Instanzenzug: Az: 5 U 354/21vorgehend LG München II Az: 9 O 2842/20
Tatbestand
1 Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen für die Abgasreinigung in Anspruch.
2 Er erwarb im April 2014 von einem Autohändler ein von der Beklagten hergestelltes Fahrzeug VW Touran 2.0 l TDI als Neuwagen zu einem Kaufpreis in Höhe von 34.523,01 €. Das Fahrzeug verfügt über einen von der Beklagten entwickelten und hergestellten Dieselmotor des Typs EA 189, der zum Zeitpunkt des Verkaufs mit einer Motorsteuerungssoftware ausgestattet war, die über zwei unterschiedliche Betriebsmodi verfügte, welche die Abgasrückführung steuerten. Die Motorsteuerungssoftware erkannte, ob sich der Pkw im regulären Straßenbetrieb oder auf einem Rollenprüfstand zur Durchführung des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ), auf dem die Einhaltung der geltenden Emissionsgrenzwerte durch den Pkw geprüft wird, befindet. Im Abgasrückführungsmodus 1, der im NEFZ aktiv war, kam es zu einer NOx-optimierten höheren Abgasrückführungsrate, während unter den im normalen Straßenverkehr auftretenden Fahrbedingungen ein partikeloptimierter Modus 0 aktiv wurde. Der Betriebsmodus 1 wurde über die Motorsoftware selbständig in Prüfsituationen aktiviert.
3 Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) beanstandete diese Prüfstandserkennung. Im Rahmen einer Pressemitteilung vom veröffentlichte die Beklagte die Verwendung der entsprechenden Motorsteuerungssoftware. Sie richtete eine Webseite zur individuellen Überprüfung der Betroffenheit der von den Kunden erworbenen Fahrzeuge ein. Mit der Pressemitteilung vom gab die Beklagte bekannt, auf Herstellerkosten für die betroffenen Dieselmotoren des Typs EA 189 Software-Updates zur Beseitigung der Umschaltlogik durchzuführen. Sie teilte mit, dass nach Aufspielen des Software-Update die Bedenken des KBA hinsichtlich der Vorschriftsmäßigkeit des Fahrzeugs entfielen.
4 Mit der mit Schriftsatz vom erhobenen und der Beklagten am zugestellten Klage hat der Kläger die Erstattung des Kaufpreises nebst Zinsen Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs sowie die Feststellung verlangt, dass sich die Beklagte in Annahmeverzug befinde, und die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten geltend gemacht.
5 Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben.
6 Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.
Gründe
7Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
8Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit es für die Revision von Interesse ist, ausgeführt:
9Der Schadensersatzanspruch des Klägers wegen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gemäß §§ 826, 31 BGB sei verjährt. Dem Kläger sei eine Klageerhebung bereits im Jahr 2015 zumutbar gewesen, weil er in diesem Jahr zumindest eine grob fahrlässige Unkenntnis von den für den Beginn der Verjährung erforderlichen Tatsachen gehabt habe. Er habe zudem spätestens seit dem Jahr 2016 positive Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tat-sachen gehabt, weil er im Jahr 2016 durch ein Schreiben der Beklagten von der Betroffenheit seines Fahrzeugs von dem Dieselskandal unterrichtet worden sei. Der Kläger habe eingeräumt, ein solches Schreiben im Jahre 2016 erhalten zu haben. Der im Jahr 2016 erfolgte Versand solcher Schreiben an die betroffenen Fahrzeugeigentümer sei zudem gerichtsbekannt. Im Zeitpunkt der Erhebung der Klage im Jahr 2020 sei die Verjährung bereits eingetreten gewesen, weshalb die Verjährungsfrist nicht mehr habe gehemmt werden können.
10Soweit die Berufung rüge, das Landgericht habe zu Unrecht einen Herausgabeanspruch gemäß § 852 BGB nach Eintritt der Verjährung verneint, fehle es an einer ausreichenden Berufungsbegründung. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO müsse die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergebe. Betreffe das Ersturteil mehrere prozessuale Ansprüche, so sei für jeden dieser Ansprüche eine den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO genügende Begründung erforderlich.
