BGH Beschluss v. - 4 StR 315/23

Instanzenzug: LG Bochum Az: 2 KLs 17/22

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs sowie wegen Urkundenfälschung in 44 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Die Verurteilung des Angeklagten hat in den Fällen II. 2. b) 53., 54., 59. bis 61., 63., 64., 66. bis 68., 73. bis 78., 82. und 85. der Urteilsgründe keinen Bestand, weil Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

3a) Nach den Feststellungen fertigte der Angeklagte in 44 Fällen Dokumente an, die den Eindruck erwecken sollten, von ausländischen Kfz-Versicherern herzurühren. Darin wurde jeweils in Bezug auf einen bestimmten Kunden bestätigt, dass dieser über einen näher bezeichneten Zeitraum ein dort versichertes Fahrzeug schadenfrei geführt habe. Die Bescheinigungen wurden in der Folge bei deutschen Fahrzeugversicherern vorgelegt, um eine entsprechend vergünstigte Schadensfreiheitsklasse zu erlangen. In den oben genannten 18 Fällen geschah dies zwischen dem und dem .

4b) Die Verjährungsfrist für Taten nach § 267 Abs. 1 StGB beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). Ihr Lauf begann gemäß § 78a Satz 1 StGB jeweils mit der Beendigung der Tat. Der Senat versteht die vom Landgericht nicht näher erläuterte tabellarische Übersicht im Urteil dahin, dass die dort jeweils genannte „Tatzeit“ nicht die Herstellung, sondern den Gebrauch der gefälschten Schadensfreiheitsbestätigungen gegenüber den deutschen Versicherern bezeichnen soll. Anderenfalls ergäbe die zu einem der Fälle anstelle der Tatzeit enthaltene Angabe „storniert“ keinen Sinn. Damit handelt es sich bei den Tatzeitangaben jeweils um den Zeitpunkt, zu dem spätestens die Beendigung der Urkundenfälschung eingetreten ist (vgl. Rn. 3).

5c) Demzufolge war die Verjährungsfrist in den oben genannten Fällen bereits bei Anklageerhebung abgelaufen. Eine rechtzeitige Unterbrechung ist nicht eingetreten.

6aa) Der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Bochum vom vermochte sie nicht herbeizuführen, weil er sich ausschließlich auf die von der Strafkammer als Fall II. 2. a) der Urteilsgründe festgestellte Betrugstat und nicht auf den Vorwurf der Urkundenfälschung bezog.

7bb) Die erste Handlung, die den Lauf der Verjährungsfrist unterbrechen konnte, war gemäß § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB der Erlass der Durchsuchungsbeschlüsse des Amtsgerichts Bochum jeweils vom (Bl. 570 ff. der Beiakte 35 Js 122/19). Zu diesem Zeitpunkt war die Frist des § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB in den Fällen II. 2. b) 53., 54., 59. bis 61., 64., 66. bis 68., 73. bis 78., 82. und 85. der Urteilsgründe jedoch bereits abgelaufen, so dass diese Taten verjährt sind. In dem Fall II. 2. b) 63. der Urteilsgründe, in dem die Kammer eine Tatzeit nicht festzustellen vermochte („storniert“), ist der Senat unter Anwendung des Zweifelsgrundsatzes (vgl. , NStZ-RR 2008, 42) von einer Tatbegehung noch vor dem ausgegangen, so dass auch hinsichtlich dieser Tat Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

82. Der Eintritt der Verjährung begründet ein Verfolgungshindernis, das von Amts wegen zu beachten ist ( Rn. 3). Das Urteil war daher insoweit aufzuheben und das Verfahren gemäß § 206a Abs. 1 StPO einzustellen. Zugleich hat der Senat den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO abgeändert.

93. Trotz der Einstellung des Verfahrens in den genannten Fällen hat die Gesamtfreiheitsstrafe Bestand. Der Senat schließt aus, dass die Strafkammer bei zutreffender rechtlicher Würdigung der Verfolgungsverjährung auf eine geringere Gesamtstrafe erkannt hätte. Denn neben der Einsatzstrafe von acht Monaten Freiheitsstrafe bleiben 26 weitere Einzelstrafen von jeweils sechs Monaten Freiheitsstrafe bestehen. Darüber hinaus ist auch die strafschärfende Berücksichtigung verjährter Taten zulässig (vgl. Rn. 4; Beschluss vom – 5 StR 423/19 Rn. 8; Urteil vom – 2 StR 581/91, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 19).

104. Im Übrigen hat die revisionsrechtliche Prüfung des angefochtenen Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:130224B4STR315.23.0

Fundstelle(n):
NAAAJ-63835