Anforderungen im Urteil bei Darlegung einer verminderten Schuldfähigkeit und Nichtanordnung einer Maßregelanordnung
Gesetze: § 21 StGB, § 66 Abs 3 S 1 StGB
Instanzenzug: LG Marburg Az: 1 KLs - 2 Js 1518/21
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen erpresserischen Menschenraubs in Tateinheit mit räuberischer Erpressung, Raub, Körperverletzung und versuchter Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen bleibt sie ohne Erfolg. Hingegen dringt das gegen die Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung gerichtete, mit der Rüge der Verletzung sachlichen Rechts begründete Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft in vollem Umfang durch; es führt zugleich – insoweit zugunsten des Angeklagten – ebenfalls zur Aufhebung des Strafausspruchs.
I.
2Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
31. Nachdem der Angeklagte bereits im Alter von 14 Jahren wegen Körperverletzung, gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung, sowie auch wegen Diebstahlstaten strafrechtlich in Erscheinung getreten war und er im Alter von 15 Jahren in einer Intensiveinrichtung gelebt hatte, ordnete das Amtsgericht Karlsruhe im Oktober 2014, der Angeklagte war 16 Jahre alt, aufgrund von insgesamt sieben Körperverletzungsdelikten dessen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Die zunächst zur Bewährung ausgesetzte Vollstreckung wurde nach vorangegangener Krisenintervention im April 2015 widerrufen und die Maßregel bis November 2016 vollstreckt.
4Im Mai 2018 verurteilte ihn das Landgericht Karlsruhe in zweiter Instanz wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Nötigung zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und drei Monaten. Die Vollstreckung der restlichen Jugendstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt, die Aussetzung anschließend jedoch widerrufen.
5Nach der neuerlichen Haftentlassung beging der Angeklagte zahlreiche weitere Straftaten. Er wurde unter anderem durch Strafbefehl vom durch das Amtsgericht Karlsruhe wegen Körperverletzung in zwei Fällen, Tatzeit war der , zu einer Gesamtgeldstrafe verurteilt.
62. Am verließ der 21 Jahre und elf Monate alte Angeklagte, der zu diesem Zeitpunkt über kein Geld verfügte, gemeinsam mit dem früheren Mitangeklagten G. eine Suchthilfeeinrichtung in der Nähe von M. . Er wollte den dortigen Aufenthalt abbrechen und nach Karlsruhe zu seiner Mutter fahren. Nachdem er mit G. zunächst mit dem Zug nach B. gefahren war, trafen beide im Stellwerk des dortigen Bahnhofs auf den Nebenkläger, einen Fahrdienstleiter der Deutschen Bahn.
7Nachdem dieser dem Angeklagten auf dessen entsprechende Frage geantwortet hatte, dass er nicht wisse, wo dieser „Koks“ bekommen könne und dass der nächste Zug nach M. erst am nächsten Morgen fahre, schlug der Angeklagte dem Nebenkläger unvermittelt und gezielt mit der Faust in das Gesicht. Er drängte ihn in das Stellwerk, wo er – wie von Anfang an geplant – von diesem Geld verlangte. Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, folgten mindestens zwanzig wuchtige Faustschläge gegen Kopf und Rumpf des Nebenklägers. Er nahm diesen in den Schwitzkasten und äußerte, der Nebenkläger solle sich nicht wehren, andernfalls würde er „Ballermanns zücken“; sein Freund könne dies bestätigen. Der verängstigte Nebenkläger schloss einen im Stellwerk befindlichen kleinen Tresor auf, aus dem der Angeklagte 395,20 € entnahm und sie G. übergab. Um Hilferufe des Nebenklägers zu verhindern, nahm er dessen Handy an sich. Außerdem ließ er sich dessen Personalausweis überreichen und drohte ihm, ihn zu töten, sowie seine Frau und Kinder zu vergewaltigen, wenn er am nächsten Tag vor 7.00 Uhr die Polizei informiere.
8Anschließend forderte er den Nebenkläger auf, einen zweiten, größeren Tresor im Stellwerk zu öffnen. In Todesangst erklärte der Nebenkläger, dazu nicht in der Lage zu sein, weil dies der Mitwirkung eines Geldtransportunternehmens bedürfe. Erst als G. bestätigte, dass das richtig sei, ließ der Angeklagte vom Nebenkläger ab und versetzte ihm keine weiteren Schläge.
