Instanzenzug: Az: 15 U 52/22vorgehend Az: 21 O 391/21
Gründe
I.
1Der Kläger schloss im Mai 2020 als Verbraucher mit der Beklagten einen Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung ohne Erwerbsverpflichtung über ein Fahrzeug mit einer Laufzeit von 36 Monaten. Der Vertrag sieht eine Leasingsonderzahlung von 25.000 €, die Zahlung monatlicher Raten von 1.108,65 € und einen Mehr-/Minderkilometerausgleich unter Zugrundelegung einer jährlichen Fahrleistung von 15.000 Kilometern vor. Der Vertragsurkunde waren eine Widerrufsinformation sowie die Leasing-Bedingungen der Beklagten beigefügt. Der Vertragsschluss wurde von einem Mitarbeiter der Verkäuferin des Fahrzeugs, der T. GmbH & Co. KG (im Folgenden: Verkäuferin), in deren Räumlichkeiten vermittelt.
2Mit Schreiben vom widerrief der Kläger seine auf Abschluss des Leasingvertrags gerichtete Willenserklärung.
3Die zunächst auf die Feststellung gerichtete Klage, dass der Kläger infolge und ab seiner Widerrufserklärung aus dem mit der Beklagten abgeschlossenen Leasingvertrag keine Leasingraten mehr schulde, hat das Landgericht abgewiesen.
4Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt und, nachdem er - während des Berufungsverfahrens - das Fahrzeug nach dem Ende der zwischen den Parteien vereinbarten Vertragslaufzeit an die Beklagte zurückgegeben hat, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte hat der Erledigungserklärung widersprochen.
5Das Berufungsgericht hat die Berufung mit der Begründung zurückgewiesen, der Feststellungsantrag des Klägers sei von Anfang an unbegründet gewesen. Denn dem Kläger habe weder ein gesetzliches Widerrufsrecht gemäß § 506 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 3, §§ 495, 355 BGB beziehungsweise aus § 312b BGB oder § 312c BGB in Verbindung mit §§ 312g, 355 BGB, Art. 246a EGBGB noch ein vertragliches Widerrufsrecht zugestanden.
6Mit der vom Berufungsgericht bezüglich der an die Annahme einer im "Auftrag" des Unternehmers "handelnden Person" im Sinne von § 312c Abs. 1 BGB und § 312b Abs. 2 Satz 2 BGB zu stellenden Anforderungen zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache gerichtetes Begehren weiter.
II.
71. Soweit der Kläger mit der von ihm eingelegten Revision ein ihm nach seiner Auffassung zustehendes Widerrufsrecht nach § 495 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 506 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 3 BGB geltend macht, ist diese als unzulässig zu verwerfen (§ 552 Abs. 1 ZPO). Sie ist bereits nicht statthaft (§ 542 Abs. 1, § 543 Abs. 1 Nr. 1, 2 ZPO), weil sie - entgegen der Ansicht der Revision - vom Berufungsgericht diesbezüglich nicht zugelassen worden ist.
8Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision wirksam auf den Antrag des Klägers auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache betreffend den von ihm ursprünglich geltend gemachten, auf ein Widerrufsrecht gemäß § 312c Abs. 1, § 312g Abs. 1 BGB beziehungsweise §§ 312b, 312g Abs. 1 BGB gestützten Anspruch auf Feststellung, dass er infolge und ab seiner Widerrufserklärung aus dem streitgegenständlichen Leasingvertrag keine Leasingraten mehr schulde, beschränkt.
9a) Eine solche Beschränkung der Zulassung der Revision muss nicht im Tenor des Urteils angeordnet sein, sondern kann sich auch aus dessen Entscheidungsgründen ergeben, wenn sie sich diesen mit der erforderlichen Eindeutigkeit entnehmen lässt. Hat das Berufungsgericht die Revision wegen einer Rechtsfrage zugelassen, die nur für einen eindeutig abgrenzbaren Teil des Streitstoffs von Bedeutung ist, kann die gebotene Auslegung der Entscheidungsgründe ergeben, dass die Zulassung der Revision auf diesen Teil des Streitstoffs beschränkt ist (st. Rspr.; vgl. nur , NJW 2022, 686 Rn. 26, insoweit in BGHZ nicht abgedruckt; vom - VIII ZR 155/21, juris Rn. 20; vom - VIII ZR 204/21, juris Rn. 23; Senatsbeschlüsse vom - VIII ZR 81/20, juris Rn. 7; vom - VIII ZR 311/20, juris Rn. 9; vom - VIII ZR 401/21, juris Rn. 8; jeweils mwN). So liegt der Fall hier.
