Gewerbsmäßiges Einschleusen von Ausländern nach Deutschland; Beihilfe zur Urkundenfälschung
Gesetze: § 27 StGB, § 52 Abs 1 StGB, § 267 Abs 1 StGB, § 95 Abs 1 Nr 2a AufenthG, § 96 Abs 1 Nr 2 AufenthG, § 96 Abs 2 S 1 Nr 1 AufenthG, § 17 Abs 1 AufenthV
Instanzenzug: Az: 3 StR 278/23 Beschlussvorgehend LG Osnabrück Az: 10 KLs 11/20nachgehend Az: 3 StR 278/23 Beschlussnachgehend Az: 3 StR 278/23 Beschluss
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Die Verurteilung des Angeklagten wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in Tateinheit mit Beihilfe zur Urkundenfälschung gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG, § 267 Abs. 1, §§ 27, 52 Abs. 1 StGB begegnet keinen rechtlichen Bedenken, soweit er aus eigenem finanziellen Interesse ukrainische und belarussische Staatsangehörige bei der Einreise nach Deutschland sowie der behördlichen Anmeldung mittels unechter Personalpapiere unterstützte, die sie als EU-Bürger auswiesen, und er sie hier als vermeintlich die unionsrechtliche Freizügigkeit nach Art. 45 AEUV genießende Arbeitnehmer beschäftigte (Fälle II.1 bis 8 der Urteilsgründe; vgl. etwa , BGHSt 62, 85 Rn. 6 ff.; Beschluss vom - 3 StR 22/21, NStZ-RR 2021, 190; Urteil vom - 2 StR 231/21, juris Rn. 8 ff., jeweils mwN).
Soweit es im als Fall II.9 der Urteilsgründe geschilderten Sachverhalt dagegen nicht zur geplanten Arbeitsaufnahme der Ukrainer in Deutschland kam, da sich ihre bulgarischen Identitätskarten bereits bei der versuchten Anmeldung beim Stadtamt B. als Fälschungen erwiesen, leistete der Angeklagte lediglich Hilfe zum Gebrauch einer unechten Urkunde, nicht aber zum unerlaubten Aufenthalt nach § 96 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG. Denn nach Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2018/1806 vom waren Ukrainer zur Tatzeit im September 2019 als sogenannte Positivstaater in Verbindung mit Anhang II der Verordnung bei einem Kurzaufenthalt von bis zu 90 Tagen von dem Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit, sofern sie Inhaber eines biometrischen Reisepasses waren. Etwas anderes galt nach § 17 Abs. 1 AufenthVO nur und erst ab dem Moment, in dem sie im Bundesgebiet eine Erwerbstätigkeit aufnahmen. Die bloße Absicht hierzu machte ihren Aufenthalt ebenso wenig zu einem illegalen (vgl. , NStZ-RR 2021, 190) wie die Begehung einer Straftat, so dass die Vorlage der gefälschten Pässe keine vollziehbare Ausreisepflicht der Ukrainer nach § 95 Abs. 1 Nr. 2a AufenthG zu begründen vermochte. Es stellt sich mithin als fehlerhaft dar, dass die Strafkammer auch dieses Geschehen als vollendetes gewerbsmäßiges Einschleusen von Ausländern durch den Angeklagten gewürdigt hat; insoweit kommt aber ein Versuch in Betracht (§§ 22, 23 Abs. 1 StGB, § 96 Abs. 3 AufenthG; vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 236/15, BGHR AufenthG § 96 Abs. 3 Unmittelbares Ansetzen 1; vom - 1 StR 497/20, juris Rn. 9 ff.; vom - 3 StR 238/22, juris Rn. 9).
Da das Landgericht insgesamt von einer Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB ausgegangen ist, berührt der Rechtsfehler den Schuldspruch nicht. Mit Blick auf die Strafzumessungserwägungen ist zudem auszuschließen, dass es auf ein geringeres Strafmaß erkannt hätte, wenn es Fall II.9 der Urteilsgründe nicht als vollendetes Einschleusen gewürdigt hätte, zumal dieser Fall lediglich vier der insgesamt 22 vom Angeklagten und der Nichtrevidentin geschleusten Personen betraf.
Schäfer
Berg
Erbguth
Kreicker
Voigt
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:121223B3STR278.23.0
Fundstelle(n):
wistra 2024 S. 247 Nr. 6
wistra 2024 S. 3 Nr. 4
wistra 2024 S. 301 Nr. 7
XAAAJ-58905