11Eine solche Begründung liege hinsichtlich eines Anspruchs des Klägers aus § 852 ZPO nicht vor. Dass die Berufung die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Verjährung eines möglichen Schadensersatzanspruches gemäß §§ 826, 31 BGB angegriffen habe, sei nicht ausreichend. Das erstinstanzliche Urteil habe mehrere prozessuale Ansprüche betroffen, weil dem auf § 826 BGB gestützten Schadensersatzbegehren ein anderer Streitgegenstand zugrunde liege, als dem aus § 852 BGB folgenden "Restschadensersatzanspruch". Zwar hätten beide Ansprüche in dem Bestehen des vom Kläger behaupteten Schadensersatzanspruchs einen gemeinsamen Tatsachenkern. Darin erschöpfe sich indes die Gemeinsamkeit dieser Ansprüche. Während es für den Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB nur darauf ankomme, ob dieser infolge des sittenwidrigen Handelns der Beklagten bestehe, werde der im Zusammenhang mit dem Anspruch aus § 852 BGB zur Entscheidung gestellte Lebensvorgang auch dadurch geprägt, dass anhand der §§ 818 ff. BGB zu ermitteln sei, welchen Umfang die vom Schädiger durch die unerlaubte Handlung erlangte Bereicherung habe, wenn die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gemäß § 826 BGB feststehe. Übersteige die Bereicherung den Schaden, könne der Verletzte vollen Ersatz verlangen; bleibe sie dahinter zurück, sei der Ersatzanspruch entsprechend zu kürzen. Dadurch seien die Ansprüche durch eine Verselbständigung nach der Verwirklichung des deliktischen Tatbestands insbesondere hinsichtlich der Rechtsfolgenseite erkennbar unterschiedlich ausgestaltet.
12Aus der Berufungsbegründung ergebe sich zwar, dass der Kläger hilfsweise den Anspruch nach § 852 BGB weiterverfolgen wolle. Die Berufung habe allerdings nur die Ausführungen des Landgerichts angegriffen, wonach ein Schadensersatzanspruch des Klägers gemäß § 852 BGB daran scheitere, dass der Kaufpreis der Verkäuferin zugeflossen sei und die Beklagte aus diesem Geldfluss nichts erlangt habe. Die Berufung habe sich indes nicht mit der Rechtsansicht des Landgerichts befasst, dass der geltend gemachte Schaden nicht von dem Schutzzweck der Norm erfasst sei. Da das Landgericht die Klageabweisung hinsichtlich des Anspruchs aus § 852 BGB auch auf diese Erwägung gestützt habe, sei ein darauf bezogener Berufungsangriff erforderlich gewesen.
II.
13Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
141. Allerdings hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass ein möglicher Schadensersatzanspruch des Klägers gemäß §§ 826, 31 BGB verjährt und deshalb nach § 214 Abs. 1 BGB nicht mehr durchsetzbar ist.
15a) Das Berufungsgericht hat unterstellt, dass dem Kläger ein Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß §§ 826, 31 BGB gegen die Beklagte zusteht. In der Revisionsinstanz ist deshalb davon auszugehen, dass ein solcher Anspruch des Klägers besteht.
16b) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Verjährungsfrist sei bei Einreichung der Klage im Jahr 2020 abgelaufen gewesen.
17aa) Gemäß § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist für die geltend gemachten deliktischen Ansprüche drei Jahre. Sie beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB).Die danach für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 Fall 1 BGB) hatte der Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts jedenfalls im Jahre 2016 erlangt.
18vorhanden
19(1) Dass der Kläger im Jahre 2015 allgemeine Kenntnis vom sogenannten Diesel- oder Abgasskandal hatte, ergibt sich aus den erstinstanzlichen Feststellungen, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat. Auch die Revision geht davon aus, dass der Kläger von dem Abgasskandal durch die Medienberichterstattung allgemein Kenntnis im Jahre 2015 erlangt habe. Die damit verbundene Einschränkung, er habe dies aber nicht auf sein Fahrzeug bezogen, ist hinsichtlich der Frage allgemeiner Kenntnis ohne Belang.
20(2) Das Berufungsgericht hat auch hinreichende Feststellungen dazu getroffen, dass der Kläger jedenfalls im Jahre 2016 die konkrete Betroffenheit seines Fahrzeugs kannte. Ob er diese Kenntnis, wie das Berufungsgericht angenommen hat, schon zuvor im Jahre 2015 ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 BGB), kann deshalb auf sich beruhen.
21Nach den für den Senat gemäß §§ 314, 559 ZPO bindenden, von der Revision nicht angegriffenen tatbestandlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, die im Streitfall durch Wiedergabe der Ausführungen des Landgerichts auch die tatbestandlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils umfassen, hat der Kläger erstinstanzlich unstreitig gestellt, dass er durch ein Kundenanschreiben der Beklagten im Jahr 2016 positive Kenntnis von der Betroffenheit seines Fahrzeugs vom sogenannten Dieselskandal erlangt hatte. Soweit die Revision rügt, die Beklagte habe in dem Schreiben nur verharmlosend auf das Software-Update und nicht auf die sittenwidrige Motorenkonstruktion hingewiesen, ist dies für die Annahme einer entsprechenden Kenntnis des Klägers unbeachtlich. Im Übrigen wäre von einer grob fahrlässigen Unkenntnis des Klägers von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 BGB jedenfalls bis Ende 2016 auszugehen. Ausgehend von seiner allgemeinen Kenntnis vom sogenannten Dieselskandal hätte der Kläger spätestens bis Ende 2016 Veranlassung gehabt, die Betroffenheit seines eigenen Fahrzeugs zu ermitteln (vgl. NJW 2022, 3284).