9Der Angeklagte, der wegen des Entdeckungsrisikos die gemeinsame Idee verworfen hatte, mit dem Taxi nach M. zu fahren, verlangte sodann vom Nebenkläger, ihn und G. mit seinem Fahrzeug nach M. zu fahren. Dabei ging es ihm auch um den wirtschaftlichen Vorteil, der in der unentgeltlichen Beförderungsleistung lag. Ihm war bewusst, dass der Nebenkläger dieser Forderung lediglich deshalb nachkam, weil er mit weiteren Gewalttaten gegen seine Person rechnete und sich davor fürchtete. Vor dem Hintergrund dieser fortbestehenden Bedrohungslage begaben sich die drei Personen zu dessen Fahrzeug. G. , der Mitleid mit dem Nebenkläger verspürte, übergab diesem zwei benzodiazepinhaltige Tabletten sowie einen Zehn-Euro-Schein. Er wollte ihn damit für das ihm zugefügte seelische und körperliche Leid bei dem Geschehen im Stellwerk entschädigen.
10Beim Fahrzeug angelangt, nahm der Angeklagte auf dem Beifahrer- und G. auf dem Rücksitz Platz. Der Angeklagte gab dem Nebenkläger dessen Handy zurück und äußerte, dass es sich dabei um einen Vertrauensvorschuss handele. Gleichwohl war dieser weiterhin verängstigt. In B. geriet das Fahrzeug in eine Verkehrskontrolle. Dem Nebenkläger gelang es, einer Beamtin zuzuflüstern, dass er von dem Angeklagten und G. entführt worden sei, woraufhin diese festgenommen wurden. Der Nebenkläger war nach der Tat sechseinhalb Wochen arbeitsunfähig krankgeschrieben; er leidet noch heute an einem psychischen Trauma und ist in therapeutischer Behandlung.
113. a) Die Strafkammer ist von einer uneingeschränkten Schuldfähigkeit des Angeklagten ausgegangen. Sie hat sich den Ausführungen des Sachverständigen angeschlossen, nach denen der Angeklagte an einer dissozialen Persönlichkeitsstörung leide. Diese stelle sich jedoch nicht als so schwerwiegend dar, dass sie handlungsbestimmend sei.
12b) Sie hat, ausgehend von den formellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB, dem Sachverständigen folgend einen Hang des Angeklagten zur Begehung erheblicher Straftaten und dessen hohe Gefährlichkeit für die Allgemeinheit im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 4 StGB festgestellt. Weder die Verhängung einer Freiheitsstrafe, welche (teilweise) zur Bewährung ausgesetzt worden sei, noch deren Vollstreckung habe den Angeklagten davon abgehalten, gleichartige Gewaltdelikte zu begehen. Die neuen Taten nach seiner Haftentlassung belegten, dass er immer wieder in alte Verhaltensmuster zurückfalle. Der Wertung des Sachverständigen, der Angeklagte habe aus verschiedenen Behandlungen und Settings keinen Nutzen ziehen können und werde auch nach seiner Haftentlassung die gleiche Person sein wie zuvor, hat sich die Strafkammer ebenso angeschlossen wie dessen weiterer Wertung, bei dem Angeklagten habe in der Vergangenheit eine völlige Verrohung stattgefunden, welche die psychopathische-dissoziale Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten widerspiegele.
13Auch dessen Gefährlichkeitsprognose hat sich die Strafkammer angeschlossen. Danach bestehe bei dem Angeklagten eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Begehung erneuter Gewaltdelikte, wobei die Gefahr gegeben sei, dass etwas einmal „komplett aus dem Ruder“ laufe. Opfer der Gewalt könne jeder werden, der den Interessen des Angeklagten im Wege stehe.
14Die Strafkammer hat im Rahmen ihrer Ermessensausübung mit Blick auf das Alter des erst 23 Jahre alten Angeklagten von der Anordnung der Sicherungsverwahrung abgesehen. Dafür spreche, dass sich seine Persönlichkeit noch formen lasse und er bei entsprechenden Angeboten in der Haft erreicht werden könne. Er sei zu einem langjährigen Strafvollzug verurteilt, so dass „eine Haltungsänderung während der Haft nicht ausgeschlossen“ sei. Dies werde gestützt durch die zuständige Therapeutin der Justizvollzugsanstalt G. , die dem Angeklagten eine noch nicht abgeschlossene Persönlichkeitsentwicklung attestiert habe. Zudem gehe der Angeklagte seiner Tätigkeit in einem Heizungsbetrieb in der Justizvollzugsanstalt F. zuverlässig nach und beabsichtige, eine Ausbildung zu beginnen. Er habe sich reuig gezeigt und dem Nebenkläger zur Wiedergutmachung einen Betrag von 500 € übermittelt, was zeige, dass er zu einer Reflektion seines Verhaltens in der Lage sei.
II.
15Die Revision des Angeklagten hat teilweise Erfolg.
161. Die Verfahrensrüge ist aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift vom dargelegten Gründen jedenfalls unbegründet.
172. Die auf die Sachrüge veranlasste Überprüfung des Urteils führt zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg.