10Das Berufungsgericht hat die Revision ausweislich seiner Ausführungen in den Entscheidungsgründen wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und zur Fortbildung des Rechts zugelassen, weil die Frage nach den genauen Anforderungen an eine im "Auftrag" des Unternehmers "handelnde Person" im Sinne von § 312c Abs. 1 BGB beziehungsweise § 312b Abs. 2 Satz 2 BGB eine klarstellende Entscheidung des Revisionsgerichts erfordere. Diese von dem Berufungsgericht aufgeworfene Frage stellt sich ersichtlich nur dahingehend, ob dem Kläger ein Widerrufsrecht nach § 312c Abs. 1, § 312g Abs. 1 BGB oder §§ 312b, 312g Abs. 1 BGB zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung zugestanden hat. Sie stellt sich hingegen nicht hinsichtlich eines auf ein Widerrufsrecht gemäß § 506 Abs. 1 Satz 1, § 495 Abs. 1 BGB gestützten Feststellungsanspruchs.
11b) Diese Beschränkung der Zulassung ist auch wirksam. Zwar ist eine Beschränkung der Revision auf einzelne Rechtsfragen oder Anspruchselemente unwirksam. Anerkanntermaßen hat das Berufungsgericht jedoch die Möglichkeit, die Revision nur hinsichtlich eines tatsächlich und rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teils des Gesamtstreitstoffs zuzulassen, auf den auch die Partei selbst die Revision beschränken könnte. Dafür ist es erforderlich, dass der von der Zulassungsbeschränkung betroffene Teil des Streitstoffs in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Prozessstoff beurteilt werden und auch im Falle einer Zurückverweisung kein Widerspruch zu dem unanfechtbaren Teil des Streitstoffs auftreten kann (st. Rspr.; vgl. nur , juris Rn. 22; vom - VIII ZR 232/21, juris Rn. 22; vom - VIII ZR 204/21, juris Rn. 25; jeweils mwN).
12Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Denn bei einem auf ein Widerrufsrecht nach § 506 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 495 Abs. 1 BGB gestützten Feststellungsanspruch und einem solchen nach § 312c Abs. 1 BGB beziehungsweise § 312b BGB in Verbindung mit § 312g Abs. 1 BGB handelt es sich - wie der Senat bereits für auf diese Widerrufsrechte gestützte Rückzahlungsansprüche entschieden hat (vgl. Senatsbeschluss vom - VIII ZR 311/20, juris Rn. 14) - um zwei rechtlich selbständige und abtrennbare Teile des Gesamtstreitstoffs, die voneinander unabhängig beurteilt werden können. Während das Widerrufsrecht nach § 312g BGB an die Art und Weise des Zustandekommens des Verbrauchervertrags anknüpft, stellt § 506 BGB ausschließlich auf den Inhalt des jeweiligen Vertrags ab. Die Gefahr eines Widerspruchs zum nicht anfechtbaren Teil des Streitstoffs im Falle einer Zurückverweisung besteht deshalb nicht.
132. Eine Nichtzulassungsbeschwerde unter der prozessualen Bedingung, dass die von dem Berufungsgericht vorgenommene Zulassungsbeschränkung wirksam ist (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom - VIII ZR 93/22, juris Rn. 9 mwN), hat der Kläger - anders als die Revision (ohne Begründung) meint - nicht eingelegt. Auch eine (teilweise) Umdeutung seiner Revision in eine Nichtzulassungsbeschwerde kommt nicht in Betracht. Die Voraussetzungen für eine solche Umdeutung liegen bereits deshalb nicht vor, weil eine solche Nichtzulassungsbeschwerde mangels Erreichens der Wertgrenze gemäß § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht zulässig wäre (vgl. hierzu , BGHZ 221, 278 Rn. 17 f.). Denn der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich hier, nachdem der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache einseitig für erledigt erklärt hat, anhand der Summe der bis zum Zeitpunkt der Erledigungserklärung entstandenen Kosten (vgl. Senatsbeschluss vom - VIII ZR 38/21, NJW-RR 2022, 1023 Rn. 11 mwN) und übersteigt im vorliegenden Fall 20.000 € nicht.
III.
14Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:071123BVIIIZR168.22.0
Fundstelle(n):
PAAAJ-59213