22cc) Dem Kläger, der seit dem Jahr 2015 allgemeine Kenntnis vom sogenannten Dieselskandal und jedenfalls seit dem Jahr 2016 auch positive Kenntnis von der Betroffenheit seines Fahrzeugs hatte, war es im Jahr 2016 auch zumutbar, Klage zu erheben und seinen Anspruch gegen die Beklagte aus §§ 826, 31 BGB gerichtlich geltend zu machen (vgl. Rn. 21 ff., NJW 2022, 3284; Urteil vom - VII ZR 679/21 Rn. 33 ff., BB 2022, 1170; Urteil vom - VII ZR 365/21 Rn. 24, NJW 2022, 1311).
23dd) Die dreijährige Verjährungsfrist für die mit der Klage geltend gemachten Schadensersatzansprüche begann folglich mit dem Schluss des Jahres 2016 zu laufen und endete mit Ablauf des Jahres 2019. Bei Klageerhebung im Juli 2020 war daher bereits Verjährung eingetreten.
24c) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Erhebung der Verjährungseinrede durch die Beklagte nicht rechtsmissbräuchlich.
25aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Erhebung der Verjährungseinrede gemäß § 242 BGB treuwidrig und unwirksam, wenn der Gläubiger aus dem gesamten Verhalten des Schuldners für diesen erkennbar das Vertrauen schöpfte und auch schöpfen durfte, dass der Schuldner die Verjährungseinrede nicht erheben, sondern sich auf sachliche Einwände beschränken werde. Dieser Vertrauensschutz reicht aber nur so weit und gilt nur so lange, wie die den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung begründenden Umstände fortdauern und den Gläubiger von der rechtzeitigen Klageerhebung abhalten (vgl. Rn. 38, VersR 2022, 1039; Urteil vom - XII ZR 113/97, NJW 1999, 1101, juris Rn. 30; Urteil vom - VII ZR 126/90, BauR 1991, 215, juris Rn. 11; Urteil vom - VI ZR 159/77, VersR 1979, 284, juris Rn. 11).
26bb) Gemessen daran vermag die Revision den Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens nicht mit Erfolg auf eine ihres Erachtens verharmlosende und bagatellisierende Mitteilungspraxis der Beklagten in den Jahren seit 2015 zu stützen. Die Revision zeigt keinen konkreten Umstand auf, an den sich die berechtigte Erwartung des Klägers knüpfen ließe, die Beklagte werde die Verjährungseinrede dauerhaft nicht erheben ( Rn. 39, VersR 2022, 1039). Den insoweit gerügten Gehörsverstoß hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).
272.Die Verjährung erstreckt sich auch auf einen möglichen Schadensersatzanspruch des Klägers gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV und den Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 715/2007.
28Der Verjährung gemäß §§ 194 ff. BGB unterliegt der materiell-rechtliche Anspruch nach § 194 Abs. 1 BGB. Dies ist der auf Schadensersatz gerichtete mögliche Anspruch des Klägers aus unerlaubter Handlung. Die unerlaubte Handlung soll nach dem Vortrag des Klägers darin liegen, dass die Beklagte durch bewusste und gewollte Täuschung des KBA systematisch Fahrzeuge in Verkehr gebracht habe, deren Motorsteuerungssoftware bewusst und gewollt so programmiert gewesen sei, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte mittels einer unzulässigen Abschalteinrichtung nur auf dem Prüfstand eingehalten worden seien, und sie sich insoweit die Arglosigkeit sowie das Vertrauen des Klägers in Bezug auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben gezielt zunutze gemacht habe (vgl. Rn. 16, BGHZ 225, 316). An dieses Verhalten knüpft sowohl die Haftung aus § 826 BGB als auch die Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EGFGV und den Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 an. Für die Verjährung des darauf beruhenden einheitlichen materiell-rechtlichen Anspruchs gelten keine anderen Voraussetzungen als die, die auf der Grundlage des § 826 BGB gelten. Dies zeigt sich darin, dass für den Beginn der Verjährungsfrist gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht erforderlich ist, dass der Gläubiger innerhalb eines einheitlichen materiell-rechtlichen Anspruchs die einschlägige Anspruchsgrundlage ermittelt ( VIa ZR 680/21 Rn. 26, NJW-RR 2022, 1251).
293. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann indes ein Anspruch des Klägers gemäß § 852 BGB, für den unter den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 852 Satz 2 BGB eine zehn- beziehungsweise dreißigjährige Verjährungsfrist gilt, nicht verneint werden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Berufung des Klägers hinsichtlich dieser Anspruchsgrundlage nicht mangels einer ordnungsgemäßen Berufungsbegründung unzulässig.
30a) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt. Für die Zulässigkeit der Berufung ist es ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind ( Rn. 7, MDR 2023, 1390). Liegt dem Rechtsstreit dagegen ein einheitlicher Streitgegenstand zugrunde, muss der Berufungskläger nicht zu allen für ihn nachteilig beurteilten Streitpunkten in der Berufungsbegründung Stellung nehmen, wenn schon der allein vorgebrachte - unterstellt erfolgreiche - Berufungsangriff gegen einen Punkt geeignet ist, der Begründung des angefochtenen Urteils insgesamt die Tragfähigkeit zu nehmen. Anders liegt es nur dann, wenn das Gericht seine Entscheidung auf mehrere voneinander unabhängige, selbstständig tragende rechtliche Erwägungen stützt. In diesem Fall muss der Berufungskläger in der Berufungsbegründung für jede dieser Erwägungen darlegen, warum sie nach seiner Auffassung die angegriffene Entscheidung nicht tragen; andernfalls ist das Rechtsmittel insgesamt unzulässig
31b) Nach diesen Maßstäben ist die Berufungsbegründung des Klägers hinsichtlich des Anspruchs gemäß § 852 BGB ausreichend. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat der Kläger mit der Geltendmachung des Anspruchs gemäß § 852 BGB keinen eigenständigen prozessualen Anspruch geltend gemacht. Der Anspruch aus § 852 BGB betrifft keinen anderen Streitgegenstand als der primär geltend gemachte und verjährte deliktische Anspruch, der dem "Restschadensersatzanspruch" aus § 852 BGB zugrunde liegt. Vielmehr genügt es, dass die Voraussetzungen eines deliktischen Anspruchs vorliegen, um die Prüfung des Bereicherungsanspruchs aus § 852 BGB zu veranlassen (, BGHZ 71, 86, juris Rn. 58, Fahrradgepäckträger II; , juris Rn. 37). Deshalb reicht es für die Zulässigkeit der Berufung aus, dass der Kläger in der Berufungsbegründung die zu §§ 826, 31 BGB gemachten Ausführungen des Landgerichts angegriffen hat. Aus der Berufungsbegründung ergibt sich zudem, dass der Kläger hilfsweise den Anspruch gemäß § 852 BGB weiterverfolgt hat. Die Berufung hat ausgeführt, der Anspruch des Klägers aus unerlaubter Handlung bleibe auch bei Eintritt der Verjährung erhalten, wobei sich der Anspruch aus § 852 BGB jedoch auf den Umfang der ungerechtfertigten Bereicherung beschränke. Mit dieser Rüge hat die Berufung des Klägers implizit auch die Ausführungen des Landgerichts zu dem Schutzweck des § 852 BGB angegriffen. Denn durch den Verweis auf das Bereicherungsrecht hat die Berufung zugleich beanstandet, dass es auf einen von dem Schutzzweck der Norm erfassten Schaden nicht ankomme. Die Berufungsangriffe des Klägers sind damit geeignet, der Begründung des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils hinsichtlich eines Anspruchs des Klägers gemäß § 852 BGB insgesamt die Tragfähigkeit zu nehmen.
32c) Die angefochtene Entscheidung stellt sich nicht aus anderen Gründen deshalb als richtig dar, weil die Berufung des Klägers als unbegründet zurückzuweisen ist (§§ 561, 563 Abs. 3 ZPO). Denn aus der angegriffenen Entscheidung ergeben sich keine Feststellungen, auf deren Grundlage dies hinsichtlich des Anspruchs gemäß § 852 BGB beurteilt werden könnte.
III.
33Danach hat der angefochtene Beschluss keinen Bestand. Er ist aufzuheben und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
34Für das weitere Verfahren weist der Senat auf die nach Erlass des Berufungsurteils ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu einem Anspruch gemäß § 852 BGB bei einem Neuwagen hin (vgl. Urteil vom - VIa ZR 275/21, NJW 2022, 2196; Urteil vom - VIa ZR 281/22, MDR 2022, 1543; Urteil vom - VIa ZR 542/21, MDR 2023, 360).
Pamp Kartzke Jurgeleit
Brenneisen C. Fischer
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:150224UVIIZR446.21.0
Fundstelle(n):
EAAAJ-64473