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BGH Beschluss v. - 1 StR 47/24

Instanzenzug: LG Mannheim Az: 4 KLs 408 Js 164/23

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Geiselnahme in zwei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt; zudem hat es die Einziehung eines Messers angeordnet. Die gegen seine Verurteilung gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

21. Der Strafausspruch begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken:

3a) Die lückenhaften Feststellungen lassen die revisionsgerichtliche Überprüfung nicht zu, ob dem Angeklagten wegen des polnischen Urteils vom mit einer Sanktion von acht Monaten Freiheitsstrafe ein Härteausgleich zu gewähren ist. Diese frühere, wegen „Handels mit gestohlenen Waren“ ergangene Verurteilung wurde erst am , mithin nach Beendigung der hier geahndeten Tat (), rechtskräftig; die Umstände hierfür werden nicht mitgeteilt. Aufgrund dieser Lücke kann der Senat letztlich nicht ausschließen, dass in dem polnischen Strafverfahren nach dem eine Entscheidung erging, in der „die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten“ (vgl. § 55 Abs. 1 Satz 2 StGB), und mithin vom zeitlichen Ablauf her die Strafen gesamtstrafenfähig gewesen wären (vgl. zum Ganzen Rn. 3).

4b) Der aus dem Umstand, dass mit einer ausländischen Verurteilung keine Gesamtstrafe gebildet werden kann, entstehende Nachteil ist auszugleichen (BGH aaO Rn. 4 mit weiteren umfangreichen Nachweisen; Beschluss vom – 2 StR 310/23 Rn. 5). Denn der Angeklagte soll nicht schlechter behandelt werden, als wenn die frühere Verurteilung in Deutschland ergangen wäre ( Rn. 51, 66).

5Auch ein solcher Nachteil lässt sich wegen der Lückenhaftigkeit der Feststellungen nicht ausschließen. Ob die Strafe vom zu vollstrecken oder aber deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt ist, bleibt ebenso offen wie der Zeitpunkt der Hehlereitat. Wegen des letztgenannten Punkts kann der Senat nicht beurteilen, ob bereits einer früheren polnischen Verurteilung Zäsurwirkung zukommen könnte; in diesem Fall wäre von vornherein keine (fiktive) Gesamtstrafenlage gegeben.

62. Das nunmehr zur Entscheidung berufene Tatgericht wird die aufgezeigten Lücken durch ergänzende Feststellungen zum polnischen Strafverfahren zu schließen haben; der Aufhebung der bisherigen Feststellungen bedarf es hierfür nicht (vgl. § 353 Abs. 2 StPO). Sollte sich eine Gesamtstrafenfähigkeit vom zeitlichen Ablauf her ergeben, ist ein Härteausgleich nach Maßgabe der genannten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu gewähren.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:070324B1STR47.24.0

Fundstelle(n):
QAAAJ-63740