18a) Der Schuldspruch wird von den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen getragen. Insbesondere hält die Beweiswürdigung dazu, dass es dem Angeklagten bei der Fahrt mit dem Auto auch darauf ankam, den wirtschaftlichen Vorteil, der in der unentgeltlichen Nutzung des Fahrzeugs des Nebenklägers als Transportmittel nach M. lag, zu erlangen, aus den in der Zuschrift des Generalbundesanwalts dargestellten Erwägungen rechtlicher Prüfung stand.
19b) Hingegen hat die Strafzumessung keinen Bestand. Die Strafkammer hat eine verminderte Schuldfähigkeit des Angeklagten nicht rechtsfehlerfrei ausgeschlossen.
20aa) Sie hat im Ausgangspunkt zunächst zutreffend gesehen, dass die bei dem Angeklagten diagnostizierte dissoziale Persönlichkeitsstörung die Annahme einer schweren anderen seelischen Störung nur dann begründen kann, wenn sie Symptome aufweist, die in ihrer Gesamtheit das Leben eines Angeklagten vergleichbar schwer und mit ähnlichen Folgen stören, belasten oder einengen wie eine krankhafte seelische Störung (vgl. Senat, Beschlüsse vom – 2 StR 562/19, juris Rn. 23; vom – 2 StR 71/18, juris Rn. 7; , juris Rn. 6, jeweils mwN).
21bb) Die Urteilsgründe lassen indes unerörtert, weshalb sich diese trotz der „Tiefe der Merkmale“ der dissozialen Persönlichkeitsstörung nicht als „so schwerwiegend dar(stellt), dass sie handlungsbestimmend“ war. Der Hinweis auf eine fehlende „Persönlichkeitsaushöhlung“ bleibt abstrakt (zur Einstufung einer Persönlichkeitsstörung vgl. Senat, Beschluss vom – 2 StR 71/18, aaO). Die fehlende Schwere erschließt sich auch nicht ohne weiteres aus der Gesamtheit der Urteilsgründe, nachdem die Strafkammer – dem Sachverständigen folgend – an anderer Stelle ausführt, bei dem Angeklagten habe in der Vergangenheit eine völlige Verrohung stattgefunden, welche die psychopathisch–dissoziale Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten widerspiegele.
22c) Der Schuldspruch wird durch den Rechtsfehler nicht berührt; der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht bei fehlerfreier Würdigung zur Annahme von Schuldunfähigkeit gelangt wäre.
III.
23Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
241. Das Rechtsmittel ist wirksam auf das Unterbleiben der Maßregelanordnung nach § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB sowie – zugunsten des Angeklagten − den Strafausspruch beschränkt.
25Zwar hat die Staatsanwaltschaft in der Revisionsbegründungsschrift keine ausdrückliche Beschränkung erklärt und beantragt, das Urteil insgesamt aufzuheben. Dieser umfassende Revisionsantrag steht jedoch mit dem übrigen Inhalt der Revisionsbegründungsschrift nicht in Einklang. Diese wendet sich ausschließlich gegen die Nichtanordnung der Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung und, wie die Bezugnahme auf die Entscheidung des ) belegt, lediglich zur Vermeidung einer unzulässigen Beschränkung ausdrücklich auch gegen den Strafausspruch. Mit den Strafzumessungserwägungen des Landgerichts setzt sich die Rechtsmittelschrift nicht auseinander. Dem Inhalt der Revisionsbegründung entnimmt der Senat daher in Anlehnung an Nr. 156 Abs. 2 RiStBV entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts, dass die Revisionsführerin die Strafzumessung lediglich zugunsten (vgl. , juris Rn. 39) des Angeklagten geprüft wissen wollte. Die gegenteilige „Klarstellung“ der Beschwerdeführerin nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist vermag die vormalige Beschränkung nicht zu beseitigen.
262. In der Sache beanstandet die Staatsanwaltschaft zu Recht die Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB gegen den Angeklagten. Das Unterbleiben der Maßregelanordnung hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand.
27a) Die Anordnung der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB steht im pflichtgemäßen Ermessen des Tatgerichts. Es soll die Möglichkeit haben, sich ungeachtet der festgestellten Gefährlichkeit des Täters zum Zeitpunkt der Urteilsfällung auf die Verhängung einer Freiheitsstrafe zu beschränken, sofern erwartet werden kann, dass sich dieser die Strafe hinreichend zur Warnung dienen lässt. Dabei kommt der hier zur Anwendung gelangten Vorschrift des § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB – entgegen der Ansicht des Landgerichts – nicht der gleiche Ausnahmecharakter wie § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB zu, da erstere eine frühere Verurteilung und vormalige Strafverbüßung des Täters voraussetzt (vgl. , juris Rn. 6).
