Vorläufige Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und Nr. 4 AO im Hinblick auf anhängige Musterverfahren
Bezug: BStBl 2018 I S. 2
Bezug: BStBl 2011 II S.11
1. Allgemeines
Das Verfahren zur Anbringung von Vorläufigkeitsvermerken ist im geregelt. Von der Möglichkeit eine Steuer nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO vorläufig festzusetzen, ist nur Gebrauch zu machen, soweit hierzu eine Anweisung durch BMF-Schreiben oder gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden oder eine Verfügung des Bayerischen Landesamts für Steuern vorliegt (vgl. AEAO zu § 165, Nr. 6 und Verfügung S 0338.1.1-31/16 St 34 vom zur Vorläufigkeit bei Erbschaft- und Schenkungssteuerfestsetzungen). Zu welchen Punkten Steuerfestsetzungen nach den Vorgaben des BMF vorläufig vorgenommen werden, ergibt sich aus der Anlage zum BMF-Schreiben vom , die fortlaufend durch den BMF aktualisiert wird. Die aktuelle Liste kann jeweils im AIS unter der aktuellsten Neufassung des sog. Vorläufigkeitskatalogs eingesehen werden.
2. Von Vorläufigkeitsvermerken nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und Nr. 4 AO umfasste Musterverfahren
Der Vorläufigkeitsvermerk ist nicht auf die zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der vorläufigen Festsetzung anhängigen Musterverfahren beschränkt. Hat sich das Verfahren, das Anlass für die vorläufige Steuerfestsetzung – in welcher Weise auch immer – erledigt, bleibt der Tatbestand der § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und Nr. 4 AO erfüllt, wenn inzwischen ein anderes einschlägiges Verfahren anhängig geworden ist (vgl. , BStBl. 2011 II S.11 ).Dem entsprechend ist in einem Änderungsbescheid ein Vorläufigkeitsvermerk zu wiederholen, soweit die Voraussetzungen für die vorläufige Steuerfestsetzung noch erfüllt sind, vgl. Tz. I. 2. des .
3. Erledigung von Einsprüchen durch nachträgliches Beifügen von Vorläufigkeitsver
Durch die nachträgliche Beifügung eines Vorläufigkeitsvermerks wird einem Einspruch dann vollständig abgeholfen, wenn es das erkennbare ausschließliche Ziel des Einspruchsführers war, seinen Steuerfall hinsichtlich der vom nachträglich beigefügten Vorläufigkeitsvermerk erfassten Rechtsfrage „offen“ zu halten. Eine Vollabhilfe liegt aber nicht vor, wenn der Einspruchsführer erkennen lässt, in seiner Steuerangelegenheit Klage erheben zu wollen, wenn er Aussetzung der Vollziehung beantragt oder wenn er im Einspruchsschreiben vor Erteilung des Änderungsbescheids noch andere Einwendungen gegen den angefochtenen Verwaltungsakt erhoben hat. Macht der Einspruchsführer nach Erhalt des Abhilfebescheids geltend, dass die beigefügten Vorläufigkeitsvermerke sein Rechtsschutzinteresse nicht ausreichend wahren, ist von einem neuen Einspruch auszugehen, der als unzulässig zu verwerfen ist (vgl. AEAO zu § 350 Nr. 6).
4. Folgen einer unzutreffenden Auskunft des Finanzamts zum Umfang des Vorläufigkeitsvermerks
Hat das Finanzamt gegenüber dem Steuerpflichtigen durch Äußerungen den unzutreffenden Eindruck erweckt, aufgrund eines Vorläufigkeitsvermerks könne der Einkommensteuerbescheid (zu seinen Gunsten) geändert werden und
hat der Steuerpflichtige daher von der Einlegung eines Einspruchs abgesehen,
einen bereits eingelegten Einspruch zurückgenommen oder
hat das Finanzamt einen eingelegten Einspruch mangels Rechtsschutzinteresses als unzulässig verworfen,
ist wie folgt zu verfahren:
Soweit der Steuerpflichtige von der Einlegung eines Einspruchs abgehalten worden und die Jahresfrist im Sinne des § 110 Abs. 3 AO noch nicht abgelaufen ist, ist dem Steuerpflichtigen zur Eröffnung der Einspruchsmöglichkeit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO) zu gewähren.
Bei einer durch eine „irreführende Äußerung“ bewirkten Einspruchsrücknahme ist die Unwirksamkeit der Einspruchsrücknahme festzustellen und das Rechtsbehelfsverfahren fortzusetzen, falls dem nicht der Ablauf der Jahresfrist gem. § 362 Abs. 2 Satz 2 AO entgegensteht.
Soweit die vorgenannten verfahrensrechtlichen Möglichkeiten nicht bestehen, ist der vorläufige Einkommensteuerbescheid im Billigkeitswege (abweichende Steuerfestsetzung gem. § 163 AO) an die geänderte Rechtsprechung anzupassen.
Hinweis:
Die bisherige Karte 1 (Kontroll-Nr. 8/2011) ist auszureihen.
Bayerisches Landesamt für
Steuern v. - S
0338.1.1-5/24 St43St
43
Fundstelle(n):
SAAAJ-61684