffsmöglichkeit zum Zwecke seiner Amtsausübung während der Aufsichtsmaßnahme verbunden ist, als dies bei einer Vorlage in dessen Geschäftsstelle der Fall wäre. Dies gilt in verstärktem Maß für die von der Verfügung auch erfassten noch laufenden Vorgänge, bei denen sich jederzeit der Bedarf für die sofortige Einsichtnahme in die Urkunden ergeben kann. Die besondere Bedeutung, die das Gesetz der Verantwortung des Notars und seiner Zugriffsmöglichkeit auf seine Akten und Verzeichnisse zuweist, ergibt sich insbesondere aus § 35 Abs. 3 Satz 1 und 2 BNotO, wonach der Notar Akten und Verzeichnisse in Papierform außerhalb seiner Geschäftsstelle nur bei der Notarkammer oder mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde führen darf und seine Verfügungsgewalt auch dann gewahrt bleiben muss.
32Ebenso zutreffend hat das Kammergericht ausgeführt, dass die Anordnung der Vorlage in der Dienststelle des Beklagten auch nicht besser als die Anordnung einer Vorlage der Unterlagen in der Geschäftsstelle des Klägers geeignet sei, die damit bezweckte Überprüfung der Einhaltung der durch das Geldwäschegesetz geregelten Vorkehrungen gegen Geldwäsche durch den Kläger zu erreichen. Insbesondere war mit der Anordnung einer Vorlage der Unterlagen im Landgericht nicht stärker als bei einer Prüfung in den Amtsräumen des Klägers gewährleistet, dass er seiner Mitwirkungspflicht nach § 52 Abs. 1 GwG in dem vom Beklagten geforderten Umfang freiwillig, das heißt ohne hoheitlichen Zwang oder disziplinarische Maßnahmen, entsprechen würde. Schon in Anbetracht des damit für den Kläger verbundenen zusätzlichen Aufwands war sogar mit seinem größeren Unwillen zu rechnen als bei einer Prüfung in seiner Geschäftsstelle.
33Entgegen der Auffassung des Beklagten liegt in der Weigerung des Klägers, der Vorlageanordnung des Beklagten umfassend nachzukommen, auch keine Sonderkonstellation, aufgrund deren eine mit weitergehenden Eingriffen verbundene Anordnung, die Unterlagen in der Dienststelle des Beklagten vorzulegen, hätte gerechtfertigt sein können. Denn es ist gerade nicht ersichtlich, dass nur auf diesem eingriffsintensiveren Wege, nicht aber durch eine Prüfung in der Geschäftsstelle, die Aufsichtsmaßnahme effektiv hätte vollzogen werden können.
34(2) Entgegen der Ansicht des Beklagten bestehen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils auch nicht deshalb, weil das Kammergericht zu Unrecht die Geeignetheit der Anordnung vom bezweifelt hätte. Dies ist, wie die Formulierung und der Gesamtkontext der Entscheidung zeigen, nicht der Fall. Die insoweit in dem erstinstanzlichen Urteil angestellten Erwägungen sind im Übrigen nicht tragend. Dies betrifft auch die in diesem Zusammenhang vom Kammergericht aufgeworfenen und vom Beklagten in der Antragsbegründung als klärungsbedürftig aufgegriffenen Fragen, ob zur Durchsetzung aufsichtsrechtlicher Anordnungen nach dem Geldwäschegesetz Zwangsmittel nach § 9 VwVG gegen einen Notar anwendbar wären oder ein Vorgehen nach § 51 Abs. 5 Satz 1 GwG (vorübergehende Untersagung der Tätigkeit oder Widerruf der "Zulassung") als Reaktion auf das Verhalten des Klägers in Betracht käme.
III.
35Die Kostenentscheidung beruht auf § 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 111g Abs. 1 Satz 1 BNotO i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:040324BNOTZ.BRFG.3.23.0
Fundstelle(n):
YAAAJ-65982