28Der Ermessensspielraum verengt sich indes, wie das Landgericht zutreffend gesehen hat, bei frühkriminellen Hangtätern, die das 21. Lebensjahr gerade erst überschritten haben. Bei ihnen ist die Sicherungsverwahrung nur in Ausnahmefällen unter strengen Anforderungen bei besonders schweren Straftaten zulässig und bedarf besonders sorgfältiger Würdigung in den Urteilsgründen (vgl. Senat, Beschluss vom – 2 StR 199/97, juris Rn. 13; BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 406/88, BGHR StGB § 66 Abs. 2 Gefährlichkeit 1; vom – 3 StR 235/11, juris Rn. 7; vom – 3 StR 451/13, juris Rn. 2). Die Wirkung eines langjährigen Strafvollzugs sowie die mit dem Fortschreiten des Lebensalters erfahrungsgemäß eintretende Haltungsänderung sind wichtige Kriterien, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Rahmen der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen sind (vgl. , juris Rn. 8; Beschluss vom – 1 StR 300/09, BGHR StGB § 66 Abs. 2 Ermessensausübung 1).
29Ein Absehen von der Verhängung der Sicherungsverwahrung bei Ausübung dieses Ermessens ist jedoch – auch bei jungen Erwachsenen (vgl. BeckOK-StGB/Ziegler, 53. Ed., § 66 Rn. 23) – nur gerechtfertigt, wenn konkrete Anhaltspunkte erwarten lassen, dass dem Täter aufgrund der Wirkungen eines langjährigen Strafvollzugs und diesen begleitender resozialisierender sowie therapeutischer Maßnahmen zum Strafende eine günstige Prognose gestellt werden kann. Nur denkbare positive Veränderungen und Wirkungen künftiger Maßnahmen im Strafvollzug reichen nicht aus (st. Rspr.; vgl. Senat, Urteil vom – 2 StR 240/14, NStZ 2015, 510, 511 f.; , juris Rn. 6; vom – 4 StR 275/15, BGHR StGB § 66 Abs. 2 Ermessensentscheidung 9; vom – 1 StR 538/19, juris Rn. 17; vom – 5 StR 616/19, juris Rn. 27, jew. mwN).
30Dabei unterliegt die Ermessensausübung des Tatgerichts eingeschränkter revisionsgerichtlicher Überprüfung und erstreckt sich vor allem darauf, ob das Tatgericht dabei von einem zutreffenden rechtlichen und tatsächlichen Ansatz ausgegangen ist (st. Rspr.; vgl. , juris Rn. 4 mwN).
31b) Hieran gemessen hat die Ermessensausübung des Landgerichts keinen Bestand.
32aa) Die Urteilsformulierungen, wonach eine „Haltungsänderung des Angeklagten während der Haft nicht ausgeschlossen ist“ und es sich bei dem erst 23 Jahre alten Angeklagten um einen jungen Erwachsenen handele, „was dafür spricht, dass sich seine Persönlichkeit noch formen lässt und dies bei entsprechenden Angeboten in der Haft erreicht werden kann“, decken einen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Die Strafkammer hat damit lediglich die denkbare Möglichkeit einer Haltungsänderung zum Ausdruck gebracht, jedoch gerade nicht festgestellt, dass eine solche prognostisch zu erwarten ist und auf welche konkreten tragfähigen Umstände diese gestützt werden kann (vgl. , aaO).
33bb) Soweit die Strafkammer ihre Annahme einer Haltungsänderung während der Haft auf die Einschätzung der zuständigen Therapeutin in der Justizvollzugsanstalt G. stützt, steht deren Wertung zudem in einem unüberbrückbaren Widerspruch zu dem Gutachten des Sachverständigen Dr. K. , dessen Ausführungen sich die Strafkammer ausdrücklich angeschlossen hat. Danach habe der Angeklagte in der Vergangenheit aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur aus verschiedenen Behandlungen und Settings keinen Nutzen ziehen können und werde auch nach seiner Haftentlassung die gleiche Person sein wie zuvor.
34c) Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der unterbliebenen Maßregelanordnung, deren weitere Voraussetzungen das Tatgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat und in der Folge auch – insoweit zu Gunsten des Angeklagten – zur Aufhebung des Strafausspruchs (vgl. Senat, Beschlüsse vom – 2 StR 188/20, juris Rn. 16 mwN; vom – 2 StR 18/21, juris Rn. 4; , juris Rn. 4; jew. mwN).
IV.
35Im Umfang der danach gebotenen Aufhebungen bedarf die Sache – naheliegender Weise unter Heranziehung eines anderen Sachverständigen − neuer Verhandlung und Entscheidung.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:220622U2STR511.21.0
Fundstelle(n):
MAAAJ-58631