Aufteilung und Rückfall des Besteuerungsrechts bezüglich der
Abfindung eines in Deutschland und Frankreich tätig gewesenen
unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Arbeitnehmers
Leitsatz
Wurde eine Tätigkeit sowohl an Arbeitsorten in Frankreich als auch in Deutschland ausgeübt und gegen Entschädigungszahlung
für den Verlust des Arbeitsplatzes beendet, steht Frankreich und Deutschland nach Art. 13 Abs. 1 Satz 2 DBA-das Besteuerungsrecht
an der Entschädigungszahlung jeweils zeitanteilig zu. Auf eine (ggf. doppelte) Ansässigkeit und den Methodenartikel (Art.
20 Abs. 1 DBA-Frankreich) kommt es für die Aufteilung nicht an.
Soweit Deutschland nach DBA das Besteuerungsrecht hat, besteht dieses unabhängig von den Voraussetzungen des 50d Abs. 8 EStG
(unilaterale Rückfallklausel) in der 2009 geltenden Fassung.
Die unilaterale Rückfallklausel des § 50d Abs. 8 EStG setzt keine abkommensrechtliche Ansässigkeit in Deutschland voraus;
es genügt in persönlicher Hinsicht bei einer natürlichen Person die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht.
Steht dem anderen Vertragsstaat das Besteuerungsrecht abkommensrechtlich sowohl (hier teilweise) für den laufenden Arbeitslohn
als auch für die im selben Jahr wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlten Abfindung zu und steht die tatsächliche
Besteuerung in dem anderen Vertragsstaat Frankreich für den laufenden Arbeitslohn fest, schließt dies für die im anderen Vertragsstaat
tatsächlich nicht besteuerte Abfindung den unilateralen Rückfall des Besteuerungsrechts nach § 50d Abs. 8 EStG nicht aus.
Eine den im Sinne von § 50d Abs. 8 EStG unilateralen Rückfall des Besteuerungsrechts ausschließender Besteuerungsverzicht
des anderen Vertragsstaats setzt einen bewussten Verzicht durch den anderen Vertragsstaat voraus; die bloße tatsächliche Nichtbesteuerung
steht dem unilateralen Rückfall des Besteuerungsrechts mit der Folge der inländischen Besteuerung abkommensrechtlich im anderen
Vertragsstaat zu besteuernder Einkünfte nicht entgegen.
Der Nachweis des bewussten Besteuerungsverzichts des anderen Vertragsstaats erfolgt entweder durch Vorlage eines entsprechenden
Verwaltungsakts bzw. einer entsprechenden Bescheinigung des ausländischen Staats oder aber durch Vorlage von Materialien zum
Recht des ausländischen Staats (Gesetzestexte oder Verwaltungsanweisungen; abkommensrechtliche Regelung des ausländischen
Staats mit einem dritten Staat), denen sich die maßgeblichen Umstände unmittelbar entnehmen lassen. Eine Bescheinigung des
Arbeitgebers, einer vom Arbeitgeber beauftragten Stelle oder anderer nicht staatlicher Akteure kann den Besteuerungsverzicht
des anderen Vertragsstaats nicht nachweisen. Der Nachweis einer Kenntnisnahme- oder Prüfungsmöglichkeit der Finanzverwaltung
des anderen Vertragsstaats ist für sich ebenfalls kein Nachweis für den bewussten Besteuerungsverzicht.
Fundstelle(n): DStRE 2024 S. 1266 Nr. 20 RAAAJ-61252
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